Urteil des OLG Köln vom 18.02.2008

OLG Köln: kündigung, vergütung, abberufung, berechtigung, auszahlung, entlastung, abrechnung, sachverständiger, eigentümer, prüfungskosten

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 219/07
Datum:
18.02.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 219/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 256/06
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der
Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31.07.2007 –
29 T 256/06 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch
über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Landgericht Köln
zurückverwiesen.
Geschäftswert für die Rechtsbeschwerde: 20.750,- € (TOP 2: 13.750,- €;
TOP 3: 3.000,- €; TOP 4: 1.000,- €; Feststellung: 3.000,- €)
G r ü n d e :
1
I.
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Die Beteiligte zu 2. als ehemalige Verwalterin wendet sich gegen ihre Abberufung mit
Beschluss vom 15.02.2005. Die Beteiligten zu 3. verfolgen mit ihrem Antrag, der sich
darüber hinaus auch auf die Ungültigkeitserklärung der Beschlüsse zur Bestellung
eines neuen Verwalters erstreckt, dasselbe Ziel. Das Amtsgericht hat den Anträgen
stattgegeben und die Beschlüsse zu TOP 2, 3 und 4 der Versammlung vom 15.02.2005
für ungültig erklärt und antragsgemäß die Feststellung getroffen, dass der
Verwaltervertrag mit der Beteiligten zu 2. nach wie vor besteht. Nach seiner Ansicht
lagen keine wichtigen Gründe zu einer außerordentlichen Kündigung vor. Diese Ansicht
hat das Landgericht auf die Beschwerde der Antragsgegnerin bestätigt und zur
Begründung ausgeführt, dass die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gründe im
einzelnen und auch in der Gesamtschau weder ein durch das Verhalten der Verwalterin
begründetes zerstörtes Vertrauensverhältnis tragen, noch ein vorwerfbares
Fehlverhalten, das zeitlich vor dem Abberufungsbeschluss liegt, feststellen lassen.
Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1. mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
3
II.
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1.
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Die Anträge beider Beteiligter sind zulässig.
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Der Beteiligten zu 2. fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für einen entsprechenden
Feststellungsantrag (vgl. BGH, NJW 2002, 788).
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Unschädlich für die Zulässigkeit des Antrags, insbesondere das Feststellungsinteresse
der Beteiligten zu 3. ist deren Ausscheiden aus der Wohnungseigentümergemeinschaft
während des Verfahrens (Bärmann/Pick, WEG a. F., 16. Aufl., § 43 Rn. 16).
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2.
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Die erforderliche Rubrumberichtigung, da die Wohnungseigentümer, nicht die
Wohnungseigentümergemeinschaft Beteiligte sind (§ 43 Abs. 1 Nr. WEG a.F, § 27 Abs.
2 Nr. 2 WEG n.F.) kann auch im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgen.
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Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache, da die
Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts nicht verfahrensfehlerfrei zustande
gekommen ist.
11
a.
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Das Verfahren des Landgerichts leidet schon deshalb an einem Verfahrensfehler, weil
der neu bestellte Verwalter ebenfalls am Verfahren hätte beteiligt werden müssen, wie
dies § 43 I Nr. 4, IV Nr. 2 WEG a. F. vorsieht (vgl. auch OLG München, ZMR 2006, 637).
Im Rechtsbeschwerdeverfahren führt die unterbliebene Beteiligung regelmäßig zur
Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung gemäß §§ 27
Abs. 1 S. 2 FGG, 561, 563 ZPO. Eine Heilung dieses Mangels im vorliegenden
Verfahren kommt deshalb nicht in Betracht, weil wegen eines weiteren Mangels ohnehin
eine Zurückverweisung zu erfolgen hat .
13
b.
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Das Erstbeschwerdegericht hat den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, als es der in
den Vorinstanzen streitigen Frage, ob die Vergütung der Beteiligten zu 2. wegen
behaupteter Tätigkeit in Zusammenhang mit einer Prüfung der M gemäß Rechnung vom
27.12.2004 zu Recht erfolgt ist, nicht nachgegangen ist. Das in dem Zusammenhang
von der Rechtsmittelführerin behauptete Verhalten der Beteiligten zu 2. kann
möglicherweise eine außerordentliche Kündigung begründen.
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Zutreffend hat das Landgericht den Beschluss unter TOP 2 so ausgelegt, dass mit der
Beschlussfassung nicht nur die Kündigung ausgesprochen werden, sondern auch die
gleichzeitige Abberufung des Verwalters erfolgen soll.
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Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, wonach sämtliche Ereignisse bzw. Äußerungen
und sonstige Verhaltensweisen der Beteiligten zu 2. nach dem 15.02.2005 für die
Beurteilung eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung nicht beachtlich
sind, und die Ereignisse vor und im Zeitraum September/Oktober 2004 ebenfalls keine
Rolle mehr spielen können, da eine darauf begründete außerordentliche Kündigung
jedenfalls verfristet ist, ist nicht zu beanstanden. Auch kann die Beteiligte zu 1. ihre
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Kündigung nicht auf etwaiges Nichthandeln der Beteiligten zu 2. stützen, soweit sie ihr
vorwirft, aufgrund im September 2004 beschlossener Maßnahmen nicht tätig geworden
zu sein, denn hierzu fehlt es an der erforderlichen Abmahnung durch die
Wohnungseigentümergemeinschaft vor einer Abberufung des Verwalters.
