Urteil des OLG Karlsruhe vom 23.07.2014

OLG Karlsruhe: stand der technik, öffnung, erfindung, patentverletzung, abstimmung, patentanspruch, schmieröl, anpassung, unterbringung, erzeugnis

OLG Karlsruhe Urteil vom 23.7.2014, 6 U 89/13
Mittelbare Patentverletzung durch Angebot von Filtereinsätzen
Leitsätze
Zur Frage der Erschöpfung der Rechte aus dem Patent, wenn mit der angegriffenen Vorrichtung
ein erwartbarer Ersatzbedarf gedeckt wird (hier: Filtereinsätze für einen Ölfilter).
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 04.06.2013 (Az. 2
O 210/12) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagten werden unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft betreffend die Beklagten zu 1) und zu 2) zu
vollziehen an den Beklagten zu 3) und zu 4), verurteilt, es zu unterlassen,
a. Ringfiltereinsätze, die geeignet und bestimmt sind zur Verwendung in Ölfiltern für
Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, mit einem im Einbauzustand stehend
angeordneten Filtergehäuse, das in einem oberen Abschnitt eines
Filteraufnahmeraums die Unterbringung des Filtereinsatzes enthält und das in einem
unteren Abschnitt einen Einlasskanal für ungereinigte Flüssigkeit, der eine Zuleitung
des Ölfilters mit einer Rohseite des Ringfiltereinsatzes im Filteraufnahmeraum
verbindet, und einen Auslasskanal für gereinigte Flüssigkeit enthält, der eine
Reinseite des Ringfiltereinsatzes im Filteraufnahmeraum mit einer Ableitung des
Ölfilters verbindet, wobei ein Funktionsträgereinsatz vorgesehen ist, der in einem im
unteren Abschnitt des Filtergehäuses ausgebildeten Trägeraufnahmeraum
angeordnet ist und der den Auslasskanal enthält,
zur Benutzung der Erfindung gemäß Anspruch 8 des europäischen Patents EP 1 222
010 nicht berechtigten Dritten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu
liefern,
soweit der Funktionsträgereinsatz in den Trägeraufnahmeraum einsetzbar
ausgebildet ist und einen Leerlaufkanal enthält, der ein Abfließen der Flüssigkeit aus
dem Filteraufnahmeraum ermöglicht und am Ringfiltereinsatz ein exzentrisch, axial
nach unten abstehender Zapfen angebracht ist, der bei in den Filteraufnahmeraum
eingesetztem Ringfiltereinsatz in eine Öffnung des Leerlaufkanals eindringt und
diesen verschließt und der Funktionsträgereinsatz eine Rampe aufweist, die mit
einem unteren Ende an der Öffnung des Leerlaufkanals in deren axialen Ebene
beginnt und mit zunehmender Rampenlänge in das Innere des Filteraufnahmeraums
vorstehend ansteigt und die Rampe und der Zapfen hinsichtlich ihrer Positionierung
so aufeinander abgestimmt sind, dass beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes in das
Filtergehäuse der Zapfen - solange er noch nicht in die Öffnung des Leerlaufkanals
eingedrungen ist - auf der Rampe aufliegt und bei Drehung des Ringfilterelements
nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe in die Öffnung des
Leerlaufkanals eindringt,
wie z.B. der Ringfiltereinsatz mit der Typenbezeichnung ...;
(mittelbare Verletzung des Anspruchs 8 des EP 1 222 010)
oder
b. Ringfiltereinsätze, die geeignet und bestimmt sind zur Verwendung in Ölfiltern für
Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen mit einem im Einbauzustand stehend
angeordneten Filtergehäuse, das einen Aufnahmeraum für den darin eingesetzten
Ringfiltereinsatz enthält, mit einem Einlass für Rohflüssigkeit, mit einem Auslass für
gereinigte Flüssigkeit, mit einem durch Herausnehmen des Ringfilterelements frei
werdenden zusätzlichen Ableitungskanal aus dem Aufnahmeraum an einem Boden
des Aufnahmeraums, wobei an eine untere Endscheibe des Ringfilterelements ein
parallel zur Längsachse und exzentrisch abstehender Zapfen ausgeformt ist, der bei
in das Filtergehäuse eingesetztem Ringfiltereinsatz dichtend in die Öffnung des
Ableitkanals eindringt,
zur Benutzung der Erfindung gemäß Anspruch 1 des europäischen Patents EP 1 229
985 nicht berechtigten Dritten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu
liefern,
wenn am Boden des Aufnahmeraums eine Rampe ausgebildet ist, die mit einem
unteren Ende an der Öffnung des Ableitkanals am Boden beginnt und mit
zunehmender Rampenlänge in das Innere des Aufnahmeraums vorstehend ansteigt
und der Ringfiltereinsatz so an das Filtergehäuse angepasst ist, dass der
Ringfiltereinsatz im Aufnahmeraum um seine Längsachse frei drehbar ist, solange
der Zapfen nicht in die Öffnung des Ableitkanals eingreift und die Rampe und der
Zapfen hinsichtlich Positionierung und miteinander zusammenwirkender
Kontaktzonen so aufeinander abgestimmt sind, dass beim Einsetzen des
Ringfiltereinsatzes in das Filtergehäuse der Zapfen - solange er noch nicht in die
Öffnung des Ableitkanals eingedrungen ist - mit seiner Kontaktzone auf der
Kontaktzone der Rampe aufliegt und bei Drehung des Ringfilterelements nach unten
abgleitet und am unteren Ende der Rampe in die Öffnung des Ableitungskanals
eindringt,
wie z.B. der Ringfiltereinsatz mit der Typenbezeichnung ...
(mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 des EP 1 229 985)
2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu
erteilen und Rechnung zu legen über Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 lit. a)
seit 01.05.2004 und gemäß vorstehender Ziffer 1 lit. b) seit 28.09.2003,
insbesondere unter Angabe
a. der Anzahl der angebotenen, in Verkehr gebrachten oder in Besitz gehaltenen
Ringfiltereinsätze;
b. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer
sowie der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der
Anzahl der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten Ringfiltereinsätze;
c. der einzelnen Lieferungen, jeweils unter Angabe aller Identifikationsmerkmale, wie
Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer,
Herstellerangaben sowie des damit erzielten Gewinns, unter Aufschlüsselung der
einzelnen Kostenfaktoren;
d. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -
preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger;
e. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin gesamtschuldnerisch
jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr seit 01.05.2004 durch Verletzungshandlungen gemäß
vorstehender Ziff. 1 lit. a) und seit 28.09.2003 durch Verletzungshandlungen gemäß
vorstehender Ziff. 1 lit. b) entstanden ist oder künftig entsteht.
4. Die Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Klägerin
7.098,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
09.11.2011 zu bezahlen.
II.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung aus Ziff. I.1. und I.2.
durch Sicherheit in nachfolgend dargestellter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Ziff. I.1.a EUR 130.000,00
Ziff. I.1.b EUR 130.000,00
Ziff. I.2
EUR 30.000,00
Im Übrigen kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem
Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung,
Auskunft und Rechnungslegung sowie Zahlung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch und
begehrt die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
2 Die Klägerin ist Inhaberin der am 30.09.2000 angemeldeten europäischen Patente EP 1
222 010 B1 (nachfolgend: Klagepatent 1) und EP 1 229 985 B1 (nachfolgend: Klagepatent
2), die jeweils eine Priorität vom 23.10.1999 in Anspruch nehmen und einen
Flüssigkeitsfilter, insbesondere Ölfilter, zum Gegenstand haben. Der Hinweis auf die
Erteilung der in Kraft stehenden Klagepatente wurde am 27.08.2003 (Klagepatent 2) bzw.
am 31.03.2004 (Klagepatent 1) veröffentlicht. Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu
den benannten Vertragsstaaten.
