Urteil des OLG Düsseldorf vom 09.12.2010

OLG Düsseldorf (allgemeine geschäftsbedingungen, mieter, zustand der mietsache, treu und glauben, klausel, ausführung, höhe, eigenleistung, auslegung, vermieter)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 U 66/10
Datum:
09.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10 U 66/10
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27. Mai 2010 verkündete
Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach –
Einzelrichterin – unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 225,00 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 25.02.2009 sowie 52,50 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu
zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 96
%, der Beklagte zu 4 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 92 %, der Beklagte zu 8
%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung hat in der Sache in Höhe von 2.457,65 € Erfolg. Der Klägerin
steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs.
1, Abs. 3, 281 BGB wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen in zuerkannter
Höhe von 1.857,20 € noch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Instandsetzung
der Thekenentwässerung in Höhe von 600,45 € zu. Lediglich in Höhe zuerkannter
225,00 € beruht das angefochtene Urteil im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung
(§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im
Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529
Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Das beruht im Einzelnen auf folgenden
Erwägungen:
1
1. Schönheitsreparaturen 1.857,20 €
2
Es mag dahin stehen, ob – wozu der Senat neigt – ein Schadensersatzanspruch der
Klägerin nicht bereits aufgrund des zwischen den Parteien im Verfahren 15 C 121/08
AG Mönchengladbach-Rheydt am 15.10.2008 abgeschlossenen Räumungsvergleichs
ausgeschlossen ist. Jedenfalls scheitert der Schadensersatzanspruch bereits daran,
dass der Beklagte entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zur Ausführung von
Schönheitsreparaturen verpflichtet war. Die formularmäßige Schönheitsreparaturen-
klausel in § 12 Nr. 3 des Miet-/Pachtvertrages,
"Der Mieter ist verpflichtet,
Schönheitsreparaturen laufend auf eigene Kosten fachgerecht durchführen zu
lassen, sobald der Grad der Abnutzung dies nach der Art des Gewerbebetriebes
bzw. der vertraglichen Nutzung erfordert"
Selbstvornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter ausgeschlossen ist und
der Mieter hierdurch unangemessen benachteiligt wird (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
3
Nach der gesetzlichen Regelung hat nicht der Mieter, sondern der Vermieter die
Schönheitsreparaturen durchzuführen. Das ergibt sich aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB,
wonach der Vermieter das Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem
vertragsgemäßen Zustand zu erhalten hat. Allerdings weicht die mietvertragliche Praxis,
insbesondere in Formularverträgen regelmäßig von diesem gesetzlichen Leitbild ab.
Wegen dieser langjährigen Übung, die nach Auffassung des BGH bereits allgemeine
Verkehrssitte geworden ist, hat dieser es gebilligt, dass in Formularverträgen
Schönheitsreparaturen regelmäßig auf den Mieter verlagert werden, obwohl nach § 307
BGB Bestimmungen, die vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
abweichen, in der Regel als unangemessen und damit unwirksam anzusehen sind
(BGH RE v. 30.10.1984, WuM 1985, 46 - VIII ARZ 1/84; Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005,
2006 - XII ZR 308/02). Denn das Gesetz hat die Pflicht zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen grundsätzlich disponibel ausgestaltet, weswegen die dafür
notwendigen Kosten - wie hier ausdrücklich in § 12 Nr. 3 MV/PV niedergelegt - nicht
zwingend in die Miete einkalkuliert sein müssen. Der Gesetzgeber hat die
überwiegende mietrechtliche Praxis einer Übertragung der Schönheitsreparaturen auf
den Mieter bei entsprechend geringerer Miete also auch mit der Neuregelung des
Mietrechts durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) als im
Einklang mit dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages stehend akzeptiert.
4
Ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch im Einzelfall zulässig ist, hängt von
ihrem Inhalt ab, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Allgemeine
Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn
einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise
verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen
Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Nach dem Wortlaut der
Klausel hat der Mieter die Schönheitsreparaturen "fachgerecht durchführen zu lassen".
Dies kann aus der Sicht eines verständigen Mieters – jedenfalls bei kundenfeindlichster
Auslegung - nur die Bedeutung haben, dass ihm die Vornahme der
Schönheitsreparaturen in Eigenleistung nicht gestattet ist, sondern dass er sich hierzu
einer Fachfirma bedienen muss.
