Urteil des OLG Frankfurt vom 23.07.2010

OLG Frankfurt: aufsichtsrat, genehmigung, aktionär, kapitalerhöhung, daten, entlastung, mandat, vergleich, bezahlung, datum

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 91/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 99 Abs 3 S 2 AktG, § 113
AktG, § 114 AktG, § 131 AktG,
§ 132 AktG
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 5. Kammer
für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2009
wird zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der
Beschluss des Landgerichts abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu
gefasst.
Die Auskunftsanträge werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Instanzen hat der Antragsteller zu tragen. Darüber
hinaus hat der Antragsteller der Antragsgegnerin 1/5 ihrer notwendigen
außergerichtlichen Kosten in der Beschwerdeinstanz zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für beide Instanzen einheitlich auf 15.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin, einem weltweit tätigen
Gesundheitskonzern in der Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft. Am 8. Mai
2009 fand eine ordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin statt, auf der
unter anderem unter TOP 3 und TOP 4 über die Entlastung des Vorstandes
respektive des Aufsichtsrates für das Jahr 2008, sowie unter TOP 6 über die
Aufhebung des bisherigen genehmigten Kapitals I und die Schaffung eines
entsprechend neuen genehmigten Kapitals I sowie eine damit einhergehende
Satzungsänderung zu befinden war. Unter TOP 7 wurden sodann die
vergleichbaren Inhalte für das genehmigte Kapital II abgehandelt.
Der Antragsteller meldete sich auf der Hauptversammlung mehrmals zu Wort und
stellte zehn der insgesamt zwölf streitgegenständlichen Fragen. Die beiden
weiteren Fragen Nr. 11 und Nr. 12 wurden von einem anderen Aktionär
angebracht. Der Vorstand äußerte sich zu den an ihn gerichtete Fragen, wobei
hinsichtlich der Einzelheiten des Versammlungsablaufes auf die zu den Akten
gereichte notarielle Niederschrift des Hauptversammlungsprotokolls verwiesen
wird (Bl. 61 ff. d. A.). Gegen die anschließenden Beschlussfassungen erklärte der
Antragsteller jeweils Widerspruch zu Protokoll.
Mit dem am 22. Mai 2009 bei Gericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller
einen Auskunftsanspruch nach § 132 AktG (iVm Art. 53 SE-VO) geltend gemacht
und begehrt, die Gesellschaft zu verpflichten, ihm über die in der erstinstanzlichen
Entscheidung näher bezeichneten zwölf Fragen Auskunft zu erteilen (Bl. 146 ff. d.
A.). Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und dazu im
Wesentlichen ausgeführt, das Auskunftsbegehren sei rechtsmissbräuchlich, die
Fragen seien bereits hinreichend beantwortet, zudem teilweise nicht erforderlich
und überdies stehe ihr ein Auskunftsverweigerungsrecht zu.
Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Landgericht dem Antrag hinsichtlich
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Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Landgericht dem Antrag hinsichtlich
der Fragen betreffend die Vergabe von Mandaten bzw. Aufträgen an einzelne
Aufsichtsratsmitglieder sowie der Fragen zum genehmigten Kapital stattgegeben
und den Antrag hinsichtlich der verbleibenden Fragen Nr. 9 bis Nr. 12 abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht zunächst ausgeführt, entgegen der Ansicht
der Antragsgegnerin sei in Anbetracht der geringen Anzahl von 12 Fragen das
Auskunftsbegehren nicht rechtsmissbräuchlich.
Des Weiteren seien die Fragen Nr. 1 bis Nr. 3 und Nr. 5 betreffend die
Mandatierung der Rechtsanwaltskanzlei, an der das Aufsichtsratsmitglied Dr. A2
beteiligt sei, unzureichend beantwortet worden. Entsprechendes gelte für die Frage
Nr. 4 zu den Verträgen der Antragsgegnerin mit deren Aufsichtsratsmitglied Prof.
Dr. A1. Dabei hätten Einzelheiten zu den Daten der Zustimmungsbeschlüsse
sowie zu dem Umfang der Mandate und deren Bezahlung bereits deswegen
mitgeteilt werden müssen, weil ein Vorstand, der ohne Zustimmungsbeschluss
des Aufsichtsrates Auszahlungen vornehme, eine Pflichtverletzung begehe und
zwar unabhängig von der Frage einer nachträglichen Genehmigung. Des Weiteren
sei der in der Hauptversammlung gegebene Hinweis, dass es sich um
Standardmandate gehandelt habe, nicht ausreichend, weil auf dieser
Informationsgrundlage weder ersichtlich gewesen sei, ob damit Leistungen
verbunden gewesen seien, die ohnehin zu dem organschaftlichem Pflichtenkreis
des Aufsichtsrates zu zählen gewesen seien, noch erkennbar gewesen sei, warum
gerade eine Mandatierung der Kanzlei des Aufsichtsratsmitglieds erforderlich
gewesen sei. Ferner handele es sich bei einem Auftragsvolumen von 1 Mio. € nicht
um eine lediglich geringfügige Vergütung, weswegen sich auch aus diesem Aspekt
keine fehlende Erforderlichkeit der Auskunftserteilung ergebe. Ein
Auskunftsverweigerungsrecht komme ebenfalls nicht in Betracht, weil die
Antragsgegnerin als insoweit Rechtssuchende sich nicht auf die
Verschwiegenheitspflicht des von ihr mandatierten Rechtsanwaltes berufen könne.
Ebenso seien die Fragen Nr. 6 bis Nr. 8 zu den zu beschließenden
Kapitalmaßnahmen nicht ausreichend beantwortet worden. Für die Beurteilung der
Maßnahmen seien die eingeforderten Auskünfte zur ordnungsgemäßen
Abwicklung der Kapitalerhöhungen in der Vergangenheit erforderlich gewesen.
Demgegenüber sei mit Blick auf die Frage Nr. 9 die vom Antragsteller hiermit
eingeforderte Informationstiefe nicht zu verlangen gewesen. Der erfragten Details
zu der Unternehmensbewertung der erworbenen Gesellschaft B Inc. habe es nicht
bedurft, um beurteilen zu können, ob der Vorstand im betreffenden Geschäftsjahr
eine glückliche Hand gehabt habe. Schließlich seien auch die übrigen Fragen Nr.