3 Die Klägerin macht den auf den Patentanspruch 1 bezogenen Unteranspruch 8 des
Klagepatents 1 geltend. Die Patentansprüche 1 und 8 haben den folgenden Wortlaut:
4 Patentanspruch 1:
5 „Flüssigkeitsfilter, insbesondere Ölfilter zum Reinigen von Schmieröl, insbesondere für
Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, mit einem im Einbauzustand im wesentlichen
stehend angeordneten Filtergehäuse (2), das in einem oberen Abschnitt einen
Filteraufnahmeraum (4) zur Unterbringung eines Ringfiltereinsatzes (5) enthält und das in
einem unteren Abschnitt einen Einlasskanal (6, 14) für ungereinigte Flüssigkeit, der eine
Zuleitung (8) des Flüssigkeitsfilters (1) mit einer Rohseite des Ringfiltereinsatzes (5) im
Filteraufnahmeraum (4) verbindet, und einen Auslasskanal (19) für gereinigte Flüssigkeit
enthält, der eine Reinseite des Ringfiltereinsatzes (5) im Filteraufnahmeraum (4) mit einer
Ableitung (9) des Flüssigkeitsfilters (1) verbindet, wobei ein Funktionsträgereinsatz (7)
vorgesehen ist, der in einem im unteren Abschnitt des Filtergehäuses (2) ausgebildeten
Trägeraufnahmeraum (6) angeordnet ist und der den Auslasskanal (19) enthält,
dadurch gekennzeichnet
7 dass der Funktionsträgereinsatz (7) in den Trägeraufnahmeraum (6) einsetzbar
ausgebildet ist und einen Leerlaufkanal (21) enthält, der ein Abfließen der Flüssigkeit aus
dem Filteraufnahmeraum (4) ermöglicht.“
8 Patentanspruch 8:
9 “Flüssigkeitsfilter nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet
11 dass am Ringfiltereinsatz (5) ein exzentrisch, axial nach unten abstehender Zapfen (23)
angebracht ist, der bei in den Filteraufnahmeraum (4) ein gesetztem Ringfiltereinsatz (5) in
eine Öffnung (22) des Leerlaufkanals (21) eindringt und diesen verschließt, dass der
Funktionsträgereinsatz (7) eine Rampe (25) aufweist, die mit einem unteren Ende an der
Öffnung (22) des Leerlaufkanals (21) in deren axialen Ebene beginnt und mit
zunehmender Rampenlänge in das Innere des Filteraufnahmeraumes (4) vorstehend
ansteigt, dass die Rampe (25) und der Zapfen (23) hinsichtlich ihrer Positionierung so
aufeinander abgestimmt sind, das beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes (5) in das
Filtergehäuse (2) der Zapfen (23) - solange er noch nicht in die Öffnung (22) des
Leerlaufkanals (21) eingedrungen ist - auf der Rampe (25) aufliegt und bei Drehung des
Ringfilterelements (5) nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe (25) in die
Öffnung (22) des Leerlaufkanals (21) eindringt.“
12 Des Weiteren macht die Klägerin den Patentanspruch 1 des Klagepatents 2 geltend, der
den folgenden Wortlaut hat:
13 “Flüssigkeitsfilter, insbesondere Ölfilter zum Reinigen von Schmieröl, insbesondere für
Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, mit einem im Einbauzustand im wesentlichen
stehend angeordneten Filtergehäuse (2), das einen Aufnahmeraum (3) für einen darin
eingesetzten Ringfiltereinsatz (9) zum Filtern einer Flüssigkeit enthält, mit einem Einlass
(19) für Rohflüssigkeit, mit einem Auslass (20) für gereinigte Flüssigkeit, mit einem durch
Herausnehmen des Ringfilterelements (9) frei werdenden zusätzlichen Ableitungskanal
(24) aus dem Aufnahmeraum (3) an einem Boden (18) des Aufnahmeraumes (3), wobei an
eine untere Endscheibe (21) des Ringfilterelements (9) ein parallel zur Längsachse (14)
und exzentrisch abstehender Zapfen (25) angeformt ist, der bei in das Filtergehäuse (2)
ein gesetztem Ringfiltereinsatz (9) dichtend in eine Öffnung (26) des Ableitkanals (24)
eindringt,
dadurch gekennzeichnet
15 dass am Boden (18) des Aufnahmeraumes (3) eine Rampe (28) ausgebildet ist, die mit
einem unteren Ende an der Öffnung (26) des Ableitkanals (24) am Boden (18) beginnt und
mit zunehmender Rampenlänge in das Innere des Aufnahmeraumes (3) vorstehend
ansteigt, dass der Ringfiltereinsatz (9) so an das Filtergehäuse (2) angepasst ist, dass der
Ringfiltereinsatz (9) im Aufnahmeraum (3) um seine Längsachse (14) frei drehbar ist,
solange der Zapfen (25) nicht in die Öffnung (26) des Ableitkanals (24) eingreift, dass die
Rampe (28) und der Zapfen (25) hinsichtlich Positionierung und miteinander zusammen
wirkender Kontaktzonen (29, 30) so aufeinander abgestimmt sind, dass beim Einsetzen
des Ringfiltereinsatzes (9) in das Filtergehäuse (2) der Zapfen (25) - solange er noch nicht
in die Öffnung (26) des Ableitungskanals (24) eingedrungen ist - mit seiner Kontaktzone
(29) auf der Kontaktzone (30) der Rampe (28) aufliegt und bei Drehung des
Ringfilterelements (9) nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe (28) in die
Öffnung (26) des Ableitungskanals (24) eindringt.“
16 Wegen des weiteren Inhalts der Klagepatente wird auf die Patentschriften (Anlagen K1
und K3) Bezug genommen.
17 Die Klägerin stellt her und vertreibt klagepatentgemäße Flüssigkeitsfilter unter der
Modellbezeichnung YY (Anlage K7 = AL 24/12). Die Beklagte zu 1) bietet in der
Bundesrepublik Deutschland Ringfiltereinsätze mit der Artikelnummer ... (im folgenden:
angegriffene Ausführungsformen) an und bringt diese in Verkehr. Dieser Ringfiltereinsatz
ist, worauf die Beklagte zu 1) auch hinweist, zur Verwendung in den Ölfiltern YY der
Klägerin geeignet. Die nähere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ist aus
dem vorgelegten Muster (Anlage K8 = AL 24/12) und dem in die Klageschrift eingefügten
Lichtbild (ABl. 18) ersichtlich.
18 Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagten zu 1). Die Beklagten zu 3) und 4)
sind Geschäftsführer der Beklagten zu 2).
19 Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten verletzten durch das Anbieten und
Inverkehrbringen der angegriffenen Ringfiltereinsätze das Klagepatent 1 hinsichtlich des
Unteranspruchs 8 und das Klagepatent 2 hinsichtlich des Hauptanspruchs 1 mittelbar. Der
angegriffene Ringfiltereinsatz stelle ein wesentliches Element der in den genannten
Patentansprüchen beschriebenen Erfindungen dar. Der Austausch der Ringfiltereinsätze
überschreite den bestimmungsgemäßen Gebrauch der von ihr in Verkehr gebrachten
Ölfilter und stelle eine verbotene Neuherstellung des erfindungsgemäßen
Gesamterzeugnisses dar.
20 Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
21 1. Die Beklagten werden unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft -
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft betreffend die Beklagten zu 1) und zu
2) zu vollziehen an den Beklagten zu 3) und zu 4), verurteilt, es zu unterlassen
22 a. Ringfiltereinsätze für Ölfilter für Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, mit einem
im Einbauzustand stehend angeordneten Filtergehäuse, das in einem oberen Abschnitt
eines Filteraufnahmeraums die Unterbringung des Filtereinsatzes enthält und das in
einem unteren Abschnitt einen Einlasskanal für ungereinigte Flüssigkeit, der eine
Zuleitung des Ölfilters mit einer Rohseite des Ringfiltereinsatzes im Filteraufnahmeraum
verbindet, und einen Auslasskanal für gereinigte Flüssigkeit enthält, der eine Reinseite
des Ringfiltereinsatzes im Filteraufnahmeraum mit einer Ableitung des Ölfilters verbindet,
wobei ein Funktionsträgereinsatz vorgesehen ist, der in einem im unteren Abschnitt des
Filtergehäuses ausgebildeten Trägeraufnahmeraum angeordnet ist und der den
Auslasskanal enthält,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen
soweit der Funktionsträgereinsatz in den Trägeraufnahmeraum einsetzbar ausgebildet ist
und einen Leerlaufkanal enthält, der ein Abfließen der Flüssigkeit aus dem
Filteraufnahmeraum ermöglicht und am Ringfiltereinsatz ein exzentrisch, axial nach
unten abstehender Zapfen angebracht ist, der bei in den Filteraufnahmeraum
eingesetztem Ringfiltereinsatz in eine Öffnung des Leerlaufkanals eindringt und diesen
verschließt und der Funktionsträgereinsatz eine Rampe aufweist, die mit einem unteren
Ende an der Öffnung des Leerlaufkanals in deren axialen Ebene beginnt und mit
zunehmender Rampenlänge in das Innere des Filteraufnahmeraums vorstehend ansteigt
und die Rampe und der Zapfen hinsichtlich ihrer Positionierung so aufeinander
abgestimmt sind, dass beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes in das Filtergehäuse der
Zapfen - solange er noch nicht in die Öffnung des Leerlaufkanals eingedrungen ist - auf
der Rampe aufliegt und bei Drehung des Ringfilterelements nach unten abgleitet und am
unteren Ende der Rampe in die Öffnung des Leerlaufkanals eindringt,
wie z.B. der Ringfiltereinsatz mit der Typenbezeichnung ...;
(mittelbare Verletzung des Anspruchs 8 des EP 1 222 010)
23 oder
24 b. Ringfiltereinsätze für Ölfilter für Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen mit einem
im Einbauzustand stehend angeordneten Filtergehäuse, das einen Aufnahmeraum für
den darin eingesetzten Ringfiltereinsatz enthält, mit einem Einlass für Rohflüssigkeit, mit
einem Auslass für gereinigte Flüssigkeit, mit einem durch Herausnehmen des
Ringfilterelements frei werdenden zusätzlichen Ableitungskanal aus dem Aufnahmeraum
an einem Boden des Aufnahmeraums, wobei an eine untere Endscheibe des
Ringfilterelements ein parallel zur Längsachse und exzentrisch abstehender Zapfen
ausgeformt ist, der bei in das Filtergehäuse eingesetztem Ringfiltereinsatz dichtend in
die Öffnung des Ableitkanals eindringt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen,
wenn am Boden des Aufnahmeraums eine Rampe ausgebildet ist, die mit einem unteren
Ende an der Öffnung des Ableitkanals am Boden beginnt und mit zunehmender
Rampenlänge in das Innere des Aufnahmeraums vorstehend ansteigt und der
Ringfiltereinsatz so an das Filtergehäuse angepasst ist, dass der Ringfiltereinsatz im
Aufnahmeraum um seine Längsachse frei drehbar ist, solange der Zapfen nicht in die
Öffnung des Ableitkanals eingreift und die Rampe und der Zapfen hinsichtlich
Positionierung und miteinander zusammenwirkender Kontaktzonen so aufeinander
abgestimmt sind, dass beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes in das Filtergehäuse der
Zapfen - solange er noch nicht in die Öffnung des Ableitkanals eingedrungen ist - mit
seiner Kontaktzone auf der Kontaktzone der Rampe aufliegt und bei Drehung des
Ringfilterelements nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe in die Öffnung
des Ableitungskanals eindringt,
wie z.B. der Ringfiltereinsatz mit der Typenbezeichnung ...
(mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 des EP 1 229 985)
25 2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu
erteilen und Rechnung zu legen über Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer
1 lit. a) seit 01.05.2004 und gemäß vorstehender Ziffer 1 lit. b) seit 28.09.2003,
26 insbesondere unter Angabe
27 a. der Anzahl der angebotenen, in Verkehr gebrachten oder in Besitz gehaltenen
Ringfiltereinsätze;
b. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie
der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der Anzahl der
erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten Ringfiltereinsätze;
c. der einzelnen Lieferungen, jeweils unter Angabe aller Identifikationsmerkmale, wie
Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer, Herstellerangaben
sowie des damit erzielten Gewinns, unter Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren;
d. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen
und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
e. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
28 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin
gesamtschuldnerisch jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr seit 01.05.2004 durch
Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziff. 1 lit. a) und seit 28.09.2003 durch
Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziff. 1 lit. b) entstanden ist oder künftig
entsteht.
29 4. Die Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an die
Klägerin 7.098,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab 09.11.2011 zu bezahlen.
30 Die Beklagten haben beantragt
31 die Klage abzuweisen.
32 Die Beklagten haben vorgetragen, die Rechte der Klägerin an den beiden Klagepatenten
seien durch das Inverkehrbringen der patentgemäßen Ölfilter durch die Patentinhaberin
und Klägerin erschöpft. Der Austausch der Ringfiltereinsätze durch die Abnehmer der
klägerischen Ölfilter stelle einen den Abnehmern erlaubten bestimmungsgemäßen
Gebrauch dieser Ölfilter dar. Im Falle des Klagepatents 1 stellten die angegriffenen
Ringfiltereinsätze überdies keine Mittel im Sinne des § 10 PatG dar, die sich auf ein
wesentliches Element der Erfindung bezögen. Die Beklagten haben die
Verjährungseinrede erhoben.
33 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die
angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die auf Ringfiltereinsätze bezogenen
Merkmale der Klagepatente; die sonstigen Merkmale der geltend gemachten
Klagepatentansprüche würden von den Ölfiltern YY der Klägerin verwirklicht. Beides stehe
aufgrund zutreffender patentrechtlicher Erwägungen außer Streit. Die angegriffenen
Ausführungsformen stellten ein Mittel dar, das sich auf ein wesentliches Element der
Erfindung beziehe. Die in Deutschland angebotenen Ringfiltereinsätze seien auch für die
Benutzung der Erfindung durch die Abnehmer im Inland geeignet und bestimmt. Eine
mittelbare Patentverletzung scheide jedoch wegen Erschöpfung der
Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin in Bezug auf die von ihr in Verkehr gebrachten
Ölfilter aus. Bei dem angegriffenen Ringfiltereinsatz handele es sich um ein Verschleißteil;
während der Lebensdauer des Ölfilters sei mit dem – auch mehrfachen – Austausch des
Ringfiltereinsatzes zu rechnen. Dabei handele es sich um den bestimmungsgemäßen
Gebrauch eines in einem Kraftfahrzeug verbauten Ölfilters, dessen Identität nach der
Verkehrsauffassung hierdurch unberührt bleibe. Die technischen Wirkungen der Erfindung
träten auch nicht gerade in dem ausgewechselten Teil in Erscheinung. Die technische
Wirkung der Erfindung, das Einführen des Ringfiltereinsatzes zu erleichtern, indem in dem
Funktionsträgereinsatz eine Rampe vorgesehen sei, auf der der Zapfen des
Ringfiltereinsatzes nach unten abgleite, bis er am unteren Ende der Rampe in die Öffnung
des Leerlaufkanals eindringe, werde einzig durch die neu geschaffene Rampe bewirkt; sie
trete nicht – auch nicht teilweise – in dem Ringfiltereinsatz in Erscheinung. Dass der
Ringfiltereinsatz mehrere Merkmale der Klagepatentansprüche verwirkliche, bestätige nur
das funktionale Zusammenwirken zwischen dem Ringfiltereinsatz (genauer: dessen
Zapfen) und der erfindungsgemäßen Rampe im Funktionsträgereinsatz, das notwendige
Voraussetzung für eine mittelbare Patentverletzung, aber nicht hinreichende Bedingung
für die Qualifizierung des Austauschs des Ringfiltereinsatzes als Neuherstellung des
Ölfilters sei. Soweit das Einsetzen des Ringfiltereinsatzes gegenüber dem Stand der
Technik verbessert werde, genüge diese Wirkung der Erfindung nicht, weil der
Ringfiltereinsatz selbst hierdurch nicht in seinen physikalischen Eigenschaften oder seiner
Funktionsweise beeinflusst werde; er sei vielmehr bloßes Objekt des verbesserten
Einsetzvorgangs, der seine gegenständliche Verkörperung allein in der hierfür
geschaffenen Rampe des Funktionsträgereinsatzes des Ölfilters finde. Seine für das
Zusammenwirken mit dieser Rampe notwendigen Sacheigenschaften, namentlich der
exzentrisch nach unten angeformte Zapfen, seien aus dem Stand der Technik, nämlich DE
3903675 C2, bekannte Eigenschaften eines Ringfiltereinsatzes. Diesem werde durch die
Erfindung auch keine verbesserte Funktionalität verliehen.
34 Gegen dieses Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, richtet sich
die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge – mit der aus dem
Tenor (Ziff. 1.a, 1.b) ersichtlichen Maßgabe – weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, das
Landgericht habe die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten
Grundsätze zur Abgrenzung zwischen bestimmungsgemäßem Gebrauch und
Neuherstellung im Fall von Austauschteilen fehlerhaft angewendet. Zur
Veranschaulichung des funktionellen Zusammenwirkens der im Inneren des
Filtergehäuses vorgesehenen Rampe und des speziell nach der Lehre des Klagepatents
ausgebildeten Ringfiltereinsatzes verweist die Klägerin auf die als Anlage K 14 vorgelegte
Animation. Bei den Ringfiltereinsätzen der angegriffenen Ausführungsform handele es
sich nicht um handelsübliche, konventionelle Ringfiltereinsätze; diese könnten zwar in den
Filtergehäusen der Klägerin eingesetzt werden und verschlössen auch – wie im Stand der
Technik bekannt – im eingesetzten Zustand den Ablaufkanal. Die erfindungsgemäße
Funktion, nämlich das erleichterte Austauschen, werde aber nicht erreicht. Diese
technische Wirkung werde nicht nur durch die im Filtergehäuse angeordnete Rampe,
sondern durch ein funktionelles Zusammenwirken von Gehäuse und Ringfiltereinsatz
erreicht, die es erfordere, dass der Ringfiltereinsatz so an das Gehäuse angepasst sei,
dass er im Aufnahmeraum um seine Längsachse frei drehbar sei, solange der Zapfen nicht
in die Öffnung des Ableitkanals eingreife. Der Zapfen müsse hinsichtlich seiner
Kontaktzone und seiner Positionierung mit der Rampe und deren Kontaktzone abgestimmt
sein. Damit werde auch die Funktionsweise des Ringfiltereinsatzes beeinflusst.
35 Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils die Zurückweisung
der Berufung. Sie beruft sich weiterhin darauf, dass ein Ringfiltereinsatz wie derjenige der
angegriffenen Ausführungsform bereits im Stand der Technik bekannt gewesen sei; dies
werde anhand der Anlagen B3, B4 deutlich. Eine spezielle Abstimmung der Kontaktzonen
sei allein Gegenstand der Patentansprüche 9 ff. des Klagepatents 2. Die von der zur
Illustration der technischen Lehre des Klagepatents 1 vorgelegte Animation (Anlage K 14)
werde als verspätet gerügt, insbesondere im Hinblick auf die dort vorgenommene
Unterscheidung zwischen Erstmontage und Wartungsfall; der entsprechende Vortrag finde
auch keine Stütze in den Patentschriften.
