Urteil des OLG Brandenburg vom 06.01.2006

OLG Brandenburg: treu und glauben, auszahlung der versicherungsleistung, geringes verschulden, grobe fahrlässigkeit, kaskoversicherung, versicherer, versicherungsnehmer, zugang, klagefrist, beweislast

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 21/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 142 StGB, § 7 Abs 1 UAbs 2 S
3 AKB
Kfz-Kaskoversicherung: Aufklärungsobliegenheitsverletzung bei
unerlaubtem Entfernen vom Unfallort
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. Januar 2006 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 174/05,
abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. den §§ 517, 519, 520 ZPO
eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Auszahlung der
Versicherungsleistung in Höhe von 9.223,45 € aus § 1 VVG i.V.m. dem zwischen den
Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag und § 12 Abs. 1 AKB nicht zu.
1. Der Anspruch des Klägers ist allerdings nicht bereits wegen Versäumung der Klagefrist
gem. § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Voraussetzung für den Beginn der
Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG ist, dass dem Versicherungsnehmer ein
entsprechendes Ablehnungsschreiben zugegangen ist, das mit einer ordnungsgemäßen
Rechtsbelehrung gem. § 12 Abs. 3 S. 2 VVG versehen ist, wodurch die Sechsmonatsfrist
in Lauf gesetzt wird. Im Streitfall hat die Sechsmonatsfrist erst mit Zugang des
Schreibens der Beklagten vom 26.10.2004 (Bl. 66 GA) zu laufen begonnen. Die Beklagte
kann sich nicht mit Erfolg für den Beginn der Sechsmonatsfrist auf den Zugang des
Schreibens vom 01.09.2004 (Bl. 55 f GA) berufen. Zwar hat die Beklagte bereits in dem
Schreiben vom 01.09.2004 eine Ablehnung des Versicherungsschutzes bis zu einem
Betrag von 5.000,00 € ausgesprochen und auf die Frist des § 12 Abs. 3 VVG
hingewiesen. Wird jedoch - wie hier - eine Ablehnung mehrfach unter Hinweis auf § 12
Abs. 3 VVG ausgesprochen, ist es grundsätzlich eine Frage der Auslegung, ob nach
bereits erfolgter Ablehnung durch eine erneute Bescheidung eine neue Klagefrist zu
laufen beginnt. Dies wird jedenfalls im Allgemeinen dann zu verneinen sein, wenn die
Ablehnung auf dieselben Gesichtspunkte gestützt wird (vgl. OLG Hamm VersR 1990,
1344, 1345), während bei einer im Vergleich zu der vorangegangenen Ablehnung
abweichenden Begründung die Annahme nahe liegt, dass damit eine neue Frist gesetzt
werden soll oder dies von einem mit dem Versicherungsvertragsrecht nicht vertrauten
Laien jedenfalls so verstanden werden kann (vgl. OLG Hamm VersR 1991, 50, 51; Prölss
in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rn. 29). Hier ergibt die Auslegung, dass für den
Beginn der Klagefrist auf den Zugang des Schreibens vom 26.10.2004 abzustellen ist,
weil sich allein dieses Schreiben zu den streitgegenständlichen Ansprüchen aus der
Kaskoversicherung verhält, die Ablehnung also auf eine Verletzung der
Aufklärungsobliegenheit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gestützt wird,
während das Schreiben vom 01.09.2004 ersichtlich Ansprüche zum Gegenstand hat, die
die Beklagte aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gegenüber geschädigten
Dritten zu befriedigen verpflichtet ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Hinweis in dem
Schreiben vom 01.09.2004 auf die Leistungsfreiheit bis zu einem Betrag von 5.000,00 €
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Schreiben vom 01.09.2004 auf die Leistungsfreiheit bis zu einem Betrag von 5.000,00 €
und dem Verweis auf die angeführten Vorschriften der §§ 2 II e, 2 III AKB, 3 Ziffer 9 PflVG
und § 426 BGB. Nur hinsichtlich dieser Ansprüche und dem damit angekündigten
Regress der Beklagten für den Fall der Inanspruchnahme begann die Klagefrist bereits
mit Zugang des Schreibens vom 01.09.2004 zu laufen. Hinsichtlich der
streitgegenständlichen Ansprüche aus der Kaskoversicherung gilt hingegen das an den
Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Schreiben gleichen Datums (Bl. 56 GA),
mit dem die Beklagte mitgeteilt hat, dass das Ermittlungsverfahren noch nicht
abgeschlossen sei und deswegen eine Regulierungszusage noch nicht abgegeben
werden könne. Diesbezüglich ist eine Ablehnung der geltend gemachten
Versicherungsleistung aus dem Kaskoversicherungsvertrag endgültig erst mit dem
Schreiben vom 26.10.2004 erfolgt. Die Beklagte hat zugleich mit dem weiteren
Schreiben vom 01.09.2004 den Anschein gesetzt, dass die Überprüfung der
Einstandspflicht noch nicht abgeschlossen ist, so dass insoweit widersprüchliche
Erklärungen des Versicherers vorliegen und die Beklagte ohnehin nach Treu und Glauben
gem. § 242 BGB daran gehindert wäre, sich auf eine Leistungsfreiheit wegen
Versäumung der Klagefrist nach Zugang des Schreibens vom 01.09.2004 zu berufen.
