Urteil des OLG Hamm vom 08.03.2007

OLG Hamm: abtretung, grundbuchamt, belastung, urkunde, herausgabe, besitz, vollstreckung, auflage, abgabe, grundpfandrecht

Oberlandesgericht Hamm, 5 U 72/06
Datum:
08.03.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 72/06
Vorinstanz:
Landgericht Hagen, 18 O 25/05
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Februar 2006 verkündete
Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird
zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das vorgenannte Urteil abgeändert.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Grundschuldbrief zur Löschung
der in den Grundbüchern des Amtsgerichts F von E Blätter ##1, ##2,
##3, ##4, ##5, ##6 und ##7 bezüglich der in Abteilung III/2 jeweils
eingetragenen Belastung über 100.000,00 DM nebst 12% Jahreszinsen
für Frau U, geborene G, dem Grundbuchamt F zur Lö-schung
vorzulegen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Insoweit bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des
angefochtenen Urteils.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1
(§ 540 ZPO)
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A)
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Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten verpflichtet sind, der Löschung zweier in
den Grundbüchern des Amtsgerichts F von E Blatt ##1, ##2, ##3, ##4, ##5, ##6 und ##7
in Abt. III Nr. 1 und 2 eingetragener Grundschulden über jeweils 100.000 DM nebst
Zinsen zuzustimmen; ferner streiten sie, ob die Beklagten zur Herausgabe des
Grundschuldbriefs bezüglich der in Abt. III lfd. Nr. 2 eingetragenen Grundschuld
verpflichtet sind.
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Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung
der erstinstanzlich gestellten Anträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der
angefochtenen Entscheidung.
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Das Landgericht hat den Beklagten zu 1) verurteilt, der Löschung der oben genannten
Grundschulden zuzustimmen; die Beklagte zu 2) hat es verurteilt, der Löschung der in
Abt. III Nr. 2 eingetragenen Grundschuld zuzustimmen. Die weitergehende Klage hat
das Landgericht abgewiesen.
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Hiergegen richten sich die Berufungen der beiden Parteien.
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Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Herausgabe des
Grundschuldbriefs zu. Zwar sei es zutreffend, dass es formal zur Löschung der
Grundschuld der Vorlage des Briefes nicht bedürfe. Tatsächlich verlangten
Grundbuchämter aber regelmäßig die Vorlage des Briefs, um die Berechtigung des
Rechtsinhabers überprüfen zu können.
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Bezüglich der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld sei die Eintragung der
Brieferteilung Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine solche Eintragung sei nicht erfolgt,
weshalb die Grundschuld außerhalb des Grundbuchs nicht wirksam habe abgetreten
werden können. Bezüglich der in Abt. III Nr. 2 eingetragenen Grundschuld bestreitet die
Klägerin, dass diese am 06.04.1981 abgetreten worden ist. Zudem beruft sich die
Klägerin darauf, dass der Abtretung möglicherweise die Einrede der Anfechtung
entgegen steht, da die Abtretung lediglich der Gläubigerbenachteiligung gedient habe
und unentgeltlich erfolgt sei.
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Schließlich trägt die Klägerin vor, sie habe sich die Ansprüche aus einem
Kostenfestsetzungsbeschluss abtreten lassen, zu dessen Sicherung in den Blättern E
##1, ##2 und ##3 in Abteilung III Nr. 4 des Grundbuchs am 27.01.2000 eine
Sicherungshypothek eingetragen wurde (GA 177).
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Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
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den Grundschuldbrief zur Löschung der in den Grundbüchern des Amtsgerichts F
von E Blätter ##1, ##2, ##3, ##4, ##5, ##6 und ##7 bezüglich der in Abteilung III Nr.
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2 jeweils eingetragenen Belastung über 100.000 DM nebst 12% Jahreszinsen für
Frau U, geborene G, dem Grundbuchamt F zur Löschung vorzulegen, hilfsweise an
die Klägerin herauszugeben;
weiter hilfsweise beantragt die Klägerin,
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die Beklagte zu 2) zu verurteilen, der Löschung der in den Grundbüchern des
Amtsgerichts F von E Blätter ##1, ##2, ##3, ##4, ##5, ##6 und ##7 bezüglich der in
Abteilung III Nr. 1 für die C AG jeweils eingetragenen Belastung über 100.000 DM
nebst 12% Jahreszinsen zuzustimmen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 28.02.2006, Az.: 18
O 25/05, insgesamt abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Beklagten sind der Meinung, dass ein Löschungsanspruch der Klägerin gegen den
Beklagten zu 1) nicht bestehe, weil die Eigentümergrundschulden wirksam an die
Beklagte zu 2) abgetreten worden seien, bevor die Sicherungshypothek entstanden sei.