36 Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Fachmann nach dem Entfernen des
Wegwerfteils aus dem Ölfilter den neuen Ringfiltereinsatz zuerst in das Gehäuse
einschiebe und erst anschließend den Deckel am Ringfiltereinsatz adaptiere, sei nicht
damit zu rechnen, dass überhaupt ein Kontakt zwischen Rampe und Zapfen zustande
komme. Anhand des als Anlage K 7 vorliegenden, von der Klägerin stammenden
Filtergehäuses sei festzustellen, dass sowohl der zentrale Auslass als auch der seitlich
von ihm angebrachte Ableitungskanal sehr gut sichtbar seien; selbst als Laie könne man
deshalb den Ringfiltereinsatz problemlos so in das Ölfiltergehäuse einsetzen, dass der
Zapfen direkt in den Ableitungskanal treffe und diesen verschließe. Damit werde von den
Beklagten nunmehr bestritten, dass eine Benutzung der Klagepatente beim Austausch des
Wegwerfteils gegen den neuen Ringfilter überhaupt stattfinde; bestritten werde nunmehr
also die Bestimmung und Eignung der von der Beklagten zu 1 in Verkehr gebrachten
Ringfiltereinsätze für die Benutzung der technischen Lehre der Klagepatente. Im
Zusammenhang mit dem in der Animation nach Anlage K 14 unter 3. dargestellten
„vereinfachten Wartungsfall“ mit einem Zapfen, der hinsichtlich der Positionierung und der
Kontaktzone nicht auf die Rampe abgestimmt sei, bestreitet die Beklagte die
Ausgestaltung des dort dargestellten Filtergehäuses und das dort dargestellte Verhaken
(letzteres mit Nichtwissen). Der unter 4. gezeigte herkömmliche Wartungsfall zeige exakt
die angegriffene Ausführungsform; das gezeigte ziellose Einführen sei allerdings
realitätsfern.
37 Der Vergleich zwischen des Filtereinsatzes der Klägerin und desjenigen der Beklagten in
Anlage B 8 zeige, dass beim angegriffenen Ringfiltereinsatz der Beklagten der axial vom
Zapfen abstehende Vorsprung nicht vorhanden sei, welcher die Kontaktzone mit der
Rampe bilde. Damit könne von einer zielgerichteten Anpassung nicht mehr die Rede sein.
Mit dem Zapfen der angegriffenen Ausführungsform könne die Führungsfunktion nicht
realisiert werden; der Zapfen diene ausschließlich als Verschlussstopfen für den
Abflusskanal. Damit fehle es an einer Verwirklichung des Erfordernisses in Anspruch 1
des Klagepatents 2, dass die Rampe und der Zapfen hinsichtlich Positionierung und
miteinander zusammenwirkender Kontaktzonen so aufeinander abgestimmt sein müssten,
dass beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes in das Filtergehäuse der Zapfen – solange er
noch nicht in die Öffnung des Ableitungskanals eingedrungen sei – mit seiner Kontaktzone
auf der Kontaktzone des Ringfiltereinsatzes aufliege. Hierfür müsse der Zapfen an sich
eine Kontaktzone aufweisen, welche an einem abstehenden Vorsprung ausgebildet sei.
Das sei aber nicht der Fall.
38 Die angegriffene Entscheidung erweise sich insbesondere im Lichte der jüngsten
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II)
als zutreffend. Klagepatent 1 befasse sich nicht mit dem Ringfiltereinsatz; im Klagepatent 2
sei nicht vom Austausch, sondern vom Einsetzen des Ringfiltereinsatzes die Rede.
39 Bei den angegriffenen Ringfiltereinsätzen handele es sich um handelsübliche Produkte.
So vertreibe die N N.V. die streitgegenständlichen Ringfiltereinsätze unter der
Teilenummer ZZ. Es handele sich bei den angegriffenen Produkten um das klassische
Beispiel eines Wegwerfteils.
40 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
41 Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Angebot und Vertrieb des angegriffenen
Ringfiltereinsatzes stellen eine mittelbare Verletzung der Klagepatente dar.
42 A. Die Klagepatente
43 Beide Klagepatente betreffen ein Flüssigkeitsfilter, insbesondere ein Ölfilter zum Reinigen
von Schmieröl für Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen. Im Stand der Technik nach
DE 39 03 675 C2 (Anlage B 1, AS I 46 ff.) waren Ölfilter bekannt, die ein im Einbauzustand
im Wesentlichen stehend angeordnetes Filtergehäuse aufweisen, das in einem oberen
Abschnitt einen Filteraufnahmeraum zur Unterbringung eines Ringfiltereinsatzes enthält
und das in einem unteren Abschnitt einen Einlasskanal für ungereinigtes Öl und einen
Auslasskanal für gereinigtes Öl enthält (Abschnitt [0002] beider Klagepatente). Das
bekannte Ölfilter besitzt außerdem einen Ableitungskanal, der am Boden des
Aufnahmeraums angeordnet ist und dazu dient, den Aufnahmeraum beim Wechsel des
Ringfiltereinsatzes zu entleeren, wodurch die Verschmutzungsgefahr verringert wird.
Dieser Ableitungskanal wird, wenn der Ringfiltereinsatz eingesetzt ist, durch einen Zapfen
verschlossen, der exzentrisch axial herausragend an dem Ringfiltereinsatz angeformt ist;
beim Entfernen des Ringfiltereinsatzes wird der Ableitungskanal dementsprechend
freigegeben, so dass das Öl aus dem Aufnahmeraum nach unten ablaufen kann. Das aus
DE 39 03 675 C2 bekannte Ölfilter weist ferner Positioniermittel auf, die gewährleisten,
dass der Ringfiltereinsatz relativ zum Filtergehäuse beim Einführen des
Ringfiltereinsatzes stets so positioniert ist, dass der Zapfen axial in die Öffnung des
Ableitungskanals eindringt. Als Positioniermittel dient dabei ein an der Innenwand des
Filtergehäuses ausgebildeter, radial nach innen vorstehender und sich axial erstreckender
Steg, der in einen am Außenumfang der unteren Endscheibe des Ringfiltereinsatzes
eingebrachten radialen Schlitz eingreift (Klagepatent 2 [0002] f.). Ein Ausführungsbeispiel
dieses bekannten Filters wird in den nachstehend abgebildeten Figuren aus DE 39 03 675
C2 gezeigt; der Ableitungskanal weist die Bezugsziffer 10, der exzentrisch angeformte
Zapfen die Bezugsziffer 11 auf.
44 Als Problem wird im Klagepatent 2 geschildert, dass das Einfädeln in den Radialschlitz
eine sorgfältige Handhabung erfordert (Klagepatent 2 [0003]); als zu lösendes Problem
wird dementsprechend formuliert, ein Filter der eingangs genannten Art so auszugestalten,
dass sich das Einsetzen des Ringfiltereinsatzes vereinfacht (Klagepatent 2 [0004]). Dazu
schlägt Klagepatent 2 ein Flüssigkeitsfilter mit folgenden Merkmalen vor:
45 1.0: Flüssigkeitsfilter (1), insbesondere Ölfilter zum Reinigen von Schmieröl,
insbesondere für Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen.
1.1: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist ein im Einbauzustand im Wesentlichen stehend
angeordnetes Filtergehäuse (2) auf.
1.1.1: Das Filtergehäuse (2) enthält einen Aufnahmeraum (3) für einen darin eingesetzten
Ringfiltereinsatz (9) zum Filtern einer Flüssigkeit.
1.2: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist einen Einlass (19) für Rohflüssigkeit auf.
1.3: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist einen Auslass (20) für gereinigte Flüssigkeit auf.
1.4: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist an einem Boden (18) des Aufnahmeraumes (3) einen
zusätzlichen Ableitungskanal (24) aus dem Aufnahmeraum (3) auf.
1.4.1 Der Ableitungskanal wird durch Herausnehmen des Ringfilterelements (9) frei.
1.5: An eine untere Endscheibe (21) des Ringfilterelements (9) ist ein Zapfen (25)
angeformt.
1.5.1: Der Zapfen (25) steht parallel zur Längsachse (14) des Ringfilterelements (9) und
exzentrisch ab.
1.5.2: Der Zapfen (25) dringt bei in das Filtergehäuse (2) eingesetztem Ringfiltereinsatz
(9) dichtend in eine Öffnung (26) des Ableitkanals (24) ein.
1.6: Am Boden (18) des Aufnahmeraumes (3) ist eine Rampe (28) ausgebildet.
1.6.1: Die Rampe (28) beginnt mit einem unteren Ende an der Öffnung (26) des
Ableitkanals (24) am Boden (18).
1.6.2: Die Rampe (28) steigt mit zunehmender Rampenlänge in das Innere des
Aufnahmeraumes (3) vorstehend an.
