Urteil des OLG Brandenburg vom 14.03.2017

OLG Brandenburg: treu und glauben, unternehmen, versicherung, rechtsform, mitgliedschaft, konstitutive wirkung, verjährungsfrist, auskunftserteilung, umwandlung, eigenkapital

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
Senat für
Landwirtschaftssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W (Lw) 10/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3b LAnpG, § 28 Abs 2 LAnpG
Anspruch eines aus einer LPG bei formwechselnder
Umwandlung ausgeschiedenen Mitglieds auf bare Zuzahlung:
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entstehung des Anspruchs
Leitsatz
Für den nach § 3b LwAnpG relevanten Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf bare
Zuzahlung ist auf den Schluss des Jahres abzustellen, in dem das Unternehmen neuer
Rechtsform in das Register eingetragen worden ist (Anschluss an Thüringisches OLG, NL-BzAR
2005, 304; gegen OLG Rostock, VIZ 2004, 467).
Tenor
Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts
- Landwirtschaftsgerichts - Königs Wusterhausen vom 11. November 2004 - Az. 4 Lw
3/02 - auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin aufgehoben, soweit die
Antragsgegnerin zur Versicherung der Richtigkeit der mit Schriftsatz vom 29. März/30.
Juli 2004 erteilten Auskunft an Eides statt verpflichtet worden ist, und darüber hinaus
klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin eine Berechnung ihrer
Beteiligung aus der LPG-Mitgliedschaft unter Beifügung der zur Überprüfung der
Berechnung erforderlichen Schlussbilanz der LPG F. zum 31. Dezember 1990
einschließlich Prüfungsbericht, Auflistung der Inventarbeiträge und gleichstehenden
Leistungen, Auflistung der eingebrachten landwirtschaftlichen Nutzflächen, Berechnung
des ungekürzten Gesamtbeitrages der Inventarbeitragsverzinsung und Bodennutzung
schriftlich mitzuteilen.
Die - gerichtlichen und außergerichtlichen - Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die
Antragstellerin zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 1.000,-- EUR
festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin verlangt im Wege des Stufenantrages aus eigenem Recht Auskunft
und - soweit diese bereits erteilt ist - die Versicherung deren Richtigkeit an Eides statt,
um sodann ihren Anspruch auf bare Zuzahlung beziffern zu können.
Die Antragstellerin ist am 1. August 1961 der LPG Typ I „...“ F. beigetreten, die in der
Folgezeit durch Abstufungen bis zum 31. Dezember 1974 zur LPG Typ III übergegangen
ist. Die LPG Typ III bildete gemeinsam mit anderen LPG'en zunächst im Zuge der
Spezialisierung eine Kooperative Pflanzenproduktion (KAP). Aus dieser KAP entstand
später die LPG (P) ... sowie - nach Zusammenschluss der LPG „...“ F. mit der LPG „...“ S.
zum 1. Januar 1976 - die LPG (T) „...“ F. Im Wege der Umstrukturierung nach der Wende
haben sich ein Teil der LPG (P) L. und die LPG (T) F. mit Wirkung zum 31. Dezember 1990
zur LPG F. zusammengeschlossen, die sich sodann gemäß Vollversammlungsbeschluss
vom 16. April 1991 mit Wirkung zum 1. Januar 1991 in die Antragsgegnerin umwandelte.
Die Antragsgegnerin wurde am 30. April 1992 mit 44 Gründungsmitgliedern in das
Genossenschaftsregister eingetragen.
Die Antragstellerin wurde mit einem Geschäftsanteil von 5.000,-- DM Mitglied der
Antragsgegnerin. Sie hat diese Mitgliedschaft am 6. Januar 1994 gekündigt.
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Mit der laut Eingangsstempel des Amtsgerichts am 2. Januar 2002 eingegangenen
Antragsschrift vom 27. Dezember 2001 hat die Antragstellerin vorrangig die Feststellung
begehrt, dass die Antragsgegnerin nicht aus der Umstrukturierung einer LPG nach dem
Landwirtschaftsanpassungsgesetz entstanden ist, und weiter hilfsweise - zur
Vorbereitung des unbeziffert angekündigten Zahlungsantrages - Auskunft und
Berechnung ihrer Beteiligung an der Antragsgegnerin bzw. aus ihrer LPG-Mitgliedschaft
unter Vorlage von Unterlagen begehrt.
Nachdem in einem Parallelverfahren der Senat mit Beschluss vom 31. Juli 2003 (Az. 5 W
(Lw) 40/01) den Feststellungsantrag zurückgewiesen hatte, hat die Antragstellerin die
hilfsweise gestellten Auskunftsanträge als Hauptantrag weiter verfolgt.
Auf die Erteilung von Auskünften durch die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29.
März 2004 hat die Antragstellerin den Auskunftsanspruch teilweise für erledigt erklärt
und schließlich im Verhandlungstermin am 6. Mai 2004 unter teilweiser Erweiterung
beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten,
der Antragstellerin eine Berechnung der Beteiligung aus der LPG-Mitgliedschaft unter
Beifügung der zur Überprüfung der Berechnung erforderlichen Eröffnungsbilanz zum 1.