Die Abtretungen datierten nämlich vom 06.04.1981 und 15.12.1987. Die Wirksamkeit
der Abtretungen sei nicht von deren Entragung im Grundbuch abhängig gewesen, weil
die Erteilung des Grundschuldbriefs nicht dauerhaft ausgeschlossen gewesen sei. In
einer Urkunde vom 15.12.1987 sei die Ausschließung der Erteilung des
Grundschuldbriefs aufgehoben worden.
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Die in Abt. III Nr. 2 des Grundbuchs eingetragene Grundschuld habe Frau D am
21.01.1988 an den Beklagten zu 1) abgetreten, der die Grundschuld sodann am
25.06.2003 an die Beklagte zu 2) abgetreten habe. Einem Löschungsanspruch der
Klägerin im Hinblick auf die in Abt. III Nr. 2 eingetragene Grundschuld stehe der
Umstand entgegen, dass die Beklagte zu 2) nicht Eigentümerin des Grundstücks
geworden sei. Die Eintragung der Sicherungshypothek stehe der Wirksamkeit der
Abtretung nicht entgegen.
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Im Übrigen tragen die Beklagten vor, dass – was unstreitig ist – zugunsten der
Beklagten zu 2) in den Teileigentumsgrundbüchern Blatt ##1-##7 in Abt. III Nr. 2 am
13.09.2000 eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden sei. Aufgrund dieser
Auflassungsvormerkung könne die Beklagte zu 2) von der Klägerin die Löschung der
Sicherungshypothek verlangen.
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Wegen des weiteren Tatsachenvorbringen der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
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B)
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I. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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1) Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist,
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die Löschung der in den Grundbüchern von E Blätter ##1 bis ##7 in Abt. III Nr. 1 und 2
eingetragenen Grundschulden zuzustimmen. Der Anspruch der Klägerin folgt aus §§
1179a I 1 BGB.
a) Unstreitig ist die Klägerin Gläubigerin der am 29.11.2000 jeweils in Abteilung III Nr. 4
eingetragenen Sicherungshypothek über 5.000 DM; aus der Tatsache, dass zugunsten
der Beklagten zu 2) am 13.09.2000 und damit vor Eintragung der Sicherungshypothek
der Klägerin eine Auflassungsvormerkung in den streitgegenständlichen
Teileigentumsgrundbüchern eingetragen wurde, kann der Beklagte zu 1) nichts für sich
herleiten, da sich nur die Beklagte zu 2) als etwaige Vormerkungsberechtigte gem. §
883 II BGB auf die etwaige relative Unwirksamkeit der Eintragung der
Sicherungshypothek berufen könnte (Palandt-Bassenge, a.a.O., § 883 Rz. 21). Der
Beklagte zu 1) ist Eigentümer des belasteten Grundbesitzes. Überdies ist unstreitig,
dass es sich bei den in Abt. III Nr. 1 und 2 eingetragenen Grundschulden um
Eigentümergrundschulden (§ 1163 I BGB) handelt.
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b) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte zu 1) darauf, er habe die in Abt. III Nr. 1
eingetragene Grundschuld am 15.12.1987 an die Beklagte zu 2) abgetreten. Mit
zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Abtretung
zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung im Grundbuch bedurft hätte (§§ 1154 III, 873 I BGB).
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus der
Tatsache, dass der Beklagte zu 1) in der notariellen Urkunde vom 15.12.1987 bezüglich
der in den Teileigentumsblättern in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Eigentümergrundschuld
erklärt hat, er beantrage, die Aufhebung der Ausschließung der Brieferteilung in das
Grundbuch einzutragen. Denn der Ausschluss der Brieferteilung ist seinerseits nicht in
den Teileigentumsgrundbuchblättern eingetragen (§§ 1192 I, 1116 III HS. 2, II 2 HS 1,
873 I BGB). Zwar hatte der Kläger mit Schreiben des Notars L vom 09.11.2005 sowohl
die Eintragung der Abtretung wie auch die Eintragung der Aufhebung der
Ausschließung der Erteilung eines Grundschuldbries beim Grundbuchamt beantragt
(BA 221). Diesen Antrag hat AG F allerdings mit Beschluss vom 07.04.2006
zurückgewiesen.
