Urteil des OLG Hamm vom 15.03.2017

OLG Hamm (hypothek, löschung, einseitiges rechtsgeschäft, grundbuchamt, genehmigung, verfügung, zustimmung, zwischenverfügung, eigentümer, entstehung)

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 99/76
Datum:
24.03.1976
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 99/76
Vorinstanz:
Landgericht Detmold, 2 T 319/75
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 DM festgesetzt.
Gründe:
1
Das im Grundbuch von ... Blatt ... eingetragene Grundstück steht im Eigentum des
Beschwerdeführers, der wegen Geistesschwäche entmündigt worden und dessen
Vormünderin seine Ehefrau ist (VII L 68 AG ...). Es ist in Abt. III unter Nr. 1 u. 2 mit
Hypotheken belastet. Bei der Hypothek Nr. 1 ist eine Löschungsvormerkung nach §§
1179, 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB für den jeweiligen Gläubiger der Post Abt. III Nr. 2
eingetragen.
2
Die Kreissparkasse ... hat als Gläubigerin der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen
Tilgungshypothek von 39.000 DM unter dem 13. Oktober 1975 die Löschung dieser
Hypothek bewilligt und dem Eigentümer gleichzeitig den Hypothekenbrief übergeben.
Unter dem 23. Oktober 1975 hat die Vormünderin auf demselben Vordruck namens des
Grundstückseigentümers "die Löschung der oben bezeichneten Grundschuld
Beantragt". Dar Notar ..., von dem die Unterschrift der Vormünderin beglaubigt worden
ist, hat die Löschungsbewilligung nebst Lösenungsantrag und den Hypothekenbrief mit
Schreiben vom 24. Oktober 1975 beim Grundbuchamt eingereicht und dabei erklärt, daß
er die Anträge unter Bezugnahme auf § 15 GBO stelle.
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Daraufhin hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts am 29. Oktober 1975 im Wege der
Zwischenverfügung gem. § 18 GBO mit Bestimmung einer Erledigungsfrist von einem
Monat beanstandet: es fehle eine Genehmigung (Zustimmung) des
Vormundschaftsgerichts zur beantragten Löschung, da - soweit bekannt - ein
Gegenvormund nicht vorhanden und die zu löschende Hypothek auch nicht letztrangig
eingetragen sei. Gegen diese Zwischenverfügung hat der Notar schließlich Erinnerung
eingelegt, der der Rechtspfleger und der Grundbuchrichter nicht abgeholfen haben, weil
es sich vorliegend am die Löschung der entstandenen Eigentümergrundschuld handele
und dafür gem. § 1812 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich
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sei. Die mit der Vorlage als Beschwerde geltende Erinnerung ist vom Landgericht, das
sich dieser Begründung angeschlossen hat, durch Beschluß vom 10. Februar 1976
zurückgewiesen worden, Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des
Antragstellers vom 5. März 1976.
Das nach §§ 78, 80 GBO zulässige Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet, weil die
angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO.
Das Landgericht hat die Erstbeschwerde mit Recht zurückgewiesen; denn die vom
Grundbuchamt erlassene Zwischenverfügung war sachlich gerechtfertigt.
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Ist eine Eintragungsbewilligung oder eine sonstige, zu einer Eintragung erforderliche
Erklärung (§ 29 GBO) von einem Vormunde namens des Mündels abgegeben worden,
so muß das Grundbuchamt prüfen, ob der Vormund dabei innerhalb der Grenzen seiner
gesetzlichen Vertretungsmacht gehandelt hat. Diese ist in bestimmten Fällen -
insbesondere gem. §§ 1812, 1821 u. 1822 BGB - beschränkt und an die Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts oder eines etwa vorhandenen Gegenvormundes
gebunden. Ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, daß eine genehmigungspflichtige
Erklärung abgegeben wurde, so stellt der fehlende Nachweis der vorgeschriebenen
Genehmigung ein Eintragungshindernis i.S. von § 18 GBO dar.
