Urteil des OLG Celle vom 14.11.2011

OLG Celle: vorläufige festnahme, einspruch, ordnungswidrigkeit, teilrechtskraft, verzicht, entlastung, vorführung, beschränkung, strafverfahren, verwirkung

Gericht:
OLG Celle, 01. Senat für Bußgeldsachen
Typ, AZ:
Beschluss, 311 SsBs 152/11
Datum:
14.11.2011
Sachgebiet:
Normen:
OWIG § 74 ABS 2
Leitsatz:
Der Senat ist - anders als das OLG Hamm - der Auffassung, dass das Amtsgericht den Einspruch
eines nicht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen Betroffenen gegen
den Bußgeldbescheid auch dann gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verwerfen darf, wenn das
vorangegangene Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben
worden war, und legt die Sache daher zur Entscheidung der Rechtsfrage dem BGH vor.
Volltext:
311 SsBs 152/11
7081 Js 61241/10 StA Hannover
B e s c h l u s s
In der Bußgeldsache
gegen F. B.,
geboren am xxxxxxx 1972 in K. / ehemalige S.U.,
wohnhaft P. K., S. (O.)
Verteidiger: Rechtsanwalt A., S.
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen
das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 25. August 2011 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx und die Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxxxxxx
und xxxxxxxxxx am 14. November 2011 beschlossen:
Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Darf das Amtsgericht den Einspruch eines nicht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen
Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde auch dann noch gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG
verwerfen, wenn das vorangegangene Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch
aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückverwiesen worden war?
G r ü n d e :
I.
Durch Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt H. vom 19. Mai 2010 ist gegen den Betroffenen wegen
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h eine
Geldbuße von 160 € und ein Fahrverbot von einem Monat unter Anwendung von § 25 Abs. 2a StVG verhängt
worden.
Auf seinen Einspruch ist der Betroffene vom Amtsgericht Hannover durch Urteil vom 9. Dezember 2010 wegen
fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160 € verurteilt worden. Außerdem ist
gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat unter Anwendung von § 25 Abs. 2a StVG angeordnet worden.
Auf die unbeschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des
Oberlandesgerichts Celle mit Beschluss vom 29. März 2011 311 SsBs 33/11 - das Urteil im Rechtsfolgenausspruch
aufgehoben, die weitergehende Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen und die Sache im Umfang der
Aufhebung zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des
Amtsgerichts Hannover zurückverwiesen.
Durch das nunmehr angefochtene Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 25. August 2011 ist der Einspruch des
Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt H. vom 19. Mai 2010 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG
verworfen worden, weil der nicht vom persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene in der Hauptverhandlung
unentschuldigt ausgeblieben sei.
Hiergegen hat der Betroffene rechtzeitig Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit der Verfahrensrüge macht er geltend,
dass er nicht ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung geladen worden sei. Außerdem erhebt er die Sachrüge.
Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Hauptverhandlung hat der Betroffene nicht
gestellt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349
Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, weil die erhobene Verfahrensrüge mangels vollständiger
Angabe der relevanten Tatsachen unzulässig und die erhobene Sachrüge unbegründet sei.
II.
Der Einzelrichter des Bußgeldsenats hat die Sache durch Beschluss vom 2. November 2011 gemäß § 80a Abs. 3
Satz 1 OWiG auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen.
III.
Der Senat möchte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als
offensichtlich unbegründet verwerfen, weil die erhobene Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt und daher
unzulässig und die Sachrüge unbegründet ist.
Er sieht sich daran jedoch durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. November 2006 - 4 Ss OWi
742/06 - (VerkMitt 2007, Nr. 25. VRS 112, 49) gehindert. Danach ist eine Verwerfung des Einspruchs gemäß § 74
Abs. 2 OWiG dann unzulässig, wenn eine vorangegangene amtsgerichtliche Entscheidung vom
Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und daher im Schuldspruch rechtskräftig
geworden ist (zustimmend KKSenge, OWiG 3. Auflage § 74 Rn. 21. offengelassen bei GöhlerSeitz, OWiG 15.
