Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 08.12.2008

LSG San: materielle rechtskraft, hauptsache, beschwerdeinstanz, heizung, rechtssicherheit, vertrauensschutz, zivilprozessordnung, entlastung, beschränkung, niedersachsen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 08.12.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Dessau-Roßlau S 2 AS 801/08 ER
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 5 B 220/08 AS ER
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin im Wege eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die
Bewilligung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Der am geborene Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau seit dem 1. März 2003 eine 70,4 qm große Wohnung in Dessau-
Roßlau. Ab 1. Januar 2008 hat er eine Gesamtmiete i.H.v. monatlich 532,69 EUR (Nettokaltmiete: 323,84 EUR,
Betriebskosten: 67,50 EUR, Kabelgebühren: 8,35 EUR, Heizung: 81,00 EUR und Wasser: ab 15. April 2008 52,00
EUR) für diese Wohnung zu zahlen. Er bezieht zusammen mit seiner Ehefrau von der Antragsgegnerin seit 1. Januar
2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung
für Arbeitsuchende (SGB II).
Zwischen den Beteiligten war die Höhe der angemessenen KdU bereits in frühren Verfahren Streitgegenstand. So
hatte der 2. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (LSG) mit Beschluss vom 12. April 2006 (L 2 87/05 AS
ER) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, beim Antragsteller für die Zahlung von
Arbeitslosengeld II von November bis Dezember 2005 angemessene KdU i.H.v. 427,15 EUR monatlich und für die
Zeit von Januar bis April 2006 i.H.v. 434,53 EUR monatlich zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und seiner Ehefrau Leistungen
nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 unter Berücksichtigung monatlicher KdU i.H.v.
434,53 EUR. Sie kündigte an, die KdU ab 1. Mai 2008 auf den ihrer Ansicht nach angemessenen Betrag i.H.v. 381,00
EUR monatlich zu kürzen. Mit weiterem Bescheid vom 14. April 2008 bewilligte sie vorläufig Leistungen nach dem
SGB II unter Berücksichtigung monatlicher Unterkunftskosten i.H.v. 381,00 EUR.
Am 17. März 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gestellt. In der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2008 hat er beantragt, die Antragstellerin
zu verpflichten, ab dem 1. Mai 2008 vorläufig und bis zur Bestandskraft der Bescheide - längstens für sechs Monate -
Kosten der Unterkunft in Höhe der im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 12. April 2006
festgestellten 434,53 EUR monatlich weiter zu gewähren. Durch die von der Antragsgegnerin angekündigte Kürzung
der KdU um 53,53 EUR monatlich würden seine Ehefrau und er Nachteile erleiden, die es ihnen unzumutbar machten,
ein Hauptsacheverfahren abzuwarten. In der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2008 hat der Antragsteller
zusätzlich darauf hingewiesen, dass es ihm um die Rechtssicherheit gehe. Die Entscheidung des LSG aus dem Jahr
2006 könne nicht mehr neu geprüft werden. Insoweit liege "innere materielle Rechtskraft" nach den §§ 319, 322 bis
327 Zivilprozessordnung (ZPO) vor.
Das SG hat mit Beschluss vom 6. Mai 2008 den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die
seitens der Antragsgegnerin vorgenommene Kürzung der KdU auf 381,00 EUR ab 1. Mai 2008 sei rechtmäßig. Die
Wohnung des Antragstellers sei unangemessen groß. Unter Berücksichtigung einer angemessen Wohnungsgröße für
zwei Personen von 60 qm, einer Nettokaltmiete i.H.v. 5,30 EUR/qm und Heizkosten ohne Warmwasser i.H.v. 1,05
EUR/qm ergebe sich der von der Antragsgegnerin nach den Unterkunftsrichtlinien festgelegte Betrag. Das SG hat
zudem im Beschluss darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde gegen diesen Beschluss nicht statthaft sei, da der
Beschwerdewert bei ca. 318,00 EUR und damit unter der Beschwerdegrenze des § 172 Abs. 3 Nr. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung liege.
