Urteil des OLG Köln vom 18.04.2008

OLG Köln: rücknahme, vorläufige einstellung des verfahrens, gebühr, anmerkung, gesetzesmaterialien, entlastung, strafbefehl, nummer, drucksache, beratung

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 164/08
Datum:
18.04.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 164/08
Leitsätze:
Im Falle der Revisionsrücknahme fällt die Befriedungsgebühr nach Ziff.
4141 VV RVG nur an, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen,
dass ausnahmsweise eine Hauptverhandlung anberaumt worden wäre.
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
G r ü n d e:
1
I.
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Gegen den Verurteilten ist am 24.7.2007 durch die 7. große Strafkammer des
Landgerichts Aachen wegen besonders schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit
Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren erkannt worden. Gegen dieses
Urteil hat der Verteidiger im Namen des Angeklagten durch Schriftsatz vom 25.7.2007
Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.8.2007 in Form der allgemeinen
Sachrüge auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt, wobei er sich weitere
Ausführungen vorbehalten hat. Mit Schriftsatz vom 11.10.2007 hat er sodann die
Revision zurückgenommen. Als Vergütung für das Revisionsverfahren hat er eine
Gebühr nach VV 4130 und 4141 RVG angesetzt. Der Rechtspfleger hat bei der
Kostenfestsetzung am 16.1.2008 nur die Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren
nach VV 4130 RVG berücksichtigt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des
Verteidigers vom 30.1.2008, mit dem er geltend macht, er habe die Sache vor der
Revisionsrücknahme ausführlich mit dem Verurteilten besprochen und daran mitgewirkt,
dass eine Hauptverhandlung nicht erforderlich geworden sei. .
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Die 7. große Strafkammer des Landgerichts Aachen hat das als Erinnerung ausgelegte
Rechtsmittel durch Beschluss vom 12.3.2008, der dem Verteidiger am 27.3.2008
zugestellt worden ist, zurückgewiesen. Hiergegen hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom
31.3.2008 Beschwerde eingelegt.
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II.
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Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch im Übrigen
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zulässig, in der Sache aber unbegründet.
1.
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Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:
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"Die Regelung des Nr. 4141 VV sieht vor, dass eine zusätzliche Gebühr
anfällt, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung im
jeweiligen Verfahren entbehrlich wird. Im einzelnen gilt dies nach Absatz 1
dieser Regelung für die nicht nur vorläufige Einstellung des Verfahrens, die
Nichteröffnung des Verfahrens und den Fall, dass sich das gerichtliche
Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl, der
Berufung oder Revision des Angeklagten erledigt, wobei bei bereits
anberaumtem Hauptverhandlungstermin die Rücknahme des Einspruchs, der
Berufung oder der Revision früher als zwei Wochen vor Terminsbeginn
erfolgen müssen. Weitere Voraussetzung nach Absatz 2 ist eine auf die
Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers.
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Zwar legt der Wortlaut des Absatzes 1 für sich betrachtet die Auffassung nahe,
dass bereits die Rücknahme der Revision an sich die Zusatzgebühr der Nr.
4141 VV auslöst, unter Berücksichtigung des Obersatzes der Nr. 4141 VV
jedoch und insbesondere der Gesetzesmaterialien (Bundestag-Drucksache
15/1971, Seiten 219 bis 221 und 224 bis 225) kann hiervon jedoch nicht
ausgegangen werden. Hiernach entsteht die Zusatzgebühr der Nr. 4141 im
Revisionsverfahren nur dann, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt
worden ist oder zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass
eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre, und diese durch
rechtzeitige Rücknahme der Revision entbehrlich wird. Ausweislich der
Regelung der Nr. 4141 VV gewinnt die Rücknahme der Revision dann
Bedeutung, wenn "die Hauptverhandlung entbehrlich" wird. Hiermit kommt
zum Ausdruck, dass die Regelung nach dem Willen des Gesetzgebers den
Verlust der Hauptverhandlungsgebühr durch den Verteidiger ausgleichen und
damit die Rücknahme vor der Durchführung der Hauptverhandlung fördern
soll.
