Urteil des LSG Sachsen vom 24.09.2003

LSG Fss: medizinische indikation, operation, makromastie, anhaltende somatoforme schmerzstörung, mammahypertrophie, ärztliche behandlung, befund, reduktion, wahrscheinlichkeit, ptosis

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.09.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 13 KR 4/99
Sächsisches Landessozialgericht L 1 KR 84/01
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08. November 2001 abgeändert und
der Bescheid der Beklagten vom 13. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1998
aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die entstehenden Kosten für eine Mamma-Reduktion der Klägerin als
Sachleistung zu übernehmen. II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider
Rechtszüge zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Mammareduktions-Operation auf Kosten
der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die am ... 1956 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, leidet an einer
Mammahypertrophie/Makromastie.
Im Januar 1998 legte sie der Beklagten eine Verordnung (vom 14. Januar 1998) zur Krankenhausbehandlung von Prof.
Dr. R1 ...n (Chefarzt der Frauenklinik des Klinikums C ...) und einen Arztbrief der Orthopädin Dr. S1 ... (vom 04.
Februar 1998) vor. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung wird als Diagnose genannt: Mammahypertrophie
beidseits erheblichen Grades mit Beschwerden im Schulter-, Hals- und Kopfbereich und Sensibilitäts-Störungen. In
ihrem Arztbrief hat die Orthopädin Dr. S1 ... die Diagnose eines rezidivierenden Cervikalsyndroms C 8 links gestellt.
Die Klägerin klage seit Jahrzehnten über Migräne und radikulär ausstrahlenden Schmerz und Taubheitsgefühl im
Wurzelsegment C 8 links. Das sehr hohe Gewicht der Brust sei eine wesentliche Ursache des Beschwerdebildes. Die
Operation werde von ihr dringend befürwortet. Es bestünden massive Rotations- und Retroflexionsblockierungen C
5/6/7.
In einem daraufhin von der Beklagten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeholten
Gutachten gelangte Dipl.-Med. R2 ... nach Untersuchung der Klägerin unter dem 02. März 1998 zu der Einschätzung,
bei der Klägerin bestünden Nackenbeschwerden mit Ausstrahlung in den Hinterkopf wechselnder Intensität. Bisher
seien diese Beschwerden bei Bedarf mit Dolormin-Tabletten und vor Jahren mit Massagen und Rückenschule
behandelt worden. Der Untersuchungsbefund zeige eine freie Beweglichkeit der HWS ohne Nachweis von radikulären
Zeichen. Schnürfurchen der BH-Träger bestünden nicht. Festzustellen sei eine mäßige Verspannung der
Trapeziusmuskultur. Zur Behandlung der in ihrer Intensität wechselhaft auftretenden Beschwerden würden
physiotherapeutische Behandlungen und Maßnahmen der Krankengymnastik empfohlen. Eine gezielte Therapie der
Beschwerden sei bisher nicht erfolgt. Eine Gewichtsreduktion sei anzuraten. Aus beruflichen Gründen bestehe für die
Klägerin keine Möglichkeit physiotherapeutische Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Als Diagnose wurde ein
Cervicocranialsyndrom bei muskulärer Dysbalance gestellt (Größe 164 cm, Gewicht 80 kg).
Mit Bescheid vom 13. März 1998 hat die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Mammareduktion
abgelehnt. Zur Begründung hat sie sich auf die Ausführungen des MDK im Gutachten vom 02. März 1998 bezogen.
Dagegen legte die Klägerin am 18. März 1998 Widerspruch ein. In den zurückliegenden Jahren, Jahrzehnten seien
genügend therapeutische Behandlungen wie Massagen, Rückenschule, Gymnastik und etc. durchgeführt worden ohne
dauerhaft spürbaren Erfolg. Über Jahrzehnte habe sie die Schmerzen nur mit medikamentöser Behandlung ertragen
können. Nur mit einer Reduktion der Mammae könne die Ursache ihrer endlosen Schmerzen behoben werden. Zur
Begründung hat sie eine ärztliche Bescheinigung Prof. Dr. R1 ... vom 12. März 1998 und ein ärztliches Attest des
Praktischen Arztes Dr. G1 ... vom 12. März 1998 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, wegen einer erheblichen
Mammahypertrophie bestünden (rechts mehr als links) bei doppelseitiger Mastopathie starke Nacken- und
Schulterschmerzen, die in die Arme ausstrahlten und zeitweise zu Sensibilitätsstörungen in der linken Hand führten.
Dazu komme es gehäuft zu Kopfschmerzen. Auf der Grundlage der vorliegenden Befunde werde der Klägerin zur
Reduktionsplastik beider Brüste geraten. Bei der Klägerin bestünden hyperplastische Mammae, die
Rückenbeschwerden bedingten. Physiotherapeutische Maßnahmen, Analgetika und Teilnahme an der Rückenschule
der Beklagten hätten keine Linderung gebracht. Aus seiner Sicht sei die Indikation für eine Korrektur-Operation der
Mammae gegeben, um die Rückbeschwerden zu beseitigen bzw. erheblich zu mindern.