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Daneben sind Fälle denkbar, in denen der Tatbestand eines genehmigungsbedürftigen
Rechtsgeschäfts zwar nicht offen zutage liegt, nach konkreten tatsächlichen
Anhaltspunkten aber möglicherweise gegeben sein kann. Die hierdurch begründeten
Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen sind ebenfalls als ein Hindernis
i.S. des § 18 GBO anzusehen (Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann - künftig:
KEHE -, Grundbuchrecht, § 18 GBO Rdn. 10 u. 12 m.w.Nachw.). Denn da es im
öffentlichen Interesse liegt, die materielle Wahrheit des Grundbuchs nach Möglichkeit zu
erhalten, darf das Grundbuchamt keine Eintragung vornehmen, die das Grundbuch
unrichtig machen oder auch nur seine Richtigkeit beeinträchtigen könnte (BayObLG in
NJW 1960, 821 m.w.Nachw.). Deshalb ist in derartigen Zweifelsfällen durch Erlaß einer
Zwischenverfügung darauf hinzuwirken, daß entweder die erforderliche Genehmigung
beigebracht oder der Nachweis fehlender Genehmigungsbedürftigkeit erbracht wird
(BayObLG und Herrmann, jeweils a.a.O.).
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Im vorliegenden Falle war die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 29.10.1975
im Hinblick auf das Genehmigungserfordernis nach § 1812 BGB sachlich gerechtfertigt.
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Allerdings haben das Amts- und Landgericht die Notwendigkeit der
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung aus dem Gesichtspunkt einer Verfügung der
Vormünderin über eine für den Mündel nach §§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 BGB
entstandene Eigentümergrundschuld hergeleitet, obwohl die vorgelegten
Eintragungsunterlagen keinen grundbuchlichen Nachweis für die Entstehung eines
solchen Rechts ergeben; denn die von der Gläubigerin erklärte reine (abstrakte)
Löschungsbewilligung enthält - im Gegensatz zu einer gehörigen löschungsfähigen
Quittung - keinerlei Angaben über die Tilgung der Hypothekenforderung und die Person
des Zahlenden und erlaubt daher keine Rückschlüsse auf das materiell-rechtliche
Schicksal der Hypothek. Das ist aber deswegen nicht entscheidend, weil jedenfalls
genügende konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Entstehung einer
Eigentümergrundschuld gegeben sind und weil auch die daneben noch in Betracht zu
ziehenden möglichen Fallgestaltungen unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt
die Genehmigung nach § 1812 BGB erforderlich machen würden.
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I.
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1.)
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Nach § 1812 BGB bedarf der Vormund zur Verfügung über eine Forderung oder über
ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, der
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, falls - wie hier - kein Gegenvormund
vorhanden ist und die Vormundschaft auch nicht von mehreren Vormündern
gemeinschaftlich geführt wird. Zu den Rechten, kraft deren eine Leistung verlangt
werden kann, zählen nach einhelliger Ansicht u.a. Hypotheken, Grund- und
Rentenschulden, die von der Regelung des § 1822 Abs. I Ziff. 1 nach Abs. 2 derselben
Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind (vgl. z.B. Staudinger-Engler, BGB, 10./11.
Aufl., § 1812 Rdn. 6 m.w.Nachw.; Palandt-Diederichsen, BGB, 35. Aufl., § 1812 Anm. 2
b). Auch derjenigen Grundschuld, die beim Erlöschen einer Hypothekenforderung gem.
