Urteil des OLG Frankfurt vom 27.05.2010

OLG Frankfurt: amtszeit, nicht vermögensrechtliche streitigkeit, stifter, wiederwahl, amtsdauer, satzung, aktiengesellschaft, entlastung, befristung, stiftungsaufsicht

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 175/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 29 BGB, § 86 BGB, § 102 Abs
1 S 1 AktG
Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung von
Vorstandsmitgliedern nach §§ 86, 29 BGB
Leitsatz
1. Auf die Nachfolgeklausel in der Satzung einer Stiftung, wonach die Mitglieder des
Kuratoriums ihr Amt unbeschadet ihrer Amtszeit bis zur Bestellung eines Nachfolgers
weiterführen, ist der vom BGH zu § 102 AktG entwickelte Rechtsgedanke, dass das Amt
eines Aufsichtsrates spätestens mit Ablauf der Hauptversammlung für das vierte
Geschäftsjahr nach Amtsantritt endet, die über seine Entlastung hätte entscheiden
müssen, nicht entsprechend anwendbar.
2. Eine missbräuchliche Ausnutzung der Nachfolgeklausel ist nicht gegeben, wenn bei
unklarer Formulierung der Bestimmung der Stiftungssatzung über die Amtszeit der
Kuratoriumsmitglieder Neuwahlen bisher unterblieben sind, weil alle Stiftungsorgane bis
zu einer konkreten Beanstandung im Zusammenhang mit einer Vorstandswahl von
einer Bestellung auf Lebenszeit ausgegangen sind.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des
Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Beschwerdewert: 3.000,-- EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der 90jährige Antragsteller errichtete gemeinsam mit seiner im Februar 2009
verstorbenen ersten Ehefrau im Jahre 1994 die eingangs bezeichnete rechtsfähige
Stiftung bürgerlichen Rechts. Er ist zum Vorstandsmitglied auf Lebenszeit
bestimmt.
Nach der Verfassung der Stiftung besteht der Vorstand aus bis zu drei Personen.
Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich mit zwei seiner
Mitglieder, von denen eines der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende
sein muss. Der erste Vorstand wurde von den Stiftern bestellt, danach sind die
Vorstandsmitglieder durch das Kuratorium, das aus bis zu zwölf Personen
bestehen kann, zu bestellen.
Bezüglich des Kuratoriums enthält die Satzung in § 7 folgende, seit der Gründung
der Stiftung inhaltlich unveränderte Regelung:
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Nachdem die erste Ehefrau des Antragstellers im Februar 2009 verstorben und
der Sohn des Antragstellers mit Wirkung zum 15. November 2009 von seinem
Vorstandsamt zurückgetreten war, bestand der Vorstand der Stiftung nur noch
aus dem Antragsteller.
In der Kuratoriumssitzung vom 27. Oktober 2009 ließ der in Begleitung seines
Rechtsanwaltes anwesende Antragsteller dem Kuratorium den Wunsch vortragen,
seine 28jährige zweite Ehefrau, die er im Sommer 2009 geheiratet hatte, als
Mitglied in den Vorstand zu wählen.
Dem kam das Kuratorium der Stiftung nicht nach, sondern wählte in der Sitzung
vom 14. Dezember 2009 mit den Stimmen der sieben anwesenden
Kuratoriumsmitglieder einstimmig Herrn C und Herrn B, den Sohn des
Antragstellers, zu Mitgliedern des Vorstands. Die beiden Letztgenannten wählten
in einer Vorstandssitzung vom 02. Dezember 2010 in Abwesenheit des
Antragstellers B zum Vorstandsvorsitzenden und C zu dessen Stellvertreter.
Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 04. Februar 2010
beantragte der Antragsteller bei dem Amtsgericht – Registergericht – Frankfurt am
Main die Bestellung von zwei Vorständen für die Stiftung durch das Gericht bis zur
Neubestellung eines Vorstands durch ein neues Kuratorium. Hierbei machte der
Antragsteller geltend, die Wahl der Herren B und C in den Vorstand der Stiftung
vom 14. Dezember 2009 sei unwirksam, da das Kuratorium der Stiftung bereits
seit dem 21. Juni 2001 nicht mehr ordnungsgemäß besetzt und deshalb
beschlussunfähig sei. Hierzu vertrat er nunmehr die Auffassung, dass die
Bestimmung der Stiftungsverfassung über die Begrenzung der Amtszeit auf fünf
Jahre sich nicht nur auf die später gewählten, sondern auch auf die bereits bei der
Gründung bestellten Kuratoriumsmitglieder beziehe. Soweit die
Kuratoriumsmitglieder nach der Stiftungsverfassung ihr Amt unbeschadet ihrer
Amtszeit bis zur Bestellung eines Nachfolgers weiter führten, müsse diese
Regelung einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass das Amt lediglich
bis zur nächst möglichen Neu- bzw. Wiederwahl fortgeführt werden dürfe. Diese
Begrenzung der Übergangszeit sei dem Rechtsgedanken zu entnehmen, den der
Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 24. Juni 2002 (Az. II ZR 296/01; AG
2002, 676) zu der aus seiner Sicht vergleichbaren Problematik des § 102 Abs. 1
Satz 1 AktG entwickelt habe. Hiernach habe die Übergangszeit der bereits mit der
Gründung bestellten Kuratoriumsmitglieder jeweils mit dem Ende der
Kuratoriumssitzung vom 25. Juni 1999 geendet, in welcher eine Wiederwahl dieser
nur auf 5 Jahre bestellten Gründungsmitglieder möglich und deshalb erforderlich
gewesen wäre, die bis heute jedoch nicht erfolgt sei. Hieraus resultiere des
weiteren, dass die nach diesem Stichtag in das Kuratorium hinzugewählten neuen
Mitglieder ebenfalls nicht wirksam bestellt worden seien und das gesamte
Kuratorium somit in der Sitzung vom 14. Dezember 2009 nicht ordnungsgemäß
besetzt gewesen sei mit der Folge, dass auch die dortige Wahl der Herren B und C
in den Vorstand nicht wirksam erfolgt sei. Hieraus ergebe sich nunmehr die
Notwendigkeit der gerichtlichen Bestellung zweier Vorstandsmitglieder.
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Die beiden in der Sitzung vom 14. Dezember 2009 in den Vorstand gewählten
Personen traten dem Antrag für die Stiftung entgegen. Sie halten ihre Wahl durch
das Kuratorium jedenfalls im Hinblick auf die Übergangsregelung des § 7 Ziffer 6
der Stiftungsverfassung für wirksam. Von einem Missbrauch dieser Übergangs-
klausel könne angesichts der bisher von allen für die Stiftung tätigen Personen
geteilten Überzeugung von der ordnungsgemäßen Besetzung des Kuratoriums
nicht ausgegangen werden.
Dieser Auffassung haben sich sechs Kuratoriumsmitglieder in schriftlichen
Stellungnahmen an das Registergericht angeschlossen.
Das D Stadt2 als Stiftungsaufsicht sowie die Stiftungsabteilung des Rechtsamts
der Stadt Stadt1 traten dem Antrag ebenfalls entgegen.
Das Amtsgericht wies mit Beschluss vom 13. April 2010 den Antrag auf Bestellung
von zwei Notvorständen zurück.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der am 04. Mai 2010 bei Gericht
eingegangenen Beschwerde, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines
bisherigen Vorbringens weiterhin geltend macht, aus der Stiftungsatzung seien
keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für eine Regelungsvorstellung der
Stifter erkennbar, die Dauer der Amtszeit der ursprünglich bestellten Kuratoriums-
mitglieder bei einem Unterlassen der Wieder- bzw. Neuwahl unbegrenzt zu ver-
längern. Nachdem eine Wiederwahl der ursprünglich durch die Stifter bestellten
Kuratoriumsmitglieder über zehn Jahre hinweg unterlassen worden sei, müsse der
Rechtsgedanke der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2002,
welcher dem Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit diene, zum Tragen
kommen. Auch die Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Kuratoriums erfordere
keine unbegrenzte Weiterführung des Amts. Dem vorsätzlichen Missbrauch der
Übergangsregelung durch die Kuratoriumsmitglieder müsse durch eine gericht-
liche Entscheidung ein Riegel vorgeschoben werden. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 03. Mai 2010 Bezug
genommen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde, über die nach Nichtabhilfe durch das Registergericht, gemäß §§
68, 69 FamFG i. V. m. 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG der Senat als Beschwerdege-richt
zu befinden hat, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie insbe-sondere
form- und fristgerecht gemäß §§ 63, 64 FamFG erhoben wurde.
