Urteil des OLG Köln vom 27.01.2011

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Oberlandesgericht Köln, 4 UF 188/10
Datum:
27.01.2011
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 UF 188/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Eschweiler, 13 F 145/10
Tenor:
Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den Sorgerechtsbeschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 06.08.2010 - 13 F
145/10 -, mit welchem ihnen die elterliche Sorge für das Kind T. M.,
geboren am 21.11.2006 entzogen und Vormundschaft angeordnet
worden ist und zum Vormund das Jugendamt Stolberg bestellt worden
ist, wird auf Kosten der Kindeseltern zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Die zulässige Beschwerde der Kindeseltern (§§ 58, 59, 63, 64, 65, 38, 39 FamFG) ist
unbegründet.
2
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Artikel 1 MSA,
denn der Entzug der elterlichen Sorge gemäß §§ 1666, 1666 a BGB und die Anordnung
einer Vormundschaft (Palandt/Thorn, BGB, 71. Auflage 2011, Anhang zu Artikel 24
EGBGB, Rnrn. 11, 13) sowie die Bestellung und Entlassung eines Vormundes
(BayObLGZ 1990, 241, 245) sind Schutzmaßnahmen im Sinne des Artikel 1 MSA. Der
gemeinsame Sohn der Kindeseltern ist entweder philippinischer oder griechischer
Staatsangehöriger. Die Kindesmutter ist Philippinin und der Kindesvater Grieche. Das
Kind hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der erstinstanzlichen
Entscheidung in Deutschland, nachdem der Kindesvater dieses im Haushalt einer
Verwandten, der Beteiligten B. C. und deren Lebensgefährten, Herrn S. J. in Pflege
gegeben hatte. Die Kindeseltern sind nicht in Deutschland aufhältig. Nach Artikel 2 MSA
haben die nach Artikel 1 MSA zuständigen Behörden die nach ihrem innerstaatlichen
Recht vorgesehenen Maßnahmen zu treffen. Dieses Recht bestimmt die
Voraussetzungen für die Anordnung, die Änderung und die Beendigung dieser
Maßnahmen. Es regelt auch deren Mitwirkung sowohl im Verhältnis zwischen dem
Minderjährigen und den Personen oder den Einrichtungen, denen er anvertraut ist, also
auch im Verhältnis zu Dritten. Daher konnte das Familiengericht gemäß §§ 1666, 1666
a BGB vorgehen, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschriften gegeben sind,
insbesondere eine Kindeswohlgefährdung zu besorgen ist, wenn der Sohn T. in den
Haushalt seiner Eltern zurückkehrt.
3
An der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ändert sich nichts dadurch,
dass die Kindeseltern gegen den Willen des Vormundes ihren Sohn mittlerweile
rechtswidrig nach Italien verbracht haben. Vielmehr muss es dem Vormund belassen
bleiben, die Rechte des Kindes wahrzunehmen und auf eine Rückführung nach
Deutschland zu drängen, um so einer möglichen Kindeswohlgefährdung zu begegnen.
4
Die Beschwerde ist unbegründet. Denn es besteht nach wie vor die Besorgnis der
Kindeswohlgefährdung gemäß 1666, 1666 a BGB. Diese Besorgnis haben die
Kindeseltern nicht entkräften können. Vielmehr steht zur Überzeugung des Gerichtes
fest, dass die Kindeseltern nicht die Gewähr bieten, dass sie im Kindeswohlinteressen
und ohne Kindeswohlgefährdung ihr Sorgerecht ausüben werden. Gerade das
eigenmächtige Verhalten der Kindeseltern verbunden mit der Kindesentführung zeigt,
dass kein Verlass auf deren Verhalten besteht. Vielmehr liegt der begründete Verdacht
ihrer Erziehungsungeeignetheit aufgrund ihres verantwortungslosen Tuns nahe. Die
Kindeseltern scheinen nicht gewillt zu sein, sich einem rechtsstaatlichen Verfahren zu
stellen und die Ermittlungen abzuwarten, die notwendig sind, um eine
Kindeswohlgefährdung ausschließen zu können. Vielmehr haben sie sich weitgehend
der Überprüfung durch das Gericht entzogen. Verlässliche Aussagen über die
Lebensumstände der Kindeseltern in Genua liegen nicht vor. So stehen nach wie vor
die Vorfälle im Raum, die zur Trennung der Kindeseltern bei ihrem Aufenthalt in Holland
geführt und die holländischen Behörden zur Einleitung eines
Erziehungsbeistandsverfahrens veranlasst hatten. Hintergrund der Zweifel der
holländischen Behörden an einer ungefährdeten Versorgung des Kindes insbesondere
durch den Kindesvater ergaben sich aufgrund seines Alkoholkonsums und seiner
Gewaltbereitschaft. Die verbalen Attacken des Kindesvaters gegen die derzeitigen
Pflegeeltern im Verlaufe dieses Verfahrens und hier geäußerte Gewaltbereitschaft
gegenüber diesen – teilweise in wohl alkoholisiertem Zustand – lassen begründet
vermuten, dass eine ordnungsgemäße Versorgung des Kindes allein durch den
Kindesvater oder auch in Zusammenwirken mit der Kindesmutter nach dem derzeitigen
Erkenntnisstand äußerst zweifelhaft ist . So scheint das Verhältnis der Kindeseltern
zueinander nicht ungetrübt, so dass nicht gewährleistet ist, dass die Kindesmutter der
familiären Situation – insbesondere der Versorgung des Sohnes – Stabilität verleihen
könnte. All diese Umstände machen eine weitere Sachaufklärung erforderlich. Diese
Sachaufklärung haben die Kindeseltern dadurch zu verhindern versucht, dass sie
eigenmächtig das Kind nach unbekannten Ort, vermutlich Italien verbracht haben.
5
Das eigenmächtige Verhalten der Kindeseltern rechtfertigt nach Auffassung des
Senates die Annahme, deren Ungeeignetheit zur Erziehung eines Kindes anzunehmen.
Es muss daher bei der Vormundschaft des Familiengerichtes verbleiben. Das
Familiengericht muss die Möglichkeit haben, das betroffene Kind wieder nach
Deutschland zurückzuholen, um eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen. Die
Kindeseltern haben mit ihrer Kindesentführung gezeigt, dass sie an einem geordneten
Beschwerdeverfahren kein Interesse mehr haben.
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Aufgrund dieses Ablaufs kommt nur eine Zurückweisung der Beschwerde in Betracht.
Soweit sich, nachdem das Kind zurück nach Deutschland geholt worden ist,
herausstellen sollte, dass sich die Lebensumstände der Kindeseltern stabilisiert haben
und so eine Kindeswohlgefährdung nicht mehr gegeben ist, können sie ohne weiteres
das Abänderungsverfahren betreiben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 ZPO.
8
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 3.000,00 €.
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