Die mit Zugang des Schreibens vom 26.10.2004 zu laufen beginnende Klagefrist ist
rechtzeitig durch Klageerhebung mit dem am 26.04.2005 beim Landgericht per Telefax
eingegangenen Schriftsatz unterbrochen worden. Die Zustellung der Klageschrift an die
Beklagte am 09.05.2005 ist auch noch „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO erfolgt, da der
Kläger den Gerichtskostenvorschuss bereits am 13.04.2005 eingezahlt hat, so dass
Verzögerungen bei der Zustellung der Klageschrift ihm nicht zugerechnet werden
können.
2. Die Beklagte ist im Streitfall jedoch wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers
gem. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 V Abs. 4, I Abs. 2 AKB von ihrer Verpflichtung zur
Leistung frei geworden. Der Kläger hat seine ihm gem. § 7 I Abs. 2 AKB obliegende
Aufklärungsobliegenheit verletzt, indem er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt und
damit objektiv und subjektiv den Tatbestand des § 142 StGB verwirklicht hat.
Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB erfüllt auch in der
Kaskoversicherung eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gem. § 7 I Abs. 2 S. 3
AKB. Durch die Vorschrift des § 142 StGB wird das Aufklärungsinteresse des
Versicherers gewissermaßen durch eine Reflexwirkung geschützt, weil die Strafvorschrift
auf dem Wege über die polizeilichen Ermittlungen mittelbar auch dem Versicherer
zugute kommt, indem er das Ergebnis dieser Ermittlungen verwerten kann (vgl. BGH
NJW 1987, 2374, 2375). Das Verlassen der Unfallstelle stellt daher stets eine Verletzung
der Aufklärungs- und Obliegenheit in der Kaskoversicherung dar, wenn dadurch der
objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird, und zwar auch bei
eindeutiger Haftungslage. Auch in diesem Fall besteht ein schutzwürdiges
Aufklärungsinteresse des Versicherers, da es in der Kaskoversicherung dem Versicherer
darum geht zu prüfen, ob er nach § 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei
geworden ist, weil der Versicherungsnehmer den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit
herbeigeführt hat, etwa wenn alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit für den Unfall ursächlich
war (vgl. BGH NJW-RR 2000, 553, 554 entgegen der Auffassung des OLG Saarbrücken
NVersZ 1999, 382; ebenso OLG Köln NVersZ 1999, 170, OLG Hamm r+s 1999, 493;
Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 7 AKB, Rn. 17, 24; Hentschel,
Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 142 StGB, Rn. 76 jeweils m.w.N.). Die Verletzung einer
Aufklärungsobliegenheit entfällt in der Fahrzeugversicherung lediglich dann, wenn es sich
um einen so genannten „Alleinunfall“ oder einen Unfall mit einem völlig belanglosen
Fremdschaden handelt. Ein solcher ist gegeben, wenn mit der Geltendmachung von
Ersatzansprüchen vernünftigerweise nicht zu rechnen ist, wobei die Obergrenze für
solche Bagatellschäden in der Regel bei etwa 20,00 € angesetzt wird (vgl. Knappmann,
a.a.O., Rn. 25; Hentschel, a.a.O., Rn. 27 jeweils m.w.N.).
