Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.03.2008

OLG Düsseldorf: entstehung der forderung, zustand der mietsache, allgemeine geschäftsbedingungen, auflage, untermietvertrag, vermieter, handbuch, aktivlegitimation, verjährung, räumung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 181/07
Datum:
06.03.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 181/07
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 13 O 21/07
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
zurückzuwei-sen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, hierzu
binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu
nehmen.
Der für den 08. April 2008 geplante Senatstermin entfällt.
G r ü n d e
1
Die Berufung der Klägerin hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine
Aussicht auf Erfolg.
2
I.
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Es ist unter Würdigung des bisherigen Parteivorbringens nicht ersichtlich, dass die
Klägerin zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen aktiv legitimiert
ist.
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Die Klägerin hat bislang nicht schlüssig dargelegt, dass sie materiell berechtigt ist, die
Ansprüche aus dem Untermietvertrag vom 21. Juni 1999 auf Zahlung von
Nutzungsentschädigung in der im Berufungsverfahren noch anhängigen Höhe von EUR
8.869,11 gemäß § 546 a BGB und wegen Schadensersatz gemäß §§ 280, 281 BGB
über EUR 29.300,-- geltend zu machen.
5
1.
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Es ist davon auszugehen, dass materiell-rechtlich Inhaberin der geltend gemachten
Forderungen die A.- AG ist, welche durch die G.-AG, Regionalverwaltung E. beim
Abschluss des Mietvertrages vom 19. Mai 1995 mit der D. AG. (Mieterin)vertreten wurde.
Bestandteil dieses Gewerbemietvertrages sind die Allgemeinen Vertragsbedingungen
Gewerbemietvertrag (AVB), die als Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam in den
Vertrag einbezogen worden waren (§ 310 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB; §§ 24, 2
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AGBGB).
Diese Klauseln sind ebenfalls Bestandteil des 1. Nachtrags vom 27. Dezember 1998,
mit welchem die Klägerin als Mieterin in das Vertragsverhältnis eintrat. Denn dort war
geregelt, dass alle übrigen Bestimmungen des Mietvertrages (vom 19. Mai 1995), seiner
Nachträge und Ergänzungen unberührt bleiben. Mithin sind auch sie Gegenstand der
zwischen diesen Parteien getroffenen mietvertraglichen Vereinbarungen geworden.
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Sie sind auch Inhalt des hier streitgegenständlichen Untermietvertrages vom 21. Juni
1999. In diesem Vertrag wird mehrfach ausdrücklich auf den von der Klägerin
geschlossenen Mietvertrag und dessen Regelungen Bezug genommen (vgl.
Bezeichnung als "T-Mietvertrag"). Abweichende Vereinbarungen im Sinne § 10 Nr. 1
(vgl. S. 5 des Vertrages) finden sich dort nicht.
9
2.
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Der Rechtsübergang auf die A.-AG ist in Ziffer 1.23 letzter Absatz der AVB wirksam
vereinbart worden. Dort ist geregelt, dass für den Fall der Untervermietung oder
Gebrauchsüberlassung der Mieter bereits jetzt sämtliche Rechte gegen den Dritten an
den Vermieter abtritt. Diese Abtretung sämtlicher aus Untermietverhältnissen
begründeter Ansprüche ist entgegen der von der Klägerin und vom Landgericht in der
mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2007 vertretenen Auffassung wirksam.
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Ohne Belang ist, dass zum Zeitpunkt der Abtretung im Jahr 1995 weder das
Untermietverhältnis mit der Beklagten, welches erst am 21. Juni 1999 begründet worden
war, noch die streitgegenständlichen Nutzungsentschädigungs- und
Schadensersatzansprüche bestanden. Denn auch die Abtretung künftiger Forderungen
ist grundsätzlich zulässig (vgl. nur BGH NJW-RR 2005, 1408; Senat, Urt. v. 29.06.2006,
Az. I-24 U 196/04, AGS 2006, 530 sub B. II. 2, insoweit in NJW-RR 2007, 129 nicht
abgedruckt Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Auflage, § 398 Rn. 11 jew. m.w.N.). Das
Rechtsverhältnis oder die Rechtsgrundlage, aus der die Forderung erwachsen soll,
braucht noch nicht zu bestehen. Erforderlich ist nur, dass die Entstehung der Forderung
zum Zeitpunkt der Abtretung möglich erscheint und die abgetretene Forderung bestimmt
oder jedenfalls hinreichend bestimmt bezeichnet ist (vgl. Senat aaO). Beide
Voraussetzungen liegen hier vor.