10 bis Nr. 12 in dem erforderlichen Umfang beantwortet worden.
Gegen die angegriffene Entscheidung, auf die ergänzend Bezug genommen wird,
haben die Beteiligten wechselseitig sofortige Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung seines Rechtsmittels, das auf die Zurückweisung seines Antrags
betreffend die Frage Nr. 9 beschränkt ist, führt der Antragsteller im Wesentlichen
aus, die von ihm erfragten Unternehmensdaten hätten sich auf den größten
Unternehmenskauf der Antragsgegnerin in deren Unternehmensgeschichte
bezogen. Bereits hieraus ergebe sich die Erforderlichkeit der angefragten
Detailinformationen. Anders sei der durchgeführte Kauf aus Sicht eines Aktionärs
nicht zu beurteilen gewesen.
Demgegenüber hält die Antragsgegnerin weiterhin die Abweisung der Anträge in
vollem Umfang für geboten. Anders als das Landgericht gemeint habe, sei das
Auskunftsbegehren in Anbetracht der vom Antragsteller tatsächlich gestellten
vierundvierzig Fragen sowie der ihm zusätzlich zurechenbaren 120 Fragen zweier
weiterer Aktionäre rechtsmissbräuchlich.
Bezüglich der Fragen zur Mandatserteilung an die Kanzlei des
Aufsichtsratsmitgliedes Dr. A2 (Nr. 1 bis Nr. 3 und Nr. 5) sei deren Beantwortung
über die erteilten Auskünfte hinaus nicht erforderlich gewesen. Aufgrund des
verhältnismäßig geringen Betrages sei § 114 AktG bereits nicht anwendbar.
Gleichwohl habe man die Anforderungen von § 114 AktG eingehalten und dies der
Hauptversammlung mitgeteilt. Weitergehende Informationen habe die
Hauptversammlung nicht beanspruchen können, da die Zuständigkeit für die
Zustimmung nach § 114 AktG dem Aufsichtsrat und nicht der Hauptversammlung
obliege. Zudem seien entgegen der Auffassung des Landgerichts der
Hauptversammlung die genauen Daten der Zustimmungsbeschlüsse mitgeteilt
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Hauptversammlung die genauen Daten der Zustimmungsbeschlüsse mitgeteilt
worden. Die Angabe der Zahlungszeitpunkte sei demgegenüber nicht erforderlich
gewesen. Schließlich habe der Gesellschaft ein Auskunftsverweigerungsrecht
zugestanden.
Entsprechendes habe bezüglich der Frage Nr. 4 zum Aufsichtsratsmitglied Prof. Dr.
A1 zu gelten. Insbesondere seien zu der Frage ausreichend Auskünfte erteilt
worden.
Die beiden vornehmlich zum genehmigten Kapital gestellten Fragen, nämlich die
Fragen Nr. 6 und Nr. 7, seien in dem erforderlichen Umfang beantwortet worden.
Die darüber hinausgehend vom Antragsteller eingeforderten Detailauskünfte zu
den jeweiligen Überweisungsdaten seien nicht erforderlich gewesen zur Beurteilung
der relevanten Tagesordnungspunkte.
Schließlich sei eine Erforderlichkeit der Beantwortung der Frage Nr. 8 weder vom
Antragsteller erläutert noch vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss
angesprochen worden.
Wegen des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die im
Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
1. Die vom Landgericht uneingeschränkt zugelassenen, sofortigen Beschwerden
des Antragstellers und der Antragsgegnerin sind nach §§ 132 Abs. 3 Satz 1 und 2
iVm § 99 Abs. 3 Satz 2 AktG iVm Art. 53 SE-VO (vgl. Casper/Eberspächer, in:
Spindler/Stilz, AktG, Art. 53 Rdn. 6) beide jeweils zulässig, insbesondere sind sie
form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde des Antragstellers jedoch der Erfolg versagt.
Demgegenüber erweist sich das Rechtsmittel der Antragsgegnerin als insgesamt
erfolgreich.
a) Die sofortige Beschwerde des Antragstellers war zurückzuweisen. Zu Recht hat
das Landgericht dem Antrag nicht stattgegeben, die Antragsgegnerin zu
verpflichten, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen, welche Planungen der
Bewertung des Kaufpreises von B Inc. für die Jahre 2008 bis 2015 konkret zugrunde
gelegen haben, namentlich die entsprechenden Planzahlen für den Umsatz, den
Ertrag vor Finanzergebnis, außerordentlichem Ergebnis, Steuern und
Abschreibungen (EBITDA) sowie die gleiche Kennzahl nach Abschreibungen (EBIT)
mitzuteilen.
Auf diese Frage hat der Vorstand nähere Auskünfte über den Ausgangsumsatz,
die geplante Umsatzentwicklung, die EBITDA-Marge (Verhältnis von EBITDA zu
Umsatz), den Steuersatz und den Ergebniseffekt gegeben. Zudem hat er auf die
Frage, die letztlich auf die Angemessenheit des von der Antragsgegnerin
gezahlten Kaufpreises abzielte, die Börsenbewertungsmultiples von anderen mit B
Inc. vergleichbaren Unternehmen dargelegt sowie schließlich die Kaufpreisfaktoren
zweier zuletzt von der Gesellschaft erworbenen Unternehmen zum Vergleich
mitgeteilt.
Hiermit war für die vom Aktionär zu treffende Entscheidung über die Entlastung
des Vorstandes eine ausreichende Informationsgrundlage geschaffen. Anhand der
gegebenen Informationen konnte der Aktionär nämlich die für die Entlastung
maßgebliche Frage für sich beantworten, ob der Vorstand bei dem Erwerb der
Gesellschaft eine glückliche Hand bewiesen hatte. Bereits ein Vergleich des
realisierten Verhältnisses von gezahltem Kaufpreis zu Börsenwert mit den seitens
des Vorstandes hierzu genannten Vergleichszahlen ermöglichte dem Aktionär eine
Einschätzung des vom Vorstand getätigten Unternehmenskaufes. Gerade dies
ergibt sich ebenfalls aus dem Vortrag des Antragstellers, der auf der Basis der ihm
zur Verfügung gestellten Daten den Kauf als unvorteilhaft einschätzt und damit
letztlich bestätigt, dass die ihm erteilten Informationen ausreichend waren, um
den Kauf – wenngleich in der für die Unternehmensführung kaum erhofften Art und
Weise – zu beurteilen. Überdies hat der Vorstand seine Beweggründe für den Kauf,
nämlich die von ihm positiv eingeschätzten Zukunftsaussichten des
Unternehmens insbesondere mit Blick auf den maßgeblichen Werttreiber, das
damals in Monopolstellung vertriebene Blutverdünnungsmittel X, offengelegt und
durch die (erhofften) zukünftigen Umsatzzahlen untermauert.