1.7: Der Ringfiltereinsatz (9) ist so an das Filtergehäuse (2) angepasst, dass der
Ringfiltereinsatz (9) im Aufnahmeraum (3) um seine Längsachse (14) frei drehbar ist,
solange der Zapfen (25) nicht in die Öffnung (26) des Ableitkanals (24) eingreift.
1.8: Die Rampe (28) und der Zapfen (25) sind hinsichtlich Positionierung und miteinander
zusammenwirkender Kontaktzonen (29, 30) so aufeinander abgestimmt, dass beim
Einsetzen des Ringfiltereinsatzes (9) in das Filtergehäuse (2) der Zapfen (25) – solange
er noch nicht in die Öffnung (26) des Ableitungskanals (24) eingedrungen ist – mit seiner
Kontaktzone (29) auf der Kontaktzone (30) der Rampe (28) aufliegt und bei Drehung des
Ringfilterelements (9) nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe (28) in die
Öffnung (26) des Ableitungskanals (24) eindringt.
46 Nach Abschnitt [0006] des Klagepatents 2 beruht die Erfindung auf dem allgemeinen
Gedanken, am Boden des Aufnahmeraumes eine Einführhilfe anzuordnen, die
unabhängig von einer Anfangsrelativlage des Ringfiltereinsatzes bezüglich des
Filtergehäuses dafür sorgt, dass der Zapfen beim Einschieben des Ringfiltereinsatzes die
Öffnung des Ableitungskanals findet. Als Einführhilfe wird hierfür eine Rampe
vorgeschlagen, auf die der Zapfen beim axialen Einführen des Ringfiltereinsatzes stets
dann auftrifft, wenn der Zapfen nicht axial mit der Öffnung des Ableitungskanals fluchtet.
Die Rampe fällt zur Öffnung des Ableitungskanals hin ab, so dass der Zapfen daran
entlanggleitend auf die Öffnung trifft, die sich am unteren Ende der Rampe befindet. Damit
der Zapfen entlang der Rampe abgleiten kann, ist der Ringfiltereinsatz dafür ausgebildet:
Es können sowohl am Zapfen als auch an der Rampe spezielle Kontaktzonen ausgebildet
sein, die das Abgleiten ermöglichen. Andererseits soll der Ringfiltereinsatz so ausgebildet
sein, dass er im Aufnahmeraum des Filtergehäuses frei um seine Längsachse drehbar ist,
solange der Zapfen noch nicht in die Öffnung des Ableitungskanals eingreift.
47 Diese Funktion wird insbesondere anhand der Figuren 2 und 3 des Klagepatents 2
deutlich:
48 Das Klagepatent 1 betrifft dagegen vorrangig das Problem, dass das Filtergehäuse der
aus dem Stand der Technik bekannten Filter mit seinen integrierten Kanälen einteilig als
Spritzgussteil hergestellt wird und dann im Inneren nachbearbeitet werden muss, um
beispielsweise glatte Flächen für Dichtungen bereitzustellen; auch sei eine sorgfältige
Oberflächenbearbeitung für den einzubringenden Ringfiltereinsatz erforderlich, um dessen
zentralen Innenraum dicht an den entsprechenden Kanal anzubinden. Die in Anspruch 1
unter Schutz gestellte Erfindung soll daher die herkömmlichen Filter im Sinne einer
vereinfachten Bearbeitung verbessern. Zur Lösung wird vorgeschlagen, diejenigen Teile,
die bei herkömmlichen Filtergehäusen nachbearbeitet werden müssen, in einem separat
herstellbaren Funktionsträgereinsatz zusammenzufassen, was die (dann externe)
Nachbearbeitung zumindest erleichtern, idealerweise aber ganz entbehrlich machen soll
(Klagepatent 1 [0005]-[0008]). Für eine bevorzugte Ausführungsform stellt Anspruch 8 für
Flüssigkeitsfilter nach einem der Ansprüche 1 bis 7 eine zusätzliche Einführhilfe unter
Schutz.
49 Die Klägerin macht hinsichtlich des Klagepatents 1 eine mittelbare Verletzung einer
Kombination der Ansprüche 1 und 8 geltend, die sich wie folgt gliedern lassen:
50
Anspruch 1:
51 1.0: Flüssigkeitsfilter, insbesondere Ölfilter zum Reinigen von Schmieröl, insbesondere für
Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen.
1.1: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist ein im Einbauzustand im Wesentlichen stehend
angeordnetes Filtergehäuse (2) auf.
1.1.1: Das Filtergehäuse (2) enthält in einem oberen Abschnitt einen Filteraufnahmeraum
(4) zur Unterbringung eines Ringfiltereinsatzes (5).
1.1.2: Das Filtergehäuse (2) enthält in einem unteren Abschnitt einen Einlasskanal (6, 14)
für ungereinigte Flüssigkeit.
1.1.2.1: Der Einlasskanal (6, 14) verbindet eine Zuleitung (8) des Flüssigkeitsfilters (1) mit
einer Rohseite des Ringfiltereinsatzes (5) im Filteraufnahmeraum (4).
1.1.3: Das Filtergehäuse (2) enthält in einem unteren Abschnitt einen Auslasskanal (19)
für gereinigte Flüssigkeit.
1.1.3.1: Der Auslasskanal (19) verbindet eine Reinseite des Ringfiltereinsatzes (5) im
Filteraufnahmeraum (4) mit einer Ableitung (9) des Flüssigkeitsfilters (1).
1.2: Das Flüssigkeitsfilter (1) weist einen Funktionsträgereinsatz (7) auf.
1.2.1: Der Funktionsträgereinsatz (7) ist in einem im unteren Abschnitt des Filtergehäuses
(2) ausgebildeten Trägeraufnahmeraum (6) angeordnet.
1.2.2: Der Funktionsträgereinsatz (7) enthält den Auslasskanal (19).
1.2.3: Der Funktionsträgereinsatz (7) ist in den Trägeraufnahmeraum (6) einsetzbar
ausgebildet.
1.2.4: Der Funktionsträgereinsatz (7) enthält einen Leerlaufkanal (21).
1.2.4.1: Der Leerlaufkanal (21) ermöglicht ein Abfließen der Flüssigkeit aus dem
Filteraufnahmeraum (4).
52
Anspruch 8:
53 8.1: Am Ringfiltereinsatz (5) ist ein Zapfen (23) angebracht.
8.1.1: Der Zapfen (23) steht exzentrisch, axial nach unten ab.
8.1.2: Der Zapfen (23) dringt bei in den Filteraufnahmeraum (4) eingesetztem
Ringfiltereinsatz (5) in eine Öffnung (22) des Leerlaufkanals (21) ein.
8.1.3: Der Zapfen (23) verschließt bei in den Filteraufnahmeraum (4) eingesetztem
Ringfiltereinsatz (5) den Leerlaufkanal (21).
8.2: Der Funktionsträgereinsatz (7) weist eine Rampe (25) auf.
8.2.1: Die Rampe (25) beginnt mit einem unteren Ende an der Öffnung (22) des
Leerlaufkanals (21) in deren axialen Ebene.
8.2.2: Die Rampe (25) steigt mit zunehmender Rampenlänge in das Innere des
Filteraufnahmeraumes (4) vorstehend an.
8.3: Die Rampe (25) und der Zapfen (23) sind hinsichtlich ihrer Positionierung so
aufeinander abgestimmt, dass beim Einsetzen des Ringfiltereinsatzes (5) in das
Filtergehäuse (2) der Zapfen (23) – solange er noch nicht in die Öffnung (22) des
Leerlaufkanals (21) eingedrungen ist – auf der Rampe (25) aufliegt und bei Drehung des
Ringfilterelements (5) nach unten abgleitet und am unteren Ende der Rampe (25) in die
Öffnung (22) des Leerlaufkanals (21) eindringt.
54 Die in Anspruch 8 des Klagepatents 1 beschriebene Einführhilfe entspricht derjenigen, die
in Anspruch 1 des Klagepatents 2 unter Schutz gestellt ist. Fig. 1 des Klagepatents 1 stellt
das gesamte Flüssigkeitsfilter wie folgt dar:
55 Auch hier ist vorgesehen, dass beim drehenden Einsetzen des Ringfiltereinsatzes der
exzentrische Zapfen (23) auf der Rampe (25) abgleiten kann, bis er in die Öffnung (22) des
Leerlaufkanals 21 (entspr. Ableitungskanal im Sinne des Klagepatents 2) eindringt und
diesen damit verschließt. Um dies zu gewährleisten, sind nach Merkmal 8.3 Rampe und
Zapfen hinsichtlich ihrer Positionierung entsprechend aufeinander abgestimmt.
56 B. Tatbestand des Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 10 PatG
57 Die Klägerin wendet sich gegen das Angebot und die Lieferung eines Ringfiltereinsatzes
mit der Typenbezeichnung ... Dieser ist nach den Feststellungen des Landgerichts
ausdrücklich dazu bestimmt, in dem von der Klägerin hergestellten und vertriebenen
Ölfilter mit der Modellbezeichnung YY verwendet zu werden, indem er als Ersatz für
verbrauchte Ringfiltereinsätze dient. Die Klägerin hat vorgetragen, der Ölfilter YY weise
sämtliche Merkmale auf, die sich auf die Gesamtvorrichtung mit Ausnahme des
Ringfiltereinsatzes bezögen; sie weise also u.a. auch einen separaten, in den
Ringfiltereinsatzes bezögen; sie weise also u.a. auch einen separaten, in den
Trägeraufnahmeraum einsetzbaren Funktionsträgereinsatz mit den weiteren Merkmalen
des Anspruchs 1 des Klagepatents 1 auf. Diesen Vortrag haben die Beklagten nicht
erheblich bestritten; der Animation nach Anlage K 14 kommt insoweit keine Bedeutung zu.
