Urteil des OLG Koblenz vom 04.10.2007

OLG Koblenz: wasserversorgung, verantwortlichkeit, kommunaler zweckverband, grundstück, zustandsstörer, verordnung, lwg, pachtvertrag, notleitung, eigentümer

Sachenrecht
OLG
Koblenz
04.10.2007
6 U 91/07
1. Mit Veräußerung einer störenden Anlage geht die Zustandsverantwortlichkeit hierfür grundsätzlich vom Veräußerer auf
den Erwerber über, mit der Folge, dass der störende Zustand nicht mehr dem früheren Eigentümer als Zustandsstörer
zuzurechnen ist.
2. Eine Verbandsgemeinde, die auf einem verpachteten Grundstück der Ortsgemeinde zur Herstellung der öffentlichen
Wasserversorgung eine Wasserleitung verlegt, ist dem Pächter gegenüber nach Stilllegung der Leitung nicht als
Handlungsverantwortlicher zu deren Beseitigung verpflichtet, wenn noch vor Stilllegung der Leitung ein kommunaler
Zweckverband die Wasserversorgungseinrichtungen übernommen hat.
Geschäftsnummer:
6 U 91/07
3 O 407/03 LG Bad Kreuznach
Verkündet
am 04.10.2007
Wetzlar, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
P… B…,
- Kläger und Berufungskläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
1) Verbandsgemeinde S…,
- Beklagte und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
2) Ortsgemeinde S…,
- Beklagte und Streithelferin –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, den
Richter am Oberlandesgericht Ritter und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Metzger auf die mündliche Verhandlung
vom 12.09.2007
für R e c h t erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 15.12.2006 verkündete Teilend- und Schlussurteil des Einzelrichters der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten noch um Ansprüche auf Entfernung einer stillgelegten Wasserleitung.
Der Kläger pachtete im Jahr 1977 von der Beklagten zu 2. ein Gelände zum Betrieb eines Steinbruches, das u. a. ihm zu
diesem Zwecke bereits seit 1971 überlassen worden war. Der Pachtvertrag wurde zuletzt am 10.04.1989 bis zum
21.12.2014 verlängert. Erstmals 1972 und sodann lückenlos bis heute wurde der Abbau von Quarzit durch den Kläger
bergrechtlich zugelassen, wobei Inhalt und Reichweite der Zulassung zwischen den Parteien streitig sind.
Auf dem verpachteten Gelände verlaufen mehrere Wasserleitungen. Insbesondere hat die Beklagte zu 1. im Jahr 1978
eine Leitung verlegt, die sich in der Parzelle 7/7 verzweigt und deren einer Schenkel quer über das Pachtgebiet verläuft.
In erster Instanz war darüber hinaus noch eine im Jahr 2000 verlegte Ersatzleitung (vom Kläger als „Notleitung“
bezeichnet) im Streit. Alle streitigen Rohrleitungen sind mittlerweile stillgelegt.
Der Kläger hat in erster Instanz Ansprüche auf Entfernung der Wasserleitungen gegen beide Beklagte, gegen die
Beklagte zu 2. zudem Ansprüche wegen behaupteter Altlasten auf dem Gelände geltend gemacht. Soweit sich die Klage
gegen die Beklagte zu 2. gerichtet hat, ist sie mit Teilurteil vom 17.05.2006 rechtskräftig abgewiesen worden.