§ 1163 Abs. 1 Satz 2 oder beim Verzicht des Gläubigers auf die Hypothek gem. § 1163
Abs. sog, Eigentümergrundschuld (§ 1177 Abs. 1 BGB) entsteht, kann der Charakter
einer echten Grundschuld i.S. des 1191 nicht abgesprochen werden. Sie weist
allerdings die Besonderheit auf, daß die Realisierungsmöglichkeiten in der Person des
Eigentümers ruhen (§ 1197 Abs. 1). So, kann der Anspruch des Grundschuldgläubigers
auf die Leistung - nämlich die Zahlung einer Geldsumme aus dem Grundstück - für die
Dauer der Vereinigung des Gläubigerrechts und des Grundstückseigentums in einer
Person nicht ohne weiteres betätigt werden. Aus diesem Grunde ist in der
Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Einreihung der Eigentümergrundschuld
in die Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann (§ 1812), in Zweifel
gezogen worden (KG in JFG 13, 393 = JW 1936, 2745; Meikel-Imhof-Riedel,
Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 18 GBO Anh. Rdn. 122, Güthe-Triebel, GB0, 6, Aufl., Band 2
S. 2066/2067).
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Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Anspruch des Gläubigers aus der
Eigentümergrundschuld nicht untergegangen, sondern nur vorübergehend gehemmt ist,
wodurch die Grundschuld ihr Wesen und ihren Charakter nicht eingebüßt hat (§ 889
BGB). Das zeigt sich insbesondere darin, daß dem Eigentümer die Grundschuld bei
einer Veräußerung des Grundstücks als Fremdgrundschuld verbleibt, ebenso bei einer
Zwangsversteigerung, wenn sie im geringsten Gebot steht oder ein etwaiger Erlös dem
Eigentümer zufällt. Außerdem ist hinzuweisen auf die Möglichkeiten der Übertragung
auf einen Dritten, der Belastung mit dem Recht eines Dritten, der Pfändung, auf die
Berücksichtigung im Zwangsversteigerungsverfahren und die Verzinsung während der
Zwangsverwaltung, § 1197 Abs. 2. Aus diesen Gründen ist die Eigentümergrundschuld
als ein Recht i.S. des § 1812, kraft dessen eine Leistung verlangt werden kann,
anzusehen (ebenso: Doerr, Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung, Band 71, S. 376 ff.
LG Würzburg, Mitt.BayNot 1972, 239). Daraus folgt,; daß eine Verfügung des Vormunds
über dieses Recht grundsätzlich der vorgeschriebenen Genehmigung bedarf.
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Ob bei einer rangletzten Eigentümergrundschuld ausnahmsweise deswegen etwas
anderes zu gelten hat, weil es sich dann lediglich um eine bloß formelle Rechtsstellung
handeln soll (so die fast einhellige Rechtsauffassung: vgl. die Nachweise in der
Entscheidung des LG Würzburg a.a.O.), steht hier nicht zur Entscheidung. Denn im
vorliegenden Falle folgt der etwa entstandenen Eigentümergrundschuld noch eine
weitere Hypothek im Range nach, die bei Löschung der Hypothek Nr. 1 im Range
aufrückt und eine Anderweitige Ausnutzung dieser Rangstelle durch den Eigentümer
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verhindert.
Somit fällt jedenfalls eine Verfügung des Vormunds über eine nicht rangletzte
Eigentümergrundschuld des Mündels unter das Genehmigungserfordernis nach § 1812
BGB (h.M., vgl. die vom LG Würzburg a.a.O., angeführten Nachweise). Verfügung in
diesem Sinne ist jedes Rechtsgeschäft, durch das ein bestehendes Recht unmittelbar
übertragen, belastet, aufgehoben oder inhaltlich geändert wird (BGHZ 1, 304). Dazu
gehört insbesondere die Aufhebung der Eigentümergrundschuld nach § 875 BGB.
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Eine derartige materiell-rechtliche Aufhebungserklärung kann in ... vorliegenden
Löschungsantrage der Vormünder in vom 23.10.1975 gesehen werden, falls eine
Eigentümergrundschuld entstanden ist. Zwar ist die materiell-rechtliche Erklärung
grundsätzlich von den verfahrensrechtlichen Grundbucherklärungen zu unterscheiden.