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Stand dem Verteidiger nach den Regelungen der bis zum 30. Juni 2004
geltenden BRAGO gemäß den §§ 83 Abs. 1, 2, 85 Abs. 1, 2 und 86 Abs. 1, 2
BRAGO in jeder Instanz eine Gebühr für seine Tätigkeit in der Instanz
einschließlich der Teilnahme in der Hauptverhandlung zu und für eine
Tätigkeit alleine außerhalb der Hauptverhandlung jeweils nur die hälftige
Gebühr, §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 3, 86 Abs. 3 BRAGO, so kann er nach den
Regelungen des RVG für jede Instanz die Verfahrensgebühr und bei
Teilnahme an der jeweiligen Hauptverhandlung zusätzlich Terminsgebühren
beanspruchen, wobei Verfahrens- und Terminsgebühren gemeinsam nach
den Vorstellungen des Gesetzgebers den Gebühren der §§ 83 Abs. 1, 2, 85
Abs. 1, 2 und 86 Abs. 1, 2 BRAGO im Prinzip entsprechen sollten (vgl.
Drucksache 15/1971, Seite 220 rechts unten und Seite 224 "zu Nummer
4106"). Die Zusatzgebühr der Nr. 4141 VV dient damit auch nach dem
erklärten Willen des Gesetzgebers dazu, eine dem § 84 Abs. 2 BRAGO
entsprechende Regelung herbeizuführen. Diese Regelung, die nach der
BRAGO nur für die erste Instanz und die Berufungsinstanz galt, wurde im
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Rahmen des RVG auf die Revisionsinstanz ausgeweitet, wobei auch hier
nach den Ausführungen der Gesetzesmaterialien allein der Wegfall der
Termingebühr ausgeglichen werden soll und als maßgebliche Entlastung der
Revisionsinstanz die - rechtzeitige - Vermeidung von
Revisionsverhandlungen bezeichnet wird. Eine abweichende Auslegung der
Gesetzesmaterialien, in denen es wie folgt lautet:
"Die vorgeschlagene Neuregelung in Nummer 4141 VV RVG-E übernimmt
den Grundgedanken der Regelung in § 84 Abs. 2 BRAGO. Diese war
geschaffen worden, um intensive und zeitaufwändige Tätigkeiten des
Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim
Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führten,
gebührenrechtlich zu honorieren. Deshalb erhält der Rechtsanwalt, wenn
durch seine Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, nicht nur die
halbe Gebühr des § 84 Abs. 1 BRAGO, sondern die volle Gebühr des § 83
Abs. 1 BRAGO. Dies greift die vorgeschlagene Neuregelung auf, indem dem
Rechtsanwalt in den genannten Fällen nur eine zusätzliche Gebühr in Höhe
der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt werden soll. Dies ist - wie bisher
schon - der Fall, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird
(Absatz 1 Nr. 1 der Anmerkung), das Gericht beschließt, das Hauptverfahren
nicht zu eröffnen (Absatz 1 Nr. 2 der Anmerkung), oder wenn sich das
gerichtliche Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs gegen den
Strafbefehl oder durch Rücknahme der Berufung erledigt und falls schon eine
Hauptverhandlung anberaumt ist, die Rücknahme früher als zwei Wochen vor
deren Beginn erfolgt (Absatz 1 Nr. 3 der Anmerkung). Diese Zusatzgebühr
wird - wie schon in der Vergangenheit - den Anreiz, Verfahren ohne
Hauptverhandlung zu erledigen, erhöhen und somit zu weniger
Hauptverhandlungen führen.
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Zusätzlich zu der bisherigen Regelung ist in Absatz 1 Nr. 3 der Anmerkung
nun auch der Fall erfasst, in dem das gerichtliche Verfahren durch
Rücknahme der Revision erledigt wird. Ist in diesen Fällen bereits
Hauptverhandlung anberaumt, soll die gleiche zeitliche Grenze wie bei der
Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl und bei Rücknahme der
Berufung gelten. Diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Nummer
4141 VV RVG-E im Vergleich zur Regelung des § 84 Abs. 2 und des § 85
Abs. 4 BRAGO dürfte zu einer Entlastung der Revisionsgerichte führen.
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Nach Absatz 2 der Anmerkung soll der Rechtsanwalt die Zusatzgebühr nicht
erhalten, wenn ein Beitrag zur Förderung des Verfahrens nicht ersichtlich ist.
Damit wird die Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 2 BRAGO für den Entwurf des
RVG übernommen. …"kommt aufgrund des eindeutigen Wortlautes nicht in
Betracht. Zwar ist es richtig, dass auch die Rücknahme einer Revision letztlich
zu einer Entlastung des Revisionsgerichts führt, das auf diese Weise nicht
mehr mit einer Entscheidung befasst werden muss, und eine möglichst
umfassende Entlastung des Revisionsgericht erst dann gefördert werden
kann, wenn jede Rücknahme eines eingelegten Rechtsmittels honoriert wird.
