Urteil des OLG Hamburg vom 29.01.2015

OLG Hamburg: gebäude, vorläufige einstellung, genehmigung, rückbau, grundstück, verfügung, erlass, erhaltung, botschaft, rechtsschutz

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1. Ein Denkmal genießt in Hamburg nach § 6 Abs. 1 S. 3 DSchG den Schutz des Denkmalschutzgesetzes auch ohne Eintragung in die Denkmalliste (sog. ipsa-lege-System). Die zuständige
Behörde kann gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 DSchG deshalb z.B. die vorläufige Einstellung von Arbeiten am Denkmal bereits anordnen, bevor eine Aufnahme in die Denkmalliste erfolgt ist.
2. Bei einer Mehrheit baulicher Anlagen, die nach § 4 Abs. 3 S. 1 DSchG als Ensemble dem Denkmalschutz unterliegen, setzt die erforderliche übergreifende Komponente oder Idee bzw.
ein einheitsstiftendes Merkmal, die bzw. das der "Träger der geschichtlichen Botschaft" ist, nicht voraus, dass die baulichen Anlagen hinsichtlich ihrer Bauform oder bestimmter
Gestaltungselemente Übereinstimmungen (z.B. einen gemeinsamen Baustil) aufweisen müssen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 2. Senat, Beschluss vom 03.12.2014, 2 Bs 214/14
§ 4 Abs 3 DSchG HA, § 6 Abs 1 DSchG HA, § 13 Abs 2 DSchG HA
Verfahrensgang
vorgehend VG Hamburg, 8. Oktober 2014, Az: 7 E 4007/14, Beschluss
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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I.
Die Antragsteller begehren den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet an die Antragsgegnerin, mit der sie verhindern wollen,
dass die Beigeladene den Rückbau eines Gebäudes betreibt, dem sie zusammen mit ihrem eigenen Gebäude als Ensemble Denkmalwert
beimessen.
Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines
Mehrfamilienhauses und einer Tiefgarage auf dem Baugrundstück –W. ...-Straße X (...). Der Bescheid schließt eine Genehmigung nach §
173 Abs. 1 BauGB ein. Das Baugrundstück ist derzeit noch mit einem zwischen 1860 und 1870 errichteten zweigeschossigen Putzbau
bebaut, der nach Kubatur und gotisierender Fassadengliederung und -dekoration dem romantischen Historismus zugeordnet werden kann.
Die Antragsteller erhoben gegen den Baugenehmigungsbescheid mit Schreiben vom 2. Juli 2014 Widerspruch. Sie sind Eigentümer des
südlich gelegenen Nachbargrundstücks W…..-Straße Y (...), das mit einem ebenfalls zwischen 1860 und 1870 errichteten
zweigeschossigen Putzbau bebaut ist, der an der klassizistischen Formensprache orientiert ist. Beide Grundstücke liegen im
Geltungsbereich des Bebauungsplans Uhlenhorst 3 vom 6. Juli 1977 (HmbGVBl. S. 183) und der Verordnung über die Erhaltung
baulicher Anlagen in Winterhude und Uhlenhorst vom 30 Mai 1995 (HmbGVBl. S. 117). Die Antragsteller messen den beiden
streitbefangenen Gebäuden auf der Grundlage von Privatgutachten eines Denkmal-Gutachters als Ensemble Denkmalwert bei und
wenden sich deshalb gegen einen Rückbau des Bestandsgebäudes W. -Straße X durch die Beigeladene. Nachdem die Antragsteller mit
Schreiben vom 15. Juli 2014 bei der Antragsgegnerin erfolglos denkmalrechtlichen Ensembleschutz beantragten, haben sie am 27.
August 2014 beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2014
abgelehnt hat.
Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag zu 1) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu
verpflichten, die Gebäude W. ...Straße Y und X vorläufig als Ensemble in die Denkmalliste einzutragen - sei wegen fehlenden
Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die von den Antragstellern verfolgte Abwehr von Beeinträchtigungen ihres Gebäudes als
Ensembleteil sei nicht von der Eintragung des Ensembles in die Denkmalliste abhängig. Nach dem im Hamburgischen
Denkmalschutzgesetz verankerten ipso iure-Prinzip (§ 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG) sei der Schutz eines Denkmals nicht von einer Eintragung
in die Denkmalliste abhängig. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Schutzpflichten, deren Einhaltung den Verfügungsberechtigten als
solchen träfe und die § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG unter Eintragungsvorbehalt stelle, sei die Durchsetzbarkeit von Pflichten als bloßer
Nachbar eines Denkmales nicht unter einen Eintragungsvorbehalt gestellt. Der Verfügungsberechtigte unterliege schon ipso iure den
Pflichten nach § 7 Abs. 1 DSchG. Der Antrag zu 2) - die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die
Beigeladene über den denkmalschutzrechtlichen Schutzstatus der beiden Gebäude zu informieren, verbunden mit dem Hinweis auf das
Erfordernis einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes - sei ebenfalls wegen fehlenden
Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn dieser Antrag gehe nicht über das mit dem - effektiveren - Antrag zu 3) verfolgte
Rechtsschutzziel hinaus. Der Antrag zu 3) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, eine sofort vollziehbare
vorläufige Verfügung gegen die Beigeladene zu erlassen, in der ihr der bevorstehende Rückbau ihres Gebäudes bis zu der Erteilung einer
entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung untersagt wird - sei zwar zulässig, aber unbegründet, weil die Antragsteller einen
Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hätten. Auf die Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG könnten die
Antragsteller ihr Begehren auf Einschreiten nur stützen, wenn die Genehmigungspflicht, unter deren Verstoß irgendwelche bauliche
Maßnahmen ausgeführt werden sollten, jedenfalls auch aus Umständen folge, aufgrund derer eine eigene denkmalrechtliche
Rechtsposition der Antragsteller bestünde. An einem zugunsten der Antragsteller bestehenden Genehmigungsvorbehalt fehle es aber, weil
ein Rückbau des Gebäudes der Beigeladenen weder eine nach § 8 DSchG genehmigungspflichtige wesentliche Beeinträchtigung eines
auf dem Grundstück der Antragsteller errichteten Ensembleteiles noch eine solche Beeinträchtigung eines dort befindlichen
Einzeldenkmales darstelle. Bei den Gebäuden W. -Straße Y und X handele es sich nach summarischer Prüfung nicht um ein Ensemble
i.S.d. § 4 Abs. 3 DSchG, so dass sich die Antragsteller insoweit nicht auf den Umgebungsschutz des § 8 DSchG berufen könnten. Denn
bei den beiden Gebäuden fehle es an der für ein Ensemble konstituierenden wechselseitigen Zuordnung der Ensembleteile. Die beiden
Gebäude unterschieden sich schon stilistisch in deutlicher Weise. Bis auf die zeitliche Nähe ihrer Erbauung hätten beide Gebäude keine
Gemeinsamkeit; damit brächten sie keine sonstige übergreifende Komponente oder Idee zum Ausdruck. Sie ließen es an einem
einheitsstiftenden Merkmal, das der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles wäre, fehlen. Soweit die
Antragsteller geltend machten - die beiden Gebäude repräsentierten die historische Erstbebauung auf der Uhlenhorst und stünden
beispielhaft für die Erweiterung der Hansestadt bzw. ihr Denkmalwert ergebe sich aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung als früheste
Zeugen der Bebauung der Uhlenhorst nach der Aufhebung der Torsperre - seien dies ausschließlich Umstände, die für eine
Einzelunterschutzstellung der Gebäude sprechen könnten. Bei der Bauzeit handele es sich nicht um ein einheitsstiftendes Element,
sondern um eine eher zufällige Übereinstimmung. Ein Rückbau des Gebäudes der Beigeladenen stelle keine nach § 8 DSchG
genehmigungspflichtige wesentliche Beeinträchtigung eines auf dem Grundstück der Antragsteller errichteten Baudenkmales dar, weil
dieses - wenn überhaupt - seinen Denkmalwert allenfalls aus der exemplarischen baugeschichtlichen Bedeutung als Einzelgebäude für die
Erstbebauung auf der Uhlenhorst in den 1860er-Jahren herleiten könnte.