Dem insoweit übereinstimmenden Verständnis der Parteien liegen keine erkennbaren
patentrechtlichen Fehlwürdigungen zugrunde. Damit entsteht durch die Hinzufügung eines
Ringfiltereinsatzes mit den unter A. dargestellten weiteren Merkmalen eine
Gesamtvorrichtung, die dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Klagepatents 1 und
dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Klagepatents 2 entspricht.
58 Das Landgericht hat festgestellt, dass der angegriffene Ringfiltereinsatz sämtliche auf den
Ringfiltereinsatz bezogenen Merkmale der Klagepatente verwirklichen und dass die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 PatG vorliegen. Die dagegen erhobenen
Beanstandungen der Beklagten greifen nicht durch.
59 1. Die Beklagten bestreiten, dass der Zapfen der angegriffenen Ausführungsform
zielgerichtet an die Rampe angepasst sei; das bezieht sich auf die Abstimmung gemäß
den Merkmalen 1.8 und 8.3. Sie folgern dies daraus, dass am Zapfen – anders als beim
Ringfiltereinsatz der Klägerin – kein zusätzlicher Vorsprung vorhanden sei. Ein solcher
zusätzlicher Vorsprung sei die Kontaktzone im Sinne von Merkmal 1.8 des Anspruchs 1
des Klagepatents 2, wie sich aus den Unteranspruch 9 und dem auf ihn bezogenen
selbständigen Anspruch 25 des Klagepatents 2 ergebe.
60 Dem kann nicht gefolgt werden. Nach Merkmal 1.8 (Klagepatent 2) bzw. Merkmal 8.3
(Klagepatent 1) soll die Abstimmung von Rampe und Zapfen bewirken, dass der Zapfen,
solange er nicht in die Öffnung des Ableitungskanals eingedrungen ist, mit seiner
Kontaktzone auf der Kontaktzone der Rampe aufliegt und auf ihr bis zu der Öffnung, die er
verschließen soll, abgleiten kann. Die Kontaktzonen von Zapfen und Rampe sind damit
ausschließlich funktionell beschrieben; sie müssen so beschaffen sein, dass das
genannte Abgleiten des Zapfens möglich ist. Anspruch 1 des Klagepatents ist nicht auf
eine Ausgestaltung beschränkt, die in den Unteransprüchen 9 ff. beschrieben ist und die
eine präzisere Führung des Zapfens ermöglichen soll. Mit der „Abstimmung“ von Zapfen
und Rampe ist einerseits die geometrische Positionierung gemeint: Da das Abgleiten beim
Drehen des Ringfilterelements erfolgt, müssen insbesondere die radialen Positionen von
Zapfen und Rampe zueinander passen, damit der Zapfen auch auf die Rampe trifft und
beim Drehen auf ihr abgleiten kann. Andererseits müssen die Kontaktflächen – also die
Flächen, mit denen sich Zapfen und Rampe berühren – das Abgleiten erlauben. Wie diese
Anforderungen im einzelnen erfüllt werden, überlässt Anspruch 1 des Klagepatents 2 dem
Fachmann. Nichts anderes gilt für Merkmal 8.3 des Anspruchs 8 des Klagepatents 1, das
nicht einmal die Kontaktflächen erwähnt.
61 Für die Verwirklichung der Merkmale reicht es somit aus, dass die abgeflachte Unterseite
des Zapfens des angegriffenen Ringfiltereinsatzes auf der Oberseite der Rampe im
Filtergehäuse YY beim Drehen des Ringfiltereinsatzes bis zum Eindringen in die Öffnung
des Ableitungskanals abgleiten kann. Dass dies möglich ist, haben die Beklagten nicht
erheblich bestritten. Ob ein solches Eindrehen des Ringfiltereinsatzes in der Praxis
angewandt wird oder ob der Zapfen wegen der leichten Erkennbarkeit der Öffnung direkt
in diese eingesteckt wird, ist für die Benutzung der Lehre des Vorrichtungsanspruchs nicht
erheblich. Ebenfalls ohne Bedeutung ist die von den Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat aufgeworfene Frage, ob es zu einer Berührung zwischen dem
Zapfen des angegriffenen Ringfiltereinsatzes und der Rampe des Ölfilters YY auch dann
kommt, wenn der Ringfiltereinsatz zusammen mit dem Deckel in das Filtergehäuse
eingedreht wird; diesen Fall betrachten die Patentansprüche nicht.
62 Der angegriffene Ringfiltereinsatz ist auch in der Weise an das Filtergehäuse angepasst,
dass er im Aufnahmeraum um seine Längsachse frei drehbar ist, solange der Zapfen noch
nicht in Öffnung des Ableitkanals eingreift. Die Verwirklichung dieses Erfordernisses, das
in Merkmal 1.7 des Klagepatents 2 ausdrücklich und in Merkmal 8.3 des Klagepatents 2
implizit („bei Drehung des Ringfilterelements nach unten abgleitet“) enthalten ist, haben
die Beklagten ebenfalls nicht erheblich bestritten.
63 2. Der von den Beklagten angebotene und vertriebene Ringfiltereinsatz stellt, wie das
Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, ein Mittel dar, das sich auf ein
wesentliches Element der Erfindung bezieht. Das folgt für das Klagepatent 2 schon aus
dem Umstand, dass die Ausgestaltung des Ringfiltereinsatzes Gegenstand mehrerer
Merkmale des Hauptanspruchs 1 ist (vgl. BGHZ 159, 76, 86 – Flügelradzähler; BGH
GRUR 2007, 773 juris-Rn. 14 – Rohrschweißverfahren; BGHZ 171, 167 juris-Rn. 18 -
Pipettensystem). Dass der Ringfiltereinsatz einen – entscheidenden – Beitrag zur
Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens leistet, hat bereits das Landgericht
festgestellt; dies ergibt sich auch aus den voranstehenden Ausführungen.
64 Gleiches gilt aber auch für Klagepatent 1. Dort ist der Ringfiltereinsatz im Hauptanspruch 1
allerdings nur erwähnt, während seine nähere – und für die mittelbare Patentverletzung
entscheidende – Ausgestaltung erst Gegenstand des auf Anspruch 1 rückbezogenen
Unteranspruchs 8 ist. Das bedeutet aber nicht, dass der Ringfiltereinsatz mit seinen dem
Unteranspruch 8 entsprechenden Merkmalen kein Mittel sein kann, das sich auf ein
wesentliches Element der Erfindung bezieht. Soweit in § 10 Abs 1 PatG von der
"(patentierten) Erfindung" die Rede ist, handelt es sich um die nach § 14 PatG oder Art 69
Abs 1 EPÜ geschützte Erfindung (BGH 115, 204 = GRUR 1992, 40 Ls. 2 – Beheizbarer
Atemluftschlauch). Was zur Erfindung gehört und damit vom Schutzbereich des Patents
umfasst wird, bestimmt sich nach diesen Vorschriften durch die Patentansprüche (Plural).
Der durch den Unteranspruch in Verbindung mit einem übergeordneten, in Bezug
genommenen Patentanspruch gewährte Schutz unterscheidet sich daher nicht von
demjenigen, der durch einen Haupt- oder Nebenanspruch gewährt wird
(Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl. 2013, § 14 Rn. 35). Die Klägerin ist
dementsprechend nicht gehindert, den Gegenstand einer Kombination der Ansprüche 1
und 8 geltend zu machen (vgl. BGH GRUR 2010, 904 juris-Rn. 48 – Maschinensatz); das
gilt für die unmittelbare Benutzung der technischen Lehre ebenso wie für die mittelbare.
Die angegriffenen Ringfiltereinsätze sind ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element
der durch die Kombination der Ansprüche 1 und 8 des Klagepatents 1 geschützten
Erfindung bezieht.
65 3. Dass das Angebot und die Lieferung des angegriffenen Ringfiltereinsatzes zur
Benutzung der geschützten Erfindung erfolgen, ergibt sich daraus, dass seine
bestimmungsgemäße Verwendung in einem Ölfilter YY zu einem Gegenstand führt, der
die technische Lehre der Klagepatente, wie dargestellt, in wortsinngemäßer Weise
verwirklicht. Es handelt sich bei dem angegriffenen, spezifisch patentgemäß
ausgestalteten Ringfiltereinsatz auch nicht um ein allgemein im Handel erhältliches
Erzeugnis im Sinne des § 10 Abs. 2 PatG; darunter fallen nur Erzeugnisse des täglichen
Bedarfs wie Schrauben, Bolzen, Draht, Chemikalien, Kraftstoffe etc.