Gegen den ihm am 16. Mai 2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Mai 2008 Beschwerde
eingelegt. Das SG hätte nicht von der Regelung des Beschlusses des LSG vom 12. April 2006 abweichen dürfen. Es
gelte insoweit die "innere materielle Rechtskraft (§§ 322 - 327 ZPO)". Ferner habe das SG Verfahren fehlerhaft
geführt. So sei am 6. Mai 2008 sowohl ein Termin zur mündlichen Verhandlung im vorliegenden Eilverfahren als auch
in einem Hauptsacheverfahren (S 2 AS 347/08) bestimmt worden. Beide Verfahren seien so unzulässigerweise
miteinander vermischt und das Eilverfahren verzögert worden. Schließlich liege der Beschwerdewert nicht unter
750,00 EUR. So beliefen sich seine monatlichen Kosten für die Wohnung auf insgesamt 532,69 EUR. Der Unterschied
zu den Kosten, die die Antragsgegnerin für angemessen halte, betrage monatlich 151,69 EUR, der Beschwerdewert
für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Mai bis 31. Oktober 2008 mithin 910,14 EUR. Der Bewilligungsabschnitt vom 1.
November 2008 bis 30. April 2009 sei weiterhin mit in das Verfahren einzubeziehen.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-
Roßlau vom 6. Mai 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung in
der Hauptsache Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 532,69 EUR monatlich zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerde sei bereits unzulässig, da der Beschwerdewert von über 750,00 EUR nicht erreicht sei. Einer
Antragserweiterung stimme sie nicht zu.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang der
Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 ist unzulässig und daher zu verwerfen.
Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, seit 1. April 2008 gültigen Fassung ist die Beschwerde in
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig
wäre. Die ohne Übergangsregelung in Kraft getretene Ausschlussregelung ist auf das vorliegende Verfahren, welches
am 17. März 2008 beim SG rechtshängig geworden ist, anzuwenden.
Da der Gesetzgeber eine ausdrückliche Übergangsregelung nicht getroffen hat, ist hier die Frage, welche
prozessrechtlichen Vorschriften in einer bestimmten Verfahrenslage anzuwenden sind, auf den "Grundsatz des
intertemporalen Prozessrechts" abzustellen. Er besagt, dass eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch
anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90,
BVerfGE 87, 48 mit zahlreichen Nachweisen). Ein Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht
gewährleistet. Dem Gesetzgeber ist es deshalb nicht verwehrt, ein bisher statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder
den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen, einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu
machen. Lediglich für Rechtsmittelverfahren, welche im Zeitpunkt einer Gesetzesänderung bereits anhängig sind,
lässt sich eine generelle einschränkende Konkretisierung des Grundsatzes des intertemporalen Prozessrechts
ableiten. Bei bestimmten Fallkonstellationen werden Ausnahmen anerkannt, da der Grundsatz des intertemporalen
Prozessrechts unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und
des Vertrauensschutzes steht (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 aaO, 63 ff; BSG Urteil vom 30. Januar 2002, B 6 KA
12/01 R, beide zitiert nach juris). So bleibt ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig, sofern das Gesetz nicht mit
hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992, a.a.O.). Ein besonderer
Vertrauensschutz eines Klägers ist ferner bejaht worden, wenn sich anderenfalls das Kostenrisiko für diesen erheblich
und in schwer kalkulierbarer Weise ausweiten würde (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002, B 6 KA 12/01 R, juris Rn 34).
Außerdem ist Vertrauensschutz angenommen worden, wenn ein Gesetz einen bereits eingeräumten "Anspruch" auf
eine Sachentscheidung in erster Instanz nachträglich beseitigt (BVerwG, Urteil vom 12. März 1998, 4 CN 12/97, juris).
Diesen Fallgestaltungen kann die vorliegende jedoch nicht gleichgestellt werden (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2008, L 15 B 94/08 SO, juris; zur Gegenansicht tendierend Leitherer, Gesetz
zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes – Änderungen des SGG, NJW 2008,
1258, 1261 ohne nähere Begründung). Die nachträgliche Beseitigung der Klagebefugnis nach Erhebung der Klage (vgl.
BVerwG, a.a.O.) ist mit einer wesentlich stärkeren Beeinträchtigung der Rechtsposition des Beteiligten verbunden als
der Wegfall einer Rechtsmittelmöglichkeit vor Einlegung des Rechtsmittels. Auch die anderen genannten
Ausnahmefälle liegen hier nicht vor. Daher ist auch im vorliegenden Fall auf den Grundsatz des intertemporalen
Prozessrechts abzustellen. Bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des SG am 16. Mai 2008 war die
Neuregelung des § 172 Abs. 2 Nr. 1 SGG in Kraft.