II.
Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde
ist hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) unbegründet, weil die mit ihr insoweit dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß §
146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht rechtfertigen, den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern und - wie von den
Antragstellern beantragt - eine einstweilige Anordnung zu erlassen (1.). Auch hinsichtlich des Antrages zu 3) ist die Beschwerde
unbegründet, obgleich die Antragsteller insoweit Gründe dargelegt haben, die dafür sprechen, dass die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts zu ändern ist (2.), so dass das Beschwerdegericht - ohne gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf die Prüfung der
dargelegten Gründe beschränkt zu sein - selbst berechtigt und verpflichtet ist, die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrages auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. Auf dieser Grundlage ergibt sich jedoch, dass der Antrag zu 3) auf Erlass einer
Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Fall 1 VwGO unbegründet ist, weil die Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft
gemacht haben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO - 3.).
1. Die von den Antragstellern mit der Beschwerde dargelegten Gründe geben keinen Anlass, den ablehnenden Beschluss des
Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) zu ändern.
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Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) zu ändern.
a) Die Rechtsansicht der Antragsteller, die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten könne von der Beigeladenen als
Verfügungsberechtigte über das Gebäude -W.-Straße X erst ab der Eintragung in die Denkmalliste verlangt werden, so dass das
Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 1) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Gebäude -W. Straße
Y und X vorläufig als Ensemble in die Denkmalliste einzutragen - nicht fehle, überzeugt nicht.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass eine vorläufige Eintragung der beiden Gebäude als Ensemble in die
Denkmalliste nicht erforderlich ist, damit die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel erreichen können, wesentliche Beeinträchtigungen, die
durch eine Beseitigung des Gebäudes der Beigeladenen einträten, von ihrem Gebäude als gemeinsamem Teil des Ensembles abzuwehren.
Zwar ist es zutreffend, dass § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG bestimmt, die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten kann von der bzw. dem
Verfügungsberechtigten erst ab der Eintragung (in die Denkmalliste) verlangt werden. Jedoch ist das Verwaltungsgericht ebenso
zutreffend davon ausgegangen, dass ein Ensembledenkmal gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG auch schon ohne Eintragung in die
Denkmalliste den Schutz durch das Denkmalschutzgesetz genießt (sog. ipsa-lege-System) und dass die zuständige Behörde gemäß § 13
Abs. 2 Satz 1 DSchG die vorläufige Einstellung von Bauarbeiten, wie z.B. im Falle der ganzen oder teilweisen Beseitigung eines
Denkmales, gegenüber demjenigen anordnen kann, der die genehmigungspflichtige Maßnahme ohne Genehmigung begonnen hat
respektive mit ihr unmittelbar beginnen wird. Die Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG sieht als richtigen Adressaten
einer Baustilllegungsanordnung nicht nur Verfügungsberechtigte an, sondern richtet sich an alle, die genehmigungspflichtige Maßnahmen
ohne Genehmigung beginnen. Denn die Pflicht ein Denkmal zu erhalten, trifft nicht nur den Verfügungsberechtigten ab der Eintragung in
die Denkmalliste, sondern besteht allgemein, wie das in § 7 Abs. 5 DSchG verankerte Verursacherprinzip zum Ausdruck bringt. Hinzu
kommt, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG lediglich im Interesse des Verfügungsberechtigten eine Klarstellung bezweckt
hat, die vor dem Hintergrund der Bedeutung der Kenntnis der Schutzpflichten für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat
zu sehen ist (vgl. Bü-Drs. 20/5703 S. 16). Mithin kann die Antragsgegnerin eine vorläufige Baustilllegungsanordnung auch gegen einen
Verfügungsberechtigten richten, dessen Denkmal noch nicht in die Denkmalliste eingetragen worden ist.