In einem von der Beklagten eingeholten weiteren Gutachten des MDK (nach Aktenlage) stellte Dr. W1 ... am 17. April
1998 fest, es habe im orthopädischen Schrifttum bisher nirgends mit annähernder Sicherheit festgestellt werden
können, dass Reduzierungen des Brustgewichtes Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparates signifikant
beeinflussen könnten. Es könne zur Behandlung von Schmerzen im Nacken und im oberen Brustwirbelsäulenbereich
neben der Ausschöpfung der üblichen orthopädischen Behandlung nur bei extremen Brustveränderungen zu einer
plastischen Operation geraten werden. Die im orthopädischen Bericht vom 04. Februar 1998 mitgeteilten massiven
Rotations- und Retroflexionsblockierungen sollten behandelt werden, einschließlich der die Funktionsstörungen
erzeugenden muskulären Dysbalancen. Die brustverkleinernde Operation könne nicht empfohlen werden. Bei der
Klägerin seien vor Jahren gezielte Behandlungen durchgeführt worden.
Dr. S1 ... stellte in einer von der Beklagten eingeholten Auskunft unter dem 17. Juli 1998 fest, sie habe den Eindruck,
dass sich die Behandlung der Klägerin erschöpft habe. Andernfalls hätte sie eine Operation nicht vorgeschlagen. Bei
der Untersuchung am 17. Juli 1998 sei die HWS in allen Richtungen frei beweglich gewesen. Eine orthopädische
Behandlung sei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Die Behandlung sei zurzeit ausgeschöpft. Sie halte eine
Mamma-Reduktion für erforderlich.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1998). Bei der Mammahypertrophie der
Klägerin liege dann eine Behandlungsbedürftigkeit und damit eine Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne vor,
wenn an sich behandlungsfähige Erscheinungen die körperlichen und geistigen Funktionen oder die Erwerbstätigkeit
beeinträchtigten. Behandlungsbedürftigkeit bestehe nicht, wenn die Behandlung lediglich aus persönlichen Motiven,
insbesondere aus kosmetischen Gründen erfolge. Hiernach sei die Kostenübernahme der von der Klägerin begehrten
Mamma-Reduktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung infolge der fehlenden Anspruchsvoraussetzungen
nicht möglich.
Gegen den am 23. Dezember 1998 zugestellten Widerspruchsbescheid richtete sich die am 06. Januar 1999 beim
Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage.
Das SG hat wie folgt ermittelt: In ihrem Befundbericht vom 28. Februar 2001 hat sich Dr. S1 ... auf ihren Befund vom
04. Februar 1998 gestützt. Sie habe der Klägerin einmal Physiotherapie sowie eine Entspannungsbehandlung
M.lev.scap. und trapez. beidseits verordnet. In seinem Befundbericht vom 09. März 2001 hat Dr. G1 ... als Diagnose
ein vertebragenes Schmerzsyndrom bei Mammahyperplasie genannt. Die Beschwerden hätten sich ständig verstärkt.
Bei Prof. Dr. R1 ... war die Klägerin einmalig am 14. Januar 1998 zur gynäkologischen Untersuchung (Befundbericht
vom 08. März 2001).
Das SG hat bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. H1 ... ein orthopädisches Fachgutachten (Gutachten vom 16. Juli
2001), in dem folgende Diagnosen aufgeführt sind: - Cervicocranialsyndrom und Tinnitus links bei Kopfgelenksblok- -
kierung OC 1 links; - Cervikales Pseudoradikulärsyndrom bei Funktionsstörungen der cervicodorsalen Überganges;
mäßige muskuläre Dysbalance des Schultergürtels, altersgemäße degenerative Veränderungen; - Thorakales
Schmerzsyndrom bei Costovertebraldegeneration; - Mäßige Mammahypertrophie und -ptosis mit die Fehlstatik und
Fehlbelastung des Schultergürtels bzw. der HWS-/BWS-Region verstärkendem Einfluss.