5
Für dieses schon nach dem Wortlaut der Klausel nahe liegende Auslegungsergebnis
sprechen auch die im Vertragstext vorgehenden Absätze der in § 12 MV/PV getroffenen
6
Regelungen. So sieht die zur Höhe nicht ausgefüllte Regelung des § 12 Ziffer 2 Abs. 3
vor, dass der Mieter verpflichtet ist, Elektro- und Gasgeräte jährlich auf eigene Kosten
und durch eine Fachkraft bzw. eine Fachfirma warten zu lassen. § 12 Ziffer 2 Abs. 4
regelt, dass der Mieter außerdem die Kosten kleinerer Instandsetzungsarbeiten an
denjenigen Gegenständen, die seinem direkten und häufigen Zugriff unterliegen, zu
tragen hat. Beiden Klausel ist gemein, dass sie eine Eigenleistung des Mieters
ausschließen. Auch dies strahlt auf das Verständnis der zuvor in § 12 Ziffer 3 Abs. 1
geregelten Schönheitsreparaturpflicht aus und spricht bei kundenfeindlichster
Auslegung dagegen, dass es sich bei der Wendung "fachgerecht ausführen zu lassen"
nur um eine zufällige sprachliche Unachtsamkeit ohne inhaltliche Bedeutung handelt.
Die grundsätzlich zulässige Abänderung dispositiver gesetzlicher Regelungen durch
Allgemeine Geschäftsbedingungen findet ihre Grenze in den §§ 305 ff. BGB. Zwar sind
die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht
anwendbar, wenn sie im Rahmen eines gewerblichen Mietvertrages gegenüber einem
Unternehmer verwendet werden. Auch in solchen Fällen kann die Inhaltskontrolle nach
§ 307 BGB allerdings zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung
führen, insbesondere wenn sich die Regelung noch weiter als im Rahmen der
mietrechtlichen Praxis erforderlich vom gesetzlichen Leitbild entfernt und zu einer
unangemessenen Verschärfung der vertraglichen Verpflichtungen zu Lasten des
Mieters führt.
7
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten
von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist
eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird,
nicht zu vereinbaren ist. Das ist hier der Fall. Unter Bezug auf diese gesetzliche
Regelung hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 9.6.2010, GE 2010,
1045 - VIII ZR 294/09) nach Verkündung des angefochtenen Urteils entschieden, dass
eine Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Wohnraummietvertrag, wonach es
dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen "ausführen zu lassen", den Mieter
unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist, wenn sie bei
kundenfeindlichster Auslegung dem Mieter dadurch die Möglichkeit der
kostensparenden Eigenleistung nimmt, dass sie als Fachhandwerkerklausel verstanden
werden kann. Der VIII. Zivilsenat begründet dies u.a. damit, die zur Verkehrssitte
gewordene Praxis einer Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter sei
auch dadurch geprägt, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in
Eigenleistung ausführen könne. Dieser Gesichtspunkt sei für die Beurteilung der
Angemessenheit nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil auf diese Weise die
übernommenen Pflichten für den Mieter überschaubar und in ihren wirtschaftlichen
Auswirkungen vorauskalkulierbar werden und er durch Ansparen Vorsorge treffen sowie
sich durch Eigenleistungen Kosten ersparen kann. Werde deshalb dem Mieter - bei
Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung der Vornahmeklausel - die
Möglichkeit einer Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung genommen,
verliere die Überwälzung dieser Arbeiten am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ihre
innere Rechtfertigung. Das gelte umso mehr, als Schönheitsreparaturen ihrer Natur
nach nicht zwingend die Ausführung durch eine Fachfirma bedingen und deshalb auch
ein Vermieter nicht verpflichtet wäre, im Rahmen seiner Instandhaltungspflichten die
Schönheitsreparaturen durch Vergabe an Dritte ausführen zu lassen, sondern nur ein
bestimmtes Arbeitsergebnis, nämlich eine fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und
8
Güte (§ 243 Abs. 1 BGB), schulde.