(Schulte/Rinken/Kühnen, Patentgesetz mit EPÜ, § 10 Rn. 21). Im Übrigen veranlasst die
Beklagte zu 1 durch den vom Landgericht festgestellten ausdrücklichen Hinweis die
Belieferten bewusst zu einer unmittelbaren Patentverletzung nach § 9 S. 2 Nr. 1 PatG, so
dass die Ausnahme des § 10 Abs. 2 PatG nicht eingreift; dass die Verwendung
ausschließlich im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen würde
(vgl. § 11 Nr. 1 PatG und Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 10 Rn. 21 a.E.), ist weder
vorgetragen noch naheliegend.
66 4. Dass der angegriffene Ringfiltersatz objektiv geeignet ist und von den Abnehmern dazu
bestimmt wird, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, ergibt sich ebenfalls
aus dem oben Ausgeführten. Entscheidend – auch für die Bestimmung – ist allein, dass
die Abnehmer eine Kombination des Ringfiltereinsatzes mit einem Filtergehäuse
anstreben, die in ihrer Gesamtheit von der technischen Lehre der geltend gemachten
Patentansprüche Gebrauch macht. Hiervon ist der Senat aufgrund der dargestellten
Umstände überzeugt, insbesondere wegen des ausdrücklichen Hinweises auf die
Verwendbarkeit im Ölfilter YY. Dass der Ringfiltereinsatz nach dem Vortrag der Beklagten
auch so eingesetzt werden kann, dass der Zapfen direkt (ohne Drehung und damit ohne
Abgleiten auf der Rampe) in die Öffnung des Ableitungskanals gesteckt wird, schließt
entgegen der Auffassung der Beklagten die Bestimmung für die Benutzung der Erfindung
nicht aus. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass die geltend gemachten Patentansprüche
Vorrichtungen schützen, bei denen aufgrund ihrer räumlich-körperlichen Gestaltung ein
Einführen des Ringfiltereinsatzes mittels Abgleitens auf der Rampe lediglich möglich ist.
Es kommt also nicht darauf an, ob die Abnehmer tatsächlich beabsichtigen, den
Filtereinsatz in der genannten Weise einzuführen. Die Eignung und Bestimmung des
Ringfiltereinsatzes, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, ist den
Beklagten, wie der Hinweis auf dem Produkt zeigt, bekannt.
67 C. Rechtswidrigkeit der mittelbaren Patentverletzung
68 Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die somit vorliegende mittelbare
Patentverletzung nicht wegen Erschöpfung der Patentrechte der Klägerin gerechtfertigt.
69 1. Das Landgericht ist von zutreffenden rechtlichen Grundlagen ausgegangen. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist das
Ausschließlichkeitsrecht aus einem Patent, das ein Erzeugnis betrifft, hinsichtlich solcher
Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit
seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind (vgl. BGHZ 143, 268, 270 f. = GRUR
2000, 299 – Karate; BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 juris-Rn. 27 – Pipettensystem).
Der rechtmäßige Erwerber eines solchen Exemplars ist befugt, dieses
bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke
Dritten anzubieten. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört auch die Erhaltung und
Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder
Leistungsfähigkeit des konkreten Exemplars ganz oder teilweise durch Verschleiß,
Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von einer
Wiederherstellung in diesem Sinne kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden,
wenn die getroffenen Maßnahmen nicht mehr die Identität des in Verkehr gebrachten
Exemplars wahren, sondern darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße
Erzeugnis erneut herzustellen (BGHZ 159, 76, 89 = GRUR 2004, 758, 762 –
Flügelradzähler; BGH GRUR 2006, 837 juris-Rn. 16 – Laufkranz; BGHZ 171, 167 = GRUR
2007, 769 juris-Rn. 27 – Pipettensystem; BGH GRUR 2012, 1118 juris-Rn. 18 –
Palettenbehälter II).
70 Die dem rechtmäßigen Erwerber eines geschützten Erzeugnisses zustehende Befugnis
zur Benutzung und Weiterveräußerung beruht nicht auf einer vertraglichen
Rechtseinräumung des Patentinhabers. Sie ist vielmehr Folge davon, dass die dem
Patentinhaber nach § 9 PatG zustehenden Rechte mit dem Inverkehrbringen eines
konkreten Exemplars insoweit erschöpft sind, der Patentinhaber hinsichtlich dieses
Exemplars also seine Befugnis verloren hat, dem Abnehmer oder Dritten den
bestimmungsgemäßen Gebrauch des geschützten Erzeugnisses zu verbieten. Der
bestimmungsgemäße Gebrauch eines solchen Exemplars stellt deshalb keine
Patentverletzung dar – unabhängig davon, durch wen er erfolgt (BGH a.a.O. Rn. 20 –
Palettenbehälter II).
71 Zur Beurteilung der Frage, ob durch den Austausch von Teilen die Identität des
bearbeiteten Gegenstandes gewahrt bleibt oder ob die Maßnahmen auf die erneute
Herstellung des patentgeschützten Erzeugnisses hinauslaufen, bedarf es einer die
Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der
schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der
Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr
gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (BGH a.a.O. Rn. 26
m.w.N. – Palettenbehälter II). Die Grenze des bestimmungsgemäßen Gebrauchs kann
sachgerecht nicht ohne Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften, Wirkungen und
Vorteile der Erfindung festgelegt werden, die aus patentrechtlicher Sicht einerseits die
Identität des Erzeugnisses prägen und andererseits Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit
bei diesem Erzeugnis die einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten zu einem
angemessenen Ausgleich des Schutzes bedürfen (BGHZ 171, 167 juris-Rn. 28 –
Pipettensystem). Dabei kann auch von Bedeutung sein, ob es sich um Teile handelt, mit
deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist,
und inwieweit sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der
Erfindung widerspiegeln (BGH GRUR 2012, 1118 juris-Rn. 23, 28 – Palettenbehälter II;
BGH GRUR 2004, 758, 762 – Flügelradzähler).
72 2. Nach diesen Grundsätzen liegt eine Erschöpfung der Patentrechte im Streitfall nicht vor.
Allerdings ist bei den von den Klagepatenten geschützten Flüssigkeitsfiltern damit zu
rechnen, dass der Ringfiltereinsatz während der Lebensdauer des Filters mehrfach
ausgetauscht wird. Das ergibt sich schon aus den Patenten selbst, die mit dem
Ableitungskanal und der durch Rampe und Zapfen gebildeten Einführhilfe gerade diesen
Austauschvorgang verbessern bzw. erleichtern sollen. Das entspricht auch der
Verkehrauffassung; es ist bekannt, dass sich die eigentlichen Filterelemente durch die
herausgefilterten Schmutzteilchen mit der Zeit zusetzen und daher regelmäßig
ausgetauscht werden müssen.
73 In einem solchen Fall liegt in dem Austausch in der Regel keine Neuherstellung. Eine
solche ist nur ausnahmsweise gegeben, und zwar dann, wenn sich gerade in den
ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln und
deshalb durch den Austausch dieser Teile der technische oder wirtschaftliche Vorteil der
Erfindung erneut verwirklicht wird. Die technischen Wirkungen der Erfindung treten in dem
ausgetauschten Teil in Erscheinung, entweder wenn das Teil selbst wesentliche Elemente
des Erfindungsgedankens verkörpert, indem speziell dieses Teil aufgrund seiner
Sacheigenschaften oder seiner Funktionsweise für die patentgemäßen Vorteile
maßgeblich (mit-)verantwortlich ist, mithin einen entscheidenden Lösungsbeitrag für den
Erfindungserfolg liefert, oder wenn gerade an oder in dem Austauschteil die Vorteile der
erfindungsgemäßen Lösung verwirklicht werden, mithin sich die Vorteile der Erfindung
speziell im ausgetauschten Teil niederschlagen, etwa weil die Erfindung die
Funktionsweise oder die Lebensdauer des Austauschteils beeinflusst (OLG Düsseldorf
GRUR-RR 2013, 185 juris-Rn. 116 m.w.N. – Nespressokapseln).
74 Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Die in beiden Klagepatenten geschützte, auf
die Einführhilfe bezogene Erfindung setzt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt,
voraus, dass die im Filtergehäuse vorhandene Rampe und der Ringfiltereinsatz
angeformte Zapfen in einer spezifischen Weise aufeinander abgestimmt sind, um das
angestrebte Leistungsergebnis, nämlich ein Abgleiten des Zapfens auf der Rampe bis
zum Erreichen der Öffnung des Ableitungskanals, zu erreichen; durch diese Abstimmung
von Zapfen und Rampe wird ein „blindes“ Einführen des Ringfiltereinsatzes, bei dem es
auf die genaue Position des Zapfens nicht ankommt, erst ermöglicht. Der
Erfindungsgedanke lässt sich nur erreichen, wenn Zapfen und Rampe „zueinander
passen“, also die richtige radiale Position und Kontaktflächen haben, die das Abgleiten
des Zapfens beim Eindrehen des Ringfiltereinsatzes zulassen. Weiter müssen nach
beiden Klagepatenten (Klagepatent 2 Merkmale 1.7 und 1.8; Klagepatent 1 Merkmal 8.3)
der Ringfiltereinsatz und das Filtergehäuse so aneinander angepasst sein, dass der
Ringfiltereinsatz im Filtergehäuse frei drehbar ist, solange der Zapfen noch nicht die
Öffnung des Ableitungskanals eingreift. Das setzt weitere Abstimmungen zwischen
Ringfiltereinsatz und Filtergehäuse voraus, die über die Anpassung von Rampe und
Zapfen hinausgehen. Das betrifft z.B. die Gestaltung des zentralen Bereichs, in dem der
Ringfiltereinsatz mit dem Filtergehäuse bzw. mit dem Funktionsträgereinsatz verbunden
wird und der bei der genannten Drehung die „Achse“ bildet, sowie weitere Teile wie etwa
die Außenform des Ringfiltereinsatz und die Innenform des Filteraufnahmeraums im
Filtergehäuse.