Regelmäßig kann aber, wenn der Eigentümer in der Form des § 29 GBO die Löschung
einer Eigentümergrundschuld beantragt oder bewilligt, darin zugleich die materiell-
rechtliche Aufhebungserklärung sem. § 875 BGB erblickt werden (Palandt-Bassenge, §
875 BGB Anm. 3 a). Die gleiche Bedeutung ist dem hier von der Vormünderin in
beglaubigter Urkunde (§ 29 GBO) erklärten Löschungsantrage - der sich auf die
"Grundschuld" bezieht - beizumessen, einerlei, ob damit die (zuvor vom Gläubiger zur
Löschung bewilligte) Hypothek gemeint oder die Entstehung einer
Eigentümergrundschuld gem. §§§§ 163 Abs. 1 Satz 2, 1177 BGB angesprochen sein
soll. Der Löschungsantrag ist nämlich - wenn er der Form des § 29 GBO genügt - in der
Regel zugleich als die nach § 27 GBO notwendige, keinen bestimmten Wortlaut
erfordernde Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek zu werten (Ertl in
KEHE, § 27 GBO Rdn. 9). Geht man von der Entstehung einer Eigentümergrundschuld
aus, so ist für die Annahme, daß in der Zustimmung des Eigentümers nach § 27 GBO
regelmäßig zugleich diejenige des materiellen Rechts nach § 1183 BGB zu sehen sei
(Ertl in KEHE, § 27 Rdn. 7), kein Raum; vielmehr kann dann der Erklärung des
Eigentümers - wenn keine entgegenstehende Anhaltspunkte vorliegen - zugleich die
Aufhebungserklärung nach § 875 BGB entnommen werden.
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2.)
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Konkrete Anhaltspunkte für die Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus der zu
löschenden Hypothek ergeben sich im vorliegenden Falle aus folgenden Erwägungen:
Der nächstliegende Grund für die beantragte Löschung ist auch bei der - wie hier - von
einem Kreditinstitut abgegebenen abstrakten Löschungsbewilligung im allgemeinen
darin zu suchen, daß die der Hypothek zugrunde liegende persönliche Schuld
zurückgezahlt worden ist. Das gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um eine
ausgesprochene Tilgungshypothek handelt. Hinzu kommt noch, daß vom
Beschwerdeführer im Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde die
Entstehung einer Eigentümergrundschuld nicht etwa geleugnet, sondern sogar
ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Auf diese Rechtslage deutet zudem bereits
der Text des Löschungsantrages der Vormünderin vom 23.10.1975 hin, in dem von den
vorgedruckten Worten "Hypothek/Grundschuld" das erstere durchgestrichen worden ist,
obwohl in der Löschungsbewilligung der Gläubigerin eindeutig von ihrer "Hypothek" die
Rede ist.
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3.)
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Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers entfällt die Notwendigkeit einer
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vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hier auch nicht deswegen, weil bei der zu
löschenden Hypothek eine Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB zugunsten des
jeweiligen Gläubigers der Hypothek Abt. 3 Nr. 2 eingetragen, der Eigentümer danach
also zur Löschung der Hypothek Abt. III Nr. 1 rechtlich verpflichtet ist. Die Vorschrift des
§ 1812 BGB macht insoweit Keine Einschränkungen und nimmt den Fall, daß der
Mündel zu der Verfügung verpflichtet ist, nicht aus. Insoweit besteht die gleiche
Rechtslage wie bei § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Für den Bereich dieser Vorschrift hat das
Kammergericht wiederholt ausgesprochen, es komme nicht darauf an, ob eine
Verbindlichkeit zur Vornahme der - genehmigungsbedürftigen - Verfügung bestehe oder
nicht (KG in OLG 33, 363 sowie KGJ 38 A 219 ff., 223). Bei den Gesetzgebungsarbeiten
ist von einer Ausnahmebestimmung für den bezeichneten Fall bewußt in der Erwägung
abgesehen worden, daß die Legitimation (des Vormundes) zur Vornahme von
Rechtshandlungen, die sich auf das Grundbuch beziehen, eine unbedingte und für den
Grundbuchrichter sicher erkennbare sein müsse. Die Prüfung der Frage, ob die
Verpflichtung zur Verfügung über das Grundstück bestehe, sollte nicht dem
Grundbuchamt sondern dem Vormundschaftsgericht im Rahmen des
Genehmigungsverfahrens obliegen. (ebenso: Palandt-Diederichsen, § 1821 Anm. 1 b).