In der Sache führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, da die Voraussetzungen für
die gerichtliche Bestellung zweier Vorstandsmitglieder gemäß §§ 86, 29 BGB nicht
erfüllt sind.
Die Stiftung verfügt über die in der Verfassung der Stiftung vorgesehenen drei
Vorstandsmitglieder, da die in der Kuratoriumssitzung vom 14. Dezember 2009
erfolgte Wahl der Herren B und C durch das Kuratorium wirksam erfolgt ist.
Der Senat vermag sich der Rechtsauffassung des Antragstellers über die nicht
ordnungsgemäße Besetzung des Kuratoriums und dessen hieraus gefolgerte
Beschlussunfähigkeit seit dem Jahre 2001 nicht anzuschließen.
Allerdings enthält die Verfassung der Stiftung in ihrem § 7 hinsichtlich der im
vorliegenden Verfahren angesprochenen Frage, ob sich die Begrenzung der
Amtszeit auf fünf Jahre nur auf die später gewählten Mitglieder des Kuratoriums
bezieht, oder auch für die bereits bei der Gründung der Stiftung durch den
Antragsteller und seine verstorbene erste Ehefrau als Stifter bestellten
Kuratoriumsmitglieder Anwendung findet, nach ihrem Wortlaut keine eindeutige
Regelung. Bei der Auslegung der Stiftungsverfassung ist auf den in dem
Stiftungsgeschäft und der Satzung objektivierten damaligen erkennbaren oder
mutmaßlichen Willen des oder der Stifter abzustellen (vgl. BGH NJW 1987, 2364
und 1994, 184; Palandt/ Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 85 Rn. 2; Mecking/Münch
Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band V, Verein/Stiftung, 3. Aufl., § 85 Rn. 50 ff
n.w.N.). Insoweit kann die heutige Interpretation des § 7 der Stiftungsverfassung
durch den Antragsteller nicht maßgeblich sein, da es auf den damaligen und
übereinstimmenden Willen der beiden Stifter ankommt. Allerdings deuten die
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übereinstimmenden Willen der beiden Stifter ankommt. Allerdings deuten die
Formulierung in Ziffer 2 des § 7, die bezüglich der Amtszeit von fünf Jahren sowohl
von gewählten als auch von bestellten Mitgliedern des Kuratoriums spricht, sowie
die ursprünglich in Ziffer 1 getroffene Regelung, die eine Mitgliedschaft im
Kuratorium auf Lebenszeit ausdrücklich nur für die zwischenzeitlich verstorbene
Mitstifterin A vorsah, darauf hin, dass die fünfjährige Amtszeit auf sämtliche
übrigen Kuratoriumsmitglieder mit Ausnahme der Mitstifterin nach dem insoweit
allein maßgeblichen und der Stiftungsurkunde zu entnehmenden Willen der beiden
Stifter zum Gründungszeitpunkt gelten sollte. Zwar enthält die Stiftungsverfassung
in § 7 Ziffer 4 bezüglich der Möglichkeit der Abwahl aus wichtigem Grunde eine
deutliche Privilegierung der bereits bei Gründung durch die Stifter bestellten
Kuratoriums-mitglieder, die hinsichtlich ihrer Reichweite allerdings rechtlich
bedenklich, aber hier inhaltlich nicht relevant ist. Eine Bestellung dieser bereits bei
Gründung berufenen Kuratoriumsmitglieder auf Lebenszeit ist hieraus jedoch
zwingend nicht zu folgern. Die diesbezügliche Auslegung der Stiftungssatzung
bedarf jedoch im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung.