Januar 1991 der LPG, die aus dem Zusammenschluss der LPG (T) „...“ F. mit Teilen der
LPG (P) L. erstellt worden ist, einschließlich Prüfungsbericht, Auflistung der
Inventarbeiträge und gleichstehenden Leistungen, Auflistung der eingebrachten
landwirtschaftlichen Nutzflächen, Berechnung des ungekürzten Gesamtbetrages der
Inventarbeitragsverzinsung und Bodennutzung schriftlich mitzuteilen,
und die Antragsgegnerin, vertreten durch den Vorstand, zu verpflichten, die
Richtigkeit der mit Schriftsatz vom 29. März 2004 unter Berücksichtigung des
Schriftsatzes vom 30. Juli 2004 erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.
Die Antragstellerin meint, der Auskunftsanspruch sei nicht vollständig erfüllt. Die
erteilten Auskünfte seien widersprüchlich und insbesondere auf der Grundlage der nicht
maßgeblichen Bilanz der Antragsgegnerin zum 31. Dezember 1991 erstellt worden, die
im Übrigen einen Verlust ausweise, weshalb die mitgeteilte Höhe des Restbetrages des
Eigenkapitals sachlich nicht zutreffen könne. Die Angaben zur Gesamtfläche und zum
Gesamtbetrag des Inventarbeitrages könnten auch nur für den sehr unwahrscheinlichen
Fall richtig sein, dass keines der ursprünglichen LPG-Mitglieder vor dem 16. März 1990
verstorben sei, ohne dass Erben Mitglieder der LPG geworden seien. Aufgrund dieser
Zweifel an der Richtigkeit sei die Antragsgegnerin zur Versicherung der Richtigkeit der
Auskunft an Eides statt verpflichtet. Die Ansprüche seien schließlich rechtzeitig vor
Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden. Die Antragsschrift sei ausweislich
des Postausgangsbuchs am 28. Dezember 2001 zur Post gegeben worden und unter
Berücksichtigung normaler Postlaufzeiten noch vor Ablauf des 31. Dezember 2001 in
das seinerzeit noch vorhandene Postfach des Amtsgerichts eingelegt worden. Dass
dieses Postfach erst am 2. Januar 2002 geleert worden sei, könne ihr nicht zum Nachteil
gereichen.
Die Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antrages beantragt.
Sie hat gemeint, die Antragstellerin habe einen allein möglichen Barzuzahlungsanspruch
nicht schlüssig vorgetragen, weil sie selbst nicht behauptet habe, dass eine Verletzung
des Beteiligungsverhältnisses vorliege. Tatsächlich stehe der Antragstellerin ein
Barzuzahlungsanspruch nicht zu, weil sie durch den identitätswahrenden Formwechsel
quotal im gleichen Anteil am Eigenkapital wie alle anderen Mitglieder beteiligt worden sei.
Sie meint ferner, dass sie den etwa bestehenden Auskunftsanspruch jedenfalls erfüllt
habe. Die Antragstellerin bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter hätten sowohl die
maßgebliche Abfindungsbilanz zum 31. Dezember 1991 als auch die Gesamtübersicht
sowie die Zusammenstellung der Flächen und Inventarbeiträge erhalten. Weitergehende
Auskünfte seien nicht geschuldet. Die Antragserweiterung auf Vorlage der
Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1991, die es im Übrigen gar nicht gebe, sei unzulässig
und nach Ablauf der Verjährung erfolgt. Tatsächlich sei bereits der Hauptanspruch
verjährt, weil die Antragsschrift erst am 2. Januar 2002 bei Gericht eingegangen sei.
Vorhanden sei im Übrigen lediglich eine Abschluss-/Auseinandersetzungsbilanz zum 31.
Dezember 1991, in der „die maßgeblichen Schlussbilanzen der LPG (T) F. und des
Anteils der aus der LPG (P) L. hinzukam, eingearbeitet und im Bestand erfasst worden“
seien. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunft widersprüchlich oder sonst
sorgfaltswidrig erteilt worden wäre, zeige die Antragstellerin nicht auf, so dass eine
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sorgfaltswidrig erteilt worden wäre, zeige die Antragstellerin nicht auf, so dass eine
Verpflichtung zur Versicherung der Richtigkeit an Eides statt nicht bestehe.
Das Landwirtschaftsgericht hat mit (Teil-)Beschluss vom 11. November 2004 die
Antragsgegnerin antragsgemäß zur Auskunftserteilung und darüber hinaus zur
Versicherung der Richtigkeit der mit Schriftsatz vom 29. März 2004 erteilten Auskunft an
Eides statt verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass davon auszugehen sei,
dass die Antragstellerin dem Grunde nach ein Anspruch auf bare Zuzahlung gegen die
Antragsgegnerin habe und ihr zur Bezifferung desselben ein umfassendes Auskunfts-
und Einsichtsrecht zustehe, das auch die Berechnung und Mitteilung des Wertes seiner
Mitgliedschaftsrechte einschließe. Es komme nicht auf die Gleichbehandlung aller
Genossenschaftsmitglieder, sondern auf den individuellen Wert der Mitgliedschaftsrechte
der Antragstellerin an der LPG an, der dem Wert ihrer Beteiligung an der
Antragsgegnerin entsprechen müsse. Um dies feststellen zu können, würden die hier
begehrten Auskünfte benötigt. Der Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch sei auch
nicht verjährt. Die - für den Auskunftsanspruch selbständig zu bestimmende - dreijährige
Verjährungsfrist habe erst am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen. Auch die zehnjährige
Verjährungsfrist für den Hauptanspruch sei - ungeachtet des Streits der Beteiligten über
den Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift bei Gericht - jedenfalls rechtzeitig
gehemmt worden, weil dieser Anspruch erst mit der Registereintragung des neuen
Unternehmens entstanden sei und deshalb erst mit dem Schluss des Jahres 2002
verjährt wäre.