Auflage § 74 Rn. 24).
Zur Begründung führt das Oberlandesgericht Hamm aus, dass durch die Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts, unter Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen nur den Rechtsfolgenausspruch
aufzuheben, der Schuldspruch und die dem Schuldspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen
rechtskräftig feststehen. Nur diese und nicht etwa die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des
Bußgeldbescheides seien damit Grundlage für das weitere Verfahren, also der noch ausstehenden
Bußgeldbemessung. Der Konflikt zwischen der zwingenden Anordnung des § 74 Abs. 2 OWiG und der eingetretenen
Teilrechtskraft der vorangegangenen gerichtlichen Entscheidung sei dahin zu lösen, dass der Teilrechtskraft der
Vorrang eingeräumt werde. Die Verwerfung des Einspruchs gemäß § 74 Abs. 2 OWiG mit der Folge der Herstellung
der Rechtskraft des Bußgeldbescheides könne in unüberwindbarem Widerspruch zu der bestehenden Teilrechtskraft
des ersten Urteils stehen. Dieser Konflikt könne auch nicht befriedigend dadurch gelöst werden, dass - zudem
gesetzlich in § 74 Abs. 2 OWiG auch nicht vorgesehen - festgestellt werde, dass sich die dem Schuldspruch
zugrundeliegende Ordnungswidrigkeit nach dem zunächst ergangenen Urteil richte, der Rechtsfolgenausspruch aber
nach dem Bußgeldbescheid, da die rechtskräftig feststehenden Feststellungen von dem Vorwurf des
Bußgeldbescheides abweichen können. Es sei auch nicht sachgerecht, eine Einspruchsverwerfung in solchen Fällen
zuzulassen, in denen die rechtskräftigen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils nicht von dem Vorwurf des
Bußgeldbescheides abweichen, weil die Frage der Zulässigkeit der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG
nur einheitlich und nicht fallbezogen beantwortet werden könne. Die möglichen praktischen Schwierigkeiten, die sich
daraus ergeben könnten, dass ein Betroffener die Durchführung der Hauptverhandlung durch Abwesenheit unmöglich
mache oder gar torpediere, könnten dadurch gelöst werden, dass im Falle des unerlaubten Fernbleibens in der
Hauptverhandlung ein Verzicht auf die oder eine Verwirkung der Anwesenheitsrüge zu sehen sein könnte.
Nach dieser Rechtsprechung wäre im vorliegenden Fall das angefochtene Urteil bereits auf die im Rahmen der
Sachrüge von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Frage, ob das Amtsgericht den Umfang seiner Prüfungs und
Feststellungspflicht verkannt hat, aufzuheben, weil das teilrechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 9.
Dezember 2010 und der Beschluss des Senats vom 29. März 2011 einer Verwerfung des Einspruchs des
Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 OWiG entgegenstanden und das Amtsgericht deshalb seiner Verpflichtung, über die
Rechtsfolgen der vom Betroffenen begangenen Ordnungswidrigkeit neu zu befinden, durch die angefochtene
Entscheidung nicht nachgekommen wäre.
IV.
Diese Auffassung teilt der Senat nicht.
Er hält die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG auch bei vorangegangener Teilaufhebung im
Rechtsfolgenausspruch für zulässig (ebenso Bösert in Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. Stand: März 2011, §
74 Rn. 13. in diese Richtung tendierend - allerdings nicht tragend entschieden - auch OLG Stuttgart DAR 2001, 470
mit zust. Anm. Korte in NStZ 2002, 587).
Auszugehen ist davon, dass § 74 Abs. 2 OWiG zwingend und ohne Ausnahme die Verwerfung des Einspruchs
gegen den Bußgeldbescheid bei unentschuldigter Abwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung vorschreibt.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach „hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung
zur Sache durch Urteil zu verwerfen“, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausbleibt. Ein
Ermessensspielraum wird dem Gericht nach Neufassung der Bestimmung durch Art. 1 Nr. 13 OWiGÄndG vom 26.