Ferner kann die Kündigung auch nicht auf eine Zerrüttung des Verhältnisses zum
Verwaltungsbeirat gestützt werden, wie sie insbesondere bei der Ortsbesichtigung vom
06.12.2004 anlässlich des verhinderten Zugang zur Wohnung F zu Tage getreten sein
soll. Hierzu hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Verhalten
des Eigentümers F nicht der Verwalterin zugerechnet werden kann. Die Überlegungen
der Rechtsmittelführerin in ihrer Rechtsbeschwerde ändern an diesem Ergebnis nichts.
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Schließlich kann der Senat – anders als die Beteiligte zu 1. meint – in dem Verhalten
der Verwalterin zur Vorbereitung der Eigentümerversammlung vom 15.02.2005 kein
grobes Fehlverhalten erkennen. Dazu reicht weder die falsche Bezeichnung des
Wochentages, noch die Anberaumung eines weiteren Tagesordnungspunktes:
"Neuwahl der Beiratsmitglieder". Auf die zutreffenden Überlegungen des Landgerichts
wird verwiesen.
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Einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung kann hingegen die von der
Verwalterin durchgeführte Vergütung an sich selbst gemäß Rechnung vom 27.12.2004
für eine Tätigkeit sein, deren Grundlage von der Gegenseite in Frage gestellt wird. Sollte
sich die von der Antragsgegnerin behauptete Version – der Verwalterin stehe diese
Vergütung nicht zu, da die behauptete Prüfungstätigkeit nicht stattgefunden habe – als
richtig erweisen, so wäre die von der Antragstellerin an sie selbst erfolgte Auszahlung
der Vergütung ein vorwerfbares Fehlverhalten. Denn gerade auf dem Gebiet der
Honorierung der eigenen Tätigkeit ist die Verwalterin zur Wahrung besonderer
Aufmerksamkeit und Genauigkeit verpflichtet, da sie wegen der für sie hier bestehenden
Möglichkeiten, sich Gelder auszuzahlen, eine besondere Vertrauensstellung einnimmt.
Anders als das Landgericht meint, ist die Beteiligte zu 2. wegen dieser Abrechnung
nicht entlastet worden. Mit Beschluss vom 22.09.2004 erfolgte letztmalig eine Entlastung
der Beteiligten zu 2., die fragliche Auszahlung lag indes erst im Dezember 2004.
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Das Landgericht als Tatsacheninstanz wird deshalb der bestrittenen Frage der
Berechtigung der Auszahlung an die Verwalterin durch weitere Tatsachenfeststellungen
nachzugehen haben. Die Beteiligten haben dazu im Erstbeschwerdeverfahren jeweils
Beweise angeboten.
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Die weiteren zulasten der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgten Zahlungen –
Rechnungen vom 30.09.2004 und vom 27.01.2005 - bieten hingegen keine
Angriffspunkte gegen die Verwalterin. Es handelt sich um Zahlungen an Dritte
(Sachverständiger und Handwerker), die unstreitig tätig geworden sind. Die
Berechtigung der jeweiligen Aufträge mag Gegenstand von Diskussionen zwischen den
Beteiligten sein, die Auftragserteilung lässt aber keine Umstände erkennen, die für ein
offensichtliches Fehlverhalten sprechen.
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Im Zusammenhang mit der Berechtigung der Zahlung der Rechnung vom 27.12.2004
kann auch das im Ton sehr deutliche Schreiben des Rechtsanwalts G vom 07.02.2005
von Bedeutung sein. Dieses Schreiben für sich genommen, das an alle Eigentümer
verteilt wurde, berechtigt zwar noch nicht zu einer außerordentlichen Kündigung, da es
eine Reaktion der Beteiligten zu 2. auf Vorwürfe des Verwaltungsbeirats darstellt und in
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Wahrung der Interessen der Verwaltung öffentlich gemacht wurde. Sollte sich allerdings
erweisen, dass die Verwalterin zu Unrecht die Prüfungskosten eingezogen hat, so
erscheinen die Angriffe gegen den Verwaltungsbeirat in dem fraglichen Schreiben
deutlich überzogen. Bei einer dann erneut vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des
Handelns der Verwalterin können u. U. schwerwiegende Gründe für eine berechtigte
außerordentliche Kündigung sprechen.
Die Sache ist somit an das Landgericht zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die
Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben.
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Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG a. F. Hinsichtlich TOP 2
bemißt sich der Gegenstandswert nach der zu erwartenden Vergütung der Verwalterin
für die Restlaufzeit des Vertrages. Für TOP 4 (Entlastung) erscheint eine Festsetzung in
Höhe von 1.000,- € angemessen.
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