Von der Beklagten zu 1. hat der Kläger in erster Instanz die Entfernung des unteren bis zur Pachtgrenze verlaufenden
Zweiges der Leitung aus dem Jahr 1978 und eines Stückes der Ersatzleitung aus dem Jahr 2000 verlangt. Hierzu hat er
vorgetragen, die Beklagte zu 1. sei zur Beseitigung verpflichtet, weil sie – was für die 1978 verlegte Leitung unstreitig ist –
die Leitungen verlegt habe. Die Rohre störten ihn in seinen Besitzrechten aus dem Pachtvertrag. Auch im Bereich der
Rohrleitungstrasse sei er zum Quarzitabbau berechtigt und beabsichtige er diesen nunmehr auch zu betreiben; vor den
Bohr- und Sprengarbeiten zum Quarzitabbau müssten indes die Rohre beseitigt werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, die auf dem Grundstück in der Gemarkung S…, Flur 5, Flurstück 7/7, verlegten
Wasserleitungen zusammen mit dem im Zuge der Verlegung eingebrachten Fremdmaterial zu entfernen, und zwar
1. in demjenigen Teilbereich der 1978 verlegten Leitung, der von deren Verzweigung im Bereich der
Grundstücksgrenze über die Parzelle 7/7 bis hin zur Pachtgrenze führt,
2. denjenigen Teil der später verlegten Notleitung, der von der Grundstücksgrenze bis hin zu der unter Ziffer 1.
angesprochenen Leitung führt.
Die Beklagte zu 1. hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sei nicht passivlegitimiert, weil sie die Aufgabe der Wasserversorgung 1980 auf den Zweckverband T… übertragen
habe. Im Übrigen sei in dem fraglichen Bereich der Quarzitabbau, den die Leitungen zudem nicht hinderten, nicht
zulässig.
Mit Teilend- und Schlussurteil vom 15.12.2006 hat das Landgericht die Klage, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1.
richtet, abgewiesen. Für die 2000 verlegte Ersatzleitung („Notleitung“) hafte die Beklagte zu 1. schon deshalb nicht, weil
diese vom Zweckverband verlegt worden sei. Eine etwaige Haftung der Beklagten zu 1. als Zustandsstörer für die 1978
verlegte Leitung sei 1978 auf den Zweckverband übergegangen. Auch als Handlungsstörer hafte die Beklagte zu 1.
nicht: Durch die Verlegung der Leitungen sei der Kläger nicht in der Ausübung seines Besitzrechtes gestört worden, weil
er 1978 auf der fraglichen Parzelle noch nicht abgebaut habe, noch nicht habe abbauen dürfen und eine
Beeinträchtigung nicht nahe bevorgestanden habe.
Mit seiner Berufung gegen das Urteil vom 15.12.2006 verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, soweit es die
Verurteilung der Beklagten zu 1. zur Entfernung der 1978 verlegten Leitung zum Gegenstand hat. Er wiederholt und
vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, er verfüge – was unstreitig ist – bereits seit 1972 über
eine bergrechtliche Zulassung für den Quarzitabbau. Zudem sei nach Lage der Akten der Beklagten zu 2. davon
auszugehen, dass diese der Verlegung der Leitungen durch die Beklagte zu 1. nicht zugestimmt habe.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Teilend- und Schlussurteils des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15.12.2006 die
Beklagte zu 1. zu verurteilen, die auf dem Grundstück in der Gemarkung S…, Flur 5, Flurstück 7/7 verlegten
Wasserleitungen zusammen mit dem im Zuge der Verlegung eingebrachten Fremdmaterial zu entfernen, und zwar in
demjenigen Teilbereich der 1978 verlegten Leitung, der von deren Verzweigung im Bereich der Grundstücksgrenze über
die Parzelle 7/7 bis hin zur Pachtgrenze führt.
Die Beklagte zu 1. und die Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1. nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils. Ergänzend trägt sie vor, die Beklagte zu 2. habe der Beklagten zu 1. die Verlegung der Leitung im Jahr 1978
gestattet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des
angefochtenen Urteils und die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zu 1. nicht
als verpflichtet angesehen, die Wasserleitung zu entfernen, die sie 1978 auf dem an den Kläger verpachteten Gelände
verlegt hatte. Ein Anspruch hierauf steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 1. insbesondere nicht unter dem mit der
Berufung allein weiterverfolgten Gesichtspunkt eines quasi negatorischen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches
analog §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 BGB zu.