Der Befund einer Mammahypertrophie und -ptosis beidseits liege im grenzwertigen pathologischen Bereich. Als
zusätzlich sicher "echt pathologischer Befund", der mit subjektiver Beschwerdeverstärkung behaftet sei, sei die
vorhandene Mastopathie zu werten, die schon mehrfach Anlass zu Mammografien und Punktionen aus
flüssigkeitsgefüllten Zysten gewesen sei (Angaben der Klägerin). Die Erkrankung bzw. die Beschwerden der Klägerin
seien multikausal verursacht und keinesfalls ausschließlich durch den Mammabefund bedingt. Es spielten in einem
negativen Wechselspiel degenerative und funktionelle Störungen des Wirbelsäulenabschnitts bzw. besonders der
Übergangsregionen, muskuläre Dysbalancen, die wiederum durch Funktionsstörungen, durch arbeitsbedingte
Fehlstatik und Fehlbelastung, und auch mangelndes muskuläres Training hervorgerufen würden, eine Rolle. Diese
Funktionsstörungen und muskulären Dysbalancen würden jedoch gleichzeitig durch den Mammabefund initiiert und
unterhalten, der als ein Fehlstatikfaktor wirke. Von der gewünschten Mamma-Reduktionsplastik könne lediglich eine
Beschwerdelinderung erwartet werden, nicht jedoch eine komplette Beschwerdefreiheit. Eine weiterführende, ggf.
intervallmäßig notwendige physiotherapeutische Behandlung und daneben eine Gesamtkörpergewichtsreduktion
müssten den Prozess unterstützen. Erfahrungsgemäß initiiere und motiviere eine Mamma-Reduktionsplastik
Patientinnen jedoch zu aktivem weiterführenden Verhalten im Sinne körperlicher Konditionierung und
Gewichtsreduktion. Ambulante Physiotherapien zur Beschwerdekoupierung seien durchgeführt worden. Die
durchgeführten und eingeleiteten Behandlungen seien vom rein orthopädischen "Maßnahmekatalog" her gesehen
üblich und ausreichend. Eine weitere Verbesserung wäre dann tatsächlich lediglich durch die Mamma-
Reduktionsplastik mit dem Ziel der Minderung des Fehlstatikfaktors zu erreichen. Die Ausschöpfung dieser
Therapiemaßnahme würde im Rahmen der multikausalen Verursachung des Beschwerdebildes den noch fehlenden
Aspekt der Behandlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt
55 bis 67 der SG-Akte verwiesen.
Auf mündliche Verhandlung hat das SG die Klage mit Urteil vom 08. November 2001 abgewiesen. Die Klägerin habe
gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Mamma-Reduktionsplastik bzw. auf Übernahme der
Kosten einer dahingehenden Operation. Dies ergebe sich aus den vorliegenden medizinischen
Sachverständigengutachten sowie den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Der Befund erfordere für
sich genommen die begehrte brustverkleinernde Operation nicht. Die Mammahypertrophie und Mammaptosis lägen
nach Angaben der Sachverständigen im grenzwertigen Bereich zu einem krankhaften Befund. Auch die Klägerin gehe
erkennbar nicht davon aus, dass der Brustbefund isoliert betrachtet eine verkleinernde Operation erforderlich mache.
Eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme für eine Mamma-Reduktionsplastik sei auch nicht unter dem
Gesichtspunkt der Linderung der Beschwerden der Klägerin im Schulter-Nacken-Bereich begründet. Die Hypertrophie
und die Ptosis der Mammae seien nicht die wesentliche Ursache für die Beschwerden der Klägerin im Bereich des
Stütz- und Bewegungsapparates. Diese seien vielmehr multifaktoriell verursacht und keinesfalls ausschließlich durch
den Mammabefund bedingt. Vordringlich seien Maßnahmen der physiotherapeutischen krankengymnastischen
Behandlung sowie der allgemeinen Gewichtsreduktion und - sofern erforderlich - eine orthopädische Behandlung der
massiven Rotations- und Reflexionsblockierungen in den Segmenten C 5 bis C 7 durchzuführen. Diese Maßnahmen
seien nach Lage der Akten bei der Klägerin bislang nicht ausgeschöpft. Erst wenn bei fortgesetzter und konsequenter
Durchführung physiotherapeutischer Behandlungen und unter Ausschöpfung orthopädischer
Behandlungsmöglichkeiten eine relative Besserung des Beschwerdebildes bei der Klägerin nicht eintreten sollte,
komme als "ultima ratio" die Durchführung einer brustverkleinernden Operation in Betracht.
Gegen das als Einschreiben am 29. November 2001 zur Post gegebene Urteil richtet sich die am 19. Dezember 2001
beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung.
Die Klägerin trägt vor, selbst eine Gewichtsreduktion von 10 kg habe keinen brustverkleinernden Erfolg erzielt. Die
arbeitsbedingte Fehlstatik und Fehlbelastung werde durch eine physio- und sporttherapeutische Maßnahme in einem
Therapiezentrum in dem Umfang ausgeglichen, wie es ihre Beschaffenheit (Brustumfang/-gewicht) erlaube. Durch
umfangreiche physiotherapeutische und psychotherapeutische Behandlungen habe sie schmerzfrei aus der
Rehabilitation (Juli/August 2001) entlassen werden können, da diese Art von Muskelschmerzen (als Folge einer
weichteilrheumatischen Erkrankung [Fibromyalgie]) therapierbar seien. Aufgrund ihrer beruflichen Vollbeschäftigung
sei es ihr leider nur begrenzt möglich, diesen Umfang an physiotherapeutischen Maßnahmen beizubehalten. Auch sei
die Anzahl der verschreibungspflichtigen Behandlungen bei Fachtherapeuten nach dem Heilbehandlungsplan begrenzt.