Diese Rechtsprechung gilt auch für den streitgegenständlichen Gaststättenmiet-
/pachtvertrag. Der Senat hat bereits die Auffassung des VIII. Zivilsenats zur
Unwirksamkeit starrer Fristenregelungen auf gewerbliche Mietverträge angewendet (
Urt. v. 4.5.2006, NJW 2006, 2047 - I-10 U 174/05 ) und dies u.a. damit begründet, dass
der gewerbliche Mieter bei vergleichbarer Vertragsgestaltung nicht weniger
schutzbedürftig sei als ein Wohnraummieter. Der für das gewerbliche Mietrecht
zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat diese Auffassung auf die zugelassene Revision
des Vermieters bestätigt (Urt. v. 8.10.2008, NJW 2008, 3772 - XII ZR 84/06) und die
Unwirksamkeit einer starren Fristenregelung für die Übernahme der
Schönheitsreparaturen zusammenfassend daraus abgeleitet, dass dies aus der
gesetzlichen Wertung, die insoweit nicht zwischen Wohnungsmiete und gewerblicher
Miete unterscheide, und aus den Grenzen folge, die die §§ 305 ff. BGB vertraglichen
Vereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen setzten. Auch der
Schutzzweck sei in Bezug auf starre Fristenregelungen für Schönheitsreparaturen bei
gewerblichen Mietverhältnissen nicht grundsätzlich anders zu bewerten als im Falle
einer Wohnungsmiete.
9
Hieran gemessen sieht der Senat auch unter Berücksichtigung einer allgemein
geringeren Schutzbedürftigkeit eines Geschäftsraummieters keinen überzeugenden
Grund, für den Bereich der Geschäftsraummiete der Rechtsprechung des VIII.
Zivilsenates nicht zu folgen. Die vereinbarte "Ausführungsklausel" ist bei der Prüfung
ihrer Angemessenheit nach einem generalisierenden objektiven Maßstab auch im
Bereich der gewerblichen Miete mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, weil sie
den Mieter mit Renovierungsverpflichtungen belastet, die über den tatsächlichen
Renovierungsbedarf hinausgehen, und die auch von dem Vermieter, wäre er selbst zur
Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet, nicht verlangt werden könnte. Auch
der gewerbliche Mieter schuldet grundsätzlich nur eine fachgerechte Ausführung in
mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB), die er ohne weiteres auch ohne Beauftragung
eines Fachbetriebes in Eigenleistung erbringen kann. Außerdem kann der Vermieter nur
ein Interesse an einer fachgerechten Ausführung haben; diesem Interesse wird aber
auch im gewerblichen Mietrecht durch die Ausführung der Arbeiten in Wege der
Eigenleistung genügt, wenn sie fachgerecht sind. Hierzu sind aber viele Mieter selbst
oder mit Hilfe ihrer Mitarbeiter in der Lage. Gegenteiliges lässt sich der eine
abweichende Individualvereinbarung betreffenden Entscheidung BGHZ 85, 267 nicht
entnehmen. Soweit im Schrifttum angenommen wird, dass Fachhandwerkerklauseln im
gewerblichen Mietrecht einer AGB-Kontrolle standhalten (vgl. Lindner-
Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 13, Rn. 204; Langenberg,
Schönheitsreparaturen, Instandsetzung, Rückbau, 3. Aufl., I 35; Heinrichs, NZM 2005,
201, 210), liegen diese Ausführungen zeitlich vor der Entscheidung XII. Zivilsenates und
dem darin grundsätzlich vorgenommenen Paradigmenwechsel in Bezug auf die
Schutzbedürftigkeit auch des gewerblichen Mieters. Soweit Wolf/Eckert/Ball (Handbuch
des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10 Aufl., Rn. 420) aus der
Entscheidung des BGH (RE v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 – VIII ZR 1/88) ableiten, dass
Klauseln, die eine "fachgerechte" oder "fachmännische" Ausführung verlangen, nur
etwas zur Qualitätserwartung des Vermieters besagen, ohne die fachmännische
Eigenleistung auszuschließen, ist diese Auffassung jedenfalls bei einer Klausel mit dem
Zusatz "ausführen zu lassen" durch die Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 9.6.2010
(a.a.O.) überholt.
10
Ob die streitgegenständliche Klausel unabhängig von vorstehenden Ausführungen auch
gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt, mag dahin stehen.
Offen bleiben kann schließlich auch, ob diese Formularbestimmung bei der auch im
Individualprozess maßgeblichen "kundenfeindlichsten" Auslegung von
Formularbestimmungen dahin auszulegen ist, dass der Mieter die Räumlichkeiten
bereits bei leichten bis mittelgradigen Abnutzungsspuren renovieren muss, sodass die
Klausel im ungünstigsten Fall zu einer Verpflichtung zur nahezu ständigen Beseitigung
("laufend") von Abnutzungsspuren führt. Auch hierin läge ein Verstoß gegen § 307 Abs.