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Mehr bedurfte es zur Beurteilung der Kaufentscheidung und damit zugleich zur
Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes nicht. Dies gilt auch vor
dem Hintergrund, dass es sich um einen für die Antragsgegnerin bedeutsamen
Unternehmenskauf handelte und der Vorstand seine konkrete Entscheidung an
einer (diskontierten) Cash Flow Berechnung ausrichtete. Der hierdurch vom
Vorstand seiner Kaufentscheidung zugrunde gelegte Unternehmenswert wäre
allein durch die Mitteilung zukünftiger Umsatz- und Ertragszahlen ohnehin nicht
nachvollziehbar gewesen, weil hierfür zusätzlich entsprechend detaillierte Angaben
zum verwendeten Kapitalisierungszins von Nöten gewesen wären.
Zudem ist es – wie die Antragsgegnerin zu Recht betont – im Rahmen der
Entlastung nicht von Interesse für einen durchschnittlichen Aktionär, die getroffene
Kaufentscheidung im Einzelnen wie ein Sachverständiger nachzuvollziehen und die
ihr zugrunde gelegte Unternehmensbewertung zu überprüfen (vgl. OLG Hamm,
NJW-RR 1999, 973, 975 für einen Verschmelzungsbericht). Demgemäß bedarf ein
Aktionär entgegen der Auffassung des Antragstellers keiner Detailinformationen,
um die vom Vorstand im Rahmen der ihm obliegenden Kaufentscheidung
angestellten Berechnungen kontrollieren zu können. Stattdessen muss der
einzelne Aktionär lediglich in die Lage versetzt werden, für sich selbst im Rahmen
einer überschlägigen Einschätzung ein Bild machen zu können, ob die
Kaufentscheidung aus seiner Sicht wirtschaftlich vernünftig war und ob der
Vorstand sich insoweit im Rahmen vertretbarer unternehmerischer
Entscheidungen bewegt hat (vgl. Decher, in: Großkomm z AktG, 4. Aufl., § 131
Rdn. 215). Dies ließ sich anhand der mitgeteilten Vergleichswerte, der geplanten
Umsatzzahlen sowie der Offenlegung der vom Vorstand zugrunde gelegten
positiven Zukunftschancen seitens eines vernünftig denkenden Aktionärs in der
erforderlichen Tiefe ohne Weiteres bewerkstelligen.
b) Jedenfalls unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren ergänzend
erteilten Auskünfte erweist sich das Rechtsmittel der Antragsgegnerin
demgegenüber als in vollem Umfang erfolgreich, so dass die Auskunftsanträge
des Antragstellers entsprechend umfassend zurückzuweisen waren.
aa) Zutreffend hat das Landgericht allerdings den von der Antragsgegnerin
erhobenen Einwand einer übermäßigen Rechtsausübung zurückgewiesen. Dabei
spielt es vorliegend keine Rolle, dass der Antragsteller dem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin insgesamt 44 Fragen gestellt hat, von
denen mit dem vorliegenden Auskunftsverlangen zehn als unbeantwortet gerügt
wurden, und dem Antragsteller eventuell weitere 120 Fragen aufgrund eines von
der Antragsgegnerin unterstellten gezielten Zusammenwirkens mit zwei anderen
Aktionären zuzurechnen sein könnten.
Ohne dass es hier nämlich auf die Anzahl der Fragen ankäme, ist entscheidend für
den erhobenen Vorwurf des Rechtsmissbrauchs die Frage, ob der betreffende
Aktionär durch eine übermäßige Ausübung seines Fragerechts den
ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung vereitelt hat (vgl. etwa Decher,
in Großkomm z. AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 281). Damit dieser Aspekt überhaupt in
Betracht kommt, muss ihm regelmäßig zunächst vom Versammlungsleiter durch
einen entsprechenden Hinweis Gelegenheit gegeben werden, die befürchtete
Störung der Hauptversammlung durch eine qualitative oder quantitative
Beschränkung seines Auskunftsverlangens zu beseitigen (vgl. Decher, in
Großkomm z. AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 281; MünchKommAktG/Kubis, 2. Aufl., §
131 Rdn. 60). Dass die Versammlungsleitung dem Antragsteller oder den
angeblich mit ihm zusammenwirkenden übrigen zwei Aktionären einen derartigen
Hinweis erteilt hätte, hat die Antragsgegnerin nicht behauptet.
Ein entsprechender Hinweis wäre hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich
gewesen. Vielmehr hat der Antragsteller unwidersprochen vorgetragen, dass keine
nachträgliche Redezeitbeschränkung notwendig geworden war und dies bei einer
nicht völlig unüblichen Gesamtlänge der Hauptversammlung von 10 Stunden und
27 Minuten einschließlich entsprechender Unterbrechungen. Demgemäß gab es
für den Antragsteller als der allgemeinen Treuepflicht unterliegenden Aktionär
auch keine sich ihm aufdrängenden Anhaltspunkte dafür, dass die
Inanspruchnahme seines Auskunftsrechts den ordnungsgemäßen Fortgang der
Hauptversammlung ungebührlich stören könnte. Jedenfalls ohne derartig
zweifelsfreie Anhaltspunkte wäre ein Hinweis der Versammlungsleitung aber
erforderlich gewesen, um im Auskunftsverfahren den Vorwurf der übermäßigen
Rechtsausübung erheben zu können.