1. Eine etwaige Beeinträchtigung des Klägers in seinem berechtigten Besitz, soweit diese (insbesondere unter
Berücksichtigung der Reichweite der bestehenden Abbaurechte) anzunehmen sein sollte, wäre zwar – heute –
rechtswidrig und damit mögliche Grundlage eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches aus §§ 1004, 823 Abs. 2
BGB. Denn für eine objektiv rechtswidrige Besitzstörung kommt es darauf an, ob der dem beeinträchtigten Recht
widersprechende Zustand rechtswidrig ist, nicht darauf, ob die zur Beeinträchtigung führende Handlung rechtswidrig war
(BGH, Urt. v. 24.01.2003 – V ZR 175/02 -, NJW-RR 2003, 953). Die Rechtswidrigkeit entfällt deshalb nicht dadurch, dass
die Voraussetzungen der beeinträchtigenden Wirkung einer Handlung erst nach ihrer Vornahme eintraten (BGHZ 135,
235). Wenn beispielsweise vormals von einem Grundstückseigentümer zu duldende Fernwärmeleitungen funktionslos
werden, endet damit regelmäßig die Duldungspflicht, so dass der Grundstückseigentümer – entsprechendes gilt für den
sonstigen berechtigten Grundstücksbesitzer – die Entfernung der Leitungen gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen
kann (BGH, Urt. v. 24.01.2003 – V ZR 175/02 -, NJW-RR 2003, 953). So liegt der Fall hier: Sofern der Kläger durch die
Leitung in seinem Besitzrecht beeinträchtigt sein sollte, bräuchte er dies nach Außerbetriebnahme der Leitungen nicht
(mehr) hinzunehmen.
2. Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen ein Anspruch des Klägers auf Beseitigung der 1978 verlegten
Wasserleitung bestehen sollte, richtet sich ein solcher Anspruch indes nicht gegen die Beklagte zu 1. Schuldner der
Abwehransprüche nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB ist nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur der „Störer“, d. h.
denjenige, der die Störung entweder durch seine eigene Handlung adäquat herbeigeführt hat (Handlungsstörer) oder
von dessen Willen die Beseitigung der Beeinträchtigung abhängt (Zustandsstörer). Die Beklagte zu 1. ist indes weder als
Handlungs- noch als Zustandsstörerin für die heute im Pachtgrundstück liegende Leitung verantwortlich und verpflichtet,
diese wieder zu entfernen.
a. Die Beklagte zu 1. ist nicht als Handlungsstörerin zur Beseitigung der von ihr 1978 verlegten Wasserleitung
verpflichtet. Abgesehen von den Fällen einer Beeinträchtigung durch fortdauerndes Handeln (z. B. fortgesetztes Lärmen)
kommt nach h. M. als Handlungsstörer auch derjenige in Betracht, der durch ein in der Vergangenheit abgeschlossenes
Handeln (z. B. die Errichtung eines Bauwerkes) die Ursache für eine gegenwärtige Störung gegeben hat (statt aller:
Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 1004 Rn. 39). Letzterer ist indes als Handlungsstörer für die
fortbestehende oder (wie vorliegend) gegenwärtig erst entstehende Störung nur dann verantwortlich, wenn er diese
durch sein Handeln adäquat kausal verursacht hat (Bamberger/Roth, BGB, § 1004 Rn. 15 m. w. N.) in dem Sinne, dass
sie ihm – noch - zurechenbar ist. Diese Zurechenbarkeit kann sich aus einem pflichtwidrigen positiven Tun oder unter
dem Gesichtspunkt der Ingerenz aus einem vorangegangenen pflicht- oder sozialwidrigen Unterlassen ergeben (BGH,
Urt. v. 04.02.2005 – V ZR 142/04 -, NJW 2005, 1366, 1368; Bamberger/Roth, BGB, § 1004 Rn. 16 m. w. N.; Gursky, in:
Staudinger, BGB, 2006, § 1004 Rn. 93). Keiner der beiden Gesichtspunkte begründet vorliegend eine gegenwärtige
Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für die 1978 von ihr verlegte Wasserleitung.