Denn selbst wenn man der nunmehr von dem Antragsteller vertretenen Auslegung
folgt und somit davon ausgeht, dass die fünfjährige Amtszeit auch für die bei der
Gründung von den beiden Stiftern berufenen Kuratoriumsmitglieder gilt, führt dies
nicht dazu, dass deren Organstellung zum Zeitpunkt der Kuratoriumssitzung am
14. Dezem-ber 2009 beendet war. Denn in diesem Falle kommt die Bestimmung
des § 7 Ziffer 6 der Stiftungssatzung zum Tragen, die ausdrücklich bestimmt, dass
die Kurato-riumsmitglieder ihr Amt unbeschadet ihrer Amtszeit bis zur Bestellung
eines Nachfolgers, die hier jeweils unstreitig nicht erfolgt ist, weiterführen. Die
Aufnahme einer solchen Bestimmung in die Stiftungssatzung ist zweckmäßig und
üblich. Sie dient der Vermeidung von Vakanzen in den Stiftungsorganen und der
Notwendig-keit der Bestellung von Organmitgliedern durch das Gericht oder die
Stiftungs-aufsicht und wird deshalb den Gründern in entsprechenden Handbüchern
ausdrücklich empfohlen (vgl. Lüke/Münch Handbuch, Verein/Stiftung, a.a.O., § 92
Rn. 24).
Ebenso wie das Registergericht vermag der Senat sich der von dem Antragsteller
postulierten Anwendung des von dem Bundesgerichtshof zu § 102 Abs. 2 AktG in
der zitierten Entscheidung vom 24. Juni 2002 entwickelten Rechtsgedankens auf
die Nachfolgeklausel in § 7 Ziffer 6 der Stiftungsverfassung nicht anzuschließen.
§ 102 Abs. 1 Satz 1 AktG bestimmt, dass Aufsichtsratsmitglieder nicht für längere
Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden können, die
über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit
beschließt. Zu dieser Vorschrift hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die
Zugehörigkeit eines Mitgliedes zum Aufsichtsrat spätestens dann endet, wenn die
Hauptversammlung über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr seit dem
Amtsantritt hätte beschließen müssen, dies jedoch unterblieben ist. Der Bundes-
gerichtshof hat diese Auslegung des § 102 AktG für geboten erachtet, um dem
Zweck der zwingenden gesetzlichen Befristung der Höchstdauer der Amtszeit der
Mitglieder des Aufsichtsrates Geltung zu verschaffen und die Einhaltung der
Kontrollrechte der Aktionäre in der Hauptversammlung zu gewährleisten.
Diese Erwägungen lassen sich nicht dahingehend verallgemeinern, dass sie auch
für den hier vorliegenden Fall des Kuratoriums einer Stiftung des bürgerlichen
Rechtes Anwendung finden müssten. So ist die Entscheidung des BGH bereits
innerhalb der aktienrechtlichen Literatur nicht unumstritten (vgl. etwa Hüffer, AktG,
8. Aufl., § 102 Rn. 3 m. w. N.). Des weiteren ist bereits innerhalb des Aktien-rechtes
umstritten, ob die Gesetzesauslegung des BGH auf solche Aufsichtsrats-mitglieder
erstreckt werden kann, welche nicht durch die Hauptversammlung gewählt,
sondern durch das Gericht bestellt wurden (vgl. Hanseat. OLG NZG 2003, 132).
Jedenfalls bestehen jedoch zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Stiftung
des bürgerlichen Rechts ganz erhebliche Unterschiede, die einer Übertragung der
Erwägungen des Bundesgerichtshofes auf den vorliegenden Fall entgegenstehen.
Im Unterschied zur Aktiengesellschaft fehlt es der Stiftung an einer
körperschaftlichen Struktur, da sie keine Mitglieder hat. Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 3
Ziff. 5 BGB ist für die Stiftung daraus folgend als Organ zwingend lediglich die
Bildung eines Vorstandes vorgeschrieben, während es sich bei dem hier
betroffenen Kuratorium nur um ein fakultatives zusätzliches Organ der Stiftung
handelt. Demgegenüber ist für die Aktiengesellschaft die Bildung eines
Aufsichtsrates, der gemäß § 111 AktG die Geschäftsführung durch den Vorstand
zu überwachen hat, gesetzlich zwingend vorgeschrieben, wobei die Mitglieder des
Aufsichtsrates, soweit sie nicht entsendet werden, gemäß § 101 AktG von der
Hauptversammlung der Aktiengesellschaft gewählt werden.