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bb) Jedoch waren die Fragen 1) bis 8) nicht erforderlich bzw. sind in dem
erforderlichen Umfang beantwortet worden, wobei sich die Erforderlichkeit der
eingeforderten Informationen aus der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs
bemisst (vgl. BGH, NZG 2005, 77, 78; BayObLG, ZIP 1996, 1743, 1744) und
ebenfalls später außerhalb der Hauptversammlung erteilte Informationen ein
zunächst bestehendes Informationsinteresse nachträglich entfallen lassen
(BayObLG, ZIP 1996, 1743; Siems, in: Spindler/Stilz, AktG, § 132 Rdn. 15).
aaa) Die in der dritten von insgesamt vier Fragerunden gestellten Fragen zur
Rechtsberatung durch die Kanzlei des Aufsichtsratsmitgliedes Dr. A2 (Fragen Nr. 1
bis Nr. 3 und Nr. 5), die sich erkennbar auf die zu treffenden
Entlastungsentscheidungen bezogen, wurden in dem erforderlichen Umfang
jedenfalls unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der
Antragsgegnerin im Auskunftsverfahren zureichend beantwortet.
(1) Betreffend Frage Nr. 1 - Wann wurde jeweils welches Mandat betreffend welche
Gesellschaft des Konzerns an die Kanzlei von Dr. A2 erteilt, wann erfolgte in
welcher Höhe die Bezahlung und wann erfolgte die Zustimmung beziehungsweise
die Genehmigung für jedes einzelne Mandat – dürfte dem Landgericht zwar in der
Beurteilung zu folgen sein, dass es sich in Bezug auf die zu treffenden
Entlastungsentscheidungen um einen grundsätzlich erforderlichen Fragenkomplex
handelte, der zugleich eine Angelegenheit der Gesellschaft betraf.
Die Fragen zielten nämlich auf eine denkbare Pflichtverletzung der zu entlastenden
Organmitglieder im Blick auf die mit dem Aufsichtratsmitglied Dr. A2
geschlossenen Verträge ab. Derartige Verträge sind (endgültig) unwirksam, soweit
die danach vom Aufsichtsratsmitglied geschuldete Leistung bereits von der
Aufsichtratstätigkeit umfasst ist (vgl. § 113 AktG); ansonsten hängt ihre
Wirksamkeit von einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat ab (vgl. § 114 AktG).
Dabei steht der Umstand, dass die Verträge nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied
Dr. A2, sondern mit der Rechtsanwaltskanzlei, bei der er Partner war, geschlossen
worden waren, einer Anwendung von § 114 AktG nicht zwingend entgegen. Insoweit
genügt nämlich bereits eine Vergabe an Dritte, sofern hierdurch eine mittelbare
Zuwendung an das Aufsichtsratsmitglied bewirkt wird (vgl. BGHZ 170, 60). Eine
Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann zu machen, wenn die mittelbare
Zuwendung abstrakt geringfügig oder im Vergleich zur Aufsichtsratsvergütung nur
einen vernachlässigenswerten Umfang erreicht (BGHZ 170, 60). Unabhängig von
dem möglichen Vorliegen einer derartigen Ausnahme genügte für die
Erforderlichkeit des Auskunftsverlangens bereits die konkrete Möglichkeit einer
Pflichtverletzung aus der Sicht eines durchschnittlichen Aktionärs, um zu den
betreffenden Vorgängen nähere Auskünfte einzufordern.
Allerdings ist die Frage einschließlich ihrer diversen Unterfragen in dem
erforderlichen, von der Angabe von einzelnen Daten absehenden Umfang
beantwortet worden, so dass die mit einer Teilbarkeit und einer
geltungserhaltenden Reduktion der Frage verbundenen Probleme dahingestellt
bleiben können.
In Bezug auf die erfragten Zeitpunkte kommt es aus Sicht eines durchschnittlichen
Aktionärs nämlich letztlich nicht auf die konkreten Daten, sondern nur auf die
Reihenfolge von Mandatserteilung, Zustimmung und Zahlung an (aA für die dort
zu entscheidende Fallkonstellation OLG München, ZIP 2009, 1667 Rdn. 38). Diese
Reihenfolge wurde mitgeteilt.
So erfolgte die Zustimmung am 4. Dezember 2008 und damit jeweils nach der
Auftragserteilung in Form der Genehmigung. Soweit es die erfragten
Zahlungszeitpunkte betrifft, ist – jedenfalls im Auskunftsverfahren - mitgeteilt
worden, dass alle Zahlungen zeitlich vor der Erteilung der Zustimmung bzw.
Genehmigung durch den Aufsichtsrat erfolgt waren. Mithin wurde auf eine
zumindest schwebend unwirksame vertragliche Verpflichtung hin geleistet.
Weiterer Angaben bedurfte es insoweit nicht, weil bereits mit dieser Angabe
eingeräumt worden war, dass die Zahlungen selbst ohne vorliegende
Zustimmungen erfolgt waren. Insoweit ist zwar zulässig und gesetzlich
vorgesehen, dass eine Genehmigung nach der Auftragsvergabe erfolgen kann.
Gleichwohl spricht – wie für ein Auskunftsrecht ausreichend, so dass die
Erwägungen der Antragsgegnerin zur beständigen Übung und den daraus für die
Pflichtwidrigkeit sich ergebenden Konsequenzen nicht geklärt werden müssen –
manches dafür, dass auch in diesem Fall die Zahlung auf den insoweit schwebend
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manches dafür, dass auch in diesem Fall die Zahlung auf den insoweit schwebend
unwirksamen Vertrag erst nach der Genehmigung erfolgen darf, weil andernfalls
die Gefahr der Uneinbringlichkeit der eventuell notwendigen Rückforderung
bestünde und zudem die bereits erfolgte Zahlung den Aufsichtsrat in seiner
Entscheidung über die Genehmigung unter Druck setzen könnte (vgl. dazu
Großkomm z AktG, Stand 1.10.2005, § 114 Rdn. 47; MünchkommAktG/Semler, 2.
Aufl., § 114 Rdn. 70; vgl. ferner: MünchkommAktG/Habersack, 3. Aufl., § 114 Rdn.
31 und 33; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 114 Rdn. 19). Da insoweit die –
mangels entgegenstehender Anhaltspunkte - allein maßgebliche zeitliche
Reihenfolge von Auftrag, Zahlung und Genehmigung mitgeteilt worden ist, wären
die Angaben der einzelnen Daten nicht weiter erhellend, sondern bei der Fülle der
eingeforderten Einzelzeitpunkte eher verwirrend gewesen und mithin aus der Sicht
eines durchschnittlichen Aktionärs nicht erforderlich.