II.
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Aber auch dann, wenn im vorliegenden Falle eine Eigentümergrundschuld trotz der
dafür sprechenden Anhaltspunkte nicht entstanden sein sollte, würde nach den sonst
noch in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen eine gem. § 1812 BGB
genehmigungspflichtige Verfügung der Vormünderin in ihrem Löschungsantrage vom
23.10.1975 zu sehen sein.
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Sollte die Löschungsbewilligung der Gläubigerin ihren Grund nicht in einer Befriedigung
der persönlichen Forderung sondern etwa in einer Aufhebung des Hypothekenrechts
gem. § 875 BGB haben, so könnte in der - im Löschungsantrage konkludent enthaltenen
- Zustimmungserklärung des Eigentümers nach § 27 GBO zugleich die materiell-
rechtliche Zustimmung nach § 1183 BGB gesehen werden. Das gleiche wäre
anzunehmen, wenn ein Dritter die Gläubigerin befriedigt hätte und die Hypothek
dadurch außerhalb des Grundbuchs auf ihn - z.B. einen Ablösungsberechtigten nach §
268 BGB oder auf den gesamtschuldnerisch für die Forderung mithaftenden Ehegatten
des Grundstückseigentümers - übergegangen wäre. Der Senat teilt die Auffassung von
Hurst (Fälle vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung in der notariellen Praxis,
Mitt.Rhein.Not 1966, 383 ff., 413), daß in allen diesen Fällen die vom Vormunde gem. §
1183 BGB erteilte Zustimmung des Eigentümers zur Löschung einer Hypothek im
Hinblick auf § 1812 BGB einer Verfügung über eine Eigentümergrundschuld
gleichzustellen ist. Durch die letztgenannte Vorschrift soll nämlich dem Eigentümer die
Möglichkeit (Anwartschaft) erhalten bleiben, die Hypothek (sei es als solche oder als
forderungsentkleidete Eigentümergrundschuld) selbst zu erwerben, um sie sich mit ihrer
Rangstelle erneut nutzbar machen zu können. Mit einer Zustimmung zur
Hypothokenlöschung nach § 1183 BGB wird die Anwartschaft auf die Erlangung einer
Eigentümergrundschuld endgültig aus der Hand gegeben. Mit Blickrichtung auf den
Schutz des Mündels bedeutet es keinen Unterschied, ob der Vormund das
Eigentümerrecht selbst zur Löschung bewilligt (gem. § 875 BGB bei Aufgabe einer
bereits entstandenen Eigentümergrundschuld) oder ob er es durch Zustimmung zur
Löschung (gem. § 1183) zum Untergehen bringt; in beiden Fällen entzieht der Vormund
dem Mündel eine vermögenswerte Rechtsposition (ebenso wohl auch Doerr S. 378).
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III.
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Allerdings hat das Grundbuchamt im Eintragungsverfahren über einen Löschungsantrag
beim Vorliegen einer reinen (abstrakten) Löschungsbewilligung grundsätzlich nicht zu
prüfen, welcher materiell-rechtliche Vorgang zu der Löschungsbewilligung geführt hat.
Das formelle Konsensprinzip endet erst dort, wo das Grundbuchamt auf Grund konkreter
tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel am Vorliegen der
Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere der Verfügungsberechtigung des
Gläubigers oder des Eigentümers, hat. Zu solchen Zweifeln reicht die bloße Tatsache,
daß eine Tilgungshypothek gelöscht werden soll, nicht aus, wie auch keine Vermutung
dafür besteht, daß Zahlungen auf die Hypothek (bzw. die ihr zugrunde liegende
Forderung) durch den Grundstückseigentümer geleistet worden sind (Horber, GBO, 13.