1 BGB.
11
Ist dem Beklagten danach die Ausführung der Schönheitsreparaturen nicht wirksam
auferlegt, läuft die weitere Klausel in § 19 Nr. 2 MV/PV, wonach der Mieter bei
Beendigung des Mietverhältnisses die gemäß § 12 Ziffer 3 fälligen
Schönheitsreparaturen auszuführen hat, ins Leere.
12
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen war der Beklagte aber selbst bei
Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel nicht verpflichtet, bei Beendigung des Miet-
/Pachtverhältnisses die geforderten Schönheitsreparaturen auszuführen. Auch wenn mit
dem Landgericht davon auszugehen wäre, dass die Mieträume renoviert werden
mussten, sobald aus der Sicht eines objektiven Betrachters Renovierungsbedarf
bestand, so setzt die Fälligkeit der Schönheitsreparaturen jedenfalls voraus, dass die
Mieträume sich in einem zur Durchführung von Schönheitsreparaturen geeigneten
baulichen Zustand befinden. Solange Schönheitsreparaturen wegen bauseitiger
Schäden nicht sinnvoll und fachgerecht ausgeführt werden können, tritt deren Fälligkeit
nicht ein (KG, Urt. v. 28.4.2008, GE 2009, 448 - 8 U 154/07). Die insoweit darlegungs-
und beweisbelastete Klägerin hat nicht bewiesen, dass der streitgegenständliche
Gaststättensaal entgegen der Behauptung des Beklagten bei Beendigung des
Mietverhältnisses frei von Undichtigkeiten im Dachbereich und Feuchtigkeit im
Mauerwerk war. Der Beklagte hat insoweit unter Vorlage einer "eidesstattlichen
Versicherung" der Zeugin Maria P. vom 28.02.2009 vorgetragen, dass eine Vitrine von
der Wand gefallen und der Wandbereich, an dem die Vitrine gehangen habe,
durchfeuchtet gewesen sei. Dem hat die Klägerin in der Folge nicht substanziiert
widersprochen. Es kommt hinzu, dass der Zeuge J., der Ehemann der Klägerin, bei
seiner erstinstanzlichen Vernehmung auf Vorhalt eingeräumt hat, dass aufgrund eines
Lecks im Dach Feuchtigkeit in die Räumlichkeiten eingedrungen sei und daher auch
einige Feuchtigkeitsschäden an den Wänden vorhanden gewesen seien. Er hat jedoch
ausdrücklich abgestritten, dass in der Gaststätte selbst Feuchtigkeit gewesen sei,
sodass dort auch nichts habe beseitigt werden müsse. Mit dieser Aussage hat die
Klägerin nicht bewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Renovierung des
Mietobjekts durch den Beklagten gegeben waren. Der Senat vermag im Hinblick auf die
die Feuchtigkeitsschäden bestätigende Aussage der Ehefrau des Beklagten allein
aufgrund der Aussage des Ehemannes der Klägerin nicht gemäß § 286 ZPO mit der
notwendigen Sicherheit festzustellen, dass die Mieträume frei von erst noch von der
Vermieterseite zu beseitigenden Vorschäden waren. Dies gilt auch im Hinblick auf die
sich in der beigezogenen Akte befindlichen Objektfotos, die an den Wänden
Feuchtigkeitskränze erkennen lassen (z. B. GA 42, 45). Solange die Klägerin aber
ihrerseits nicht die baulichen Voraussetzungen für die Vornahme der
Schönheitsreparaturen geschaffen hatte, war auch der Beklagte zu ihrer Ausführung
nicht verpflichtet.