b) Ebenso wenig können die Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 2) - die Antragsgegnerin im Wege der
einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Beigeladene über den denkmalschutzrechtlichen Schutzstatus der beiden Gebäude zu
informieren, verbunden mit dem Hinweis auf das Erfordernis einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes -
damit begründen, dieses ergebe sich aus § 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG und dem Anspruch des Denkmaleigentümers auf effektiven
Rechtsschutz im Falle einer konkreten Gefährdung seines Denkmales. Denn diese Argumentation setzt sich nicht mit dem Einwand des
Verwaltungsgerichts auseinander, die Antragsteller könnten mit dem Antrag zu 3) dasselbe Rechtsschutzziel - die Abwehr von
Beeinträchtigungen ihres Ensembleteils - effektiver erreichen. Zu kurz greifen die Antragsteller ebenfalls mit ihrem Hinweis, das
Einschreiten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG sei nicht der einfachere Weg, um Rechtschutz zu erlangen, weil dessen tatbestandlichen
Voraussetzungen strenger sein dürften. Insoweit stellt sich bereits die Frage, auf welche Ermächtigungsgrundlage die Antragsteller ihr
Begehren alternativ stützen wollen. Sollten sie an § 3 Abs. 1 SOG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG gedacht haben, wäre mit der
Beschwerde darzulegen gewesen, weshalb die Generalklausel des § 3 SOG insoweit nicht hinter die speziellere Ermächtigungsgrundlage
in § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG zurückzutreten hat.
2. In Bezug auf den Antrag zu 3) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, eine sofort vollziehbare vorläufige
Verfügung gegen die Beigeladene zu erlassen, in der ihr der bevorstehende Rückbau ihres Gebäudes bis zu der Erteilung einer
entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung untersagt wird - legen die Antragsteller überzeugend dar, dass das Verwaltungsgericht
die Verneinung eines Anordnungsanspruches nicht auf das Argument stützen kann, bei den beiden Gebäuden W…-Straße Y und 80
handele es sich nicht um ein Ensemble i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG, weil es an einem einheitsstiftenden Merkmal fehle.
Ein Ensemble ist gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung aus den in § 4 Abs. 2 DSchG
genannten Gründen im öffentlichen Interesse liegt, und zwar auch dann, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein
Denkmal darstellt. Als Erhaltungsgründe werden in § 4 Abs. 2 DSchG die geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche
Bedeutung des Denkmales oder die Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes genannt. Der Ensemblebegriff setzt dabei
mehr voraus als eine schlichte räumliche Ansammlung mehrerer baulicher Anlagen, selbst wenn sie ihrerseits als Denkmal anzusehen sein
sollten. Ein Ensemble ist gekennzeichnet durch das Zusammenwirken einzelner Elemente, die sich dadurch zu einem einheitlichen
Ganzen fügen, so dass zu dem räumlichen Aspekt ein qualitativer Aspekt hinzutritt. Um als Ensemble gelten zu können, muss eine
Mehrzahl von Objekten miteinander im Zusammenhang stehen und gerade wegen dieses Zusammenhanges in ihrer Gesamtheit
schützenswert sein. Das Ensembledenkmal erfährt seinen Denkmalwert damit durch das Einander-Zugeordnetsein der Einzelobjekte
selbst, aus deren spezifischem Zusammenhang sich der Wert des Ganzen erschließt. Entscheidend ist die Verbindung der einzelnen
Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal, die bzw. das der eigentliche „Träger der
geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles ist (so grundlegend OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, NordÖR 2007, 498, 500 zum
Ensemblebegriff des § 2 Nr. 2 DSchG a.F., der vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 3 DSchG übernommen worden ist, siehe Bü-Drs. 20/5703
S. 15).
Es besteht kein Grund, wie das Verwaltungsgericht, den denkmalrechtlichen Ensemblebegriff so zu verengen, dass die baulichen
Anlagen, die ein Ensemble bilden sollen, verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter
Gestaltungselemente aufweisen müssen (so aber OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.5. 2012, OVG 2 S 13.12, juris Rn. 15; Urt. v.