Die Antragsgegnerin sei zudem verpflichtet, die Richtigkeit der unter dem 29. März 2004
erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern, weil sie die maßgebliche Schlussbilanz
der LPG - hier die den eigenen Angaben der Antragsgegnerin zufolge vorhandene
Datenzusammenfassung der Schlussbilanzen der LPG (T) F. und des Anteils der LPG (P)
L. bzw. die Umwandlungsbilanz zum Stichtag 31. Dezember 1990 - nicht vorgelegt habe
und deshalb Grund zu der Annahme bestehe, dass die Auskunft nicht mit der
erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sei. Ferner könne der Antragsteller die Mitteilung
sämtlicher Namen der früheren Mitglieder der LPG und die deren jeweilige
Rückforderungsansprüche begründenden Einzelangaben verlangen. Die Antragsgegnerin
führe dies aber lediglich für 16 der 160 Mitglieder aus. Auch dieser Anspruch sei nicht
verjährt, nachdem die Auskunft erst am 29. März 2004 erteilt worden sei.
Gegen diese ihr am 12. Januar 2005 zugestellte Entscheidung wendet sich die
Antragsgegnerin mit ihrer am 14. Januar 2005 beim Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht
- Königs Wusterhausen eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie vorrangig die
Aufhebung und Zurückverweisung erstrebt, weil eine gleichzeitige Verurteilung zur
Auskunftserteilung und zur Versicherung der Richtigkeit an Eides statt unzulässig sei.
Hilfsweise möchte sie unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlich
vorgetragenen Rechtsauffassungen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung
und Antragsrückweisung erreichen. Das Landwirtschaftsgericht habe fehlerhaft die -
nach Auffassung der Antragsgegnerin weiterhin zu unbestimmten - Anträge ausgelegt,
nicht zwischen Auskunft und Berechnung der Ansprüche unterschieden und schließlich
den tenorierten Auskunftsansprüchen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt gegeben.
Tatsächlich habe sie - die Antragsgegnerin - den ursprünglich äußerst hilfsweise geltend
gemachten Auskunfts- und Berechnungsanspruch vollständig erfüllt, so dass insoweit
Erledigung eingetreten sei. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der
erteilten Auskünfte begründen könnten, seien nicht aufgezeigt bzw. unbegründet, so
dass sie zur Versicherung an Eides statt nicht verpflichtet sei. Sie hält ferner mit näherer
Begründung die Auffassung des Landwirtschaftsgerichts zur Frage der Verjährung für
rechtsfehlerhaft. Außerdem meint sie, dass das Amtsgericht fehlerhaft nicht ermittelt
habe, ob überhaupt die Voraussetzungen für einen Barzuzahlungsanspruch, nämlich das
Fehlen einer gleichmäßigen quotalen Beteiligung der Antragstellerin, vorliegen.
Schließlich ist sie der Ansicht, dass ein etwaiger Barzuzahlungsanspruch zumindest
verwirkt sei. Die Antragstellerin habe bis zu ihrer Kündigung am 6. Januar 1994 rege am
Genossenschaftsleben teilgenommen und alle Beschlüsse mitgetragen. Sie habe
danach weitere acht Jahre zugewartet, bevor sie die Durchsetzung ihrer vermeintlichen
Ansprüche eingeleitet habe.
Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 65 Abs. 2 LwAnpG i.V.m.
§§ 22 Abs. 1, 9 LwVG, 21, 22 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt worden.
Das Rechtsmittel hat jedoch nur teilweise Erfolg. Soweit die Antragsgegnerin neben der
Auskunftserteilung zugleich auch zur Versicherung der Richtigkeit der mit Schriftsätzen
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Auskunftserteilung zugleich auch zur Versicherung der Richtigkeit der mit Schriftsätzen
vom 29. März/30. Juli 2004 erteilten Auskünfte verpflichtet worden ist, war der
angefochtene Teilbeschluss aus prozessualen Gründen aufzuheben (dazu unten 2.). Im
Übrigen hat das Landwirtschaftsgericht zu Recht erkannt, dass der Antragstellerin
weiterhin der Auskunftsanspruch zusteht (dazu 1.).
1. Die Antragsgegnerin ist gegenüber der Antragstellerin gemäß §§ 259 BGB, 28 Abs. 2
LwAnpG umfassend zur Auskunftserteilung zum Zwecke der Prüfung, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang ihr ein Anspruch auf bare Zuzahlung zusteht,
verpflichtet.