Dem steht die Entscheidung des Oberlandesgerichts München, in der die
Mitteilung der Zahlungszeitpunkte für die dortige Entlastungsentscheidung für
erforderlich gehalten wurde (vgl. OLG München, ZIP 2009, 1667 Rdn. 38), nicht
entgegen, weil bei dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt im Gegensatz zu hier
in erster Linie die Erteilung von Einwilligungen seitens des Vorstandes behauptet
worden war und die Genehmigungen nur rein vorsorglich nachträglich erteilt
worden waren, ohne dass dieser Umstand näher erläutert worden wäre.
Die Angabe der einzelnen Zeitpunkte von Auftragserteilung und Genehmigung war
ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt erforderlich, dass der Vorstand
grundsätzlich dafür Sorge zu tragen hat, dass der Aufsichtsrat innerhalb einer
angemessenen Frist über den Vertrag entscheidet (vgl. MünchKommAktG/Semler,
2. Aufl., § 114 Rdn. 70). Anhaltspunkte für eine unangemessene Ausdehnung der
Frist bestanden nicht und werden insbesondere vom Antragsteller auch nicht
geltend gemacht.
Schließlich fehlen für die in diesem Zusammenhang vom Antragsteller ergänzend
genannten Vermutungen einer Mehrfachabrechnung einzelner Mandate oder
deren sonstige Überzahlung Anhaltspunkte, so dass auch unter diesem
Gesichtspunkt die Offenlegung der Zahlungsdaten und Zahlungsbeträge aus der
Sicht eines durchschnittlichen Aktionärs nicht erforderlich war, wobei hinzu kommt,
dass ein überhöhtes Honorar auf diesem Wege ohnehin nicht hätte aufgedeckt
werden können.
Soweit es im Weiteren den Inhalt der erteilten Mandate anbelangt, wurde auf der
Hauptversammlung zunächst nur mitgeteilt, dass es sich um Standardmandate
gehandelt habe. Im Auskunftserzwingungsverfahren wurde sodann ergänzend
erläutert, was unter Standardmandaten zu verstehen sei und dass es sich dabei
jeweils nicht um Beratungsverträge gehandelt habe. Ferner wurde mitgeteilt, dass
überwiegend Honorare im vierstelligen Bereich bei einem Gesamtvolumen von 1
Mio. € gezahlt worden seien, woraus im Zeitraum von Oktober 2007 bis zum
September 2008 etwa 120 Geschäftsvorfälle resultierten.
Gemessen an der großen Anzahl der vergebenen Mandate, dem damit
verbundenen Berichtsumfang bei genauerer Angabe der Inhalte sowie dem
Umstand, dass aufgrund des relativ kleinen durchschnittlichen Honorarvolumens
pro Auftrag nur ein geringes Potential für unabhängigkeitsgefährdende
Interessenkonflikte bei dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied bestanden, war die
allgemein gehaltene Antwort zu den Inhalten der Mandate ausreichend. Dies gilt
insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich insgesamt um keine
Beratungsmandate gehandelt hat und demgemäß eine sich aus § 113 AktG
ergebende fehlende Zustimmungsfähigkeit entsprechend fernliegend war.
Soweit das Landgericht demgegenüber die Auffassung hat, gerade bei
Standardmandaten sei nicht ersichtlich gewesen, warum eine Mandatierung der
Kanzlei, in der das Aufsichtsratmitglied Partner gewesen sei, habe erfolgen
müssen, kann sich der Senat dieser Einschätzung nicht anschließen. Insoweit war
nämlich weitergehend vom Vorstand dargestellt worden, dass diese Kanzlei nur
eine unter vielen beauftragten Kanzleien war und eine hohe Effizienz bei
Standardmandaten aufgewiesen habe. Eine bevorzugte und damit weiter
aufklärungsbedürftige Behandlung lag mit Blick auf diese Mandate entsprechend
nicht nahe. Sie hätte überdies nicht mit der Kenntnis des konkreten Inhaltes der
Standardmandate erreicht werden können.
Demgegenüber kommt es auf die Beratungstiefe bei den hier allein in Rede
stehenden Standardmandaten wie Prozessvertretung, Gestaltung von Verträgen
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stehenden Standardmandaten wie Prozessvertretung, Gestaltung von Verträgen
oder Vorgehen gegen Behörden bereits deshalb nicht an, weil diese Tätigkeiten
gerade nicht zum Pflichtenkreis eines Aufsichtsratsmitgliedes gehören, vielmehr
dem Tagesgeschäft zuzurechnen sind (vgl. Hopt/Roth, in: Großkomm z AktG,
Stand 1. Oktober 2005, § 114 Rdn. 21). Bereits deshalb stand die
Zustimmungsfähigkeit der vom Aufsichtsrat genehmigten Verträge im Gegensatz
zu Beratungsmandaten außer Zweifel.
Entsprechend kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin sich erfolgreich auf
ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen konnte.
(2) Auch die Frage Nr. 2 - Auf welcher Grundlage hat der Aufsichtsrat die Mandate
der Kanzlei des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. A2 genehmigt und
zwar unter Angabe der wesentlichen Informationen für die Beschlussfassung und
der jeweiligen Tage der Genehmigungen ? – wurde jedenfalls in ausreichendem
Umfang beantwortet, so dass deren Zulässigkeit dahinstehen kann.
Soweit es die Tage der Genehmigungen anbelangt, wurde – wie bereits dargelegt -
mitgeteilt, dass alle Genehmigungen für die im Jahr 2008 erteilten und
ausgezahlten Mandate am 4. Dezember 2008 erfolgt seien.
Zu der Frage nach der Entscheidungsgrundlage teilte der Vorstand mit, dass dem
Aufsichtsrat bei der Beschlussfassung über die Genehmigung der Beauftragung
der Kanzlei eine detaillierte Beschlussvorlage vorgelegen habe. Diese Vorlage
habe eine eingehende Übersicht über die erteilten Mandate, unter anderem unter
Angabe der beauftragten Gesellschaft, der Beschreibung des jeweiligen konkreten
Mandats, des Grundes der Beauftragung, der abgerechneten Stunden und des
abgerechneten Honorars enthalten. Im Jahr 2008 habe sich zusätzlich der
Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats mit der Mandatierung der Kanzlei befasst.