Diese Beurteilung kann jedoch nicht rechtfertigen, die eindeutige Regelung
der Nr. 4141 VV über Wortlaut und Willen des Gesetzgeber hinaus
auszudehnen. Hiergegen spricht hinsichtlich des Revisionsverfahrens auch
bereits der Umstand, dass durch die Regelung der Nr. 4141 VV nicht eine
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frühere Rechtsposition des Verteidigers eingeschränkt, sondern vielmehr eine
bisher nicht bestehende Position begründet wurde.
Wann davon ausgegangen werden kann, dass durch die
Revisionsrücknahme eine Hauptverhandlung entbehrlich geworden ist, ist in
der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig.
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Nach ganz überwiegender Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung
setzt dies jedenfalls die vorherige Begründung der Revision voraus, da ohne
diese die Revision bereits als unzulässig zu verwerfen war und damit eine
Revisionshauptverhandlung sicher nicht stattgefunden hätte (vgl. OLG Hamm,
Beschluss vom 17.08.2006 (2 Ws 134/06), Saarländisches OLG Saarbrücken,
Beschluss vom 02.06.2006 (1 Ws 58/06), OLG Stuttgart, Beschluss vom
09.02.2007 (1 Ws 34/07), OLG München, Beschluss vom 11.02.2008 (4 Ws
8/08), Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.03.2007 (1 Ws 257/06),
KG Berlin, Beschluss vom 28.06.2005 (5 Ws 311/05), LG Göttingen,
Beschluss vom 20.12.2005 (2 KLs 4/05), OLG Braunschweig, Beschluss vom
16.03.2006 (1 Ws 25/06), OLG Bamberg, Beschluss vom 22.03.2006 (1 Ws
142/06), so auch Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/ Müller-Rabe (Madert) RVG
17. Auflage 2006, 4141 VV, Rdnr 9; a.A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
12.09.2005 (1 Ws 288/05)).
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Ob darüber hinaus weitere Voraussetzungen vorliegen müssen, wird
zwischen den Obergerichten verschieden beurteilt.
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Während nach einer Auffassung allein die Begründung der Revision vor
deren Rücknahme gefordert und damit die theoretische Möglichkeit der
Durchführung einer Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht als
ausreichend angesehen wird (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.08.2006 (2
Ws 134/06), KG Berlin, Beschluss vom 28.06.2005 (5 Ws 311/05), OLG
Braunschweig, Beschluss vom 16.03.2006 (1 Ws 25/06), LG Göttingen,
Beschluss vom 20.12.2005 (2 KLs 4/05)), ist nach einer anderen Meinung
darüber hinaus erforderlich, dass eine anberaumte oder aufgrund konkreter
Umstände zu erwartende Hauptverhandlung aufgrund der durch anwaltliche
Tätigkeit bewirkten Revisionsrücknahme entbehrlich wird (vgl.
Saarländisches OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02.06.2006 (1 Ws 58/06),
OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2007 (1 Ws 34/07), Brandenburgisches
OLG, Beschluss vom 14.03.2007 (1 Ws 257/06), OLG München, OLG
Zweibrücken, Beschluss vom 17.05.2005 (1 Ws 164/05), Beschluss vom
11.02.2008 (4 Ws 8/08) - insoweit letztlich offengelassen -).
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Die erkennende Strafkammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
Die Zuerkennung einer Zusatzgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn eine
anderenfalls entstandene Gebühr entfällt. Hiervon kann im
Revisionsverfahren nur dann ausgegangen werden, wenn eine
Hauptverhandlung anberaumt oder aufgrund konkreter Umstände zu
erwartend war. Die gesetzliche Regelung beabsichtigte lediglich den
Ausgleich eines finanziellen Nachteils, nicht die Schaffung einer zusätzlichen
Prämie für den Fall der Rücknahme eines Rechtsmittels. Einen finanziellen
Nachteil erleidet der Verteidiger aber nur dann, wenn anderenfalls tatsächlich
eine Hauptverhandlung stattgefunden hätte, nicht aber beispielsweise auch
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dann, wenn über die Revision durch Beschluss und damit ohne
Hauptverhandlung entschieden worden wäre. Käme es für die Entstehung der
Zusatzgebühr des Nr. 4141 VV nur maßgeblich auf die vorherige Begründung
der Revision an, dann entstünde eine Ungleichbehandlung auch insoweit,
dass der Verteidiger, der die begründete Revision im Verfahren ohne
Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht vertritt, finanziell schlechter
gestellt wäre als derjenige, der bei ansonsten gleicher Sachlage die
eingelegte und begründete Revision zurücknimmt. Hierfür besteht aber weder
ein praktisches Bedürfnis noch ist dies nach den Gesetzesmaterialien vom
Gesetzgeber beabsichtigt gewesen. Vielmehr mag der ansonsten bewirkte
Anreiz, Revisionen einzulegen, deren Durchführung von vorneherein nicht
beabsichtigt sind, Grund für die Koppelung der Zusatzgebühr an die
Vermeidung der Hauptverhandlung gewesen sein.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die allgemeine
Pflichtverteidigerbestellung nicht bereits auch die Mitwirkung des Verteidigers
in der Revisionsverhandlung umfasst, sondern es insoweit einer gesonderten
Bestellung durch den Vorsitzenden des Revisionsgerichtes bedarf (vgl.