Die zum 1. April 2008 in Kraft getretene Regelung ist auch hinreichend bestimmt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
SGG ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Im vorliegenden Fall
geht es um höhere KdU von insgesamt 321,18 EUR für die Monate Mai bis Oktober 2008. Es geht hier nicht um
wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Wert des
Beschwerdegegenstands liegt unter 750 EUR.
Die nach ihrem Wortlaut nicht völlig eindeutige Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist nach ihrem Wortlaut und
ihrer Systematik dahingehend zu verstehen, dass die Beschwerde dann ausgeschlossen – unzulässig – ist, wenn die
Berufung in der Hauptsache nicht kraft Gesetzes ohne Weiteres zulässig wäre, sondern erst noch der Zulassung
bedürfte (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. September 2008, L 8 SO 80/08 ER; LSG
Hamburg, Beschluss vom 1. September 2008, L 5 AS 79/08 NZB, Hessisches LSG, Beschluss vom 1. Juli 2008, L 7
SO 59/08 AS ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Juli 2008, L 7 B 192/08 AS ER; alle zit. n. juris;
ebenso: 4. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Oktober 2008, L 4 B 17/08 KR ER).
Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ist die zum 1. April 2008 in Kraft getretene Beschränkung der
Beschwerdemöglichkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Entlastung der Landessozialgerichte erfolgt.
Dieser Zweck sollte durch Anheben des Schwellenwertes auf 750 EUR und durch die Einschränkung der Beschwerde
in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erreicht werden. Es entspräche daher dem Entlastungswillen des
Gesetzgebers nicht, wenn man ein fiktive Prüfung möglicher Zulassungsgründe und eine hierauf gestützte Zulassung
der Beschwerde durch die Sozialgerichte oder eine Nichtzulassungsbeschwerde, über deren Zulässigkeit dann die
Landessozialgerichte zu befinden hätten, unter Geltung des neuen Rechts anerkennen würde. Der erstrebte
Entlastungseffekt wird nur dann erreicht, wenn sich die Zulässigkeit der Beschwerde im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren ohne Weiteres aus dem Beschwerdewert oder der Art und Dauer der im Streit stehenden
Leistungen ergibt (§ 144 Abs. 1 SGG). Hinzu kommt, dass die in § 144 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe
erkennbar auf das Hauptsacheverfahren zugeschnitten und auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht
übertragbar sind. Eine fiktive Prüfung ist schon deshalb nicht sinnvoll, weil nicht klar ist, ob es ein
Hauptsacheverfahren geben wird und wie dieses gegebenenfalls entschieden würde. Die Zulassungsgründe Divergenz
(§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) und Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) sind bereits tatsächlich nicht möglich.
Auch eine fiktive Prüfung der grundsätzlichen Bedeutung der Hauptsache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) ist wegen der
unterschiedlichen Funktion von Hauptsache- und Eilverfahren nicht sachgerecht, denn die Entscheidungen sind weder
in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht deckungsgleich. Da es im einstweiligen Rechtsschutz maßgeblich darum
geht, "vorläufige" Regelungen zu treffen, werden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gerade nicht
abschließend beantwortet.
Schließlich wird in der Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG auch nicht auf die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung
oder die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 144, 145 SGG) verwiesen, was auch regelungssystematisch
gegen deren Anwendbarkeit spricht. Im Rechtsmittelrecht gilt das Gebot der Rechtsmittelklarheit (vgl. BSG 30. Juni
2008, B 2 U 1/08 RH, juris unter Verweis auf den Plenumsbeschluss des BVerfG vom 30. April 2003, 1 PBvU 1/02,
BVerfGE 107, 395). Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde auch in Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes hätte daher im Zusammenhang mit der getroffenen Neuregelung des § 172 SGG einer ausdrücklichen
gesetzlichen Regelung bedurft.
Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nunmehr die Übernahme der ihm monatlich tatsächlich
entstehenden Aufwendungen für die Mietwohnung und die Einbeziehung des Bewilligungsabschnittes von 1.