Aufgrund ihres Brustumfangs sei Sport auch nur eingeschränkt möglich. Ihres Erachtens tue sie überdurchschnittlich
viel für ihre Gesundheit. Nur in den äußersten Fällen nehme sie verschreibungspflichtige Physiotherapeuten in
Anspruch, weil die Termine nur schwer mit dem Arbeitgeber in Einklang zu bringen seien. Schmerzen im Nacken- und
Halswirbelbereich seien permanent vorhanden. Die tiefen Einschnürungen im Schulterbereich seien schmerzhaft.
Bestimmte Arbeiten des täglichen Lebens seien nur unter Schmerzen möglich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08. November 2001 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom
13. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1998 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, die Kosten für eine Mamma-Reduktion zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, in erster Linie müssten die Ursachen für die Fehlstatik und Fehlbelastung beseitigt werden. Die
Brustverkleinerung lindere die Beschwerden nur kurzfristig, wenn die Ursachen nicht behoben seien. Zweifellos
verstärke die große Brust die Beschwerden, die durch die arbeitsbedingte Fehlstatik und Fehlbelastung hervorgerufen
würden. Dies sei aber nicht die Ursache. Folglich müsse die Beseitigung der Beschwerden in erster Linie durch die
Beseitigung der tatsächlichen Ursachen erfolgen. Beschwerden, die durch die Individualität des Arbeitsplatzes
entstünden, könnten nicht mit chirurgischen Mitteln beseitigt werden. Während ihrer Reha-Maßnahme habe die
Klägerin auch keine Beschwerden gehabt, die eine Mamma-Reduktionsplastik erforderlich machen könnten.
Vordringlich seien Maßnahmen der physiotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlung sowie der
allgemeinen Gewichtsreduktion durchzuführen.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dipl.-Med. H2 ... (Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in C ...)
eingeholt, bei der sich die Klägerin vertretungsweise von Mai bis September 1998 in Behandlung befand und einen
Rehabilitations-Entlassungsbericht der Reha-Klinik F ... in Bad F ... (Abteilung Psychosomatik) beigezogen. Wegen
des Inhalts der medizinischen Unterlagen wird auf Blatt 37, 40 bis 48 der LSG-Akte verwiesen.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ein gynäkologisches Fachgutachten von Dr. L1bodasch (Chefarzt der
Frauenklinik des DRK-Krankenhauses C ...-R ...) erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 27. Dezember 2002 hat
der Sachverständige ausgeführt, bei der Klägerin lägen eine Makromastie und Ptosis beidseits mit statischen
Beschwerden vor. Nach den vorliegenden orthopädischen Befunden ließen sich funktionelle Segmentstörungen der
unteren HWS sowie Funktionsstörungen der Kopfgelenke nachweisen. Bei der Klägerin liege ein von der Norm
abweichender Zustand von Krankheitswert vor. Die Makromastie sei behandlungsbedürftig, da bereits Folgeschäden
eingetreten seien. Dieser Zustand sei durch eine Mamma-Reduktionsplastik behandlungsfähig. Das geschätzte
Resektionsgewicht betrage jeweils 800 g. Es handele sich um einen Befund mit Krankheitswert. Eine medizinische
Indikation zur Operation bestehe ab einer mittelstarken Hypertrophie. Die Gründe für eine medizinische Indikation zur
Operation seien wie folgt definiert: - Inframammäre Feuchtigkeit mit Intertrigo, - Rücken- und Nackenschmerzen -
schlechte Haltung, - Schwere- und Völlegefühl - Hauteinziehungen über der Schulter von dem zu hoch gezogenen
Büstenhalter, - Schmerzen in den Arm ausstrahlend (Brachialplexusbeteiligung), - Anatomische Muskel- und
Knochenveränderungen.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verursache die Makromastie muskuläre Dysbalancen. Das
Resektionsgewicht führe in jedem Fall zu einer Entlastung des Halteapparates im Bereich des Schultergürtels und der
Wirbelsäule. Die Makromastie sei deshalb für die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden ursächlich.
Zusätzliche Belastungen im Berufsleben und im Alltag seien geeignet, diese Beschwerden zu verstärken. Mit einer
Wahrscheinlichkeit von über 95 % könne davon ausgegangen werden, dass die Beschwerden der Klägerin durch eine
Mamma-Reduktionsplastik gebessert würden. Es lägen darüber eine Reihe von wissenschaftlichen Publikationen vor.