Meyer-Goßner § 350 StPO Rdnr. 7 bis 9). Dies stützt die Auffassung, dass die
Regelung des Nr. 4141 VV, die Vergütungsausfälle infolge Rücknahme eines
Rechtsmittels ausgleichen soll, im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, da
von einem entsprechenden Ausfall hier gerade nicht ohne weiteres
auszugehen ist. So ist der Vorsitzende des Revisionsgerichts nicht ohne
weiteres gehalten, den bisherigen Pflichtverteidiger auch insoweit
beizuordnen (vgl. ebenda Rdnr. 10).
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Da im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Rücknahme der Revision keine
Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass im Fall seiner Fortführung eine
Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, ist die zusätzlich Gebühr der
Nr. 4141 VV nicht entstanden. Es kann dabei dahinstehen, ob die
einschränkende Voraussetzung des Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 4141 VV -
eine auf Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers -
bereits dann erfüllt ist, wenn der Verteidiger - wie hier - lediglich mitteilt, die
Revision nach erneuter Beratung zurückzunehmen, nicht aber eine
diesbezügliche Beratung behauptet.
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Die Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren ist damit nicht zu
beanstanden."
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2.
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Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass im Falle der Revisionsrücknahme
die Befriedungsgebühr nach 4141 VV RVG nur anfällt, wenn konkrete Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass ausnahmsweise eine Hauptverhandlung anberaumt wird, und tritt
der Begründung der Strafkammer bei.
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Der Gebührentatbestand erfordert, dass durch die anwaltliche Mitwirkung eine
Hauptverhandlung entbehrlich wird. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift kann nicht
mit der allgemeinen Erwägung umgegangen werden, dass, auch wenn keine
Hauptverhandlung anberaumt wird, ein erheblicher Arbeitsaufwand des
Revisionsgerichts und der Staatsanwaltschaft anfällt, der durch die
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Revisionsrücknahme vermieden wird. Hätte der Gesetzgeber auch diesen Fall erfassen
wollen, wäre der Gebührentatbestand anders gefasst worden. Es kann auch nicht davon
ausgegangen werden, dass es sich insoweit um ein Versehen handelt. Würde man dem
Verteidiger allein wegen der Revisionsrücknahme eine Gebühr zubilligen, wäre er
besser gestellt als der Verteidiger, der das Revisionsverfahren durchführt, ohne dass es
zu einer Hauptverhandlung kommt. Das würde geradezu einen Anreiz schaffen, eine
Revision einzulegen, mit der allgemeinen Sachrüge zu begründen und anschließend
wieder zurückzunehmen. Statt zu einer Arbeitsentlastung bei der Justiz käme es zu
einer Mehrbelastung der Instanzgerichte, da die Urteilsgründe wegen des – später
zurückgenommenen Rechtsmittels - nicht nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt werden
könnten.
Diese Erwägungen zeigen, dass es auch nicht ausreicht, allein darauf abzustellen, dass
die Revision begründet worden ist und damit überhaupt die theoretische Möglichkeit
geschaffen worden ist, dass es zu einer Hauptverhandlung kommen kann. Erforderlich
ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Revisionsrücknahme bereits konkret abzusehen war,
dass es ausnahmsweise zu einer Hauptverhandlung kommen würde.
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Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach den
Gesetzesmaterialien soll die Regelung dem Verteidiger einen Ausgleich für den Verlust
der Hauptverhandlungsgebühr geben. Zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr
kommt es aber nur, wenn ohne die Revisionsrücknahme eine Hauptverhandlung
anberaumt worden wäre.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
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