Diesem hätten sämtliche Einzelabrechnungen vorgelegen. Der Aufsichtsrat habe
sich im Detail über die an die Kanzlei RA1 RA2 RA3 gezahlten Honorare im
Verhältnis zu den Honoraren, die an die anderen im Konzern beauftragten
Kanzleien gezahlt worden seien, informiert.
Damit war die Informationsgrundlage des Aufsichtsrates ausreichend geklärt. Einer
– wie vom Antragsteller geforderten - Verlesung der dem Aufsichtsrat bei seiner
Entscheidung vorliegenden Unterlagen war aus der Sicht eines durchschnittlichen
Aktionärs nicht erforderlich, da er nicht an Stelle des Aufsichtsrates die
Genehmigungsentscheidung treffen sollte, sondern für ihn nur von Interesse sein
konnte, ob sich der Aufsichtsrat ein ausreichendes Bild über die Mandatierung
gemacht hat.
(3) Soweit es die Frage Nr. 3 nach den zum Zeitpunkt der letzten
Hauptversammlung noch nicht genehmigten Mandatserteilungen aus dem Jahr
2007 anbelangt, sind hiervon Geschäftsvorfälle außerhalb des Entlastungsjahres
betroffen. Warum gleichwohl hierzu Angaben erforderlich waren, um die Tätigkeit
vom Vorstand im Jahr 2008 zu billigen (vgl. dazu Decher, in: Großkomm z AktG, 4.
Aufl., § 131 Rdn. 150 ff.), hat der Antragsteller im hiesigen Auskunftsverfahren
nicht hinreichend dargelegt. Dies geht grundsätzlich zu seinen Lasten.
Unabhängig davon wurde die Frage – wie bereits die vom Antragsteller insoweit in
Bezug genommenen Fragen Nr. 1 und Nr. 2 - während des Auskunftsverfahrens in
einem ausreichenden Umfang beantwortet. Mitgeteilt wurde, dass die
Genehmigung für die betreffenden Mandatserteilungen aus dem Jahr 2007 am 21.
Mai 2008 genehmigt worden seien, wobei auch hier die bereits unter Frage Nr. 2
dargelegten Unterlagen dem Aufsichtsrat vorgelegen hätten. Aus dem
Gesamtzusammenhang des Vortrags der Antragsgegnerin ergibt sich ferner, dass
es sich um Standardmandate gehandelt hat, wobei ebenfalls hier die Zahlungen
vor der Genehmigung erfolgt war. Weitergehender Auskünfte bedurfte es aus den
oben genannten, zu den Fragen Nr. 1 und Nr. 2 ausgeführten Gründen jedenfalls
nicht, wobei ebenfalls an dieser Stelle dahingestellt bleiben kann, ob die
Antragsgegnerin überhaupt auf die in einem als nicht erforderlich einzustufenden
Detaillierungsgrad gestellten Fragen die genannten, eher allgemein gehaltenen
Antworten von sich aus hätte erteilen müssen.
(4) Die Frage Nr. 5 – Ich möchte bezüglich aller erteilten Zustimmungen
beziehungsweise Genehmigungen für die Mandate jedes Aufsichtsratsmitgliedes
gesondert jeweils wissen, wie sich der Aufsichtsrat ein Bild darüber gemacht hat,
ob ein Mandat genehmigt werden kann oder nicht - wurde nach dem
unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin in unmittelbarem
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unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin in unmittelbarem
Zusammenhang mit den Fragen Nr. 1 bis Nr. 3 zur Beauftragung der
Rechtsanwaltskanzlei RA1 RA2 RA3 gestellt. Eine sachgerechte Auslegung der
Frage führt daher dazu, dass sie sich wie die vorangegangenen Fragen Nr. 1 bis
Nr. 3 auch nur auf diese Mandate bezog. Hiervon sind im Auskunftsverfahren
ausdrücklich sowohl die Antragsgegnerin als auch das Landgericht ausgegangen,
ohne dass diesem Verständnis der Antragsteller entgegen getreten wäre.
Dabei zielte die Frage - wie bereits die Frage Nr. 2 - auf die objektiven Grundlagen
der Entscheidungsfindung ab und war damit ausreichend beantwortet. Insoweit
kann auf die Ausführungen zu Frage Nr. 3, zweiter Teil verwiesen werden.
Sollte sie hingegen darüber hinausgehend auf den inneren
Meinungsbildungsprozess des Organs beziehungsweise die Willensbildung der
einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gerichtet gewesen sein, wäre sie mangels
Erforderlichkeit unzulässig. Ohne besondere Anhaltspunkte, die hier vom
Antragsteller nicht geltend gemacht werden, ist nicht ersichtlich, inwieweit die
hiermit verfolgte Motivforschung für einen durchschnittlichen Aktionär von
Bedeutung für die von ihm zu treffenden Entlastungsentscheidungen sein könnte.
bbb) Die Frage Nr. 4 zum Aufsichtsratsmitglied Prof. A1 – Wann wurde jeweils
welches Mandat an das Beratungsunternehmen von Herrn Prof. Dr. A1 erteilt und
wann erfolgte die Zustimmung beziehungsweise Genehmigung des jeweiligen
Mandats? – wurde beantwortet. Hierzu wurde in der Hauptversammlung vom
Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin Prof. Dr. A3 ausgeführt, dass Prof. Dr. A1
in 2008 Aufträge in einer Höhe von ca. 4. Mio. € erhalten habe. Es habe sich
hierbei um ein großes Informatikprojekt bei D gehandelt. Ferner sei es um
mehrere kleinere Projekte bei D1 gegangen, nämlich eine Reorganisation im
deutschen Markt sowie die Unterstützung der weltweiten Integration des
Transfusionstechnologiegeschäftes in die globale D1-Organisation. Die Aufträge
seien in der Sitzung des Aufsichtsrats vom 4. Dezember 2008 genehmigt worden.
