Urteil des OLG Oldenburg vom 23.08.2011

OLG Oldenburg: hauptsache, erlass, verfahrensgegenstand, kostenvorschuss, rechtsmittelinstanz, vergleich, unterhalt, beschwerdeinstanz, trennung, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, 14. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 14 UFH 2/11
Datum:
23.08.2011
Sachgebiet:
Normen:
FamFG § 50, FamFG § 51
Leitsatz:
Für die einstweilige Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses ist das
erstinstanzliche Gericht auch dann zuständig, wenn das Verfahren in der Beschwerdeinstanz
anhängig ist. Für eine Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG fehlt es an der Identität der
Verfahrensgegenstände.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
B e s c h l u s s
14 UFH 2/11
Oldenburg, den 23. August 2011
In der Familiensache
K…H…, V…,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin…
gegen
C…S…, V…,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin …,
hat der 14. Zivilsenat - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden
Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht …
beschlossen:
In dem Verfahren auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses für das Beschwerdeverfahren erklärt sich das
Oberlandesgericht Oldenburg für unzuständig und verweist das Verfahren auf den Hilfsantrag an das Amtsgericht
Varel.
Gründe
Die Antragstellerin führt beim Oberlandesgericht ein Beschwerdeverfahren, in dem sie nach Trennung der Ehegatten
Ansprüche auf Kindes und Trennungsunterhalt verfolgt. In einem zwei Wochen vor dem Termin an das
Beschwerdegericht gerichteten Antrag begehrt sie, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung die
Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses von rund 3.030 Euro für das Beschwerdeverfahren aufzugeben.
Nachdem der Senat auf Bedenken gegen seine Zuständigkeit hingewiesen hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr
hilfsweise eine Verweisung an das Amtsgericht.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dem Hilfsantrag entsprechend an das Amtsgericht Varel zu
verweisen, da dieses für die beantragte Entscheidung zuständig ist.
Nach Inkrafttreten des FamFG ist das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als ein in jeder Hinsicht
selbständiges Verfahren ausgestaltet (§ 51 Abs. 3 S. 1 FamFG). Für diese Verfahren ist nach § 51 FamFG das
Gericht zuständig, welches für das Verfahren zur Hauptsache zuständig wäre. Bei einer bereits anhängigen
Hauptsache ist das Beschwerdegericht zuständig, solange dieses Verfahren bei ihm anhängig ist. Diese
Zuständigkeit ist allerdings nicht umfassend, sondern bezieht sich nur auf den Gegenstand der Hauptsache – die
Verfahrensgegenstände müssen sich in der Sache entsprechen (OLG Stuttgart Beschluss vom 16. März 2010, 15
UF 38/10 – FamRZ 2010, 1828. Keidel/Giers § 50 FamFG Rn. 4. Prütting/HelmsStößer FamFG § 50 Rn. 3.
MünchKommSoyka § 50 FamFG Rn. 1. Horndasch/Viefhues Kommentar zum Familienverfahrensrecht § 50 FamFG
Rn. 1. ZöllerFeskorn § 50 FamFG Rn. 3).
Daran fehlt es bei dem vorliegenden Antrag. Die im Beschwerdeverfahren angefallene Hauptsache bezieht sich auf
den laufenden Unterhalt, also die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs, während der vorliegende Antrag die
Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses, also eines aus einem konkreten Anlass anfallenden Mehrbedarfs
betrifft. Allein der Umstand, dass beide Verfahren Unterhaltsleistungen zum Gegenstand haben, genügt nicht, um
eine Identität der Verfahrensgegenstände zu begründen (die übrigens bei anderen Verfahren wie den
Kindschaftssachen ohnehin nicht bestünde). Allein die sachliche Nähe des Beschwerdegerichts und die in die
Prüfung einzubeziehende Erfolgsprognose rechtfertigen keine Ausweitung der nach dem Wortlaut gesetzlich
eindeutig geregelten Zuständigkeit.
Vielmehr steht jeder erweiternden Auslegung ein Vergleich der früheren gesetzlichen Regelung mit dem vollständigen
Systemwechsel durch das FamFG entgegen.
Das frühere Recht kannte keine selbständige einstweilige Anordnung – die Anhängigkeit eines Verfahrens zur
Hauptsache bzw. eines entsprechenden Antrags auf Prozesskostenhilfe war eine unabdingbare
Zulässigkeitsvoraussetzung. Sollte ein Kostenvorschuss geltend gemacht werden, handelte es sich unabhängig vom
Verfahrensgegenstand um ein unselbständiges Annexverfahren zu dem bereits anhängigen Verfahren. War das
Verfahren in der Rechtsmittelinstanz anhängig, bestand aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die
Zuständigkeit des Berufungs bzw. Beschwerdegerichts (§ 620a Abs. 4 S. 2, 3 ZPO).
Diese Regelung hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Verfahrens zur einstweiligen Anordnung nicht in das
Gesetz übernommen. Damit gelten für alle Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die allgemeinen
Zuständigkeitsvorschriften – und zwar unabhängig vom Verfahrensgegenstand. Diese schließen eine Zuständigkeit
des Beschwerdegerichts aus, sofern sich die Verfahrensgegenstände von Hauptsache und einstweiliger Anordnung
nicht entsprechen.
Diese Regelung mag man angesichts des engen Sachzusammenhangs zur Hauptsache für wenig zweckmäßig
halten (vgl. Schwonberg in SchulteBunert/Weinreich FamFG 2. Aufl. § 246 FamFG Rn. 35). Dies rechtfertigt es aber
nicht, die gesetzliche Systematik des Anordnungsverfahrens und die zwingenden Zuständigkeitsvorschriften zu
umgehen.
… … …