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Im Gefüge der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen den für die Aktienge-
sellschaft zwingend vorgeschriebenen drei Organen des Vorstandes, des
Aufsichtsrates und der Hauptversammlung muss auch die in § 102 Abs. 1 AktG
vorgeschriebene Höchstdauer der Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder gesehen
werden, die sich alljährlich gegenüber der Hauptversammlung zu verantworten und
in periodischen Abständen von vier Geschäftsjahren zur Wahl durch die
Hauptversammlung zu stellen haben.
Hiervon unterscheidet sich das Amt der Kuratoriumsmitglieder in ganz
wesentlicher Weise, da deren Amtsstellung mangels körperschaftlicher
Organisation der Stiftung nicht auf einer demokratischen Legitimation aufgrund
einer Wahl durch Mitglieder beruht, sondern – soweit nach dem Willen der Stifter
überhaupt ein Kuratorium gebildet wird – die Berufung durch die Stifter oder in
sonstiger von diesen festzulegender Weise erfolgen kann, wobei bezüglich der
Dauer der Amtszeit ebenfalls keine gesetzlichen Vorgaben bestehen, so dass
auch eine zeitlich unbefristete Berufung auf Lebenszeit möglich ist. Auch soweit in
der Stiftungsverfassung eine Wahl der Kuratoriumsmitglieder vorgesehen ist,
erfolgt diese mangels körperschaftlicher Struktur nicht zwingend durch ein anderes
Organ der juristischen Person, sondern in aller Regel - wie auch im vorliegenden
Falle - durch die übrigen Kuratoriumsmitglieder. Diese ganz erheblichen und auf
dem Wesen der Stiftung beruhenden Unterschiede stehen der Heranziehung des
vom Bundesgerichtshof zu § 102 AktG entwickelten Rechtsgedankens auf die
Nachfolgeklausel des § 7 Ziffer 6 der Stiftungsverfassung entgegen.
Eine Beendigung der Amtszeit der Kuratoriumsmitglieder ohne die in § 7 Abs. 6
der Stiftungssatzung insoweit zur Vermeidung einer Vakanz ausdrücklich
vorgesehene vorherige Bestellung des jeweiligen Nachfolgers, ist im vorliegenden
Falle auch zur Verhinderung einer missbräuchlichen Ausnutzung dieser
Nachfolgeklausel nicht geboten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass von
Gesetzeswegen keine Notwendigkeit für die zeitliche Befristung der Amtsdauer der
Mitglieder des Kuratoriums einer Stiftung besteht. Darüber hinaus ist – wie bereits
ausgeführt – die in § 7 der Verfassung der Stiftung getroffene Regelung über die
Amtsdauer nicht eindeutig, sondern lässt grundsätzlich Spielraum für
verschiedene Interpretationen. Wenn auf dieser Grundlage seit der Gründung der
Stiftung im Jahre 1994 bisher ohne jegliche Beanstandung sowohl seitens
sämtlicher Stiftungsorgane als auch durch die Stiftungsaufsicht nur nach dem
Ausscheiden eines bei der Gründung bestellten oder später gewählten
Kuratoriumsmitgliedes eine Notwendigkeit zur Neuwahl gesehen wurde, während
die bei der Gründung bestellten Kuratoriumsmitglieder ihr Amt bisher jeweils in der
offensichtlich übereinstimmend vorhandenen Überzeugung fortgeführt haben,
einer periodischen Wiederwahl aus den eigenen Kreisen nicht zu bedürfen, so ist
damit ein Missbrauch der Nachfolgeklausel nicht gegeben. Denn eine bewusste
Ausnutzung einer durch die Stiftungsverfassung eingeräumten Rechtsposition zu
sachfremden Zwecken ist hier für den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Wahl
der beiden Vorstandsmitglieder im Dezember 2009 nicht erfolgt. Dabei ist
insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsteller, der die Stiftung
gemeinsam mit seiner verstorbenen ersten Ehefrau nicht nur gegründet, sondern
sich bis zum Jahre 2009 auch stetig für die Erreichung der Stiftungszwecke aktiv
am Stiftungsleben beteiligt hat, bis Dezember 2009 selbst zu keinem Zeitpunkt
irgendwelche Zweifel an der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des