aa. Die Beklagte zu 1. hat zwar unstreitig im Jahr 1978 die im Berufungsverfahren allein noch in Rede stehende Leitung
verlegt. Eine ihr aufgrund positiven Tuns zuzurechnende rechtswidrige Beeinträchtigung des Besitzrechts des Klägers –
Störung im Sinne des § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB – hat sie damit indes nicht geschaffen, weil die Verlegung der Leitung im
Verhältnis zum Kläger rechtmäßig war. Dieser leitete sein Besitzrecht von der Beklagten zu 2. als Eigentümerin und
Verpächterin des Grundstücks ab; sein Besitzrecht konnte gegenüber der Beklagten zu 1. deshalb nicht weiter gehen als
die aus dem Eigentum erwachsenden Rechte der Beklagten zu 2. Im Verhältnis zur Beklagten zu 2. war die Beklagte zu
1. indes zur Verlegung der Wasserleitung berechtigt.
Es spricht vieles dafür, dass die Beklagte zu 2. als Grundstückseigentümerin mit der Verlegung der Wasserleitung und
dem Ort ihrer Verlegung einverstanden war. Zum einen ist über die fragliche Leitung die Beklagten zu 1 an das
Wasserversorgungsnetz angeschlossen worden; dass dies ohne Kenntnis und/oder Billigung der zuständigen Organe
der Beklagten zu 2. geschehen wäre, erscheint praktisch kaum denkbar. Zum anderen spricht für eine Kenntnis der
Beklagten zu 2. von der Verlegung der Leitungen die von der Beklagten zu 1. vorgelegte Niederschrift der Sitzung des
Verbandsgemeinderates vom 30.06.1978 (Anlage zum Schriftsatz vom 13.08.2007, Bl. 392 GA), in der dieser in
Anwesenheit des Ortsbürgermeisters F… P… der Beklagten zu 2. die Vergabe der zur Leitungsverlegung erforderlichen
Arbeiten beschlossen hat. Der Ortsbürgermeister P… der Beklagten zu 2. soll zudem, so die Beklagte zu 1. weiter, an
einer Ortsbegehung wegen der Trassenführung teilgenommen haben, was der Zeuge S… in seiner schriftlichen
Erklärung vom 01.08.2007 (Anlage zum Schriftsatz vom 21.08.2007, Bl. 397 GA) auch bestätigt hat. Der Kläger ist dem im
Wesentlichen mit dem Hinweis darauf entgegen getreten, dass sich in den Beschlussbüchern und sonstigen Unterlagen
der Beklagten zu 2. nichts über deren Unterrichtung oder gar eine förmliche Zustimmung des Ortsgemeinderates zur
Leitungsverlegung oder Trassenführung finde. Eine faktische Unterrichtung müsste aber nicht notwendigerweise
aktenkundig geworden sein. Ob eine wirksame Zustimmung der Beklagten zu 2. einen förmlichen Beschluss des
Ortsgemeinderates voraussetzte, ist zumindest fraglich, da die organschaftliche Vertretungsmacht des Bürgermeisters
nach § 47 Abs. 1 S. 1 GemO (hier i. d. F. v. 14.12.1973, GVBl. S. 419; insoweit bis heute unverändert) nach h. M. im
Rahmen der kommunalen Verbandskompetenz unbeschränkt und unbeschränkbar ist. Rechtsgeschäftliche Erklärungen
des Bürgermeisters sind und waren deshalb im Außenverhältnis grundsätzlich auch dann wirksam, wenn er seine interne
Organzuständigkeit überschreitet (Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. Aufl. 2003, Rn. 369, 431, 433 m. w. N.). Nach
alledem dürfte der Ortsbürgermeister der Beklagten zu 2. einer Verlegung der Leitung durch die Beklagte zu 1.
zumindest konkludent zugestimmt haben; an die Form des § 49 GemO war seine Einverständniserklärung nicht
gebunden. - Der entgegenstehende Sachvortrag erster Instanz der Beklagten zu 2., der Verlegung der Leitung nicht
zugestimmt und ihren Verlauf mit der Beklagten zu 1. nicht abgesprochen zu haben, bindet die Beklagte zu 1. nicht, da
beide Prozessrechtsverhältnisse getrennt zu behandeln sind.