Damit wurden die erteilten Mandate ausreichend beschrieben. Zudem ergab sich
aus der Antwort, dass die Mandatierung vor der Zustimmung des Aufsichtsrates,
dessen konkretes Datum mitgeteilt worden war, erfolgt war. Warum darüber
hinaus die konkreten Zeitpunkte der Auftragsvergabe aus Sicht eines
durchschnittlichen Aktionärs erforderlich gewesen sein sollten, erschließt sich nicht
und wird vom Antragsteller insoweit auch nicht weiter ausgeführt. Maßgeblich ist –
ohne entgegenstehende Anhaltspunkte – allein die zeitliche Reihenfolge von
Mandatierung und Zustimmung, nicht die konkreten Daten.
ccc) Ferner ist die Beschwerde der Antragsgegnerin begründet, soweit es die
Fragen Nr. 6 bis Nr. 8 zum genehmigten Kapital betrifft. Zutreffend wendet die
Antragsgegnerin ein, die entsprechenden Fragen seien über die erteilten
Auskünfte hinaus nicht erforderlich.
(1) Mit der Frage Nr. 6 begehrt der Antragsteller Auskunft darüber, welche
Provisionen bezüglich der einzelnen Kapitalerhöhungen unter Ausnutzung des
genehmigten Kapitals in den Jahren 2005 bis 2008 an welche Berater gezahlt
wurden und zwar dies unter Angabe der Höhe und des Datums der jeweiligen
Überweisung.
Soweit es den ersten Teil der Frage nach den gezahlten Provisionen anbelangt, ist
die erforderliche Auskunft von der Antragsgegnerin jedenfalls im
Auskunftserzwingungsverfahren erschöpfend erteilt worden. Bereits in der
Hauptversammlung hat die Antragsgegnerin nämlich angegeben, welche
Provisionen in welcher Höhe an die an der Emission beteiligten Banken gezahlt
worden seien. Hierzu hat sie dann im Rahmen des Auskunftsverfahrens
klarstellend mitgeteilt, dass abgesehen von den angegebenen Zahlungen an die
Emissionsbanken keine Provisionen gezahlt worden seien. Spätestens damit war
die gestellte Frage erschöpfend beantwortet, worauf die Antragsgegnerin auch
ausdrücklich hingewiesen hat, ohne dass der Antragsteller daraufhin das Verfahren
insoweit für erledigt erklärt hätte.
Soweit es die Mitteilung der konkreten Überweisungsdaten anbelangt, ist die
Erforderlichkeit der damit verbundenen Informationen aus der Sicht eines objektiv
urteilenden Aktionärs zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der
Tagesordnung nicht ersichtlich (vgl. BGH, NZG 2005, 77, 78; BayObLG, ZIP 1996,
1743, 1744). Einzige Tagesordnungspunkte, die ansatzweise in Betracht kommen
und auf die sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang bezogen hat, sind
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und auf die sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang bezogen hat, sind
dabei die beiden Beschlüsse über die Schaffung neuen genehmigten Kapitals.
In diesem Zusammenhang meint der Antragsteller, die konkreten
Überweisungsdaten für die Beurteilung der Frage zu benötigen, ob bei den beiden
in den Jahren 2005 und 2008 durchgeführten Kapitalerhöhungen unter Ausnutzung
des damals genehmigten Kapitals „alles mit rechten Dingen“ (Bl. 116 d. A.)
zugegangen sei, um hieraus wiederum Schlüsse über die zukünftige Ausnutzung
des zu genehmigenden Kapitals ziehen zu können. Unabhängig davon, ob ohne
konkrete Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Verhalten der Organe eine
Überprüfung vergangener Kapitalerhöhungen zur Beurteilung deren zukünftigen
Verhaltens gerechtfertigt ist (davon ausgehend wohl OLG München, WM 2009, 265
Rdn. 41 bei Juris), bleibt der Antragsteller eine plausible Begründung, weswegen
über die Provisionshöhe hinaus, die konkreten Zahlungsdaten benannt werden
müssten, schuldig, was zu seinen Lasten geht.
Denn der in diesem Zusammenhang angeführte Hinweis auf denkbare Hin- und
Herzahlungen bei der Kapitalerhöhung ist mit Blick auf die allein Provisionen
empfangenden Banken bereits nicht schlüssig. Die Zwischenschaltung der
Emissionsbank, die die Aktien ohne eigenes Interesse am Erwerb zur
Weiterveräußerung an Altaktionäre oder Dritte übernimmt, hat rein
abwicklungsbedingte Gründe und führt dazu, dass sich die Vorgänge in der Kette
des Kapitalaufbringungsgeschehens nur um ein Glied nach hinten verschieben,
wirtschaftlich aber derjenige Ersterwerber der Aktien bleibt, der die Aktien von der
Emissionsbank erwirbt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 173/08 -, Juris
Rdn. 11; BGHZ 122, 180, 185 f.). Auf die Provisionszahlungen an die
Emissionsbanken kommt es folglich mangels deren Stellung als Ersterwerber der
Aktien nicht an. Dass aber eine Emission über Emissionsbanken erfolgte, wurde im
Auskunftsverfahren mitgeteilt.
(2) Nicht zu folgen ist ferner der Auffassung des Landgerichts, dem Antragsteller
sei Auskunft auf seine Frage Nr. 7 zu erteilen. Hiermit wollte der Antragsteller in
Erfahrung bringen, welche Zahlungen auf das gezeichnete Kapital erfolgt seien,
wobei er zusätzlich den Namen des jeweils Zahlenden, das Datum der
entsprechenden Zahlung sowie des betroffenen Eingangskontos bei der
Gesellschaft wissen wollte.
Hierauf antwortete die Gesellschaft, dass im letzten August 2008 zur teilweisen
Finanzierung der Akquisition der B Inc. vom Genehmigten Kapital II jeweils
2.748.057 neue Stamm- und Vorzugsaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts
an institutionelle Anleger ausgegeben worden seien und der Bruttoemissionserlös
rund 289 Mio. € betragen habe.
Mitgeteilt wurden mithin die Gesamthöhe der erfolgten Zahlungen auf das
gezeichnete Kapital im Jahr 2008 sowie eine Klassifizierung der Zahlenden als
„institutionelle Anleger“.
Die Erteilung weiterer Informationen war aus der Sicht eines objektiv urteilenden
Aktionärs nicht erforderlich.