Kuratoriums geäußert hat. Dies findet insbesondere auch darin sinnfällig seinen
Ausdruck, dass der Antragsteller noch zu der Kuratoriumssitzung am 27. Oktober
2009 persönlich erschienen ist und dort seinen Wunsch vortragen ließ, seine
ebenfalls anwesende zweite Ehefrau in den Vorstand zu wählen. Hierin kommt für
den Senat erkennbar zum Ausdruck, dass er jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt
selbst davon ausging, dass das Kuratorium ordnungsgemäß besetzt war und
deshalb eine solche Wahl auch hätte vornehmen können. Erst die entgegen den
Wünschen des Antragstellers erfolgte Wahl von zwei anderen Personen zu
Mitgliedern des Vorstandes in der Kuratoriumssitzung vom 14. Dezember 2009
hat dem Antragsteller offenbar Veranlassung zu einer näheren juristischen
Überprüfung gegeben, welche erstmals die eingangs bereits aufgezeigten
Unklarheiten in der Regelung des § 7 der Stiftungsverfassung zur Frage der
Amtsdauer der Kuratoriumsmitglieder zutage gefördert hat. Zwar werden die
Stiftungsorgane sich mit dieser nunmehr offenbar gewordenen Problematik zu
befassen und darüber zu befinden haben, ob bezüglich der bereits bei der
Gründung bestellten Kuratoriumsmitglieder wegen Ablaufs der Amtszeit Wahlen
durchzuführen sein werden. Auch wird die Stiftungsaufsicht in dieser Hinsicht die
ihr gesetzlich zugewiesene Kontrollfunktion wahrzunehmen haben. Eine
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ihr gesetzlich zugewiesene Kontrollfunktion wahrzunehmen haben. Eine
missbräuchliche Ausnutzung der Nachfolgeklausel des § 7 Abs. 6 der Verfassung
der Stiftung im Hinblick auf die Wahl der beiden Vorstandsmitglieder in der Sitzung
vom 14. Dezember 2009 lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.
Die Wahl der Vorstandsmitglieder B und C in dieser Sitzung vom 14. Dezember
2009 ist somit wirksam erfolgt, so dass die gesetzlichen Voraus-setzungen für die
gerichtliche Bestellung zweier Vorstandsmitglieder nach §§ 86, 29 BGB durch das
Registergericht nicht erfüllt sind.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 Abs. 1, 82 FamFG. Als Beschwerde-
gericht konnte der Senat auch die bisher nicht erfolgte Entscheidung bezüglich der
Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nachholen (vgl. Keidel/Zimmermann,
FamFG, § 83 Rn. 9 m.w.N.). Es entsprach gemäß §§ 81 Abs. 1 und 84 FamFG der
Billigkeit, die Gerichtskosten beider Rechtszüge dem jeweils unterlegenen
Antragsteller aufzuerlegen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher
Kosten besteht für beide Rechtszüge kein Anlass. Bezüglich des erstinstanzlichen
Verfahrens verbleibt es mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 2
FamFG bei dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass die
Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren ihre außergerichtlichen Kosten
grundsätzlich selbst zu tragen haben. Eine Auferlegung der außergerichtlichen
Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 84 FamFG war nicht angezeigt, da der
Senat die übrigen Verfahrensbeteiligten nach Einlegung der Beschwerde durch den
Antragsteller zu einer Stellungnahme nicht aufgefordert hat.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO. Da es sich um eine
nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handelt und die Tätigkeit der
Vorstandsmitglieder der Stiftung nach der Satzung nicht vergütet wird, hat der
Senat die Festsetzung des Regelwertes für angemessen erachtet.
Im Hinblick auf die – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung bisher nicht
entschiedene Frage der Begrenzung der Amtsdauer der Kuratoriumsmitglieder
einer Stiftung im Falle einer Nachfolgeklausel hat der Senat die Rechtsbeschwerde
gemäß § 70 Abs. 2 Ziff. 1 FamFG zugelassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.