Aus seiner Sicht seien alle empfohlenen konservativen Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft. Der bisherige
Krankheitsverlauf zeige, dass der Erfolg dieser Behandlungen immer nur vorübergehend gewesen sei. Die empfohlene
physiotherapeutische Behandlung mit schmerzlindernden und muskelstabilisierenden Maßnahmen sei deshalb ohne
Operation weiterhin und ständig erforderlich. Die Klägerin werde nach einer entsprechenden Operation mit einer an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer erheblichen Besserung ihrer Beschwerden rechnen können bzw.
beschwerdefrei werden und eine dauerhafte physiotherapeutische Behandlung nicht mehr benötigen. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Bl. 83 bis 91 der LSG-Akte Bezug genommen.
Dazu hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme der erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H1 ... eingeholt, die
ausgeführt hat (09. März 2003), die Mamma-Reduktionsplastik allein werde keine komplette Beschwerdefreiheit
erzielen. Vielmehr werde eine intervallmäßige Physiotherapie notwendig sein. Die wesentliche Einschätzung des
Sachverständigen Dr. L1 ... liege darin, dass er der Makromastie im Verursachungsgefüge des Beschwerdebildes eine
zentrale und ursächliche Rolle zuweise. Ferner gebe er eine postoperative Patientenzufriedenheit nach
Reduktionsplastiken von 95 % an sowie auch eine statische signifikante Verbesserung klinischer Zeichen, wie
Schulterschmerz, Rückenschmerz, Schnürfurchen, des Intertrigo, der Kopfschmerzen und der Brustschmerzen. Ein
Widerspruch in beiden gutachterlichen Aussagen sei nicht erkennbar. Auch sei sie der Ansicht, dass die
Mammahypertrophie für die muskulären Dysbalancen und infolge derselben z. T. auch für die Funktionsstörungen eine
initiierende, also wichtige Rolle spiele. In Kenntnis der schon vorhandenen degenerativen Befunden und der
muskulären funktionellen Situation der Klägerin, als auch ihrer Arbeitsbelastung halte sie jedoch an ihrer Aussage
fest, dass auch postoperativ ein intervallmäßiges physiotherapeutisches und krankengymnastisches Regime
notwendig sein werde. Sie könne dem Sachverständigen Dr. L1 ... aber beipflichten, dass die Klägerin nach einer
Operation keine dauerhafte Physiotherapie mehr benötige. Die Frequenzen einer solchen Behandlungsnotwendigkeit
gingen mithin zurück. In der Zeit zwischen den beiden Gutachten sei es der Klägerin gelungen, 10 kg Körpergewicht
abzubauen. Wegen der weiteren Einzelheiten der ergänzenden Stellungnahme wird auf Blatt 98 bis 99 der LSG-Akte
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten
vom 13. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1998 ist rechtswidrig. Die Klägerin
hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine
Mammareduktions-Operation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG)
zulässig erhobene Klagebegehren ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Kosten für eine Mammareduktions-
Operation zu übernehmen. Die Operation ist eine "erforderliche Krankenbehandlung".
Nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der ab 01. August 2001 geltenden Fassung haben
Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die
ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie die Krankenhausbehandlung (§
27 Abs. 1 Satz 2 SGB V). "Krankheit" im Sinne der genannten Vorschrift ist ein regelwidriger Körper- oder
Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung oder zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur
Folge hat. Regelwidrig ist ein Zustand, der vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Eine Krankenbehandlung
ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert, vor einer
Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (vgl. bereits BSGE 26,
240; 35, 10; 39, 167; st. Rspr.).
Zwar liegt eine organische Störung bei der Brust selbst nicht vor. Auch in der gegebenen Brustgröße ist ein
regelwidriger Körperzustand nicht zu ersehen (vgl. dazu bereits das Senatsurteil vom 03. Februar 1999, Az.: L 1 KR
31/98).
Bei der Klägerin liegt vielmehr eine Makromastie vor. Dies weist das gynäkologische Fachgutachten nach, das Dr. L1
... erstattet hat. Nach allen vom Sachverständigen aufgeführten Definitionen einer Makromastie besteht bei der
Klägerin eine derartige Erkrankung. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die häufig aufgrund der überschweren
Brust zu erheblichen statischen Problemen führt und chronische Schmerzen des Haltungsapparates verursacht. Die
Makromastie selbst wird eingeteilt in: Juvenile Mammahyperplasie, Mammahypertrophie, Altershypertrophie und
Gigantomastie mit den Symptomen: Rücken-Nackenschmerzen, Fehlhaltung, BH-Trägerfurchen, Intertrigo,
psychische Belastung (vgl. Leitlinien der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgie VdPC [www.uni-
duesseldorf.de/WWW/AWMF/11/chvpc001.htm] Gerber/Krause/Friese, Restruktive und plastisch ästhetische
Mammaoperationen, Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 8 vom 21. Februar 2003, S. A-474/B-411/C-388).