Im Streitfall ist von einem Unfall mit einem nicht ganz belanglosen Fremdschaden
auszugehen. Ein Bagatellschaden scheidet zwar nicht schon deswegen aus, weil das
Kraftfahrzeug, mit dem der Kläger verunfallt war, an die finanzierende Bank
sicherungsübereignet war. Abzustellen ist auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, so
dass der Sicherungseigentümer nicht als Dritter i.S.d. § 142 StGB anzusehen ist (vgl.
OLG Nürnberg NJW 1977, 1543; ebenso OLG Hamm VersR 1998, 311 für den Fall eines
Leasingfahrzeuges). Ein nicht ganz belangloser Fremdschaden liegt jedoch in der
Beschädigung der beiden Kiefern bei dem Unfall vor. Unstreitig sind bei dem Unfall eine
Kiefer von 20 cm Durchmesser zerbrochen und eine weitere Kiefer stark beschädigt
worden. Die auf den Angaben in der Verkehrsunfallanzeige beruhende Behauptung der
Beklagten, der Schaden durch die Beschädigung der Kiefern betrage ca. 200,00 €, ist
von dem Kläger nicht hinreichend bestritten worden. Soweit er lediglich eingewandt hat,
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von dem Kläger nicht hinreichend bestritten worden. Soweit er lediglich eingewandt hat,
ein Schaden liege deshalb nicht vor, weil der Eigentümer des Grundstücks keine
Schadensersatzansprüche gestellt habe und die beschädigten Kiefern bei
ordnungsgemäßer Bewirtschaftung „in den nächsten Jahrzehnten“ ohnehin hätten
entfernt werden müssen, rechtfertigt es diese Sichtweise nicht, hier einen Schaden zu
verneinen. Zunächst ist festzustellen, dass bei einer Beschädigung von Bäumen im
Rahmen eines Unfalls üblicherweise nicht damit gerechnet werden kann, dass
Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht werden. Selbst wenn der Eigentümer
bislang keine Ansprüche gegenüber der Beklagten erhoben haben sollte, ist nicht
ausgeschlossen, dass dies in Zukunft noch der Fall sein wird, zumal der Kläger auch
keine Umstände oder Erklärungen des Eigentümers vorgetragen hat, nach der dieser
definitiv auf Entschädigungsansprüche verzichtet hat. Letztlich kann dies auch
dahinstehen, da entscheidend das Feststellungsinteresse des Geschädigten zum
Zeitpunkt des Verkehrsunfalls ist und ein Verzicht des Geschädigten auf entsprechende
Feststellungen zum Zeitpunkt des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht ersichtlich
ist. Demnach kann der Tatbestand des § 142 StGB auch dann erfüllt sein, wenn durch
den Geschädigten später keine Schadensersatzansprüche erhoben werden. Auch die
Behauptung des Klägers, es handele sich bei den beschädigten Bäumen um Kiefern, die
ohnehin hätten entfernt werden müssen, vermag die Verneinung eines Schadens nicht
zu rechtfertigen. Zum einen liegt damit kein konkretes Bestreiten des von der Beklagten
vorgetragenen Wertes der Bäume vor, zum anderen ist unerheblich, ob die Bäume in
den nächsten Jahrzehnten ohnehin hätten entfernt werden müssen, da dadurch ein
tatsächlich eingetretener Schaden zum Zeitpunkt des Unfalls nicht ausgeschlossen wird.
Das erstmals mit dem Schriftsatz vom 01.08.2006 erfolgte pauschale Bestreiten des
Klägers, dass es sich um einen belanglosen Fremdschaden unterhalb der Wertgrenze
von 25,00 € handele (Bl. 186 GA), wird bereits dadurch widerlegt, dass nach dem in der
Ermittlungsakte enthaltenen Aktenvermerk gemäß der Auskunft der Försterei E. für eine
Kiefer mit einem Durchmesser von 20 cm in der Regel ein Betrag von 20,00 €
veranschlagt wird (Bl. 31 BA).