Januar 1998 (BGBl. I S. 156, 157) nicht mehr eingeräumt (OLG Düsseldorf NStZRR 2007, 318. KKSenge, aaO Rn.
1, 19).
Auch in den Gesetzgebungsmaterialien werden Einschränkungen in der Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG nicht
erörtert. Vielmehr hat der Gesetzgeber aus der KannRegelung des § 74 Abs. 2 OWiG a. F. bewusst eine zwingende
Regelung gemacht (BTDrucksache 13/5418 S. 9). Mit der Neufassung wollte der Gesetzgeber - gerade auch bei
Abwesenheit des Betroffenen - eine Vereinfachung des Verfahrens und damit eine Entlastung der Gerichte erreichen,
die nach der Zielsetzung des Gesetzesentwurfes „dringend geboten“ erschien (BTDrucksache 13/5418 S. 1). Eine
einschränkende Auslegung des § 74 Abs. 2 OWiG würde dieser Zielrichtung zuwiderlaufen (ebenso OLG Düsseldorf
aaO).
Die bei vergleichbaren Verfahrenskonstellationen geltenden strafprozessualen Regelungen gebieten keine
abweichende Beurteilung. Die Vorschrift des § 74 Abs. 2 OWiG enthält keine der Bestimmung in § 329 Abs. 1 Satz
2 StPO, wonach eine Verwerfung der Berufung nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht unzulässig ist,
vergleichbare Regelung. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des §
74 Abs. 2 OWiG für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren unterschiedliche Regelungen treffen wollte (so
schon BGHSt 33, 394, zu § 74 Abs. 2 OWiG a. F.). Die entgegenstehenden Vorschriften des Strafverfahrensrechts
(§§ 329 Abs. 1 Satz 2, 412 StPO) finden im gerichtlichen Bußgeldverfahren demnach auch keine entsprechende
Anwendung (BGH aaO. KKSenge aaO Rn. 21).
Ferner kann nicht außer Acht gelassen werden, dass dem Amtsgericht keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen,
um das Erscheinen des Betroffenen vor Gericht zu erzwingen. Der Gesetzgeber hielt bei der Neufassung des § 74
Abs. 2 OWiG die noch in § 74 Abs. 2 OWiG a. F. neben der Verwerfung des Einspruchs vorgesehenen
Möglichkeiten, die Vorführung des Betroffenen anzuordnen oder ohne den Betroffenen die Hauptverhandlung
durchzuführen, angesichts der zwingenden Regelung des § 74 Abs. 2 OWiG ausdrücklich für entbehrlich
(BTDrucksache 13/5418 S. 9). § 230 Abs. 2 StPO, der die Vorführung eines Angeklagten im Strafverfahren regelt,
ist nicht anwendbar (KKSenge aaO, § 73 Rn. 5). Verhaftung und vorläufige Festnahme sind nach § 46 Abs. 3 Satz 1
OWiG unzulässig. Das Verfahren in Abwesenheit des Betroffenen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 OWiG) setzt voraus, dass
dieser auf seinen Antrag gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden
wurde. Ein nicht mitwirkungsbereiter Betroffener hätte demnach die Möglichkeit, das Verfahren auf unabsehbare Zeit
zu verhindern, ohne dass eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit (§ 32 Abs. 2 OWiG) eintreten würde. Dies wäre
nicht hinnehmbar. Deshalb wird die Verwerfung des Einspruchs bei unentschuldigtem Ausbleiben des Betroffenen
nach Aufhebung eines Sachurteils durch das Rechtsbeschwerdegericht in vollem Umfang nach allgemeiner Ansicht
als zulässig angesehen (vgl. OLG Düsseldorf aaO. OLG Stuttgart aaO. OLG Köln aaO. GöhlerSeitz, aaO § 74 Rn.
