Urteil des OLG Köln vom 07.06.2006

OLG Köln: einsichtnahme, abrechnung, inhaber, verwaltung, verfügung, versuch, beschwerdeinstanz, konfrontation, angriff, entlastung

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 241/05
Datum:
07.06.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 241/05
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 301/03
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den
Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.11.2005 -
29 T 301/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Tenor des
angegriffenen Beschlusses die Verwalterin als Antragsgegnerin zu 2.
und als Beteiligte zu 3. aufzuführen ist.
Der Antrag auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen zur
Abrechnung 1998 in anderen Räumen als die der Verwalterin wird
abgelehnt.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen den Antragstellern
zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
Der Geschäftswert wird auf 12.750,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
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Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Die Vorinstanzen haben zu Recht die Anträge auf Anfechtung der Beschlüsse der
Eigentümerversammlung vom 23.03.1999 zu TOP 3 und TOP 5 zurückgewiesen sowie
eine Verpflichtung der Verwalterin zur Entfernung und Ersatz der Beleuchtungsanlagen
an den Eingängen der Häuser X-Straße 2 und 2 a verneint.
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Der Tenor des landgerichtlichen Beschlusses war dahin richtig zu stellen, dass die
Verwalterin Antragsgegnerin bezüglich dieser Verpflichtung und damit dritte Beteiligte
des Wohnungseigentumsverfahrens ist.
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TOP 3 :
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Die Genehmigung der Jahresabrechnung 1998 durch einen Mehrheitsbeschluss der
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Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht angreifbar. Die Antragsteller haben keine
konkreten Einwände gegen die in der Jahresabrechnung enthaltenen Positionen
vorgebracht. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Abrechnung
eine vollständige und übersichtliche Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben
sowie eine Feststellung zu den gebildeten Rücklagen und zu den Kontenständen auf
den Gemeinschaftskonten mit Anfangs- und Endbeträgen enthalten muss. Dass die
angefochtene Abrechnung diesen Anforderungen nicht genügt, haben die Antragsteller
nicht dargelegt. Dies ergibt sich auch nicht aus sonstigen, aus den Akten ersichtlichen
Umständen. Hierzu wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, das
wiederum auf die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts vom 12.02.2003 verweist,
Bezug genommen.
Die Rechtsbeschwerdebegründung veranlaßt noch zu folgenden Ergänzungen. Die
Antragsteller, die selbst einräumen, derzeit keine konkreten Beanstandungen zu der
Abrechnung vortragen zu können, berufen sich darauf, sie müssten vor einer sachlichen
Stellungnahme zunächst Einsicht in die Unterlagen der Verwaltung nehmen. Dies sei
ihnen allerdings nicht in den Räumen der Verwalterin zumutbar, da der Inhaber der
Verwalterin sie, insbesondere den Antragsteller zu 1. a) seit Jahren grundlos beleidige
und diffamiere. Deshalb habe der Antragsteller zu 1.a) ein Recht auf Einsicht an einer
neutralen Örtlichkeit, d. h. in den Räumen Dritter. Dies sei ihm bisher nicht gewährt
worden, so dass sie zu der Abrechnung 1998 bisher nicht Stellung nehmen konnten.
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Dieser Einwand führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Antragsteller haben
keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Unterlagen der Verwalterin zur
Jahresabrechnung 1998 in anderen Räumen als den Geschäftsräumen der Verwaltung.
Der dahin gehende Anspruch, den die Antragsteller bereits in der Vorinstanz gestellt
und mit der Rechtsbeschwerde ausdrücklich nochmals wiederholt hat, wurde vom
Erstbeschwerdegericht - insoweit verfahrensfehlerhaft - nicht vorbeschieden. Das
Rechtsbeschwerdegericht kann deshalb über den - zulässigen - Antrag selbst
entscheiden, nachdem keine weitere Sachaufklärung hierzu erforderlich ist. In der
Sache ist der Antrag indes unbegründet.