Aufl., § 19 Anm. 2 a; Senat in DNotZ 1958, 547; Haegele in Rpfleger 1964, 150; Wäntig
in MDR 1949, 683).
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Diese Rechtsgrundsätze werden aber von en oben unter I. u. II. angestellten
Erwägungen nicht berührt. Denn hier geht es nicht darum, wie das Grundbuchamt über
den Löschungsantrag bei einem voll geschäftsfähigen Grundstückseigentümer zu
befinden hätte, sondern um die andersartige Frage, ob hinreichende, die
Zwischenverfügung vom 29.10.1975 rechtfertigende Anhaltspunkte für das tatsächliche
Vorliegen einer nach § 1812 BGB genehmigungsbedürftigen Verfügung der
Vormünderin gegeben sind.
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IV.
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Zu den Erfordernissen einer Zwischenverfügung gehört die Bezeichnung der Mittel und
Wege für die Beseitigung des Eintragungshindernisses. Das Grundbuchamt hat im
vorliegenden Falle die Beibringung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung "zur
beantragten Löschung" gefordert. Diese Ausdrucksweise ist zwar insofern ungenau, als
nicht die Löschung als solche, sondern die darauf gerichtete, eine Verfügung i.S. des §
1812 BGB enthaltende Erklärung der Vormünderin der Genehmigungbedarf, also der
Löschungsantrag vom 23.10.1975, in dem - wie oben ausgeführt - zugleich die
Zustimmung nach § 27 GBO und außerdem aller Wahrscheinlichkeit nach entweder
eine materiell-rechtliche Aufgabeerklärung nach § 875 BGB oder eine Zustimmung nach
§ 1183 BGB zu sehen ist. Trotzdem bringt die Zwischenverfügung aber den Gegenstand
der erforderten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hinreichend deutlich zum
Ausdruck, zumal das Grundbuchamt im Schriftwechsel mit dem Notar ausdrücklich auf §
1812 BGB hingewiesen hat.
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Eine nachträglich erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des
Eintragungsantrages vom 23.10.1975 wäre allerdings kein taugliches Mittel zur
Behebung des vorliegenden Hindernisses, wenn - was die Vorinstanzen nicht erörtert
haben - die Voraussetzungen des § 1831 BGB vorlägen. Nach dieser Vorschrift ist ein
einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts vornimmt, unwirksam. Die Bestimmung ist aber
anerkanntermaßen nicht anzuwenden auf einseitige, dem Grundbuchamt gegenüber
zwecks Vornahme einer Eintragung abzugebende Erklärungen; denn ihr
gesetzgeberischer Grund - diejenigen Personen, deren Rechtsverhältnisse durch ein
einseitiges Rechtsgeschäft berührt werden, nicht für unbestimmte Zeit über die
Wirksamkeit des Geschäfts im Ungewissen zu lassen - entfällt u.a. auch dann, wenn das
Grundbuchamt dieser Ungewissheit durch eine befristete Zwischenverfügung ein Ziel
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setzen kann (vgl. dazu insbesondere KG JW 1936, 2746; Erman-Heformehl, BGB, 6.
Aufl., § 1831 Rdn. 3; Palandt-Diederichsen, § 1831 Anm. 2).
So liegt der Fall auch hier. Der Löschungsantrag vom 23.10.1975 Ist ersichtlich dem
Grundbuchamt, nicht etwa der Hypothekengläubigerin gegenüber erklärt worden, zumal
er offensichtlich zugleich die nach § 27 GBO erforderliche, dem Grundbuchamt
gegenüber abzugebende Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek
enthalten soll. Auch die gem. § 875 oder § 1183 BGB materiell-rechtlich erforderlichen
Erklärungen des Eigentümers, von denen hier nach Lage der Sache die eine oder
andere Im Hinblick auf § 1812 BGB angenommen werden kann, können dem
Grundbuchamt gegenüber abgegeben werden.
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Die weitere Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Zu einer
Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG bestand keine Veranlassung.
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