Urteil des OLG Köln vom 19.12.2007

OLG Köln: gebühr, bedürfnis, prozesspartei, anmerkung, irrtum, entlastung, datum

Oberlandesgericht Köln, 17 W 194/07
Datum:
19.12.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 194/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 O 449/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 19.09.2007 gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts
Köln vom 21.08.2007 - 21 O 449/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Gegenstandswert für die Beschwerde: 787,80 €.
G R Ü N D E
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Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig; in der Sache bleibt das
Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat die
Rechtspflegerin mit Recht davon abgesehen, die vorprozessual entstandene
Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG anzurechnen.
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Der Beschwerdeführer unterliegt einem grundlegenden Irrtum, wenn er meint, die
Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV bewirke bei der
Kostenfestsetzung regelmäßig eine Entlastung der unterlegenen Partei. Die
bezeichnete Vorschrift soll lediglich den Honoraranspruch auf Seiten desjenigen
Rechtsanwalts begrenzen, der für seinen Mandanten sowohl vorprozessual als auch
prozessual tätig wird. Sie entlastet aber nicht den Prozessgegner im Rahmen der ihm
obliegenden Kostenerstattung (vgl. KG AGS 2005, 515; Madert in Gerold/Schmidt und
andere, RVG, 17. Aufl., VV 2300, 2301 Rn. 41; Enders JurBüro 2007, 337; Senat:
Beschluss vom 10.10.2007 – 17 W 153/07 –).
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Mit dieser Maßgabe ist auch die Rechtsprechung des BGH (vgl. AGS 2007, 283 mit
Anmerkung Schons, Hansens und N. Schneider = NZM 2007, 397 = WOM 2007, 329;
BGH AGS 2007, 289 = NJW 2007, 2050 = JurBüro 2007, 358) auszulegen. Für die
Kostenfestsetzung im Prozess besteht danach ein Anrechnungsgebot nur in denjenigen
Fällen, in denen die vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr als materiell-
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rechtlicher Schaden mit eingeklagt worden ist. In solchen Fällen dürfen sich die
Verfahrensgebühr und die Geschäftsgebühr nicht systemwidrig zu einer
Gesamterstattung addieren, die gebührenrechtlich nicht vorgesehen ist. Wenn dagegen
– wie im vorliegenden Fall – die Geschäftsgebühr nicht als Schaden mit eingeklagt
worden ist, kommt eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die
Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits nicht in Betracht, denn eine
Privilegierung des unterlegenden Prozessgegners ist unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt veranlasst. Allenfalls dann, wenn die Geschäftsgebühr im
Erkenntnisverfahren tituliert wird, nachdem der Kostenerstattungsschuldner diese
Gebühr bereits außergerichtlich erstattet hatte und dies im Festsetzungsverfahren auch
unstreitig wird, wird der Rechtspfleger eine Anrechnung vorzunehmen haben (vgl. KG
AGS 2005, 515). Da das Hauptsacheverfahren den Anfall der Verfahrensgebühr bereits
für sich ausgelöst hat, besteht dagegen überhaupt kein Bedürfnis, die unterliegende
Prozesspartei kostenerstattungsrechtlich besser zu stellen als in den Fällen, in denen
der Prozessbevollmächtigte der obsiegenden Parteien vorprozessual noch nicht für
seine Partei tätig geworden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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