8.11.2006, BauR 2007, 694, 695). Denn die für den Ensemblebegriff maßgebliche Bezogenheit der mehreren baulichen Anlagen
aufeinander kann sich auch aus ihrer Entstehungsgeschichte ableiten, was sich aus der geschichtlichen Bedeutung, die ein übergreifendes
Kriterium für die Denkmalschutzwürdigkeit ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., 499), unmittelbar ergibt. Die Antragsteller
können daher einen Ensemblecharakter der beiden streitbefangenen Gebäude durchaus auf deren historische städtebauliche Bedeutung für
die Bebauung auf der Uhlenhorst für die Zeit nach der Aufhebung der Torsperre 1860/1861 stützen. Diese übergreifende geschichtliche
Komponente der beiden Gebäude wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie ihren exemplarischen Charakter als typische Beispiele für
die Erstbebauung seit den 1860er-Jahren gerade in der Unterschiedlichkeit der Baustile der Gebäude - Tudorgotik und Klassizismus -
zum Ausdruck bringen. Die Wahl unterschiedlicher Stilrichtungen bei der Bauausführung ist hier vielmehr typisch für die damalige
Bebauung von Villengebieten durch sozial gehobene Stände, weil die Auftraggeber, Käufer bzw. Eigentümer Individualität statt
einheitlicher Fassaden bevorzugten. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass dieser Aussagewert der beiden Gebäude nicht
selbsterklärend ist, d.h. an den Gebäuden nicht unmittelbar abgelesen werden kann (vgl. dazu bereits OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007,
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selbsterklärend ist, d.h. an den Gebäuden nicht unmittelbar abgelesen werden kann (vgl. dazu bereits OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007,
a.a.O., 500).
3. Der Antrag zu 3) ist dennoch unbegründet, weil die Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, der die
Eilbedürftigkeit der Anordnung einer Baustilllegungsanordnung durch die Antragsgegnerin bzw. die Gefahr eines Eintritts vollendeter
Tatsachen betrifft. Von daher muss das Beschwerdegericht nicht auf die zwischen den Beteiligten außerdem umstrittenen materiell-
rechtlichen Fragen, ob das Gebäude der Antragsteller einen positiven Beitrag zum Denkmalwert des Ensembles leistet und ob die
Erhaltung des Ensembles im öffentlichen Interesse liegt, weiter eingehen.
Das Beschwerdegericht hat bereits mit richterlicher Verfügung vom 11. November 2014 mitgeteilt, dass der Sache die Eilbedürftigkeit
fehlen dürfte, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beigeladene über eine Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes verfüge. Was die
in der Baugenehmigung vom 20. Dezember 2012 erteilte Genehmigung nach § 173 Abs. 1 BauGB angeht, ist damit nur die
Genehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage im Gebiet der Erhaltungsverordnung gemeint. Andere bauliche Maßnahmen sind
nicht Regelungsgegenstand der Baugenehmigung geworden, die sich nach den genehmigten Bauvorlagen allein mit der Errichtung eines
Mehrfamilienhauses befasst. Dieser Auslegung ist nicht nur die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 12. November 2014
beigetreten, sondern sie ist auch von den Antragstellern in ihrem Schreiben vom 16. Juli 2014 an die Antragsgegnerin mit durchaus guten
Gründen vertreten worden. Schließlich macht die Beigeladene selbst nicht geltend, bereits Inhaberin einer Abbruchgenehmigung zu sein.
Es ist auch nicht bekannt, dass sie zurzeit konkrete bauliche Maßnahmen auf ihrem Grundstück planen würde. Sollte die Antragsgegnerin
der Beigeladenen in der nächsten Zeit eine Abbruchgenehmigung erteilen, ist sie zumindest nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens
gehalten, diese Entscheidung den Antragstellern rechtzeitig bekanntzugeben, damit diese gegebenenfalls um effektiven Rechtsschutz
nachsuchen können.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 39 Abs.
1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.11.2014, 2 Bs 217/14).