(a) Die Antragstellerin war unstreitig Genossenschaftsmitglied der Antragsgegnerin, die -
wie der Senat in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 31. Juli 2003 - Az. 5 W (Lw) 40/01
festgestellt hat - im Wege identitätswahrenden Formwechsels als Unternehmen neuer
Rechtsform aus dem Zusammenschluss eines Teils der LPG (P) L. und der LPG (T) F.
hervorgegangen ist.
Dass die Antragstellerin infolge ihrer Kündigung vom 6. Januar 1994 zum 31. Dezember
1994 aus der Antragsgegnerin ausgeschieden ist, führt nicht zum Verlust des hier
geltend gemachten Anspruchs auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG. Der
Barzuzahlungsanspruch setzt allein das - im konkreten Fall unstreitige - Fortbestehen
der ungekündigten Mitgliedschaft in dem neuen Unternehmen bei dessen
Registereintragung voraus, nicht aber auch, dass die Mitgliedschaft im Zeitpunkt der
Geltendmachung des Anspruchs aus § 28 Abs. 2 LwAnpG noch fortdauert. Der Anspruch
auf bare Zuzahlung des später ausscheidenden Genossen besteht vielmehr zusätzlich
zu dem Anspruch auf Auszahlung des Guthabens, das dem ausgeschiedenen
Genossenschaftsmitglied nach den Regeln des Genossenschaftsgesetzes zu erstatten
ist. Diese beiden Ansprüche schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich (BGH
AgrarR 1997, 48/49).
(b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Auskunftsanspruch vorliegend
auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragstellerin durch identitätswahrenden
Formwechsel quotal im gleichen Anteil am Eigenkapital wie alle anderen Mitglieder
beteiligt worden ist. Dem Umstand, dass vorliegend alle 44 Genossenschaftsmitglieder
gleichermaßen einen Geschäftsanteil von 5.000,-- DM gezeichnet haben (sollen), kommt
für die Frage, ob und in welchem Umfang dem einzelnen Mitglied ein
Barzuzahlungsanspruch zusteht, keinerlei Bedeutung zu.
Bei der Umwandlung einer LPG in ein Unternehmen neuer Rechtsform muss vielmehr
jedes einzelne nicht zuvor ausgeschiedene Mitglied proportional zu dem Wert seiner
Beteiligung an der LPG auch an der neuen Genossenschaft beteiligt sein. Die
umgewandelten Anteile oder Mitgliedschaftsrechte eines Genossen müssen also quotal -
nicht betragsmäßig - seinem individuellen Anteil am Eigenkapital der LPG entsprechen
(ständ. Rspr., vgl. BGH AgrarR 1996, 51/52; BGH AgrarR 1997, 48/49; BGH ZIP 1999,
2098/2099). Ist diesen Erfordernissen nicht entsprochen, was im konkreten Fall
angesichts eines nominal gleichmäßigen Geschäftsanteils aller 44 der Antragsgegnerin
beigetretenen ehemaligen LPG-Mitglieder zumindest nicht unwahrscheinlich ist, bedarf
es eines Ausgleichs durch bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG.
Der Umstand, dass eine quotale Benachteiligung der Antragstellerin bisher tatsächlich
nicht festgestellt ist, hindert den geltend gemachten Auskunftsanspruch nicht, weil er
u.a. gerade auch zur Prüfung eines etwa bestehenden quotalen Missverhältnisses
dienen soll (BGH AgrarR 1997, 48/50; OLG Naumburg NL-BzAR 2002, 177).
(c) Zur Klärung der Frage, ob eine unzureichende Beteiligung am neuen Unternehmen
durch eine bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG aufzustocken ist, besteht nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ein umfassendes Auskunfts- und
Einsichtsrecht in die für den Barzuzahlungsanspruch maßgeblichen Unterlagen, das
entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch die Mitteilung zur Höhe eines
solchen Anspruchs (= Berechnung) einschließt (BGH VIZ 1994, 132; BGH Beschluss vom
24. Juli 2003, Az. BLw 8/03).
Neben der Vorlage der für die Berechnung des Anspruchs maßgeblichen Bilanz hat das
ausgeschiedene Mitglied danach das Recht, alle Unterlagen einzusehen, die hierfür von
Bedeutung sind. Dies können Vorbilanzen, Jahresabschlussberichte, Prüfberichte, Bücher
und einzelne Papiere sein. Auch Unterlagen über in der Vergangenheit abgeschlossene
Geschäfte, wie Kaufverträge, Einzelbelege oder Wertgutachten über einen
Geschäftsgegenstand gehören hierzu, wenn sie zur Prüfung benötigt werden, ob das in
der maßgebenden Bilanz ausgewiesene Eigenkapital dem nach den Grundsätzen
ordnungsgemäßer Buchführung ermittelten tatsächlichen Wert aller
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ordnungsgemäßer Buchführung ermittelten tatsächlichen Wert aller
Vermögensgegenstände entspricht. Die Auskunft ist dabei schriftlich durch Vorlage der
begehrten Urkunden oder entsprechenden Kopien hiervon zu erteilen, denn nur auf
diese Weise wird es der Antragstellerin ermöglicht, gegebenenfalls unter Hinzuziehung
eines Sachverständigen prüfen zu können, ob und inwieweit ihr der geltend gemachte
Zahlungsanspruch zusteht (BGH AgrarR 1994, 156/158).