November 2008 bis 30. April 2008 begehrt, ist dies als Antragserweiterung anzusehen. Im erstinstanzlichen Verfahren
begehrte der Antragsteller für die Zeit vom 1. Mai 2008 an für längstens sechs Monate ausdrücklich nur die
Übernahme der KdU, die das LSG im Beschluss vom 12. April 2006 für angemessen gehalten hatte. Alleinige
Grundlage seiner Argumentation war der Inhalt dieses Beschlusses. So erklärte er in der mündlichen Verhandlung am
6. Mai 2008, ihm gehe es um die Rechtssicherheit. Die Entscheidung des LSG aus dem Jahre 2006 könne nicht mehr
neu geprüft werden. Insoweit liege "innere materielle Rechtskraft" vor. Dies zeigt deutlich, dass der Antragsteller in
erster Instanz sein Begehren auf die Höhe der im Beschluss des LSG als angemessen angesehenen KdU
beschränken wollte und es durch die Genehmigung seines in der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Antrages
auch tat. Wenn er nunmehr in der Beschwerde die ihm nach seiner Auffassung monatlich tatsächlich entstehenden
KdU geltend macht, so ist dies eine Antragserweiterung.
Der Senat kann offen lassen, ob diese Antragserweiterung zulässig wäre. Auch wenn die Antragserweiterung in der
Beschwerdeinstanz zulässig wäre, änderte dies nichts daran, dass der Antragsteller den Beschwerdewert des § 144
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR nicht überschreiten kann. Die Beschwer des Beschwerdeführers muss im
Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung vorliegen. Spätere Änderungen des Streitgegenstandes führen nicht zur
Zulässigkeit eines im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nicht zulässigen Rechtsmittels.
Die in der Beschwerdeinstanz gestellten Anträge sind nur insoweit von Bedeutung, als der Antragsteller im Umfang
des Beschwerdeantrages bereits durch den sozialgerichtlichen Beschluss beschwert ist. Eine Beschwer ist gegeben,
wenn die Entscheidung dem Rechtsmittelführer etwas versagt, was er beantragt hat. Er ist beschwert, wenn und
soweit seinen Sachanträgen in der angegriffenen Entscheidung nicht entsprochen wurde. Ebenso wenig wie ein in der
Beschwerdeinstanz neu eingebrachter Antrag für sich genommen zur Zulässigkeit der Beschwerde führt, sondern
seinerseits eine - schon sonst - zulässige Beschwerde voraussetzt, kann eine in der Beschwerdeinstanz
vorgenommene Antragserweiterung bei der Festlegung des Beschwerdewertes berücksichtigt werden. Im vorliegenden
Falle ist deshalb allein maßgeblich, inwieweit der Antragsteller mit seinem Beschwerdeantrag Ansprüche
weiterverfolgt hat, die er bereits vor dem SG erfolglos geltend gemacht hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die
Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des
Rechtsmittels (§ 202 SGG in Verbindung mit § 4 der Zivilprozessordnung). Eine nachträgliche Veränderung des
Beschwerdewertes führt grundsätzlich nicht zur Zulässigkeit der Berufung (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 1959, 9
RV 826/56, BSGE 11, 26 ff.; LSG Berlin, Urteil vom 5. Mai 2004, L 9 KR 1093/01, juris; BAG, Beschluss vom 4. Juni
2008, 3 AZB 37/08, juris, Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, §144, Rz. 19,20; vor
§ 143, Rz. 10 f.).
Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn die Erweiterung des Rechtsmittels auf einer unabhängig vom Willen des
Antragstellers eingetretenen Änderung des Streitgegenstandes beruht. Ein solcher Fall liegt hier erkennbar nicht vor.
Die nun geltend gemachten Mietkosten für den Bewilligungsabschnitt 1. Mai bis 31. Oktober 2008 waren dem
Antragsteller bereits bei Stellung seines Antrages in der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2008 bekannt. Ebenso
führt eine Erweiterung des Beschwerdegegenstandes auf den Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April
2009 nicht automatisch und unabhängig vom Willen des Antragstellers zur Einbeziehung in das Verfahren. Der weitere
Bescheid ersetzt nämlich nicht nach § 96 SGG den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 14. April 2008, weil
verschiedene Bewilligungsabschnitte geregelt werden (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06, Rz. 16,
juris).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).