Nach Ausführungen des genannten Sachverständigen sind die Gründe für eine medizinische Indikation zur Operation
wie folgt definiert: - Inframammäre Feuchtigkeit mit Intertrigo, - Rücken- und Nackenschmerzen - schlechte Haltung, -
Schwere- und Völlegefühl - Hauteinziehungen über der Schulter von dem zu hoch gezogenen Büstenhalter, -
Schmerzen in den Arm ausstrahlend (Brachialplexusbeteiligung), - Anatomische Muskel- und Knochenveränderungen.
Die vom Sachverständigen genannten Gründe für eine medizinische Indikation zur Operation weichen auch nicht von
sozialmedizinischen Beurteilungskriterien für eine Operations-Indikation ab. Nach der "Begutachtungshilfe Mamma-
Chirurgie 1998" des MDK Nordrhein ist zum Vorliegen einer Makromastie bei normalgewichtigen Frauen mit
Beschwerdesymptomatik ausgeführt: "Bei Makromastie besteht gegebenenfalls eine Indikation, wenn zusätzliche
Beschwerden im HWS- und BWS-Bereich angegeben werden, die nach intensiver physikalischer Therapie nicht
gemindert werden konnten. Bestehende, röntgenologisch fassbare degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
können durch eine Reduktionsplastik nicht behoben, wohl aber deren Auswirkungen gemindert werden. Durch
Übergewicht der Brüste im Verhältnis zum übrigen Körperbild und zusätzlicher Ptose kann eine
Verschlimmerungstendenz bestehender Rücken- oder Schulter-/Armbeschwerden aus rein physikalischen
Überlegungen heraus nicht ausgeschlossen werden. In jedem Fall sollte ein Resektionsgewicht von jeweils 500 g pro
Seite und mehr zu erwarten sein. Als sichtbare körperliche Zeichen für die Einwirkung der schweren Brust können
"Schnürfurchen" im Bereich beider Schultern durch die BH-Träger und mechanische Druckstellen in anderen BH-
Bereichen bestehen."
Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen für eine Indikation zur Mammareduktions-Operation. Auf orthopädischen
Fachgebiet leidet sie an folgenden Gesundheitsstörungen: - Cervicocranialsyndrom bei Kopfgelenksblockierung OC 1
links; - Cervikales Pseudoradikulärsyndrom bei Funktionsstörungen der cervicodorsalen Überganges; mäßige
muskuläre Dysbalancen des Schultergürtels, altersgemäße degenerative Veränderungen; - Thorakales
Schmerzsyndrom bei Costovertebraldegeneration; - Fehlstatik und Fehlbelastung des Schultergürtels bzw. der HWS-
/BWS-Region mit verstärktem Einfluss aufgrund der vorliegenden Makromastie (vgl. Gutachten Dr. H1 ... dort S. 9).
Die Klägerin hat zur Behebung bzw. Linderung ihrer orthopädischen Beschwerden mehrfach und intensiv
physiotherapeutische Behandlungen absolviert und Krankengymnastik durchgeführt. Die Sachverständige Dr. H1 ...
hat dazu in ihrem Gutachten vom 16. Juli 2001 ausgeführt, die diesbezüglich durchgeführten eingeleiteten
Behandlungen seien vom rein orthopädischen "Maßnahmenkatalog" her gesehen üblich und ausreichend. Die
Durchführung einer Mamma-Reduktionsplastik würde im Rahmen der multikausalen Verursachung des
Beschwerdebildes den noch fehlenden Aspekt der Behandlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Der die Klägerin
behandelnde Praktische Arzt Dr. G1 ... berichtete in seinem ärztlichen Attest vom 12. März 1998,
physiotherapeutische Maßnahmen, Analgetika und Teilnahme an der Rückenschule der Beklagten hätten keine
Linderung erbracht. Die bisher durchgeführten ambulanten Physiotherapien zur Beschwerdekoupierung (manuelle
Therapie, Massagen, Stangerbäder, Verordnung von Krankengymnastik mit Anleitung als häusliches Eigenprogramm
zur Dehnung der verkürzten Schultergürtelmuskulatur) (vgl. Gutachten Dr. H3 ..., dort S. 11) haben daher insgesamt
erkennbar keine Linderung der Beschwerden der Klägerin erbracht.
Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1998 angeratene Gewichtsreduzierung (vgl. auch
Gutachten Dipl.-Med. R2 ... vom 02. März 1998) hat die Klägerin zwischenzeitlich durchgeführt. Während sie im
Rahmen der Begutachtung durch den MDK am 25. Februar 1998 noch 80 kg wog, betrug das Körpergewicht bei der
vom Sachverständigen Dr. L1 ... am 04. September 2002 geführten Untersuchung lediglich noch 67,6 kg. Die Klägerin
ist daher normalgewichtig (BMI 24,83; vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, S. 221 "Body mass
index"). Ausgehend von dem Größen-Befund im Rahmen der MDK-Begutachtung (25. Februar 1998) hat sich im
Vergleich zu der Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. L1 ... im Wesentlichen - trotz Gewichtsreduktion - keine
Veränderung der Brustgröße ergeben.
Der Argumentation der Beklagten (bisher fehlten gezielte Maßnahmen der Physiotherapie in Verbindung mit Sport und
Krankengymnastik) geht fehl, weil sie nicht den bisherigen Behandlungsverlauf der Erkrankung berücksichtigt. Soweit
sich die Beklagte auf fehlende physiotherapeutische Maßnahmen ab dem Jahr 2000 beruft, hat die Klägerin
demgegenüber bereits vor der Antragstellung (Anfang 1998) entsprechende Behandlungsmaßnahmen durchgeführt
(vgl. ärztliches Attest Dr. G1 ... vom 12. März 1998). Diese Behandlungsmaßnahmen sind jedoch ohne Erfolg
geblieben. Die Klägerin hat seit Antragstellung Anfang 1998 ihr Gewicht deutlich reduziert. Die geschilderten
Beschwerden sind auch nach Durchführung der Rehabilitation im Juli/August 2001 wieder aufgetreten (vgl. Gutachten
Dr. L1 ...).
Die Gründe für eine medizinische Indikation zur Operation liegen hier vor. Bislang nicht diagnostiziert, aber von der
Klägerin angegeben, tritt insbesondere in den Sommermonaten ein intertriginöses Ekzem auf. Auch die von der
Klägerin angegebenen Beschwerden im Rücken- und Nackenbereich sind durch die erhobenen Befunde erklär- und
objektivierbar. Die Sachverständige Dr. H1 ... hat dazu ausgeführt, es handele sich um ein Zusammenspiel bzw. um
wechselseitig negative Beeinflussung von funktionellen Störungen mit degenerativen Befunden, mäßiger muskulärer
Dysbalance und die Fehlstatik und Fehlbelastung unterhaltende Mammahypertrophie und -ptosis. Der
Sachverständige Dr. L1 ... hat festgestellt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verursache die
Makromastie muskulären Dysbalancen. In der Fachliteratur gebe es zahlreiche Arbeiten, die den direkten
Zusammenhang zwischen der Makromastie und Beschwerden nachwiesen. Die Makromastie sei für die von der
Klägerin vorgetragenen Beschwerden ursächlich. Auch die Sachverständige Dr. H1 ... ist der Ansicht, dass die
Mammahypertrophie für die muskulären Dysbalancen und infolge derselben zum Teil auch für die Funktionsstörungen
eine initiierende, also wichtige Rolle spielt (ergänzende Stellungnahme vom 09. März 2003).
Sichtbare körperliche Zeichen für die Einwirkung der schweren Brust stellen auch die bei der Klägerin vorhandenen
Schnürfurchen dar (vgl. MDK Nordrhein "Begutachtungshilfe Mamma-Chirurgie 1998"), die im Rahmen der
Untersuchung beim MDK am 25. Februar 1998 noch nicht feststellbar waren. Insgesamt wirkt der Mammabefund als
Fehlstatikfaktor im Wechselspiel degenerativer und funktioneller Störungen des Wirbelsäulenabschnittes, besonders
der Übergangsregion (Kopfgelenke, HWS, cervicodorsaler Übergang und BWS) verbunden mit muskulären
Dysbalancen (vgl. Gutachten Dr. H1 ..., dort S. 10). Zusammenfassend besteht bei der Klägerin daher eine
krankheitswertige Makromastie mit der Folge einer medizinischen Behandlungsnotwendigkeit in Form einer
Brustverkleinerungsoperation.
Eine Mamma-Reduktionsplastik ist bei der Klägerin auch geeignet, die Beschwerden zu bessern bzw. zu lindern.
Nach Auffassung des Sachverständigen Dr. L1 ... ist mit einer Wahrscheinlichkeit von über 95 % davon auszugehen,
dass die Beschwerden der Klägerin durch eine Mamma-Reduktionsplastik gebessert werden. Es lägen darüber eine
Reihe von wissenschaftlichen Publikationen vor. Die größte publizierte Studie stamme aus der Majo-Klinik,
veröffentlicht im Jahre 2001. Sie berücksichtige eine Literaturübersicht in fünf Sprachen von 1985 bis März 1995. Bei
den 4.173 untersuchten Patientinnen sei postoperativ eine Verbesserung des Schulterschmerzes, der Verspannung,
der Rückenschmerzen, der Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, des intertreginösen Ekzems, der
Brustschmerzen, des Kopfschmerzes und der Gefühlsstörungen in den Händen erreicht worden. Die gemessenen
Parameter der Verbesserung der Lebensqualität seien durchweg statistisch signifikant gewesen. Es sei ein auch im
Falle der Klägerin von einer Linderung der Beschwerden auszugehen. Bei der bekannten makrozystischen
Mastopathie werde sich die Reduktion des Parenchyms zusätzlich günstig auf die Mastodynie auswirken. In einer
weiteren Arbeit seien 110 Patientinnen untersucht worden, bei denen ein durchschnittliches Reduktionsgewicht von
1266 g entfernt worden sei. Es sei ein Follow-up von 7,7 Jahren erfolgt. 91 % der Klägerinnen hätten über ein
Nachlassen der Schulter-, Nacken- und Rük-kenschmerzen sowie eine Verminderung der Schnürfurchen des BH
berichtet. 9 % der Klägerinnen hätten keine Veränderung angegeben und nur eine einzige Patientin habe über eine
Zunahme der Brustschmerzen nach der Operation berichtet. Die Autoren dieser Studie seien zu dem Schluss
gekommen, dass ein Reduktionsgewicht von 500 bis 600 g einen Langzeiteffekt auf die Verbesserung der
Lebensqualität habe. Eine sehr ausführliche Arbeit habe sich mit subjektiven Symptomen der Makromastie
beschäftigt. Es seien die auf die Hypertrophie bezogenen Symptome bewertet sowie die Comorbidität auf die BH-
Größe berücksichtigt worden. Patientinnen mit einer Cup-Größe D und größer seien untersucht worden, die
Kontrollgruppe seien Patientinnen mit Cup-Größen A, B oder C gewesen. Im Ergebnis dieser Untersuchung habe sich
ein statistisch signifikanter Unterschied in allen Beschwerdesymptomatiken bei Patientinnen mit einer Cup-Größe D
und größer ergeben. Nach objektivem Beurteilungskriterium des Resektionsgewichtes sei im konkreten Fall ein
Gewicht von 800 g pro Seite zu erwarten, um eine durchschnittliche Brustgröße zu erreichen (BH-Größe zurzeit der
Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. L1 ...: 80 FF/G). Die Klägerin werde nach einer entsprechenden
Operation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer erheblichen Besserung ihrer Beschwerden
rechnen können bzw. beschwerdefrei werden und eine dauerhafte physiotherapeutische Behandlung nicht mehr
benötigen. Der Senat folgt den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen. Die fehlende
Notwendigkeit einer dauerhaften Physiotherapie nach einer Operation wird ebenso von der Sachverständigen Dr. H1 ...
in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 09. März 2003 bestätigt. Die Frequenzen einer solchen
Behandlungsnotwendigkeit würden zurückgehen.
Die Beklagte trägt vor, die Klägerin sei im Juli 2001 in der Rehabilitationsklinik Bad F ... mit starken Schmerzen im
Nacken-/Halswirbelbereich aufgenommen und mit absoluter Schmerzfreiheit am Ende der Reha-Maßnahme entlassen
worden, wobei mit ihr umfangreiche physiotherapeutische, sportliche und psychotherapeutische Behandlungen
durchgeführt worden seien, die im Ergebnis zur Schmerzfreiheit geführt hätten. Dies berücksichtigt aber nicht die
Intensität der während einer Rehabilitationsmaßnahme durchgeführten therapeutischen Leistungen. Die Beklagte
verkennt die Situation der Versicherten in einer Rehabilitationsmaßnahme, die fernab vom Berufs- und Alltagsleben
bei verdichteter Durchführung therapeutischer Behandlungen durchgeführt wird. Auch den im Rahmen der
Rehabilitationsmaßnahme durchgeführten Therapien ist kein dauerhafter Erfolg beschieden gewesen, wie die vom
Sachverständigen Dr. L1 ... am 04. September 2002 durchgeführte Anamnese ergibt. Im Übrigen ist hierbei
festzustellen, dass es sich um eine Rehabilitation auf psychosomatischen Fachgebiet gehandelt hat (Diagnosen:
"anhaltende somatoforme Schmerzstörung und HWS-Syndrom"). Die Klägerin hat daher angegeben, sie habe starke
Schmerzen im Nacken-/Halswirbelbereich. Im November 2000 habe sie an derart starken Schmerzen gelitten, dass
eine Krankschreibung über 12 Wochen erfolgt sei. Schmerzen hätte sie damals am ganzen Körper gehabt, vor allem
in Beinen und Armen, einen starken Druckschmerz bis hin zur Bewegungslosigkeit und Taubheitsgefühlen. Die Reha-
Maßnahme bezog sich daher insgesamt offensichtlich auf die psychosomatische Behandlung der vorliegenden
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung "im ganzen Körper".
Nach alledem hatte die Berufung Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). -