(d) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat sie diesen Auskunftsanspruch
durch die mit Schriftsatz vom 29. März 2004 erteilten Auskünfte und überreichten
Unterlagen nicht (vollständig) und insbesondere nicht für den maßgeblichen Stichtag
erfüllt.
(1) Da der Barzuzahlungsanspruch sich nach dem Anteil der Antragstellerin am
Eigenkapital der umgewandelten LPG bemisst, erstreckt sich der Auskunftsanspruch in
erster Linie auf die maßgebende Stichtagsbilanz und die dazu gehörigen Unterlagen.
Die Antragstellerin hat diese Bilanz bereits in ihrer Antragsschrift vom 27. Dezember
2001 als „Schlussbilanz der LPG einschließlich Prüfungsbericht“ bezeichnet. Dieser
Antrag ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht zu unbestimmt. Der
hinreichenden Bestimmtheit des Antrages und des erstinstanzlichen Tenors steht
insbesondere nicht entgegen, dass die LPG, deren Schlussbilanz vorzulegen ist, nicht
namentlich bezeichnet ist. Auch ohne eine solche Bezeichnung ergibt sich - für den
Antrag - durch Heranziehung der ergänzenden Ausführungen vom 15. April 2004 und -
für den Tenor der angefochtenen Entscheidung - aus den zur Auslegung
heranzuziehenden Entscheidungsgründen ohne Weiteres, dass es sich dabei um die
Bilanz derjenigen LPG handelt, aus der die Antragsgegnerin durch Umwandlung
hervorgegangen ist. Da Maßstab für die Berechnung des quotalen Anteils und auch des
tatsächlichen Wertes der früheren Beteiligung des LPG-Mitgliedes das Vermögen
derjenigen LPG ist, der die Antragstellerin zuletzt angehört hat (vgl. BGH VIZ 2002,
482/483; BGH NL-BzAR 2003, 293; BGH NL-BzAR 2004, 242/243), kann die
Antragsgegnerin ihre Auskunftsverpflichtung nicht durch Vorlage ihrer eigenen Bilanz
zum 31. Dezember 1991 erfüllen. Eine Vermögensaufstellung des
Nachfolgeunternehmens kann für die Berechnung des Barzuzahlungsanspruchs in
keinem Falle maßgeblich sein. Mit der ausschließlichen Bezugnahme auf die eigene
Bilanz der Antragsgegnerin zum 31. Dezember 1991 fehlt deshalb bereits die
maßgebliche Grundlage für die Mitteilung und Berechnung des Barzuzahlungsanspruchs
der Antragstellerin.
Dem Auskunftsanspruch kann die Antragsgegnerin vorliegend deshalb allein durch
Vorlage der in Ziffer 2. des Umwandlungsbeschlusses vom 16. April 1991 ausdrücklich
zur Grundlage gemachten „Abschlußbilanz der Genossenschaft zum 31. Dezember
1990“, in Ziffer 3. desselben Beschlusses nochmals als
„Abschluß/Auseinandersetzungsbilanz zum 30.12.1990“ bezeichnet, wobei zwischen den
Beteiligten Einigkeit dahin besteht, dass es sich bei dem hier genannten Datum um
einen versehentlichen Schreibfehler handelt und auch insoweit der 31.12.1990 gemeint
war. Dass es eine solche und nach dem Umwandlungsbeschluss auch maßgebliche
Schlussbilanz der LPG zum 31. Dezember 1990 gibt, mindestens als sog.
„Arbeitsbilanz“, hat die Antragsgegnerin im Verhandlungstermin am 29. September
2005 ausdrücklich eingeräumt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem zur
Anmeldung der Umwandlung in die Antragsgegnerin beim Kreisgericht P. eingereichten
Schreiben, in dem unter Ziffer 7 ausdrücklich ausgeführt ist, dass als Anlage 3 unter
anderem die Abschlussbilanz der LPG F. zum 31. Dezember 1990 beigefügt ist.
Der danach hier maßgeblichen Schlussbilanz zum 31. Dezember 1990 sind zur Erfüllung
des umfassenden Auskunftsanspruchs auch die entsprechenden Prüfberichte
beizufügen.
(2) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist ihre Auskunftserteilung auch
insoweit unvollständig, als sie mit der „Anlage X 4 S. 1“ lediglich eine summarische
Darstellung aller eingebrachten Flächen, Ansprüche aus Bodenpacht, Inventarbeiträgen
und deren Verzinsung und der Arbeitsjahre überreicht und lediglich für die 16
ehemaligen LPG-Mitglieder, die ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen suchen, eine
Einzelaufstellung - „Anlage X 3“ vorgenommen hat.