Der Kläger hat unstreitig den Unfallort verlassen, bevor er die Feststellungen seiner
Person und die sonstigen Angaben ermöglicht hat. Ungeachtet dessen, dass der
Versicherer die Beweislast für das Vorliegen einer Unfallflucht trägt, hat der
Versicherungsnehmer plausibel darzustellen, dass er eine nach den Umständen
angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu
treffen (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Daran fehlt es. Sein Vortrag, „einige Zeit“ gewartet zu
haben (Bl. 94 GA), ist unzureichend. Soweit der Klägervertreter auf den Hinweis des
Senates in der mündlichen Verhandlung ersichtlich ohne Absprache mit seinem
Mandanten behauptet hat, der Kläger habe insgesamt bis zu einer Dreiviertelstunde am
Unfallort gewartet, hält der Senat dies für nicht glaubhaft. Hätte der Kläger tatsächlich
eine Dreiviertelstunde lang an der Unfallstelle gewartet, ohne das jemand bereit
gewesen wäre, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, liegt es nahe, dass der
Kläger dies sowohl in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren als auch gegenüber
der Beklagten angegeben hätte. Tatsächlich hat der Kläger nicht nur im
Ermittlungsverfahren sich nicht darauf berufen, die Wartefrist eingehalten zu haben,
sondern er hat noch mit der Klageschrift das Geschehen damit zu erklären versucht,
dass er einen Unfallschock erlitten habe, während die vermeintliche Einhaltung der
Wartefrist bei der Unfallschilderung in der Klageschrift mit keinem Wort erwähnt wird. Die
Behauptung in der Klageschrift, infolge des Unfallgeschehens einen Unfallschock erlitten
zu haben, steht jedoch im Widerspruch zu der nunmehr in der mündlichen Verhandlung
vorgetragenen Behauptung, der Kläger habe bis zu einer Dreiviertelstunde an der
Unfallstelle gewartet. Diese nunmehr behauptete Verhaltensweise lässt sich nicht mit
dem noch in der Klageschrift behaupteten Unfallschock in Einklang bringen, so dass der
Senat davon ausgeht, dass es sich dabei um eine reine Schutzbehauptung handelt.
Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger berechtigt oder entschuldigt von der
Unfallstelle entfernt hat (§ 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB), liegen nicht vor. Die ebenso
pauschale Angabe des Klägers, er habe einen Unfallschock erlitten, reicht hierfür nicht
aus. Die Beweislast für eine Schuldunfähigkeit liegt nicht beim Versicherer, sondern beim
Versicherungsnehmer, der sich darauf beruft (vgl. BGH VersR 1972, 339; OLG Hamm
NJW-RR 1998, 1183). Hier hat der Kläger bereits seiner Darlegungslast nicht genügt, so
dass dem angebotenen Beweisantritt auf Einholung eines Sachverständigengutachtens
(Bl. 36 GA) nicht nachzugehen war. Ein Schock von derartigem Ausmaß, dass damit eine
die Willensfreiheit ausschließende Bewusstseinsstörung verbunden war mit der Folge,
dass der Kläger schuldunfähig oder vermindert schuldfähig i.S.d. §§ 20, 21 StGB war, ist
auch unter Berücksichtigung der in der Ermittlungsakte befindlichen Fotos des
Unfallfahrzeuges und des daraus ersichtlichen Ausmaßes der infolge des Unfalls
eingetretenen Beschädigungen nicht dargelegt. Vielmehr spricht eher die Schilderung
des Klägers über sein Verhalten nach dem Unfall in dem Schriftsatz vom 05.12.2005,
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des Klägers über sein Verhalten nach dem Unfall in dem Schriftsatz vom 05.12.2005,
wonach der Kläger in der Lage gewesen sein soll, sich den Schaden zu besehen, die in
seinem Fahrzeug befindlichen Gegenstände zu ordnen und festzustellen, dass er sein
Handy nicht dabei hatte, gegen das Vorliegen eines Unfallschocks. Dieses Verhalten
spricht gerade dafür, dass der Kläger noch bei klarem Bewusstsein und in der Lage war,
konkrete Entscheidungen zu treffen. Eigene Verletzungen hat der Kläger bei dem Unfall
offensichtlich nicht erlitten. Für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit oder
gar einer Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB liegen keine Anzeichen vor. Der mit der
Unfall verbundene Schaden und die damit einhergehende Aufregung genügen dafür
nicht (vgl. OLG Hamm a.a.O.).