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Jeder Wohnungseigentümer hat ein Einsichtsrecht in sämtliche Verwalterunterlagen,
das keinen weiteren Voraussetzungen unterliegt. Dieser Einsichtsanspruch richtet sich
auf die Inaugenscheinnahme von Urkunden. Die Einsichtnahme in die Urkunden findet
grundsätzlich in den Räumen des Verwalters statt und ist angemessene Zeit vorher
anzukündigen, wobei auf die Bürozeiten und den Bürobetrieb des Verwalters Rücksicht
zu nehmen ist (Staudinger/Bub, BGB, 13. Aufl., § 28 WEG, Rdnr. 617). Ferner ist auch
anlässlich einer Wohnungseigentümerversammlung Einsicht in die Unterlagen zu
geben (Staudinger/Bub, a.a.O., Rdnr. 76). Hingegen können die Wohnungseigentümer
nicht verlangen, dass ihnen die Verwaltungsunterlagen an einem "neutralen",
möglicherweise von ihnen bestimmten Ort zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden.
Der Leistungsort für die Tätigkeiten des Verwalters ist nämlich an dessen Sitz, so dass
er von dort Auskünfte erteilt und die gewünschte Einsicht ermöglicht (Staudinger/Bub,
a.a.O., Rdnr. 76).
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Ein solches Einsichtsverlangen ist auch aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen, da
es schon an einer Durchführung scheitern würde. Bei großen
Wohnungseigentumsanlagen, wie sie auch hier mit über 70 Wohnungseigentümern
gegeben ist, ist es - mit vertretbarem Aufwand - nicht möglich, die u. U. mehrere Tage
dauernde Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen einschließlich der
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Einzelabrechnungen in auswärtigen Büroräumen durchzuführen. Der Transport der
Unterlagen sowie die Bereithaltung entsprechender Büroräume wären mit erheblichem
Zeit- und Kostenaufwand verbunden, die den Rahmen der Verwaltertätigkeit deutlich
sprengen. Hinzu kommt die Gefahr des Verlustes von Belegen während des Transports.
Schließlich kann bei einer auswärtigen Einsichtnahme der Verwalter bei Unklarheiten
nicht für Fragen zur Verfügung stehen. Auf diese Möglichkeit legen im Übrigen auch die
Antragsteller großen Wert, ohne allerdings auf die damit verbundene Problematik bei
einer auswärtigen Einsichtnahme einzugehen.
Eine Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen am Sitz des Verwalters ist den
Antragstellern mit Schreiben der Verwalterin vom 19.02.1999 in angemessenem
Zeitabstand zur Versammlung am 23.03.1999 und auch mit angemessenem Zeitrahmen
angeboten worden. Die Antragsteller haben diese Möglichkeit nicht wahrgenommen.
Sie haben auch später bis zum Abschluss des Verfahrens in der Beschwerdeinstanz,
d.h. bis November 2005 keine Versuche unternommen, die in dem Verwalterbüro
angebotene Einsicht durchzuführen.
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Zwar verkennt auch der Senat nicht, dass es nach den zahlreichen verbalen
Auseinandersetzungen zwischen den Antragstellern und der Verwalterin, in denen der
Inhaber der Verwalterfirma die Antragsteller mit etlichen diffamierenden Äußerungen
belegt hat - ob und ggfs. wodurch diese veranlaßt waren, kann hier dahin gestellt
bleiben -, für die Antragsteller mit besonderen Belastungen verbunden gewesen sein
mag, die Büroräume der Verwaltung aufzusuchen. Gleichwohl war ein solches
Vorgehen für die Antragsteller nicht unzumutbar. Zum einen liegen die besonders
deutlichen Diffamierungen durch den Inhaber der Verwaltung bereits Jahre zurück,
nämlich in den Jahren 1990 bis 1997. Seitdem die Beteiligte zu 3. durch den jetzigen
Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird, d.h. seit Oktober 1999, ist eine deutliche
Mäßigung eingetreten. Zum anderen hätten die Antragsteller, wenn sie ein
Zusammentreffen vermeiden wollten, sich beim Aufsuchen des Verwalterbüros
entweder durch einen Verwandten, z. B. einen ihrer Söhne oder durch sonstige
Vertraute vertreten lassen können. Legten sie dagegen Wert darauf, selbst die
Unterlagen einzusehen, so hätten sie ohne weiteres im Beistand eines Verwandten
oder Bekannten die Büros der Beteiligten zu 3. aufsuchen können. Im Übrigen konnten
sie damit rechnen, in den Büroräumen in erster Linie Angestellte der Verwalterfirma
anzutreffen, die sich ihnen gegenüber unauffällig verhalten würden. Insgesamt
bestanden - insbesondere seit die Beteiligte zu 3. durch die derzeitigen
Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird - verschiedene Möglichkeiten, bei einer
Einsichtnahme in den Verwalterräumen eine direkte und als unangenehm empfundene
Konfrontation mit dem Inhaber der Verwalterfirma zu umgehen.