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Es liegt auf der Hand, dass das Entstehen von Forderungen aus einem Untermietvertrag
möglich erschien; denn eine Untervermietung war unter den im Vertrag genannten
Voraussetzungen grundsätzlich zulässig.
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Forderungen aus einem solchen Rechtsverhältnis können grundsätzlich wirksam
abgetreten werden. Eine Abtretung ist in diesen Fällen stets möglich, sofern damit keine
Übersicherung des Vermieters oder unzulässige Benachteiligung des Mieters
verbunden ist. Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich. Von der Abtretung erfasst wurden
auch nicht nur die - hier nicht relevanten - Mietzinsansprüche, sondern sämtliche sich
aus dem Untermietvertrag ergebenden Ansprüche der Klägerin als Untervermieterin.
Aus dem der Abtretung vorangehenden Satz folgt nichts Gegenteiliges. Denn er
verweist nur auf die gesetzliche Regelung des § 546 Abs. 3 BGB a.F. (= 540 Abs. 2
BGB). Sämtliche Absätze der Ziffer 1.23 befassen sich mit der Untervermietung und
regeln diesbezügliche Sachverhalte. Eine aus der Nennung des § 549 Abs. 3 BGB
(a.F.) erkennbare Einschränkung zu der durch einen Absatz getrennten Abtretung ist
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nicht ersichtlich, zumal dort geregelt ist, dass "sämtliche Rechte" gegen den Dritten
abgetreten werden.
Für den Bereich des Gewerberaummietrechts wird eine Unwirksamkeit bei der
Abtretung von Ansprüchen an den Vermieter auch nicht angenommen. Denn die
Abtretung ist ein Äquivalent dafür, dass dem Vermieter an den vom Untermieter
eingebrachten Sachen kein Pfandrecht zusteht (vgl. Fritz, Gewerberaummietrecht, 4.
Auflage, Rn. 150; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3.
Auflage, II Rn. 445). Eine gegenteilige Entscheidung des OLG Celle (WuM 1990, 103
(105)) bezieht sich auf das Wohnraummietrecht, ist aber auf Gewerberaummietverträge
nicht übertragbar (vgl. Fritz, a.a.O.; Bub/Treier, a.a.O.). Soweit das OLG Hamburg (NJW-
RR 1999, 1316 = NZM 1999, 806 = ZMR 1999, 328) entschieden hat, eine Abtretung
von Ansprüchen auf Untermietzinsen, begrenzt auf die Höhe des Mietzinses des
Hauptmietvertrages, solle mangels Bestimmtheit unwirksam sein, ist dies mit dem hier
zu entscheidenden Fall nicht zu vergleichen. Denn dort sollte die Abtretung aller
Untermietforderungen in ihrem Gesamtumfang vom jeweiligen Schuldbetrag der zu
sichernden Mietforderungen aus dem Hauptmietverhältnis abhängen, so dass der
Gesamtumfang aller Abtretungen variabel war. Hier fehlt eine derartige Verknüpfung mit
der Höhe des Hauptmietzinses.
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Einer hinreichenden Bestimmtheit steht auch nicht entgegen, dass die Klausel nicht für
alle denkbaren Fälle regelt, auf welche Forderungen sie sich erstreckt. Denn es genügt,
wenn im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung bestimmbar ist, ob sie von der
Abtretung erfasst wird (BGH, st. Rspr., vgl. nur NJW 2000, 276; Senat aaO;
Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 398 Rn. 14 m.w.N.). Auch diese Voraussetzung begegnet
hier keinen Bedenken.
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Mangels diesbezüglichen Vortrags und hinreichender dem Akteninhalt zu
entnehmender Anhaltspunkte vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass nur eine
Sicherungsabtretung vorliegt.
17
3.
18
Auch soweit die Klägerin zur Darlegung ihrer Aktivlegitimation die Abtretungserklärung
vom 19. Juni 2007 vorlegt, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn als
Abtretender ist dort die "H. KG" aus L. genannt. Die Klägerin legt aber nicht dar, wie
diese Gesellschaft zur Inhaberin der abgetretenen Forderungen aus dem
Untermietvertrag geworden sein soll. Hierauf hat die Beklagte bereits erstinstanzlich im
Schriftsatz vom 05. Juli 2007 (S. 6 unten) hingewiesen, ohne dass die Klägerin ihr
dahingehendes Vorbringen ergänzt hätte. Es wird schon nicht deutlich, die
Rechtsnachfolgerin welcher Vermieterin in der "Vermieterkette" die H. KG sein soll. In
Betracht kommen hier zum einen die A.- AG Holding und zum anderen die D.-AG.