Auch der subjektive Tatbestand des § 142 StGB ist erfüllt. Die Vorsatzvermutung des § 6
Abs. 3 VVG hat der Kläger nicht widerlegt. Selbst bei Vorliegen eines Unfallschocks, der
gemäß den vorstehenden Ausführungen bereits nicht substanziiert dargelegt ist, wäre
der Vorsatz nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkte für einen den Vorsatz ausschließenden
Tatbestandsirrtums des Klägers liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass
er davon ausgegangen sei, ein Fremdschaden sei nicht entstanden.
Die danach feststehende Obliegenheitsverletzung des Klägers ist auch von
versicherungsrechtlicher Relevanz. In diesem Zusammenhang rügt die Beklagte zu
Recht, dass das Landgericht auf das Vorliegen einer besonders schwerwiegenden
Pflichtverletzung gem. § 7 I Abs. 2 AKB abgestellt hat, die jedoch nur in der
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von Bedeutung ist. Die vom Landgericht zitierte
Entscheidung des OLG Karlsruhe (r+s 1993, 203) betraf einen
Haftpflichtversicherungsfall und nicht einen Kaskoversicherungsfall. Allerdings ist auch im
Rahmen der Kaskoversicherung die „Relevanzrechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs
zu berücksichtigen, wonach bei einer vorsätzlichen, jedoch folgenlosen
Obliegenheitsverletzung eine Leistungsfreiheit des Versicherers nur dann eintritt, wenn
der Verstoß generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu
gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fällt (vgl.
BGH VersR 1984, 228, 229). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Dabei
kann dahinstehen, ob die Obliegenheitsverletzung tatsächlich folgenlos geblieben ist,
weil durch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort und den anschließenden Nachtrunk
die Möglichkeit der Beklagten erschwert worden ist, sich auf Leistungsfreiheit wegen grob
fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 61 VVG zu berufen. Das
unerlaubte Entfernen vom Unfallort ist jedenfalls generell geeignet, die Interessen des
Versicherers zu gefährden, da der Versicherer ein Interesse daran hat, zu prüfen, ob er
nach § 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist; eine konkrete
Gefährdung der Interessen des Versicherers im speziellen Fall ist nicht erforderlich. Es ist
auch von einem erheblichen Verschulden des Klägers auszugehen. Kein erhebliches,
sondern nur geringes Verschulden des Versicherungsnehmers liegt vor, wenn es sich
nach den Umständen um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen
Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer
Verständnis aufzubringen vermag. Die Beweislast dafür, dass ihn kein erhebliches
Verschulden trifft, trägt der Versicherungsnehmer (vgl. BGH VersR 1993, 830; Prölss
a.a.O., § 6 VVG, Rn. 101 m.w.N.). Derartige Umstände, nach denen von einem nur
geringen Verschulden des Klägers auszugehen ist, sind nicht dargelegt. Eine Unfallflucht
braucht auch ein einsichtiger Versicherer nicht hinzunehmen. Einen Unfallschock mit der
Folge, dass ein erhebliches Verschulden des Klägers ausscheidet, hat der Kläger nicht
substanziiert dargelegt. Auch ein Fall des § 142 Abs. 4 StGB ist nicht gegeben, da es
sich nicht um einen Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs handelt (vgl. Hentschel
a.a.O., Rn. 69).
Der Kläger hat somit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer bei
Nachweis der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges, so dass auch der geltend gemachte
Feststellungsantrag nicht begründet ist.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der
Rechtsstreit ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts.
Der Streitwert wird auf bis zu 10.000,00 € festgesetzt.
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