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Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, ein Versuch zur Einsichtnahme
im Jahre 1993 sei erfolglos geblieben. Dieser Vorfall lag bei Beschlussfassung bereits
über 6 Jahre zurück. Ebenso wenig können sie mit dem Einwand, bei dem Angebot zur
Einsicht handle es sich lediglich um ein "Scheinangebot", gehört werden. Dieses
Vorbringen wird nicht durch konkrete Anhaltspunkte erläutert. Im Übrigen hätten die
Antragsteller ihr Begehren auf Einsicht ab Oktober 1999 über die Düsseldorfer
Verfahrensbevollmächtigten abwickeln können, wenn die unmittelbaren Angebote der
Beteiligten zu 3. nicht verlässlich erschienen.
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Da die Antragsteller die Formulierung weiterer Einwände gegen die Jahresabrechnung
1998 von einer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen abhängig gemacht haben, sie
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diese indes zwischen 1999 und 2005 nicht wahrgenommen haben, bleibt ihr Angriff
gegen die Jahresabrechnung 1998 aus den oben dargelegten Gründen ohne Erfolg.
TOP 5:
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Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Anfechtungsantrag
zu dem Punkt "Entlastung des Verwaltungsbeirats" als unbegründet angesehen. Die
vom Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat gezeigt, dass die
Verwaltungsbeiräte die ihnen obliegenden Aufgaben erfüllt haben, ohne dass Anlass zu
Beanstandungen besteht.
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Anspruch gegenüber der Beteiligten zu 3. auf Entfernung und Neuanbringung der
Außenbeleuchtung der Häuser X-Straße 2 und 2a :
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Ein diesbezüglicher Anspruch der Antragsteller gegen die
Verwalterin
der Beschluss des Landgerichts im Tenor richtig zu stellen - besteht aus den
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht. Hierauf verweist der
Senat zur Vermeidung von Wiederholungen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Da die Antragsteller mit ihrem
Rechtsmittel erfolglos blieben, entspricht es billigem Ermessen, sie mit den Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten.
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Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine
Veranlassung.
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Zur beantragten Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts bzw. des
Amtsgerichts besteht unter dem Gesichtspunkt des § 21 GKG, der eine Nichterhebung
bei unrichtiger Sachbehandlung vorsieht, keine Veranlassung. Diese Vorschrift kommt
nur bei offensichtlichen schweren Fehlern zur Anwendung (vgl. Hartmann,
Kostengesetze, 35. Aufl., 21 GKG, Anm. 8-10). Ein solcher Fehler liegt hier nicht in
Sachbehandlung des Landgerichts bei seiner (ersten) Entscheidung vom 15.08.2002.
Die damals von der Zivilkammer vertretenen Rechtsansichten, die zu einer Verwerfung
des Rechtsmittels der Antragsteller als unzulässig und zur Zurückweisung des
Wiedereinsetzungsgesuchs führten, beruhten nicht auf einem eindeutigen Verstoß
gegen gesetzliche Normen, sondern auf einer im Schrifttum vertretenen Meinung, die
der Senat nicht teilt (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 26.05.2004 - 16 Wx 185/02 -,
dort S. 5).
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Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht dem vom
Senat am 26.05.2003 beschlossenen Wert.
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