Letztlich kann indes dahin stehen, ob die Beklagte zu 2. tatsächlich einer Verlegung der Leitung durch die Beklagte zu 1.
zugestimmt hat, in welcher Weise dies geschehen ist und ob eine etwa erteilte Zustimmung wirksam war. Unabhängig
hiervon war die Verlegung der Leitungen im Verhältnis zur Beklagten zu 2. – und damit auch im Verhältnis zum Kläger,
der sein Besitzrecht allein von der Beklagten zu 2. ableitete - schon deshalb rechtmäßig, weil die Beklagte zu 2.
verpflichtet war, einer Verlegung der Leitungen durch die Beklagte zu 1. zuzustimmen.
Dies ergibt sich zwar nicht, wie der Kläger meint, aus § 8 I AVBWasserV: Die Pflicht aus § 8 Abs. 1 S. 1 AVBWasserV, das
Anbringen und Verlegungen von Leitungen zuzulassen, betrifft nur Grundstücke, die an die Wasserversorgung
angeschlossen sind, die vom Eigentümer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Wasserversorgung genutzt werden
oder für die die Möglichkeit der Wasserversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist (§ 8 Abs. 1 S. 2 AVBWasserV). Nichts
dergleichen ist für die in Rede stehende Parzelle 7/7 vorgetragen.
Die Beklagte zu 2. war jedoch zur Zustimmung verpflichtet aufgrund der Landesverordnung über den Übergang von
Aufgaben und Einrichtungen der Ortsgemeinden auf die Verbandsgemeinden (Aufgaben-Übergangs-Verordnung) vom
02.09.1974 (GVBl. 1974, S. 380). Nach § 14 Abs. 1 dieser Verordnung ist die Verbandsgemeinde berechtigt, die
Grundstücke der Ortsgemeinden unentgeltlich zu benutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach der
Verordnung notwendig ist und wichtige Belange der Ortsgemeinden dadurch nicht beeinträchtigt werden. So lag der Fall
hier: Zu den Aufgaben der Beklagten zu 1., einer Verbandsgemeinde, zählte es, die öffentliche Wasserversorgung
sicherzustellen (§ 46 Abs. 1 S. 1 LWG; § 67 Abs. 1 Nr. 5 GemO). Unstreitig ist erst durch die in Rede stehende Leitung die
Wasserversorgung der Beklagten zu 2. hergestellt worden. Eine Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Beklagten zu
2. durch die Leitung überhaupt oder die konkrete Trassenführung ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Sie ist
insbesondere nicht ohne weiteres deshalb anzunehmen, weil die Beklagte als Grundstückseigentümerin durch die
Verlegung der Leitung in einem ihr gehörenden, aber zum Zwecke des Quarzitabbaus verpacheteten Grundstück Gefahr
lief, die Leitung zu einem späteren Zeitpunkt kostenpflichtig wieder entfernen zu müssen. Dieser Gesichtspunkt könnte
als wichtiger Belang i. S. von § 14 der Aufgaben-Übergangs-Verordnung nur anerkannt werden, wenn er geeignet wäre,
den öffentlichen Belang eines Anschlusses der Beklagten zu 2. an die Wasserversorgung zurücktreten zu lassen – dass
dies nicht der Fall ist, bedarf keiner näheren Begründung – oder wenn die Beklagte zu 2. in anderer Weise, ohne
Beeinträchtigung mindestens gleichgewichtiger öffentlicher oder privater Belange, hätte an die Wasserversorgung
angeschlossen werden können. Auch letzteres hat der Kläger nicht dargetan.
Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der Verlegung der Leitungen habe das Bergamt zustimmen müssen, was indes
unstreitig nicht geschehen ist. Einer bergrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen nur die in §§ 7, 8 BBergG
aufgeführten Tätigkeiten, insbesondere die Errichtung und der Betrieb von Einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1
BBergG. Die streitige Leitung wird hiervon nicht erfasst.
Insgesamt war mithin die Verlegung der Wasserleitung durch die Beklagte zu 1. im Jahre 1978 rechtmäßig und vom
Kläger wie von der Beklagten zu 2. für die Dauer der Nutzung der Wasserleitung hinzunehmen; eine allein hieran
anknüpfende Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für die Entfernung der Leitung zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt
nicht in Betracht.
bb. Die Beklagte zu 1. ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassens als
Handlungs- (besser: Verhaltens-)störerin für die Entfernung der Leitung verantwortlich. Ein solches käme nur dann in
Betracht, wenn die Leitung noch vor Übertragung der Wasserversorgung auf den Wasserzweckverband Trollmühle, d. h.
zur Zeit einer noch bestehenden Zustandsverantwortlichkeit der Beklagten zu 1., außer Betrieb genommen worden wäre
(Gursky, in: Staudinger, BGB, 2006, § 1004 Rn. 94). Tatsächlich ist die Leitung aber noch geraume Zeit nach Übernahme
der Anlagen durch den Zweckverband genutzt worden.
b.
Die Beklagte zu 1. ist schließlich auch nicht als Zustandsstörerin zur Beseitigung der Wasserleitung verpflichtet. Mit der
Übernahme der Wasserversorgungseinrichtungen einschließlich der streitigen Leitung durch den Zweckverband
Trollmühle ist zugleich die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für von dieser Anlage ausgehende Störungen auf den
Zweckverband übergegangen.
Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Beklagte zu 1. die ihr grundsätzlich obliegende
Verantwortlichkeit für die Wasserversorgung (§§ 67 Abs. 1 Nr. 5 GemO, 46 Abs. 1 S. 1 LWG) im Jahr 1980 gemäß § 46
Abs. 1 S. 3 LWG auf den Wasserzweckverband T…-W… übertragen hat. Dies hat die Beklagte zu 1. durch Vorlage des
Übertragungsvertrages vom 15.12.1980 (Anlage zum Schriftsatz vom 15.12.2004, Bl. 65 GA) belegt. Der Übertragung
unterlag ausweislich des Vertrages „das Vermögen der Wasserversorgung“ einschießlich der in Rede stehenden
Rohrleitung.
Mit Wirksamwerden des Übertragungsvertrages ist die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für die Wasserleitungen,
einschließlich der Verantwortlichkeit aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, auf den Zweckverband übergegangen. Mit
Veräußerung einer störenden Anlage geht die (Zustands-)Verantwortlichkeit hierfür grundsätzlich auf den Erwerber über;
der störende Zustand ist nach Übergang der Sachherrschaft infolge Veräußerung grundsätzlich dem früheren
Eigentümer nicht mehr als (Zustands-)Störer zuzurechnen (BGH, Urt. v. 10.07.1998 – V ZR 60/97 -, NJW 1998, 3273;
Bamberger/Roth, BGB, § 1004 Rn. 27 f. m. w. N.; Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 1004 Rn. 50).