13
2. Thekenentwässerung 600,45 €
14
Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin die in Höhe von 600,45 €
zuerkannten Kosten für die Instandsetzung der Thekenentwässerung als
Schadensersatz zu erstatten. Abgesehen davon, dass das Landgericht der Klägerin
unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) den vollen
Nettobetrag des Angebots der Firma K. vom 03.04.2009 (GA 22) zugesprochen hat,
obwohl das Angebot sich nach seinem Wortlaut ausdrücklich nicht nur auf die
Instandsetzung der Thekenentwässerung, sondern darüber hinaus ferner auf die
Instandsetzung der Heizung und die Montage der Dunstabzugshaube bezog und der
Beklagte bereits mit seiner Klageerwiderung (GA 56) auf diesen Umstand hingewiesen
hat, hat das Landgericht auch die Beweislast verkannt. Aus der Regelung des § 538
BGB folgt, dass der Vermieter den ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache bei
Übergabe beweisen muss, weil der Mieter nur für solche Verschlechterungen
einzustehen hat, die während der Mietzeit entstanden und nicht Folge des
vertragsgemäßen Gebrauchs sind (Senat, Urt. v. 27.3.2003, GE 2003, 1080; Urt. v.
16.10.2003, DWW 2004, 19 = GE 2003, 1608 = ZMR 2003, 921 - 10 U 46/03; Urt. v.
8.12.2005, GE 2006, 327 = NJOZ 2006, 4606 - I-10 U 80/05; Urt. v. 7.10.2004, NZM
2004, 866 = OLGR 2005, 187 = WuM 2004, 603 - I-10 U 70/04). Da die zugrunde
liegende Beschädigung nach dem Vortrag des Beklagten bereits bei seinem Einzug
vorgelegen haben soll, oblag es der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass dem
Beklagten die Gaststätte insoweit unbeschädigt übergeben worden ist. Angesichts der
widerstreitenden Aussagen der Zeugen J., Z., L. und G. hat die Klägerin diesen Beweis
nicht geführt. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht auf § 12 Ziffer MV/PV stützen,
wonach der "Mieter die Mietsache in dem vorhandenen Zustand als vertragsgemäß und
bezugsfertig übernimmt. Selbst wenn die Klausel einer AGB-Kontrolle standhält, so
bezieht sie sich nur auf den Zustand der Mietsache, den der Mieter ohne weiteres
erkennen kann. Die "verquetschte" Rohrleitung zählt hierzu nicht.
15
Eine Ersatzpflicht des Beklagten folgt auch nicht aus § 582 Abs. 1 BGB. Da dem
Beklagten die Gaststätte nebst Inventar überlassen worden ist, handelt es sich bei dem
Vertragsverhältnis der Parteien entgegen dem Wortlaut der Vertragsurkunde nicht um
einen Miet-, sondern um einen Pachtvertrag i.S. des § 581 BGB. Zwar obliegt dem
Pächter gemäß § 582 Abs. 1 BGB die Erhaltung der einzelnen Inventarstücke. Die
Vorschrift ist jedoch dispositiv, sodass die Partei Abweichendes vereinbaren können.
Hier haben die Parteien in § 12 Ziffer 3 Abs. 3 die Erhaltungspflicht des Pächters nur für
das ausdrücklich im Mietvertrag aufgeführte Zubehör geregelt. Dies schließt im
Umkehrschluss eine weitergehende Erhaltungspflicht des Beklagten nach § 582 Abs. 1
BGB aus.
16
3. Kostenbeteiligung Bierbegleitkühlung
17
Das Landgericht hat der Klägerin mit zutreffender Begründung einen
Bereicherungsanspruch gemäß §§ 812, 818 Abs. 2 BGB auf Zahlung von 225 €
zuerkannt. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg. Wenn die Parteien sich
nach den Aussagen sowohl des Zeugen J. als auch der Zeugin Z. vor dem Hintergrund,
dass eine solche Kühlung normalerweise 800,00 € kostet, auf eine Kostenbeteiligung
der Klägerin in Höhe von 400,00 € geeinigt haben, so kann dies bei verständiger
Würdigung nur bedeuten, dass die Klägerin sich an den tatsächlich entstehenden
Kosten zur Hälfte beteiligen wollte. Wenn der Beklagte dann für die Kühlungsanlage
statt der veranschlagten 800,00 € lediglich 350,00 € aufgewendet hat, hat er nach der
getroffenen Vereinbarung 225,00 € zuviel erhalten und der Klägerin diesen Betrag
18
gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu erstatten.
4. Vorgerichtliche Kosten
19
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stehen der Klägerin nach einem Streitwert von
225,00 € lediglich in Höhe von 52,50 € zu.
20
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708
Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der
Revision liegen nicht vor.
21
Streitwert: 2.682,85 €
22