Wie der Senat bereits in dem Parallelverfahren mit Beschluss vom 31. Juli 2003 - Az. 5 W
(Lw) 40/01 - ausgeführt hat, erstreckt sich der Auskunftsanspruch auch auf die Vorlage
einer nachprüfbaren Gesamtvermögenseinzelpersonifizierung des Vermögens zum
Bilanzstichtag. Genau darauf bezieht sich der - auch insoweit hinreichend bestimmte -
Auskunftsantrag der Antragstellerin, der ausdrücklich auf „Auflistung“ der
Inventarbeiträge, gleichstehenden Leistungen etc. gerichtet war. Die Mitteilung eines
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Inventarbeiträge, gleichstehenden Leistungen etc. gerichtet war. Die Mitteilung eines
Gesamtergebnisses mit einer spezifizierten Darstellung lediglich für 16 der ehemals 160
LPG-Mitglieder ist aber schon begrifflich keine Auflistung und genügt den Erfordernissen
an eine umfassende Auskunftserteilung nicht. Die Antragstellerin hat vielmehr
grundsätzlich einen Anspruch auf Mitteilung sämtlicher Namen der früheren LPG-
Mitglieder und deren jeweiliger Rückforderungsansprüche betreffend Inventarbeiträge,
Ansprüche auf Bodenverzinsung sowie Inventarverzinsung und Wertschöpfung aus Arbeit
unter Angabe der jeweils eingebrachten Flächen, der Bodenpunkte, der einzelnen
Arbeitsjahre sowie unter der weiteren Angabe der Gesamtansprüche nach § 44 Abs. 1
Nr. 1 und 2 LwAnpG und der Gesamtarbeitsjahre (OLG Jena AgrarR 1998, 287; OLG
Naumburg NL-BzAR 2002, 26; Senatsbeschlüsse vom 31. Juli 2003, Az. 5 W (Lw) 40/01,
dort Seite 26, und vom 27. Oktober 2005, Az. 5 W (Lw) 27/04, dort Seite 6 f.).
Da demnach die Auskunft bisher nicht nur unvollständig, sondern insbesondere auch
nicht für den maßgeblichen Stichtag erteilt worden ist, besteht der zuletzt noch geltend
gemachte Auskunftsanspruch der Antragstellerin weiterhin.
(e) Der Auskunftsanspruch ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil ein
Barzuzahlungsanspruch der Antragstellerin aus Rechtsgründen ausgeschlossen bzw.
nicht durchsetzbar wäre. Insbesondere ist weder der Anspruch auf bare Zuzahlung
selbst noch der zur Vorbereitung der Durchsetzung desselben verfolgte
Auskunftsanspruch verjährt (1) oder verwirkt (2).
(1) Mit Recht hat das Landwirtschaftsgericht festgestellt, dass es auf die zwischen den
Beteiligten streitige Frage, ob der Antragsschriftsatz vom 27. Dezember 2001 noch
rechtzeitig vor Ablauf des 31. Dezember 2001 in das seinerzeit noch existierende
Postfach des Amtsgerichts Königs Wusterhausen eingelegt worden ist, das den
Ausführungen des Amtsgerichtsdirektors im Schreiben vom 11. August 2004 zufolge an
Sonn- und Feiertagen tatsächlich nicht geleert worden ist, letztlich nicht ankommt, weil
der Barzuzahlungsanspruch selbst bei einem Eingang des Antragsschriftsatzes erst
Anfang des Jahres 2002 nicht verjährt gewesen wäre.
Der Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG unterliegt keiner
Ausschlussfrist, sondern nur der - zehnjährigen - Verjährungsfrist nach § 3b LwAnpG
(BGH AgrarR 1997, 48/49), wobei die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in
dem der Anspruch entstanden ist. Das ist der Zeitpunkt, zu dem dieser erstmals
geltend gemacht werden kann.
Mit dem Thüringischen Oberlandesgericht (Beschluss vom 27. Januar 2005, Az. Lw U
446/04, NL-BzAR 2005, 304) ist für den Beginn der Verjährung auf den Schluss des
Jahres abzustellen, in dem das Unternehmen neuer Rechtsform in das Register
eingetragen worden ist. Das war vorliegend der 30. April 1992, so dass die Verjährung
am 31. Dezember 1992 zu laufen begonnen hat und diese selbst bei einem Eingang der
- nicht nur den Auskunfts-, sondern auch den noch unbezifferten Zahlungsantrag
enthaltenden - Antragsschrift bei Gericht erst am 2. Januar 2002 noch rechtzeitig
gehemmt worden wäre.
Auf den Zeitpunkt der Fassung des Umwandlungsbeschlusses (so das OLG Rostock, VIZ
2004, 467) kann für den Beginn der Verjährung schon deshalb nicht abgestellt werden,
weil sich der Barzuzahlungsanspruch - wie der Wortlaut des § 28 Abs. 2 LwAnpG, der als
Anspruchsgegner das Unternehmen bezeichnet, womit unter Berücksichtigung des
sonstigen Regelungsgehalts dieser Vorschrift allein das Unternehmen neuer Rechtsform
gemeint sein kann - erkennbar gegen das neue - umgewandelte - Unternehmen richtet.
Auch wenn es sich dabei - wie das OLG Rostock betont - lediglich um eine
formwechselnde Umwandlung handelt, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass dieses
Unternehmen neuer Rechtsform gemäß § 34 LwAnpG erst mit der Eintragung im
entsprechenden Register entsteht und sich die bisherigen Anteile am LPG-Vermögen
nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG erst mit der Registrierung der im Umwandlungsbeschluss
bestimmten Rechtsform als Beteiligung an dem neuen Unternehmen darstellen. Mit
Recht verweist das Thüringische OLG darauf, dass die Vorschrift des § 34 LwAnpG
inhaltlich denjenigen der §§ 13 GenG und 202 UmwG entspricht, wonach die Eintragung
konstitutive Wirkung hat. Zu berücksichtigen ist ferner, dass jedes LPG-Mitglied auch
noch nach Fassung des Umwandlungsbeschlusses bis zur Eintragung des neuen
Unternehmens im Register nach Maßgabe des § 43 LwAnpG seine LPG-Mitgliedschaft
kündigen und dadurch einen direkten Abfindungsanspruch aus § 44 LwAnpG begründen
konnte. Da das Fortbestehen der Mitgliedschaft in dem Unternehmen neuer Rechtsform
Voraussetzung für den Anspruch auf bare Zuzahlung ist, diese Voraussetzung aber erst
mit der Registrierung des Nachfolgeunternehmens der LPG erfüllt sein kann, kann die
Verjährung dieses Zahlungsanspruches nicht bereits vorher zu laufen beginnen. Dem
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Verjährung dieses Zahlungsanspruches nicht bereits vorher zu laufen beginnen. Dem
Umstand, dass nach Ablauf des 31. Dezember 1991 aus Rechtsgründen tatsächlich
keine Umwandlungsbeschlüsse mehr gefasst werden konnten, vermag der Senat für die
hier entscheidende Frage des Zeitpunktes der Entstehung des Barzuzahlungsanspruchs
daneben keine Bedeutung beizumessen.
(2) Der Barzuzahlungsanspruch der Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der
Antragsgegnerin auch nicht verwirkt.
Zwar hat die Antragstellerin die Verjährungsfrist weitestgehend ausgeschöpft, bevor der
Barzuzahlungsanspruch geltend gemacht worden ist. Umstände, die die späte
Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte
erscheinen ließen, liegen jedoch nicht vor. Sind die Beteiligungswerte bei der
Umwandlung zu gering bemessen worden, muss das Unternehmen neuer Rechtsform
grundsätzlich bis zum Ablauf der Verjährungsfrist mit einer Ausgleichsforderung
rechnen, es sei denn das Mitglied hätte darauf ausdrücklich oder konkludent verzichtet.
Da anderenfalls die Verjährungsvorschriften ins Leere gingen, reicht es deshalb nicht
aus, wenn ein fälliger Anspruch - wie im vorliegenden Fall - über lange Zeit nicht geltend
gemacht worden ist. Neben dem hier unbestritten vorliegenden sog. Zeitmoment wird
deshalb zu Recht für eine Verwirkung von Ansprüchen vorausgesetzt, dass der
Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten
durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (sog.
Umstandsmoment). Ein solcherart schutzwürdiges Vertrauen des Verpflichteten kann
nicht allein durch bloße Untätigkeit geschaffen werden; das Verhalten des Berechtigten
muss vielmehr in der Weise vertrauensbildend gewirkt haben, dass dieses von dem
Verpflichteten dahin verstanden werden konnte, dass dieser Anspruch nicht mehr
geltend gemacht werden soll. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Die Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Rechte über einen Zeitraum von etwa drei Jahren,
wie etwa die rege Teilhabe am genossenschaftlichen Leben, die Teilnahme an
Gesellschafterversammlungen und die Zustimmung zu den Beschlüssen, die die
Antragsgegnerin anführt, vermögen einen solchen Vertrauenstatbestand der
Antragsgegnerin in den „Verzicht“ auf die Durchsetzung der Ansprüche der
Antragstellerin nicht zu begründen. Gleiches gilt für die widerspruchslose
Entgegennahme freiwilliger Zahlungen und den Umstand, dass die Antragstellerin - wie
die Antragsgegnerin im Verhandlungstermin am 29. September 2005 ergänzend
ausgeführt hat - für ihre Austrittserklärung ein vorbereitetes Formular erbeten und dann
auch verwendet hat, das allerdings auch nicht etwa einen Verzicht auf Ansprüche aus
der Zeit ihrer Mitgliedschaft zum Gegenstand hatte. Diesem Verhalten kann - auch
unter Berücksichtigung des weiteren Zuwartens mit der Geltendmachung des Anspruchs
über weitere rund 7 Jahre nach dem Ausscheiden bei verständiger Würdigung noch nicht
ein Erklärungswert dahin beigemessen werden, dass keinerlei Ansprüche mehr geltend
gemacht werden. Weitere konkrete Umstände, die einen Vertrauensschutz der
Antragsgegnerin oder einen konkludenten Verzicht der Antragstellerin auf den Anspruch
auf bare Zuzahlung rechtfertigen würden, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Es
ist auch nicht ersichtlich, dass nach Entstehung des umgewandelten Unternehmens in
den Gesellschafterversammlungen oder gar den Beschlüssen bis zum Ausscheiden der
Antragstellerin der tatsächliche - von dem nominalen Geschäftsanteil von 5.000,-- DM
abweichende - Wert des Geschäftsguthabens der Genossenschaftsmitglieder auch nur
thematisiert worden wäre und die Antragstellerin auch daraufhin untätig geblieben wäre
(vgl. dazu OLG Jena, Beschluss vom 25. Juni 1998, Az. LW U 170/98, und BGH, Beschluss
vom 23. Oktober 1998, Az. BLw 40/98).
Bei der gegebenen Sachlage stellt sich deshalb die verspätete Geltendmachung des
Barzuzahlungsanspruchs der Antragstellerin nicht als eine mit Treu und Glauben
unvereinbare Härte dar.
2. Zu Unrecht ist die Antragsgegnerin jedoch verpflichtet worden, die Richtigkeit der „mit
Schriftsatz vom 29. März 2004 unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 30. Juli
2004“ erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern.
Innerhalb der im Verfahren der streitigen freiwilligen Gerichtsbarkeit in entsprechender
Anwendung des § 254 ZPO grundsätzlich zulässigen Stufenklage sind die stufenweise
erhobenen Ansprüche auf Auskunft/Rechnungslegung, auf Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung und auf Leistung prozessual selbständige Teile eines einheitlichen
Verfahrens. Die prozessuale Selbständigkeit der Einzelansprüche bedingt, dass über
jeden der Ansprüche in der vorgegebenen Reihenfolge durch Teilurteil bzw. Teilbeschluss
zu befinden ist, d.h. eine sachliche Entscheidung über eine spätere Stufe ist
grundsätzlich unzulässig, solange nicht die vorhergehende Stufe rechtskräftig erledigt ist
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grundsätzlich unzulässig, solange nicht die vorhergehende Stufe rechtskräftig erledigt ist
(BGHZ 10, 385).
Der innerhalb des Stufenverfahrens einheitliche Auskunftsanspruch lässt sich daher
nicht in der Weise teilen, dass hinsichtlich etwa bereits erteilter, aber - wie im konkreten
Fall - gerade mit Rücksicht auf die Zugrundelegung einer nicht maßgebenden
Stichtagsbilanz und der fehlenden Gesamtvermögenseinzelpersonifizierung bereits
offenkundig formell unrichtiger und unvollständiger Teilauskünfte bereits auf
Versicherung deren Richtigkeit an Eides statt erkannt wird. Der Anspruch aus § 260 Abs.
2 BGB setzt vielmehr voraus, dass der vorrangige Auskunftsanspruch zumindest formell
erschöpfend erfüllt ist. Daran aber fehlt es hier aus den vorstehend zu 1.d erörterten
Gründen. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin aus § 260 Abs. 2 BGB ist daher im
derzeitigen Verfahrensstand unzulässig.
Die auf Verpflichtung zur Versicherung der Richtigkeit der Angaben aus dem Schriftsatz
vom 29. März 2004 gerichtete Verurteilung der Antragsgegnerin konnte deshalb keinen
Bestand haben. Insoweit war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Eine
Aufhebung der angefochtenen Entscheidung einschließlich des zugrundeliegenden
Verfahrens insgesamt und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Landwirtschaftsgericht war trotz dieses Verfahrensfehlers nicht
geboten.
Zwar kann, auch wenn dies weder im LwVG noch im FGG ausdrücklich vorgesehen ist,
grundsätzlich auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Aufhebung und
Zurückverweisung an das Amtsgericht erkannt werden (Barnstedt/Steffen, LwVG, 7.
Aufl., § 22 Rdnr. 185 m.w.Nw.). Es ist aber in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts
gestellt, ob es von dieser Möglichkeit im Einzelfall Gebrauch machen will. Sie kann vor
allem dann angebracht sein, wenn das Verfahren vor dem Amtsgericht an
schwerwiegenden Mängeln leidet, etwa bei Versagung des rechtlichen Gehörs, bei
Unterlassung der Anstellung der erforderlichen Ermittlungen oder bei Entscheidung ohne
Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (Barnstedt/Steffen, a.a.O., § 22 Rdnr. 186). Ein
solcherart schwerwiegender Verfahrensmangel liegt im konkreten Fall jedoch
insbesondere deshalb nicht vor, weil das unzulässige Vorwegnehmen des - aus
prozessualen Gründen - bisher nicht zur Entscheidung stehenden Anspruches auf
Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides statt keinerlei Auswirkungen auf den
dem Grunde nach weiterhin bestehenden Auskunftsanspruch hatte und der Senat über
diesen ohne Weiteres abschließend entscheiden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 65 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45
Abs. 1 Satz 2 LwVG. Es entspricht im Rahmen des streitigen Verfahrens der freiwilligen
Gerichtsbarkeit billigem Ermessen, den jeweils teilweise obsiegenden und unterliegenden
Parteien entsprechend dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten nicht in
vollem Umfange aufzuerlegen, sondern hier die Gerichtskosten und die
außergerichtlichen Kosten verhältnismäßig zu teilen.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 24 Abs. 1 LwVG), weil der
Rechtsfrage, wann die Verjährungsfrist von Ansprüchen auf bare Zuzahlung beginnt,
grundsätzliche Bedeutung hat und diese Frage - soweit ersichtlich - bisher nicht
höchstrichterlich entscheiden worden ist.
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