Besondere Umstände, unter denen ausnahmsweise die Zustandsverantwortlichkeit des Veräußerers über die
Veräußerung hinaus fortbestehen kann, kommen vorliegend nicht in Betracht.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Rechtsprechung, wonach der Veräußerer einer störenden Sache auch nach
Veräußerung Zustandsstörer bleiben soll, wenn er über die Sache weiterhin tatsächlich verfügen kann. Die hierzu
entschiedenen Fälle betrafen Sachverhalte, in denen die fortbestehende Möglichkeit des Veräußerers, auf die Sache
zuzugreifen, über ein reines Faktum hinaus auf seine fortbestehende rechtliche Beziehung zur Sache zurückzuführen
war – beispielsweise auf die Stellung als Sicherungsgeber bei der Sicherungsübereignung (BGH, Urt. v. 29.05.1964 – V
ZR 58/62 -, BGHZ 41, 393) oder auf einen ihm eingeräumten Nießbrauch (OLG Köln, Urt. v. 19.06.1996 – 5 U 210/95 -,
NJW-RR 96, 1104). Eine irgendwie geartete rechtliche Beziehung der Beklagten zu 1. zu der im Jahr 1978 von ihr
verlegten Leitung besteht indes nach Übertragung der Verantwortlichkeit auf den Zweckverband nicht mehr. Allein der
Umstand, dass – so der Kläger – er selbst als Pächter des Grundstückes, ggf. auch die Beklagte zu 2. als
Grundstückseigentümerin und der Zweckverband als für die Leitung Verantwortlicher mit einer Entfernung dieser Leitung
durch die Beklagte zu 1. einverstanden wären, kann eine über das Jahr 1978 hinaus fortbestehende
Zustandsverantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für die Leitung nicht begründen. Dies gilt um so mehr, als in der Zeit
zwischen der Übertragung auf den Zweckverband und der Stillegung der Leitungen ersterer schwerlich mit einer
Entfernung der Leitungen durch die Beklagte zu 1. einverstanden gewesen wäre, weshalb selbst die faktische
Zugriffsmöglichkeit der Beklagten zu 1. nicht ununterbrochen fortbestand, sondern allenfalls mit Stilllegung der Leitung
wieder auflebte. Zu diesem Zeitpunkt begründete indes die faktische Zugriffsmöglichkeit der Beklagten zu 1. auf die
Leitung ebenso wenig deren Verantwortlichkeit als Störerin, wie das bei jedem beliebigen Dritten der Fall wäre, dem der
Kläger und die Beklagte zu 2. die Entfernung der Leitung gestattet hätten.
Von den vorbezeichneten Fällen abgesehen, wird das Fortbestehen der Zustandsverantwortlichkeit trotz Aufgabe der
Sachherrschaft lediglich noch nach Dereliktion (BGH, Urt. v. 30.03.2007 – V ZR 179/06 -, NJW 2007, 2182) oder
Rechtsverlust infolge Verbindung der störenden Sache (Chemikalien) mit dem beeinträchtigten Grundstück (BGH, Urt. v.
04.02.2005 – V ZR 142/04 -, NJW 2005, 1366) angenommen. Diesen Sachverhalten, in denen andernfalls ein
„Verantwortlichkeitsvakuum“ entstünde, ist der vorliegende ersichtlich nicht vergleichbar.
Nach alledem war die Beklagte zu 1. zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz weder
als Handlungsstörerin noch als Zustandsstörerin verpflichtet, die Leitung zu entfernen, die sie 1978 auf dem
Pachtgrundstück verlegt hatte. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz war
zurückzuweisen, ohne dass es einer abschließenden Entscheidung bedürfte, ob die Leitung den Kläger überhaupt in
seinen Besitzrechten beeinträchtigt, ob er insbesondere nach dem Pachtvertrag und den vorliegenden bergrechtlichen
Zulassungen in dem streitigen Bereich zum Abbau berechtigt ist, ob sich dort Quarzit befindet und ob die Leitung den
Abbau hindern würde.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.
10, 711, 713 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren orientiert sich an der Wertfestsetzung für die erste Instanz
im angefochtenen Urteil, der die Parteien nicht entgegengetreten sind.
Die Revision war nicht zuzulassen; die Entscheidung beruht unter Beachtung der obergerichtlichen Rechtsprechung auf
einer Würdigung im Einzelfall.
Sartor Ritter Dr. Metzger