24. KKSenge, aaO § 74 Rn. 21. Bösert aaO § 74 Rn. 13).
Der Senat ist der Auffassung, dass die vorstehenden Argumente gleichermaßen für die Fälle der Verwerfung nach
Aufhebung nur im Rechtsfolgenausspruch gelten. Insbesondere die Gefahr der Verfahrensverzögerung auf
unabsehbare Zeit besteht dort ebenso. Der vom Oberlandesgericht Hamm aufgezeigte Weg, im unerlaubten
Fernbleiben in der Hauptverhandlung einen Verzicht auf die oder eine Verwirkung der Anwesenheitsrüge im
anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahren zu sehen, erscheint dem Senat allenfalls für Fälle eindeutigen
Rechtsmissbrauchs gangbar. Er würde damit nicht allen denkbaren Fällen des unentschuldigten Ausbleibens
gerecht. Außerdem würde diese Lösung das Verfahren mit neuen, vom Gesetzgeber mit der Neuregelung gerade
nicht intendierten zusätzlichen Rechtsproblemen belasten.
Demgegenüber hält der Senat die bei Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG entstehende Lage, dass - wie im
Entscheidungsfall - ein infolge der Teilaufhebung rechtskräftiger Schuldspruch vorliegt, für hinnehmbar. Die nach §
74 Abs. 2 OWiG a. F. eröffnete prozessuale Vorgehensweise, etwaigen Spannungen in Fällen, in denen das erste
Sachurteil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nur zum Teil aufgehoben worden ist, dadurch Rechnung zu
tragen, dass das zu neuer Entscheidung berufene Gericht trotz des unentschuldigten Ausbleibens des Betroffenen
statt Verwerfung des Einspruchs zur Sache verhandeln und ein Urteil erlassen kann (vgl. BGHSt 33, 394, 398), ist
durch die Neufassung weggefallen. Das Spannungsverhältnis kann nicht mehr im Wege der Ermessensentscheidung
gelöst werden. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, durch Art. 1 OWiGÄndG die Verwerfung des Einspruchs nach
Aufhebung und Zurückverweisung entsprechend der Vorschrift des § 329 Abs. 1 Satz 2 SPO zu regeln. Damit wurde
bei vergleichbaren Verfahrenslagen an den unterschiedlichen Regelungen für das Straf und Bußgeldverfahren
festgehalten, die seit Inkrafttreten des 1. StVRG vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I 3393, 3401) bestehen.
Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 67 Abs. 2 OWiG die Möglichkeit der
Beschränkung des Einspruchs auf bestimmte Beschwerdepunkte geschaffen hat und es damit als rechtlich zulässig
ansieht, dass ein Gericht die Rechtsfolgen einer Tat auf der Basis eines Schuldspruchs durch Bußgeldbescheid der
Verwaltungsbehörde festsetzt. Damit ist ein gewichtiges Argument gegen die Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG
nach Teilaufhebung weggefallen (ebenso OLG Stuttgart aaO), wenn auch eine Beschränkung der gerichtlichen
Nachprüfung auf den Schuldspruch, wie sie sich im Ergebnis bei Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG nach
Teilaufhebung im Rechtsfolgenausspruch ergäbe, nach § 67 Abs. 2 OWiG wohl nicht in Betracht käme.
Die Tatsache, dass der Gesetzgeber die zwingende Regelung ohne Einschränkungen eingeführt hat, obwohl ihm
bekannt war, dass unter der Geltung des § 74 Abs. 2 OWiG a. F. eine Verwerfung des Einspruchs bei
vorangegangener Teilaufhebung im Rechtsfolgenausspruch von den Obergerichten als unzulässig angesehen wurde
(vgl. KG VRS 72, 451. OLG Köln VRS 74, 280. 86, 139. BayObLG ZfSch 1990, 359), rechtfertigt den Schluss, dass
der Gesetzgeber das mögliche Spannungsverhältnis zwischen einem Schuldspruch durch Urteil und einer
Rechtsfolgenentscheidung durch bereits vorher ergangenen Bußgeldbescheid im Interesse eine Entlastung der
Gerichte bewusst in Kauf genommen hat.
V.
Gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 121 Abs. 2 GVG wird die Sache daher dem Bundesgerichtshof zur
Entscheidung der im Tenor genannten Rechtsfrage vorgelegt.
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx