Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 08.04.2009

LSG San: hauptsache, niedersachsen, halle, entstehungsgeschichte, ausschluss, reform, rechtsschutz, bedürftigkeit, entlastung, auflage

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 08.04.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Halle (Saale) S 11 AS 4299/07
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 2 B 264/08 AS
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine vor dem
Sozialgericht Halle (SG) anhängige Klage, mit der sie höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch –
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von monatlich 15,84 EUR für den Bewilligungszeitraum April 2007 bis
August 2007 begehren.
Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 16. März 2007 in der Fassung ihres
Widerspruchsbescheides vom 6. November 2007. Der Beklagte wies in diesem Widerspruchsbescheid den Einwand
der Kläger zurück, ein diesen zur Begleichung aufgelaufener Mietrückstände gewährtes Darlehen könne nicht mit der
Regelleistung aufgerechnet werden.
Die Kläger haben am 6. Dezember 2007 hiergegen Klage beim SG erhoben. Ihren bisherigen Einwand hinsichtlich der
Aufrechnung des gewährten Darlehens haben sie nicht mehr vorgebracht. Zur Begründung der Klage haben sie
nunmehr vorgetragen: Der Beklagte ziehe zu Unrecht den Kostenanteil für die Warmwasseraufbereitung von den
Kosten der Unterkunft ab. Die Kläger würden sich wegen des anhängigen Verfahrens vor dem Bundessozialgericht
(BSG) jedoch weitere Ausführungen hierzu ersparen und stattdessen anregen, das SG möge PKH gewähren. Hiernach
würde mit der Beklagten ein Unterwerfungsvergleich zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossen.
Das SG hat mit Beschluss vom 25. April 2008 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die 1. Instanz
wegen des Fehlens hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt und unter Bezugnahme auf ein zwischenzeitlich
ergangenes Urteil des BSG ausgeführt: Der Beklagte habe einen Betrag von 7,92 EUR für die Kosten der
Warmwasseraufbereitung abgezogen, obwohl er 9,95 EUR hätte berücksichtigen können.
Gegen den den Klägern am 30. April 2008 zugestellten Beschluss haben diese am 28. Mai 2008 Beschwerde
eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG übersehe, dass die Klage im Zeitpunkt der Klageeinreichung
durchaus Erfolgschancen gehabt hätte. Denn zu diesem Zeitpunkt sei die Rechtsprechung der Landessozialgerichte
zur streitigen Frage sehr uneinheitlich und eine entsprechende Klärung durch das BSG noch nicht vorhanden
gewesen. Insoweit habe durchaus die Möglichkeit bestanden, dass sich die klägerische Ansicht hätte bestätigen
können.
Die Kläger haben, nachdem sie vom SG darauf hingewiesen wurden, dass die Kläger zu 3), zu 4) und zu 5) im
streitgegenständlichen Zeitraum nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bzw. noch nicht geboren waren, die Klage
bezüglich dieser Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 2008 zurückgenommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Halle vom 25. April 2008 ist unzulässig und war damit zu verwerfen.
Die Beschwerde ist nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2
Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossen, da in der Hauptsache der Beschwerdewert der Berufung nicht erreicht
wird.
Diese Rechtsfolge ist allerdings umstritten. Nach einer Auffassung ist § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO im
Bereich des SGG nicht anzuwenden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2008, L 29 B 1004/08 AS;
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Juni 2008, L 9 B 117/08 AS; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom
10. Juni 2008, L 5 ER 91/08 AS, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2009, L 13 AS 3835/08,
jeweils juris). Nach anderer Auffassung ist die Beschwerde in diesen Fällen unstatthaft (LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 29. Juli 2008, L 7 SO 3120/08 PKH-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Dezember 2008,
L 8 AS 4968/08 PKH-B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07, jeweils juris; LSG
Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS, sozialgerichtsbarkeit.de).
Für die letztgenannte Auffassung sprechen die besseren Gründe. Denn Wortlaut des Gesetzes,
Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Regelungen lassen darauf schließen, dass
die Beschwerde unstatthaft ist, wenn der Beschwerdewert der Berufung nicht erreicht wird.
Im Einzelnen:
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Diese
Verweisung bezieht sich auf alle im Buch I, Abschnitt II, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die
Prozesskostenhilfe, soweit das SGG nicht ausdrücklich – wie etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG – etwas anderes
regelt. Diese Vorschriften sind "entsprechend" anzuwenden und daher auf das sozialgerichtliche Verfahren
anzupassen, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem
sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die
Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des Landessozialgerichts statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts,
sowie die Anpassung des maßgeblichen Wertes des Beschwerdegegen-stands für die Berufung. Dieser liegt in
Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bei 600,00 EUR, während für das SGG bis zum 31. März 2008 der in §
144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes von 500,00 EUR und seit dem 1. April
2008 von 750,00 EUR maßgeblich ist.
Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach sich die Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe allein nach § 172 Abs. 1 SGG richte und daher, abgesehen von Fällen des § 172 Abs. 3 Nr. 2
SGG, zulässig sei. § 172 Abs. 1 enthält für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren vor den Sozialgerichten
keine den Vorschriften der ZPO vorgehende Sonderregelung. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift,
der auf ihren Auffangcharakter hinweist. Danach findet gegen die Entscheidung der Soziagerichte die Beschwerde an
das Landessozialgericht nur statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine "andere Bestimmung" in
diesem Sinne ist aber § 73a Abs. 1 SGG, der abweichend von der allgemeinen Auffangverweisung in § 202 SGG auf
die Vorschriften zur Prozesskostenhilfe der ZPO ausdrücklich Bezug nimmt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss
vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS, sozialgerichtsbarkeit.de). Unerheblich ist, dass die andere Bestimmung i. S.
d. § 172 Abs. 1 SGG sich nicht direkt im SGG befindet, sondern erst über § 73a Abs. 1 SGG in die ZPO verwiesen
wird. Es ist nämlich hinreichend, dass die Verweisungsnorm im SGG verortet ist. Diese Verweisungstechnik des
Gesetzgebers im Sinne einer gebotenen Normsparsamkeit ist üblich und führt zur Anwendung der Regelungen der
ZPO auch im Verfahren nach dem SGG. Nicht erforderlich ist damit die Prüfung der Voraussetzungen für eine analoge
Anwendung (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2009, L 13 AS 3835/08 PKH-B, das eine
planwidrige Regelungslücke verneint). Denn die vom Gesetz angeordnete entsprechende Anwendung der Regelungen
der ZPO schließt eine Regelungslücke aus (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B
18/07). Die mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001
(BGBl I, S. 1887) eingeführte Regelung, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, wenn der Streitwert in der
Hauptsache den Beschwerdegegenstand für die Berufung nicht übersteige, ist von der Verweisung des § 73a SGG
Abs. 1 Satz 1 SGG umfasst. Diese Verweisung ist als sogenannte "dynamische Verweisung" anzusehen. Die
Vorschriften der ZPO sind in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung über die spezialgesetzliche Verweisung
anzuwenden. Denn insoweit hat der Gesetzgeber das Prozesskostenhilferecht derart gestaltet, dass sich die
Generalregelung der ZPO befindet und die weiteren gerichtlichen Verfahrensordnungen eine entsprechende
Anwendung anordnen (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07 AL; LSG
Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS, sozialgerichtsbarkeit.de).
Diese vom Wortlaut der Norm ausgehende Auslegung lässt sich mit der Entstehungsgeschichte in Einklang bringen
und entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wie er in einer Reihe von Materialien zum Ausdruck gebracht wird:
Dass der Gesetzgeber alle Regelungen über die Prozesskostenhilfe für die verschiedenen Verfahrensordnungen
einheitlich in die ZPO einstellen wollte, ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien anlässlich der Einführung des
Prozesskostenhilferechts anstelle des sogenannten "Armenrechts" zum 1. Januar 1980. Aus dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung geht hervor, dass mit dieser Neuregelung der ZPO die PKH auch in das sozialgerichtliche Verfahren
eingeführt wird (BT-Drs. 8/3068, S. 2). Zudem wird ausgeführt, dass trotz der Besonderheiten des sozialgerichtlichen
Verfahrens die Einführung einer Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren notwendig sei. Ausnahmen
hiervon hat der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des Prozesskostenhilferechts gesondert geregelt, wie
beispielsweise die in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG eröffnete Möglichkeit, dass das Gericht auf Antrag des Beteiligten
einen beizuordnenden Rechtsanwalt auswählen kann, wenn der Beteiligte keinen ausreichend qualifizierten
Rechtsanwalt kennt (BT-Drs. 8/3068, S. 38 f). Hätte der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Beschwerde bei der
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren abweichend von der ZPO regeln wollen, hätte
er dementsprechend und konsequent diesen Willen ebenfalls in § 73a SGG normiert (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss
vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS, sozialgerichtsbarkeit.de).
Erst mit Wirkung vom 1. Januar 2002 ist die hier maßgebliche Vorschrift des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingeführt
worden. Aus dem Gesetzentwurf einzelner Abgeordneter sowie der Regierungsfraktionen vom 4. Juli 2000 geht hervor,
dass mit der Änderung des § 127 ZPO das Ziel erreicht werden sollte, im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht
einen weitergehenden Instanzenzug zu eröffnen als in der Hauptsache. Die Neuregelung greife – so die Begründung –
einen früheren Vorschlag auf, die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde davon abhängig zu machen, ob der Wert
des von der Entscheidung erfassten Streitgegenstandes die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung übersteigt.
Damit werde erreicht, dass im Verfahren über die PKH nicht ein weitergehender Instanzenzug zur Verfügung stehe als
in der Hauptsache. Insbesondere werde der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen begegnet, zu denen es käme,
wenn das Beschwerdegericht die Erfolgsaussicht abweichend von dem in der Hauptsache abschließend
entscheidenden Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt (BT-Drs. 14/3750, S. 51). Im Gesetzentwurf vom 24.
November 2000 wird dieser Gedanke weiterhin ausdrücklich und wortgleich übernommen (BT-Drs. 14/4722, S. 75 f).
Der Senat folgt nicht der Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 9. Juni 2008, L 9 B 117/08
AS, juris), wonach der Gesetzgeber sich mit der Einfügung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG durch das Gesetz zur
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) von der
Idee eines auch in Bezug auf das Bewilligungsverfahren einheitlichen PKH-Rechts abgewendet habe. Die Änderung
des SGG zum 1. April 2008 lässt keinen geänderten Willen des Gesetzgebers erkennen. Die Neuregelung ist nur so
zu verstehen, dass der Gesetzgeber im SGG bei grundsätzlicher Beibehaltung der Abgrenzung nach dem Erreichen
des Wertes der Berufungssumme zusätzlich alle Entscheidungen, die sich allein auf die fehlende wirtschaftliche
Bedürftigkeit stützen, von der Beschwerde ausgeschlossen wissen wollte. Schon der erste Gesetzentwurf der
Bundesregierung vom 15. November 2007 (BR-Drs. 820/07, S. 1) verwies auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen
Entlastung und Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Januar
2008 (BT-Drs. 16/7716) greift diesen Gedanken auf. Ergänzend enthält die Begründung zum allgemeinen Teil (S. 12,
13) eine Verweis auf den Beschluss der 77. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder am 1./2.
Juni 2006, wonach Prozessordnungen und Gerichtsverfassung zu vereinheitlichen seien. Die Neuregelungen zum 1.
April 2008 sprechen daher vielmehr für die von Senat vertretene Auffassung. Dies ergibt sich auch aus folgenden
Erwägungen im Zusammenhang mit dem zum 1. April 2008 neu eingeführten Beschwerdeausschluss im Eilverfahren:
Im Hauptsacheverfahren soll im Regelfall die Entscheidung des SG über den PKH-Antrag in einem so frühen Stadium
des Verfahrens erfolgen, dass eine Durchführung des Beschwerdeverfahrens noch vor Abschluss des
Hauptsacheverfahrens erfolgen kann. Dem Kläger wird nach einer erfolgreichen PKH-Beschwerde bereits in der 1.
Instanz anwaltlicher Beistand finanziert. Vor diesem Hintergrund ließe es sich gut vertreten, für die PKH einen
weitergehenden Instanzenzug vorzusehen als im eigentlichen Verfahren. Nach der Einführung des § 172 Abs. 3 Nr. 1
SGG ist mit Wirkung vom 1. April 2008 jedoch im Eilverfahren die Beschwerde nicht mehr statthaft; dies gilt nach
überwiegender Auffassung unabhängig davon, ob ein Zulassungsgrund in einem etwaig nachfolgenden
Hauptsacheverfahren vorliegen könnte (vgl. Beschluss des Senats vom 4. Februar 2009, L 2 AS 19/09 B ER m. w.
N., sozialgerichtsbarkeit.de). Im Eilverfahren erfolgt jedoch im Regelfall die Entscheidung über den Antrag auf PKH
zum selben Zeitpunkt wie die Entscheidung in der Eilsache selbst. Die Auffassung, wonach eine PKH-Beschwerde
hier statthaft wäre, würde in dieser Konstellation dazu führen, dass das Beschwerdegericht Erfolgsaussichten in einer
Sache prüfen und ggf. anders bewerten müsste, die nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig bereits
rechtskräftig entschieden worden ist. Vor diesem Hintergrund wird daher der Ausschluss der PKH-Beschwerde im
Eilverfahren auch aus einer entsprechenden Anwendung der Neuregelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG hergeleitet
(LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juli 2008, L 7 SO 3120/08 PKH-B, juris). Dies ist aber nicht notwendig,
wenn die Rechtsfolge sich bereits aus der Anwendung von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 2 ZPO ergibt.
Im Rahmen der anderen Prozessordnungen des geltenden Rechts ist anerkannt, dass die Beschwerde gegen die
Ablehnung von PKH nicht statthaft ist, wenn das zugehörige Hauptsacheverfahren nicht zulässigerweise mit
Rechtsmitteln beim Rechtsmittelgericht anhängig gemacht werden kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) geht in ständiger
Rechtsprechung davon aus, dass eine Beschwerde gegen die Ablehnung der PKH durch das Finanzgericht nicht
statthaft ist, wenn die Hauptsache nicht an den BFH gelangen kann (Beschluss vom 8. August 2000, V S 5/00, m. w.
N., juris). Der Rechtsgrundsatz beruhe auf dem Rechtsgedanken, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren
wie dem PKH-Verfahren nicht über den Rechtszug der Hauptsache hinausgehen solle. Ferner solle damit auch
vermieden werden, dass Instanz- und Rechtsmittelgericht im abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und
mehrstufigen Nebenverfahren zu einander sich widersprechenden Entscheidungen gelangen würden (BFH a.a.O.).
Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) findet gegen eine die PKH mangels Erfolgsaussicht
ablehnende Entscheidung in Verfahren, in denen die Entscheidung zur Hauptsache nicht anfechtbar ist (einstweilige
Anordnungen nach §§ 620, 620b oder 644 ZPO), die sofortige Beschwerde nicht statt. Der BGH führt insoweit aus,
dass bereits vor der ZPO-Reform die weit überwiegende Rechtsprechung dem Grundsatz gefolgt sei, dass der
Rechtsschutz in einem Nebenverfahren wie dem der PKH nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen
kann, auch um zu vermeiden, dass Instanz- und Rechtsmittelgericht im abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und
mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen. Mit der Neufassung des § 127
Abs. 2 ZPO habe dieser Grundsatz Eingang in das Gesetz gefunden, wobei die amtliche Begründung zur Neufassung
des § 127 ZPO (BT-Drs. 14/4722, S. 75) zitiert wird (Beschluss vom 23. Februar 2005, XII ZB 1/03, m. w. N., juris).