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c) Die in Abt. III Nr. 2 eingetragene Grundschuld hat Frau D unstreitig am 21.01.1988 an
den Beklagten zu 1) abgetreten. Dass der Beklagte zu 1) seinerseits diese Grundschuld
am 25.06.2003 an die Beklagte zu 2) abgetreten hat und diese Abtretung am 25.04.2005
in das Grundbuch eingetragen wurde, steht einem Anspruch des Klägers nicht
entgegen. Dies ergibt sich – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – aus §
1179a I 3, I 1 BGB i.V.m. § 883 II 1, III BGB (vgl. auch Soergel-Konzen, BGB, 13.
Auflage, § 1179a Rz. 9; Erman-Wenzel, BGB, 11. Auflage, § 1179a Rz. 10).
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2) Die Berufung der Beklagten zu 2) hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Klägerin steht
gegen die Beklagte zu 2) gem. §§ 1179a I 3, 888 I BGB ein Anspruch auf Zustimmung
zur Löschung der in Abt. III Nr. 2 der streitigen Teileigentumsblätter eingetragenen
Grundschuld zu.
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a) Entgegen der Annahme der Beklagten steht die Tatsache, dass die Beklagte zu 2)
nicht Eigentümerin des belasteten Grundbesitzes geworden ist, ihrer Verpflichtung zur
Abgabe der von der Klägerin begehrten Zustimmungserklärung nicht entgegen. Es ist
zwischen den Parteien nicht streitig, dass der Beklagte zu 1) das Grundpfandrecht am
25.06.2003 an die Beklagte zu 2) abgetreten hat und diese Abtretung am 25.04.2005
und damit zeitlich nach Eintragung der Sicherungshypothek der Klägerin in das
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Grundbuch eingetragen wurde. Die Vormerkungswirkung des § 1179a I 3 BGB greift in
diesen Fällen ein (vgl. Konzen, a.a.O.; Wenzel, a.a.O.; RGRK-Thumm, BGB, § 1179a
Rz. 4, 6).
b) Der Umstand, dass zugunsten der Beklagten zu 2) am 13.09.2000 eine
Auflassungsvormerkung eingetragen wurde, steht dem Anspruch der Klägerin nicht
entgegen. Der Beklagten zu 2) steht gegen die Klägerin - jedenfalls zur Zeit - kein
Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zugunsten der Klägerin im Grundbuch
eingetragenen Sicherungshypothek gem. §§ 883 Abs. 2 , 888 Abs. 1 BGB zu. Dies
ergibt sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Essen vom 09.11.2006, 10 S
183/06, mit dem das Landgericht als Berufungszivilkammer die Klage der Beklagten zu
2) auf Zustimmung der Klägerin zur Löschung der für sie im Grundbuch eingetragenen
Sicherungshypothek abgewiesen hat. An den Inhalt dieses zwischen den Parteien
ergangenen Urteils ist der Senat gebunden.
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II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin kann von der
Beklagten zu 2) die Vorlage des Grundschuldbriefs beim Grundbuchamt zur Löschung
der in den Teileigentumsblättern 881 bis 887 in Abt. III Nr. 2 eingetragenen Grundschuld
verlangen. Zwar trifft der Verweis des Landgerichts auf § 1183 BGB zu, wonach es nach
den Vorschriften des Bürgerlich Rechts zur Löschung der Hypothek der Vorlage des
Grundschuldbriefs nicht bedarf (§ 1183, 1 BGB). Da die Löschung einer
Briefgrundschuld gem. §§ 41, 42 GBO allerdings nur erfolgen soll, wenn der Brief
vorgelegt wird, steht der Klägerin gegen die Beklagten der geltend gemachte Anspruch
auf Vorlage des Briefs beim Grundbuchamt zu. Dieser Anspruch ergibt sich gegenüber
der Beklagten zu 2) als Nebenpflicht aus § 888 I BGB (Palandt-Bassenge, a.a.O., § 888
Rz. 4). Dass sich allein die Beklagte zu 2) und nicht der Beklagte zu 1) im Besitz des
Grundschuldbriefs besitzt, ergibt sich daraus, dass ausweislich der Verfügung des
Grundbuchamts E vom 22.04.2005 in der Grundakte von E Blatt 0##1 der
Grundschuldbrief nach erfolgter Eintragung der Grundschuldabtretung in das Grundbuch
an die Beklagte zu 2) übersendet wurde (BA 187). Dass die Beklagte zu 2) diesen
Besitz zwischenzeitlich verloren hätte, hat sie nicht vorgetragen.
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III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 92 II, 708 Ziffer 10,
711, 543 II ZPO.
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