19
II.
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Eine fehlende Aktivlegitimation führt zur Verjährung der von der Klägerin verfolgten
Schadensersatzansprüche aus §§ 280, 281 i.V.m. 535 ff. BGB. Hierauf hat sich die
Beklagte auch berufen, weshalb sie zur Leistungsverweigerung berechtigt ist (§ 214
Abs. 1 BGB).
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Eine Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) tritt
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regelmäßig nur bei zulässiger, also "offener" Prozessstandschaft ein (vgl. Senat ZMR
2000, 210; Zöller/Vollkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 47, 55). Auch hierzu hat die Klägerin
nichts vorgetragen.
III.
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Hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsentschädigung führt der
Senat vorsorglich aus:
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Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein "Vorenthalten" des
Mietobjekts i.S. § 546 a Abs. 1 BGB, jedenfalls in dem für die Berufung interessierenden
Zeitraum ab 14. Juli 2006, nicht vorgelegen hat. Denn der für die Beklagte handelnde
Zeuge N. wollte an diesem Tag das Mietobjekt zurückgeben, was der für die Klägerin
handelnde Zeuge F. unter Hinweis auf den Zustand der Räume ablehnte. Bietet der
Mieter dem Vermieter die Sache in verändertem oder verschlechtertem Zustand zur
Rückgabe an, lehnt dieser die Rücknahme aber unter Hinweis auf den Zustand ab, so
liegt kein "Vorenthalten" vor (BGH WM 1974, 260; Senat NZM 2002, 742 m.w.N.;
Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9.
Auflage, Rn. 1033). Dies gilt sogar dann, wenn der Zustand der Mietsache eine
Benutzung oder Weitervermietung nicht zulässt (Wolf/Eckert/Ball, a.a.O.).
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Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung
zur Räumung des Objekts in einer Weise nicht nachgekommen war, die eine
Besitzausübung durch die Klägerin wesentlich beeinträchtigt hätte, weshalb auch aus
diesem Gesichtspunkt keine "Vorenthaltung" durch die Beklagte folgt ist. Weder die
Aussage des Zeugen F., der bekundete, in dem Objekt hätten sich zu diesem Zeitpunkt
noch einzelne Einrichtungsgegenstände (Kühlaggregate, Kassentische, ein
Schallplattenschrank; vgl. Protokoll vom 03. August 2007) befunden, noch die Angaben
in dessen Schreiben vom 14. Juli 2006 rechtfertigen den Schluss, es sei nicht
hinreichend geräumt gewesen. Mithin bedarf es keiner Entscheidung, ob der Aussage
des Zeugen F. oder der des Zeugen N. der Vorzug zu geben ist. Denn N. hat eine
vollständige Räumung bekundet. Das Landgericht ist jedenfalls zutreffend davon
ausgegangen, dass die zurückgelassenen Gegenstände allenfalls eine untergeordnete
Rolle gespielt und einer Besitzübertragung des Objekts auf die Klägerin nicht
entgegengestanden hätten. Sie hätten somit die Besitzausübung der Vermieterin, wenn
diese die Räume am 14. Juli 2006 übernommen hätte, nur unwesentlich beeinträchtigt
(vgl. hierzu auch BGH NJW 1983, 1049 (1050); NJW 1988, 2665; Senat MDR 2005, 744
= DWW 2005, 156 f.). Die Zurückweisung des Rückgabeangebots allein aufgrund der
zurückgelassenen Gegenstände wäre deshalb treuwidrig gewesen (§ 242 BGB),
weshalb sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen kann.
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IV.
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Hat eine Berufung - wie hier - keine Aussicht auf Erfolg, wird im Falle der
Zurückweisung des Rechtsmittels im Beschlussverfahren die Anschlussberufung
wirkungslos, weshalb über sie sachlich nicht zu entscheiden ist (§ 524 Abs. 4 ZPO).
Ausführungen hierzu sind aufgrund des derzeitigen Verfahrensstands deshalb nicht
veranlasst (Senat NJW 2003, 1260).
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V.
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Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen
ebenfalls vor.
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Düsseldorf, den 6. März 2008
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Oberlandesgericht, 24. Zivilsenat
32
Z. T. H.
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Vorsitzender Richter am Richter am Richterin am
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Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht
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