α) Soweit es die Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2005 anbelangt, ist der
erforderliche nahe zeitliche Zusammenhang zur streitgegenständlichen
Hauptversammlung im Jahr 2009 nicht mehr ersichtlich (vgl. OLG München, Urteil
vom 24. September 2008 – 7 U 4230/07 -, Juris Rdn. 41, wo die Abwicklung einer
zwei Jahre zuvor beschossenen Kapitalerhöhung für noch ausreichend erachtet
wird; vgl. ebenfalls Decher, in: Großkomm z AktG, 4. Aufl., § 131 Rdn. 150 ff.). Zwar
mag ein entsprechend enger zeitlicher Zusammenhang in Ausnahmefällen selbst
bei zwischen Hauptversammlung und Vorfall liegenden vier Jahren bejaht werden
können. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben wäre, ist aber nicht
dargetan und wird zudem nicht dadurch begründet, dass es vier Jahre zuvor
ebenfalls eine Kapitalerhöhung unter Ausnutzung von genehmigten Kapital
gegeben hatte. Denn allein der Umstand, dass naturgemäß die damalige
Kapitalerhöhung über das veränderte Grundkapital fortwirkt und insoweit
Dauerwirkung entfaltet, kann die erforderliche Auswirkung im betroffenen
Geschäftsjahr nicht begründen (vgl. Decher, in: Großkomm z AktG, 4. Aufl., § 131
Rdn. 151 mwNachw). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die damalige
Kapitalerhöhung im Jahr 2005 noch in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der
jetzt zu beurteilenden Genehmigung stand.
β) Soweit es die ergänzenden Angaben zu den einzelnen Namen der Einzahler und
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β) Soweit es die ergänzenden Angaben zu den einzelnen Namen der Einzahler und
des Datums der jeweiligen Zahlung einschließlich des betroffenen Eingangskontos
mit Blick auf die Kapitalerhöhung 2008 anbelangt, ist eine Erforderlichkeit zur
sachgemäßen Beurteilung der anstehenden Tagesordnungspunkte ebenfalls nicht
erkennbar. Eine Aufdeckung etwaiger Unregelmäßigkeiten bei der Kapitalerhöhung
wäre anhand der mitgeteilten Daten einem durchschnittlichen Aktionär nicht
möglich gewesen, weswegen die Information insoweit auch ohne Belang für ihn
war. Ein über das Aufdecken von Unregelmäßigkeiten hinausgehendes Interesse
wird selbst von dem Antragsteller nicht geltend gemacht.
(3) Des Weiteren war der mit Frage Nr. 8 verfolgte Auskunftsanspruch
zurückzuweisen.
Mit dieser Frage hat der Antragsteller Auskunft darüber verlangt, welche
Unterlagen dem Aufsichtsrat bei seiner Beschlussfassung über die Zustimmung
zum genehmigten Kapital vorgelegen hätten, wobei er sich – dem
unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Antragsgegnerin zufolge – auf die
Kapitalerhöhung durch Ausnutzung des genehmigten Kapitals II im Jahr 2008
bezogen hat. Die Erforderlichkeit dieser Frage für die Entscheidung über die in
Rede stehenden Tagesordnungspunkte ist nicht erkennbar, wobei – worauf die
Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat - sich auch der Vortrag des
Antragstellers hierzu nicht verhält.
Überdies wurde auf die bereits in der ersten von insgesamt vier Fragerunden
gestellte Frage zudem eine ausreichende Antwort erteilt.
Der Vorstand teilte hierzu nämlich unter anderem mit, dass der Aufsichtsrat auf
der Grundlage einer Präsentation und einer umfangreichen Beschlussvorlage
entschieden habe. Diese Antwort war jedenfalls zunächst erschöpfend, wobei
insoweit zu beachten ist, dass die relativ pauschal gestellte Frage entsprechend
pauschal beantwortet werden durfte (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2004, 966; Siems,
in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rdn. 69).
Hätte demgegenüber der Antragsteller darüber hinaus weitere, eingehendere
Auskünfte haben wollen, hätte er das zumindest in einer der sich anschließenden
weiteren Fragerunden durch entsprechende Nachfrage kundtun müssen (vgl.
Siems, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rdn. 69). Da er dies – dem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin zufolge – versäumt hat, durfte die
Antragsgegnerin von einer ausreichenden Auskunftserteilung ausgehen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 132 Abs. 5 Satz 7 AktG, § 13a Abs. 1 FGG.
Hierbei entspricht es unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der
Billigkeit, dass der Antragsteller die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz zu
tragen hat.
Soweit es die Erstattung außergerichtlicher Kosten in der ersten Instanz anbelangt,
hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass jeder Beteiligte seine
außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (vgl. dazu Zimmermann, in:
Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 13a Rdn. 21). Besondere Umstände, die es
geboten erscheinen ließen, von diesem Grundsatz abzuweichen, sind nicht
ersichtlich.
Anders verhält es sich mit Blick auf die außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens, weil insoweit aufgrund der Unbegründetheit des
Rechtsmittels des Antragstellers § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG zur Anwendung gelangt.
Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie dem Erfolg der sofortigen
Beschwerde der Antragsgegnerin, was wiederum insoweit zu einer Anwendung von
§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG aF führt (vgl. Zimmermann, in: Keidel/Kuntze/Winkler,
FGG, 15. Aufl., § 13a Rdn. 41), ist es angemessen, dass der Antragsteller 1/5 der
außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragsgegnerin trägt,
wobei eine weitergehende Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht
kommt.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 132 Abs. 5 Satz 1 iVm 32 Abs.
1 Satz 2, 30 Abs. 2 KostO, wobei der Regelwert von 5.000 € im Hinblick auf die
Vielzahl der umstrittenen Auskünfte angemessen zu erhöhen war (BayObLG, DB
2001, 39). Obgleich in der Beschwerdeinstanz nur noch die Fragen 1) bis 9)
streitgegenständlich waren, bedurfte es keiner Differenzierung der Geschäftswerte
nach beiden Instanzen, da der hiermit verbundene Unterschied in der Belastung
nach beiden Instanzen, da der hiermit verbundene Unterschied in der Belastung
des Gerichts als vernachlässigenswert einzustufen ist (vgl. dazu Willamowski, in:
Spindler/Stilz, AktG, § 132 Rdn. 27).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.