Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.03.2007

OLG Düsseldorf: zustand der mietsache, beschränkung, rückbau, rücknahme, rechtsgrundlage, vollstreckbarkeit, sachverständiger, form, minderung, mensch

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 U 145/06
Datum:
22.03.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10 U 145/06
Leitsätze:
BGB § 254
Zur Frage, wann sich der einen Mietausfallschaden geltend machende
Kläger we-gen verzögerter Weitervermietung ein überwiegendes
Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen muss.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27. Oktober 2006
verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf un-ter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.000,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juni
2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Parteien je zur
Hälfte.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
1
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Beklagte hat durch Beschränkung des
Rechtsmittels den zuerkannten Anspruch des Klägers wegen eines
Mietausfallschadens für die Zeit vom 01.07.2003 bis zum 30.11.2003 in Höhe von
11.000,00 € akzeptiert. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch steht dem Kläger
nicht zu.
2
1.
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Der Kläger kann für die Zeit ab dem 01.12.2003 keinen Schadensersatz nach §§ 280,
281, 286 BGB verlangen.
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Ungeachtet dessen, dass der Beklagte aufgrund nicht durchgeführter
Schönheitsreparaturen zur Endrenovierung verpflichtet war und seiner Pflicht binnen der
hierzu mit Schreiben vom 20.05.2003 (Anl. K 2, Bl. 16 f GA) bis zum 31.05.2003
gesetzten Frist nicht nachgekommen ist, sondern eine Endrenovierung zunächst unter
dem 27.05.2003 und in der Folge mit Schreiben vom 20.06.2003 (Bl. 38 f GA) ernsthaft
und endgültig verweigert hat, kann der Kläger jedenfalls wegen überwiegenden
Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 BGB keinen Mietausfall für den in der Berufung
allein im Streit stehenden Zeitraum ab dem 01.12.2003 beanspruchen.
5
a.
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Ein Mitverschulden ist immer dann zu bejahen, wenn der Geschädigte die Maßnahmen
unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder
–minderung ergreifen würde (RGZ 52, 349 [351]; BGH, NJW 1952, 299 [300]; OLG
Rostock, NJOZ 2002, 804 [806]). Hiervon ausgehend hätte es dem Kläger, der nicht
vorträgt, nach Beendigung des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens bei dem
Landgericht Düsseldorf, Az. 12 OH 6/03, Renovierungsarbeiten durchgeführt zu haben,
jedenfalls nach Durchführung des Ortstermins im selbstständigen
Beweissicherungsverfahren am 06.11.2003 oblegen, die streitigen Räumlichkeiten an
die seinerzeitige Untermieterin des Beklagten und nunmehrige Mieterin K. spätestens
zum 01.12.2003 weiterzuvermieten. Mietete Frau K. die schon zuvor unrenoviert
genutzten Räume auch ohne spätere Renovierung an, wäre eine Weitervermietung zu
einem früheren Zeitpunkt - wie ohnehin zuvor angedacht – zudem ohne Weiteres
möglich gewesen.
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Nachdem die Parteien zwischenzeitlich lediglich über den Zeitraum ab dem 01.12.2003
streiten, kommt es darauf, ob der Kläger gehalten war, die zur Geltendmachung von
Renovierungskosten erforderlichen Feststellungen mittels privaten
Sachverständigengutachtens und Kostenvoranschlags zu ermöglichen, welche nach
der am 27.05.2003 ausgesprochenen Erfüllungsverweigerung hätten veranlasst werden
können mit der Folge, dass lediglich ein Mietausfall für ein oder zwei Monate entstanden
wäre, nicht an (vgl. hierzu Scheuer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und
Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. V Rz. 179). Entgegen der Auffassung des Klägers und
des Landgerichts war ein weiteres Zuwarten nach Durchführung des Ortstermins durch
den gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht geboten. Macht der Kläger wie hier
abstrakten Schadensersatz in Form fiktiver Reparaturkosten geltend (vgl. Urteil vom
19.07.2005, Bl. 97 f BA 1 O 109/04 LG Düsseldorf = I-10 U 10/05 OLG Düsseldorf),
bedurfte es keiner weiteren Zeit zur Durchführung der erforderlichen Reparaturen (vgl.
Scheuer, in: Bub/Treier, a.a.O.). Eine solche wäre überdies jedenfalls bis zum
30.11.2003 möglich gewesen. Keine Bedeutung erlangt, dass das Gutachten zu diesem
Zeitpunkt noch nicht erstellt und das Beweissicherungsverfahren noch nicht
abgeschlossen war. Denn ungeachtet etwaiger Beanstandungen des seinerzeit noch zu
erstellenden Gutachtens hätte der Sachverständige unabhängig von seinem Gutachten
nach Durchführung der Inaugenscheinnahme als sachverständiger Zeuge
herangezogen werden können. Zudem hat der Sachverständige, wie es auch dem
Kläger zuvor möglich gewesen wäre, entsprechende Lichtbilder gefertigt. Hiervon
ausgehend wäre nicht nur der Zustand der Mietsache im Nachhinein festzustellen
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gewesen, sondern auch die zur Herstellung des geschuldeten Zustandes erforderlichen
Kosten. Unabhängig davon hätte auch die Nachmieterin K. als Zeugin Angaben zum
Zustand des Mietobjekts machen können. Schließlich besaß der Kläger auch Kenntnis
von dem durch den Sachverständigen anberaumten Ortstermin (vgl. Schreiben vom
24.10.2003, Bl. 35 BA 12 OH 6/03 LG Düsseldorf).
b.
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Keine andere Beurteilung rechtfertigt der Umstand, dass dem Beklagten unter dem
18.11.2003 drei Schlüssel zum Objekt übersandt wurden. Dabei kann offen bleiben, ob
es sich hierbei um sämtliche Schlüssel handelte. Überließ der Kläger die Schlüssel
nämlich ungefragt und nach endgültiger Erfüllungsverweigerung durch den Beklagten,
können hierdurch bedingte Verzögerungen bei der Weitervermietung nicht zu Lasten
des Beklagten gehen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger die Schlüssel zu keinem
Zeitpunkt zurückgefordert hat.
10
c.
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Soweit der Kläger zeitgleich mit der Renovierung die Entfernung vorhandener
Einbauten gefordert hat, gilt nichts anderes. Denn seinem Vorbringen lässt sich weder
entnehmen, um welche Einbauten es sich handelt noch ob ein Rückbau erfolgt ist.
12
2.
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Anderweitige Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Insbesondere kommt dem
Kläger auch keine Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB zu, da ihm die Mieträume
im Hinblick darauf, dass er die Rücknahme wegen des Zustands des Mietobjekts selbst
verweigert hat, nicht vorenthalten worden sind (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2002, 742;
OLG Hamm, NZM 2003, 517; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., § 546 a Rz. 8).
14
3.
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Nachdem die Beschränkung der Berufung die auf die zuerkannten 11.000,00 €
entfallenden, dem Kläger nach §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB
gebührenden Zinsen nicht umfasst, ist das Rechtsmittel insoweit zurückzuweisen. Im
Übrigen ist die Zinsforderung mangels Hauptforderung zu kürzen.
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II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 Abs. 2
ZPO).
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Streitwert: 11.000,00 €
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