75 Damit verkörpert sich die Erfindung notwendig nicht nur im Filtergehäuse bzw. im
Funktionsträgereinsatz, sondern auch am Ringfiltereinsatz mit seinem angeformten
Zapfen. Seine Ausgestaltung soll (zusammen mit der entsprechenden Ausgestaltung des
Filtergehäuses bzw. Funktionsträgereinsatzes) gerade den Austauschvorgang verbessern
bzw. erleichtern. Die Würdigung des Landgerichts, der Ringfiltereinsatz sei bloßes Objekt
des verbesserten Einsetzvorgangs und trage zum Leistungsergebnis der Erfindung nichts
bei (vgl. dazu BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 juris-Rn. 31 – Pipettensystem), vermag
der Senat daher nicht zu teilen. Der verbesserte Einführvorgang wird nach der Lehre
beider Klagepatente auch durch körperliche Merkmale des Ringfiltereinsatzes erreicht,
nämlich durch die funktionsorientierte Anpassung des Zapfens an die im Filtergehäuse
vorhandene Rampe sowie durch die weitere Abstimmung des Ringfiltereinsatzes und des
Filtergehäuses.
76 Dass Ringfiltereinsätze mit angeformtem exzentrischen Zapfen, der den Ableitungskanal
im Einbauzustand verschließt, bereits aus dem in den Klagepatenten zitierten Stand der
Technik (DE 39 03 675 C2) bekannt waren, ändert an diesem Ergebnis nichts. Zentraler
Erfindungsgedanke ist die Erleichterung des Einsetzvorgangs, die gegenüber diesem
Stand der Technik durch die Rampe, den auf sie abgestimmten Zapfen und durch die
weitere Anpassung von Ringfiltereinsatz und Filtergehäuse erreicht wird und die bewirkt,
dass es auf die relative Winkelposition (in Drehrichtung) von Ringfiltereinsatz und
Filtergehäuse nicht mehr ankommt. Diese spezifische Ausgestaltung des
Ringfiltereinsatzes wird durch den genannten Stand der Technik gerade nicht offenbart.
77 Wegen der anspruchsgemäßen wechselseitigen Anpassung von Ringfiltereinsatz und
Filtergehäuse / Funktionsträgereinsatz wird der Ringfiltereinsatz in seiner Funktion durch
die Lehre der Klagepatente maßgeblich beeinflusst (vgl. dazu BGH GRUR 2006, 837 juris-
Rn. 22 – Laufkranz). Anders als in der oben zitierten Entscheidung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf (GRUR-RR 2013, 185 juris-Rn. 119 ff. –
Nespressokapseln) ist der auszutauschende Teil der Vorrichtung (Ringfiltereinsatz)
zentraler Bestandteil der unter Schutz gestellten technischen Lehre; er steht insoweit
gleichwertig neben den anderen, auf das Filtergehäuse bzw. den Funktionsträgereinsatz
bezogenen Teilen der Erfindung. Bei der wertenden Betrachtung im Rahmen der zu
treffenden Interessenabwägung entspricht der Streitfall demjenigen, der der Entscheidung
„Flügelradzähler“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ 159, 76, 92 f. = GRUR 2004, 758, 762 f.)
zugrundelag; dort wirkte die austauschbare Messkapsel eines Flügelradzählers zur
Erfassung der Durchflussmenge von Flüssigkeiten mit dem erfindungsgemäßen Gehäuse
des Zählers so zusammen, dass das in der Messkapsel enthaltene Flügelrad gleichmäßig
und wirbelfrei beaufschlagt und deshalb die Gefahr eines Aneinanderfestbackens von
Messkapsel und Gehäuse verringert wurde (vgl. auch BGH GRUR 2012, 1118 juris-Rn. 44
– Palettenbehälter II). Ganz entsprechend wird auch hier das von der beanspruchten
Erfindung angestrebte Leistungsergebnis erst durch das Zusammenwirken der
anspruchsgemäß aufeinander abgestimmten Teile von Ringfiltereinsatz und
Gehäuse/Funktionsträgereinsatz erreicht.
78 Im Ergebnis liegt also im Austausch des Ringfiltereinsatzes eine Neuherstellung des von
der Erfindung geschützten Gegenstandes. Damit ist die mittelbare Benutzung der
geschützten Lehre nicht wegen insoweit bestehender Erschöpfung der Patentrechte
gerechtfertigt. Auf die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
diskutierte Frage, ob in die Ölfilter YY auch andere, nicht patentgemäße Ringfiltereinsätze
eingebaut werden können, kommt es nach Auffassung des Senats nicht an. Die durch den
Einbau des angegriffenen, mittelbar patentverletzenden Ringfiltereinsatzes bewirkte
Neuherstellung der geschützten Vorrichtung ist nach dem Ausgeführten vom
Ausschließlichkeitsrecht der Klagepatente umfasst.
79 D. Rechtsfolgen der mittelbaren Patentverletzung
80 1. Die Beklagten, deren Verantwortlichkeit für die festgestellte mittelbare Patentverletzung
nicht im Streit steht, sind gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Gegen
das beantragte Schlechthinverbot bestehen unter den Gegebenheiten des Streitfalls keine
Bedenken. Die angegriffenen Ringfiltereinsätze sind, wie dargestellt, speziell für den
Einsatz in solchen Filtergehäusen (Typ YY) ausgestaltet, die zusammen mit den
Einsätzen eine patentgemäße Gesamtvorrichtung ergeben. Die Beklagten weisen
ausdrücklich auf diesen Einsatzzweck hin. Technisch und wirtschaftlich sinnvolle andere
Einsatzmöglichkeiten, die die Klagepatente nicht verletzen, sind weder konkret
vorgetragen noch ersichtlich. Soweit die Beklagten in erster Instanz mit Nichtwissen
bestritten haben, dass der angegriffene Ringfiltereinsatz ausschließlich mit Filtern YY der
Klägerin verwendet werden könne, entbehrt das Bestreiten der Substantiierung, die
angesichts der Betätigung der Beklagten auf dem relevanten Markt zu fordern ist.
81 2. Da die Patentverletzung schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig begangen wurde,
sind die Beklagten der Klägerin gemäß § 139 Abs. 2 PatG zum Schadensersatz
verpflichtet. Dies war antragsgemäß festzustellen; das entsprechende
Feststellungsinteresse ergibt sich aus der drohenden Verjährung sowie daraus, dass die
Klägerin den Umfang der Patentverletzung nicht kennt und den Schadensersatzanspruch
daher nicht beziffern kann.
82 Schadensersatzansprüche werden für die Zeit ab dem 01.05.2004 (Klagepatent 1) bzw. ab
dem 28.09.2003 (Klagepatent 2) geltend gemacht, also jeweils einen Monat nach
Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung. Das ist nicht zu beanstanden. Die
maßgeblichen Daten stimmen – entgegen der Darstellung der Beklagten – mit den
vorgelegten Registerauszügen (Anlagen K 2, K 4) überein.
83 Auch der insoweit erhobene Einwand der Verjährung greift nicht durch. Von der allein
streitgegenständlichen Verletzungsform ... hat die Klägerin nach ihrem nicht erheblich
bestrittenen Vortrag erst im Laufe des Jahres 2009 Kenntnis erlangt. Damit wurde die
dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 141 PatG i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit dem
Ablauf des Jahres 2009 in Lauf gesetzt und durch die im Jahr 2012 erfolgte
Klageerhebung gewahrt.
84 3. Die zuerkannten Auskunftsansprüche ergeben sich aus § 140 b Abs. 1 PatG und einer
zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB. Die Klägerin ist ohne
Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Schutzrechtsverletzung, während die
Beklagten ohne unzumutbaren Aufwand hierüber Auskunft erteilen können.
85 4. Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten ergibt sich ebenfalls aus § 139 Abs. 2
PatG sowie aus §§ 677, 683, 670 BGB.
86 E. Nebenentscheidungen
87 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO; die Höhe der Sicherheitsleistung
orientiert sich an der plausiblen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
88 Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die
Entscheidung beruht auf einer Anwendung von Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof in
mittlerweile gefestigter Rechtsprechung vertritt.