Gleiches wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung nach
Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung vertreten (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss
vom 25. April 1983, 3 S 122/83, und Beschluss vom 24. Januar 1984, A 12 S 1083/83; Oberverwaltungsgericht
Bremen, Beschluss vom 9. Mai 1994, 2 B 75/94, jeweils juris). Diese Rechtsprechung dürfte dem Gesetzgeber nicht
entgangen sein (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juli 2008, L 7 SO 3120/08 PKH-B,
juris). Nach der Einführung der Regelung in die ZPO ist nicht nur in der Rechtsprechung des BFH, des BGH und
verschiedener Verwaltungsgerichte, sondern auch von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die entsprechende
Anwendung dieser Norm auch im sozialgerichtlichen Verfahren vertreten worden (u. a. LSG Hamburg, Beschluss vom
9. Mai 1985, V PKHBs 94/84, Breithaupt 1985, 807; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. September
2007, L 13 B 7/07 SF, juris). Zweifel an der Sinnhaftigkeit ihrer Auslegung haben auch Gerichte, die die Beschwerde
für statthaft halten, obwohl in der Hauptsache die 1. Instanz abschließend entscheidet. So führt das LSG Berlin-
Brandenburg im Leitsatz zu seinem Beschluss vom 16. Juli 2008 (L 29 B 1004/08 AS) aus: "Wenn es auch
befremden mag, dass in Verfahren der Prozesskostenhilfe der Rechtsmittelzug weiter reicht als der Rechtszug in der
Hauptsache ( )." Das LSG Rheinland-Pfalz hält die PKH-Beschwerde in solchen Fällen für statthaft, obwohl dies
"rechtspolitisch unbefriedigend" sei (Beschluss vom 10. Juni 2008, L 5 ER 91/08 AS).
Systematische Erwägungen lassen sich nicht gegen die hier vertretene Auslegung anführen. Aus der Einführung von
§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG zum 1. April 2008 kann nicht geschlossen werden, dass § 172 Abs. 1 Satz 1 SGG die
gegenüber § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG und § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorrangige Spezialregelung wäre (so aber LSG
Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Juni 2008, L 9 B 117/08 AS, juris). Zwar hätte der Gesetzgeber die
Ausnahmevorschrift zu § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG auch in dieser Norm regeln können. Andererseits dient die
Einbindung der maßgeblichen Regelung in den Kontext der übrigen Fälle eines Beschwerdeausschlusses in § 172
Abs. 3 SGG dem Bedürfnis einer besseren Übersichtlichkeit (so LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar
2009, L 5 B 305/08 AS, sozialgerichtsbarkeit.de). Aus systematischen Gründen spricht vielmehr für die hier vertretene
Auffassung, dass die Regelungen im § 127 ZPO über die Rechtsmittel gegen Entscheidungen im PKH-Verfahren ganz
einhellig auch für die Anfechtung der PKH-Bewilligung durch die Staatskasse anerkannt.
Gegen die Auffassung des Senats kann nicht eingewendet werden, der Gesetzgeber habe nicht oder zumindest nicht
hinreichend deutlich den Ausschluss des Beschwerderechts in den Fällen der Ablehnung für ein Fehlen der
Erfolgsaussicht bei Streitwerten unter 750,00 EUR normiert und damit gegen das Gebot der Rechtsmittelklarheit
verstoßen (so aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.Juli 2008, L 29 B 1004/08 AS, juris). Unter der
Maßgabe der Anwendbarkeit von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Regelung rechtlich
eindeutig und nicht interpretationsbedürftig (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS,
sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07).
In der Hauptsache wird in dem Beschwerdeverfahren der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Zulassung der
Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR nicht erreicht, so dass die Beschwerde unstatthaft
ist. Denn es geht den Klägern um den Betrag von 47,52 EUR (3 x 15,84 EUR) zuzüglich Zinsen seit
Rechtshängigkeit.
Aus der unzutreffenden, von einer Zulässigkeit der Beschwerde ausgehenden Rechtsmittelbelehrung des SG folgt
ebenfalls keine Statthaftigkeit der Beschwerde (BSG, Urteil vom 18. Januar 1978, 1 RA 11/77, Breithaupt 1978, 996,
998; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, 2008, § 66 Rdnr. 12a).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters