Urteil des LSG Sachsen vom 07.11.2001

LSG Fss: stadt, psychosyndrom, diagnose, wahrscheinlichkeit, zustand, läsion, gemeindeverwaltung, sicherheit, entlassung, invalidität

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 07.11.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 13 V 25/99
Sächsisches Landessozialgericht L 1 V 22/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2000 wird zurückgewiesen. II.
Die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Ausgleichs für eine besondere berufliche Betroffenheit und einen
Berufsschadensausgleichs nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der im November ... geborene Kläger war vom 1. Oktober 1942 bis 14. Oktober 1944 Soldat der Deutschen
Wehrmacht. Mit Bescheid vom 23. Oktober 1944 erkannte das Versorgungsamt Dresden auf Grund des § 2 des
Fürsorge- und Versorgungsgesetzes für die ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht bei besonderem Einsatz und ihre
Hinterbliebenen (EWFVG) vom 6. Juli 1939 (Reichsgesetzblatt I Seite 1217) i.V.m. § 4 des Wehrmachtfürsorge- und -
versorgungsgesetzes (WFVG) vom 26. August 1938 (Reichsgesetzblatt I Seite 1077) folgende Körperschäden an:
Granatsplitterverletzung Schädel mit pulsierendem Knochendefekt am linken Scheitelbein; Kopfstreifschussnarbe
links; Weichteilnarben rechter Oberarm, Rücken, Gesäß; Malaria. Nach dem Ergebnis der amtlichen Feststellungen
sei der Kläger versehrt und erhalte nach §§ 83 und 84 WFVG während der Dauer der Versehrtheit ein Versehrtengeld
nach Stufe II ab 1. Oktober 1944.
Der Kläger hat nach eigenen Angaben von 1931 bis 1939 die Volksschule besucht (8 Klassen), danach von Michaelis
1939 bis Ostern 1940 (nach eigenen Angaben auch bis 1942) die K ... Handelsschule in Dresden. Vom 1. April 1940
bis 15. Oktober 1942 absolvierte er eine Lehre als Dienstanfänger im Verwaltungsdienst bei der Gemeindeverwaltung
N ..., die dreijährige Lehrzeit wurde vorzeitig am 15. Oktober 1942 wegen Einberufung zum Heeresdienst beendet.
Nach eigenen Angaben übte der Kläger ab 1. Januar 1945 sodann folgende Tätigkeiten aus: - 1. Januar 1945 bis 13.
Februar 1945 Umschüler bei der Stadt verwaltung D ... - 14. Februar 1945 bis 27. Dezember 1945 ohne Berufstätig
keit/Malaria - 27. Dezember 1945 bis 16. August 1950 Angestellter/Revi sor/Verwaltungsinspektor beim Rat der Stadt
D ... - 17. August 1950 bis 18. September 1950 arbeitslos - 18. September 1950 bis 31. Oktober 1957
Bilanzbuchhalter bei der Firma T ... in D ... - 1. November 1957 bis 14. Mai 1961 Operativ-Einkäufer bei der F ... in D
... - 15. Mai 1961 bis 1968 Operativ-Einkäufer beim VEB H ... D ... - 1970 bis 1986 Bilanzbuchhalter bei der PGH M ...
F ... sowie Ausübung einer teilweisen selbständigen Tätig keit, ab - 1. April 1986 Invalidenrentner.
Nach seinem Arbeitsbuch, Versicherungs-Ausweis und Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung war der Kläger
wie folgt berufstätig: - 27. Dezember 1945 bis 30. September 1946 Sachbearbeiter beim Rat der Stadt D ... - 1.
Oktober 1946 bis 28. Februar 1947 Personal- und Haushalts sachbearbeiter beim Rat der Stadt D ... - 1. März 1947
bis 15. Oktober 1948 Haushaltssachbearbeiter beim Rat der Stadt D ... - 16. Oktober 1948 bis 16. August 1950
Revisor im Außendienst beim Rat der Stadt D ... - 18. September 1950 bis 31. Oktober 1957 Kaufmännischer Ange
stellter bzw. Bilanzbuchhalter und Einkäufer (ab 1. November 1954) - 1. November 1957 bis 14. Mai 1961 Einkäufer
beim VEB K ... - 15. Mai 1961 bis 1. November 1967 als Operativ-Einkäufer bzw. Absatzleiter (ab 1. Januar 1966)
beim VEB H ... D ... - 2. November 1967 bis 24. Februar 1969 "Koop." beim VEB C ... in D ... - 25. Februar 1969 bis
31. Dezember 1969 Kaufmännischer Leiter einer K ...- und W ... in D ... - 1. Januar 1970 bis Anfang 1985
Bilanzbuchhalter bei verschie denen Betrieben. Daneben übte der Kläger ab 1. Januar 1968 eine selbständige
Tätigkeit aus. Ab 1. April 1986 bezog er eine Invalidenrente.
Die Invalidisierung erfolgte auf Grundlage eines ärztlichen Gutachtens Dr. K ... und Dr. L ... vom 17. Februar 1986 für
die Staatliche Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik (Sozialversicherung). Darin wurde im
Wesentlichen ausgeführt, 1943 sei eine Granatsplitterverletzung am Kopf mit mehrtägiger Bewusstlosigkeit erfolgt,
1967 sei der Kläger wegen "nervlicher Erschöpfung" bei beruflicher Überforderung in Behandlung gewesen. Danach sei
eine langjährige Betreuung beim Hausarzt wegen Verdauungsstörungen und pektanginösen Beschwerden erfolgt. Der
Kläger sei psychisch seit der Kopfverletzung schon immer nur gering belastbar gewesen, seit zehn Jahren bestehe oft
ein Druckgefühl im Brustkorb. Im Januar 1985 seien heftige Schmerzen im Brustkorbbereich aufgetreten,
Schwindelerscheinungen, Luftnot und ausgeprägte Angstzustände. Es sei eine Überweisung zum Internisten und
Nervenarzt erfolgt. Er klage weiterhin über häufige Herzbeschwerden und ein Kloßgefühl im Hals. Im Zusammenhang
mit diesen Beschwerden trete ein starkes Beklemmungsgefühl auf. Der Kläger sei körperlich und geistig schnell
erschöpft, habe ausgeprägte Konzentrationsstörungen sowie häufig Kopfschmerzen. Auf Grund des deutlich
nachlassenden Leistungsvermögens sei es bei ihm seit Januar 1985 zu depressiven Störungen gekommen, in dessen
Rahmen zum Teil Beziehungs- und Beobachtungsgefühle aufträten. Der Kläger klage über Schwindelerscheinungen
bei Wechsel der Körperlage. Der neurologische Befund sei in allen Ebenen regelrecht. In psychischer Hinsicht sei der
Kläger bewusstseinsklar und allseits orientiert. Er sei verlangsamt, auffassungserschwert und umständlich. Der
Gedankengang sei weitschweifig und zum Teil inkohärent mit paranoider Tönung. Es fänden sich deutliche
Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen. Affektiv bestehe eine ausgeprägte Labilität. Der Kläger sei gedrückter
Grundstimmung mit ängstlich-agitierter Färbung. Es liege ein depressiv- pseudoneurasthenisches Psychosyndrom mit
cerebrovasculärer Insuffizienz (Folge von Granatsplitterkopfverletzung) und eine chronisch-ichämische Herzkrankheit
vor. Als Leiden, dass die Indivalidität hauptsächlich bedinge, wurde ein Hirnabbau mit chronisch-progredientem
Psychosyndrom diagnostiziert. Als Leiden, das die Invalidität wesentlich mit bedinge (Nebenleiden), eine chronisch-
ichämische Herzkrankheit. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei soweit eingeschränkt, dass eine berufliche
Rehabilitation zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Erwägung gezogen werden könne. Es liege Invalidität vor.
Am 28. Dezember 1990 stellte der Kläger bei dem Beklagten zunächst formlos einen Antrag auf
Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Als Körperschäden, für die Versorgung beantragt werde, gab er an:
Kopfsteckschuss nach Granatsplitterverletzung - Schädel mit pulsierendem Knochendefekt am linken Scheitelbein;
Kopfstreifschussnarbe links; Weichteilnarben rechter Oberarm, Rücken, Gesäß; chronische Malaria.
Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren vorgetragen, ohne den Kopfsteckschuss mit Hirnverletzung wären ihm in
Staat und Wirtschaft alle Aufstiegschancen sicher gewesen. Im DDR- Unrechtsstaat seien sie Kriegsverbrecher
gewesen. Nach einer Bescheinigung seines ehemaligen Lehrbetriebes sei keine Weiterbeschäftigung wegen des
Kriegsschadens erfolgt. Er habe mit seiner Beschädigung das Doppelte leisten müssen wie andere. Nur eine
Einteilung "kein Nikotin - kein Alkohol" habe sein Arbeitsergebnis bis zur Invalidenrente (Kriegsschädigung)
durchschnittlich gemacht.
Nach Beiziehung verschiedener Urkunden ließ der Beklagte von Dr. L ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie in
D ..., einen Befundbericht erstellen. In ihrem Befundbericht vom 23. März 1993 führte sie u. a. aus:
Computertomographie des Hirnschädels vom 20. Februar 1992: Zustand nach Schussverletzung frontal links mit
umschriebenem Knochendefekt. Hypodense Läsion unterhalb des Knochendefektes ohne raumfordernden Charakter
(Folgezustand nach Schussverletzung). Die übrigen supra- und infratentoriellen Hirnabschnitte unauffällig, ohne
Zeichen der Raumforderung. Das Ventrikelsystem normal weit und mittelständig. Diagnose: Depressiv-
pseudoneurasthenisches hirnorganisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Verletzung 1943 und bei CVI. Nach der
kriegsbedingten Schädelverletzung könne man einen Hirnschaden mit mittelgradigen psychoorganischen Störungen
annehmen, was einer 60%igen Behinderung entspreche.
Für den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten erstellte Dr. Sch ..., Nervenärztin, ein versorgungsärztliches
Gutachten unter dem 1. April 1993. In ihrer Beurteilung gelangte sie zu folgender Einschätzung, gegenüber dem bei
der Untersuchung am 23. Oktober 1944 festgestellten Verhältnissen seien folgende Änderungen eingetreten: 1. keine
Hinweise auf einen pulsierenden Knochendefekt am linken Scheitelbein, 2. Weichteilnarben rechter Oberarm, Rücken
und Gesäß nicht nachweisbar, 3. die Malaria-Erkrankung sei ausgeheilt, 4. die Kopfstreifschussnarbe links frontal,
Befund seit Trepa nation 1943 unverändert angegeben. Änderung gegenüber den Beurteilungen vom 6. Mai 1946 und
28. April 1952: Keine Hinweise auf Halbseitenteillähmung rechts sowie keine Ohnmachtsanfälle mehr. Änderung
gegenüber den Beurteilungen des beratenden Nervenarztes vom 16. November 1990 und 23. März 1993: Parietal links
beschriebene Knochennarbe sei nicht nachweisbar und keine Hinweise auf ein hirnlokales Psychosyndrom,
psychophysische Spannkraft im Rahmen der Altersnorm. Als wahrscheinliche Schädigungsfolge - WDB - seien im
Sinne der Entstehung vorhanden: Schädelnarbe links frontal, zentrale vegetative Störung als Ausdruck eines
Hirndauerschadens mit einer Einzel- Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 und gleichzeitig Gesamt-MdE von
40 v. H. Als sonstige Gesundheitsstörungen lägen eine chronisch-ischämische Herzkrankheit und ein
Hämorrhidalleiden vor. Als Befundbesonderheiten ohne damit einhergehende MdE: "Granatsplitter in der Bauchhöhle".
Unter Bezugnahme auf den - angestrebten - Beruf als Verwaltungsangestellter liege keine besondere berufliche
Betroffenheit vor.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1993 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen an: Schädelnarbe links frontal, zentrale
vegetative Störung als Ausdruck eines Hirndauerschadens sowie Granatsplitter in der Bauchhöhle. Hierdurch sei der
Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert seit 1. Januar 1991 um 40 v. H. Gemäß versorgungsärztlichem
Untersuchungsbefund gebe es keine Hinweise auf einen pulsierenden Knochendefekt am linken Scheitelbein. Des
Weiteren seien Weichteilnarben am rechten Oberarm, Rücken und Gesäß nicht nachweisbar. Die Malaria- Erkrankung
sei ausgeheilt. Auf eine Halbseitenteillähmung rechts, pärietal links beschriebene Knochennarbe, sowie auf ein
hirnlokales Psychosyndrom gebe es keine Hinweise. Eine besondere berufliche Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG
liege nach Art und Umfang der bei dem Kläger anerkannten Gesundheitsstörung sowie dem beruflichen Werdegang
nicht vor. Über einen Berufsschadensausgleich könne erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag stehe dem Kläger nicht zu, da er nicht Schwerbeschädigter i.S.d. § 31 Abs.
3 BVG sei.
Ein dagegen vom Kläger eingelegter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. September 1994). Die
dagegen von ihm beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobene Klage (Az.: S 13 V 163/94) nahm der Kläger am 21.
Februar 1996 zurück. In diesem Verfahren hatte das SG ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. G ..., Facharzt für
Neurologie und Psychiatrie und Oberarzt am Krankenhaus D ..., eingeholt, der in seinem Gutachten vom 12. Februar
1996 ausgeführt hat, der Kläger habe angegeben, von 1945 bis 1950 Verwaltungsangestellter bei der Stadt D ...
gewesen zu sein, er habe bei der Gehaltsabrechnung, Grundstücksverwaltung und auf anderen Sachgebieten
gearbeitet. Er habe sich immer auf wechselnde Probleme einstellen müssen, sei geistig wendig und aktiv gewesen.
1950 sei ein Parteiausschluss erfolgt, Entlassung aus dem Rat der Stadt. In diesem Zusammenhang sei er als
Bilanzbuchhalter 1950 zur Fa. T ..., einer Privatfirma gegangen. 1986 sei er invalidisiert worden, vier Jahre vor Beginn
der Altersrente wegen Kopfschmerz und mangelhafter Leistungsfähigkeit. Die im Bescheid vom 3. Juni 1993
aufgeführten Schädigungsfolgen seien richtig und vollständig bezeichnet worden. Röntgenologisch sei im Bereich der
Narbe am Schädel frontal links ein umschriebener Knochendefekt erkennbar. Weitere Gesundheitsstörungen, die
durch schädigende Auswirkungen des Krieges/der Gefangenschaft bzw. durch die bereits anerkannten
Schädigungsfolgen mit Wahrscheinlichkeit entstanden seien oder sich verschlimmert hätten, lägen nach seiner
Untersuchung vom 9. Februar 1996 nicht vor. Für das Vorliegen eines depressiv-pseudoneurasthenischen
hirnorganischen Psychosyndroms habe ihre Untersuchung ebenso wie die nervenärztliche Untersuchung Dr. Sch
...vom 1. April 1993 überhaupt keinen Anhalt ergeben. Das Auftreten von Zuständen mit Bewusstseinsstörungen im
Zusammenhang mit psychischer Erregung und Hyperventilation könne mit der Kriegsverletzung in keinerlei
Zusammenhang gebracht werden. Es habe sich nach Anamnese und Befunden kein Anhalt für eine posttraumatische
Epilepsie ergeben. Ein pulsierender Knochendefekt habe bei ihrer Untersuchung nicht festgestellt werden können.
Eine Beeinträchtigung von Leber- und Milzfunktion nach Malaria könne aus nervenfachärztlicher Sicht nicht beurteilt
werden, sei aber bei zusammenfassender Betrachtung aller medizinischer Befunde in den Akten unwahrscheinlich.
Die Sonografie des Oberbauchs vom 20. Februar 1992 habe völlig regelrechte Befunde von Leber und Milz ergeben.
Die beim Kläger insgesamt vorliegenden Schädigungsfolgen seien wie folgt zu bezeichnen: Schädelnarbe links frontal,
zentrale vegetative Störungen; röntgenologisch nachgewiesener Knochendefekt am Schädel durch Schussverletzung
ohne Zeichen einer allgemeinen Hirnschädigung. Die MdE werde insgesamt mit 40 v. H. beziffert. Der berufliche
Wechsel 1950 von der Gemeinde N ... bzw. der Stadt D ... zu der Privatfirma T ... sei nach Parteiausschluss des
Klägers erfolgt und könne mit gesundheitlichen Störungen gleich welcher Ursache nicht begründet werden. Die
biografische Anamnese bis zur Invalidisierung 1986 habe gezeigt, dass der Kläger durchgehend 40 Jahre lang nach
der Kriegsverletzung in verantwortlichen Positionen allen Anforderungen des Berufslebens durchaus gerecht geworden
sei. Ein so genanntes besonders berufliches Betroffensein liege in vorliegendem Falle nicht vor. Zur Invalidisierung
1986: Die Diagnose "Hirnabbau mit chronisch-progredientem Psychosyndrom" bzw. "depressiv-
pseudoneurasthenisches Psychosyndrom bei cerebrovasculärer Insuffizienz" (Folge von Granatsplitterkopfverletzung)
im nervenärztlichen Gutachten vom 17. Februar 1986 könne aus heutiger Sicht nicht bestätigt werden. Ein Hirnabbau
sei bei der CT-Schädel-Untersuchung vom 20. Februar 1992 nicht nachgewiesen worden, lediglich ein Zustand nach
Schussverletzung frontal links mit umschriebenem Knochendefekt und einer hypodensen Läsion unterhalb des
Knochendefektes (Folgezustand nach Schussverletzung). Im psychologischen Hirnleistungs-Gutachten vom 4. Juni
1985 werde festgestellt, dass bei dem 60-jährigen Patienten eine hirnorganisch bedingte und durch
Persönlichkeitsbesonderheiten verstärkte Leistungsbeeinträchtigung vorliege, so dass dieser seinen beruflichen
Anforderungen nicht mehr in vollem Umfange genügen könne. Offensichtlich sei die Entscheidung zur Invalidisierung
1986 eine Ermessensentscheidung gewesen. Nach 40-jähriger erfolgreicher beruflicher Tätigkeit ohne
Brückensymptome sei ein Zusammenhang des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben mit der
Kriegsverletzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ihre Untersuchung am 9. Februar
1996 habe in Übereinstimmung mit dem nervenärztlichen Gutachten Dr. Sch ...vom 1. April 1993 weder einen Anhalt
für das Bestehen eines chronisch-progredienten oder depressiv-pseudoneurasthenischen Psychosyndroms noch ein
psychopathologisches Korrelat für einen Hirnabbauprozess ergeben.
Am 12. August 1998 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 3. Juni 1993. Er habe
wegen seiner anerkannten Kriegsschadensfolgen sehr häufig seinen Arbeitsplatz wechseln müssen. Seit 1970 habe er
nur noch einer stundenweisen Arbeit nachgehen können. Schließlich sei er wegen der Kriegsschadensfolgen vor
Erreichung der Regelaltersrente invalidisiert worden.
Mit Bescheid vom 4. Januar 1999 lehnte der Beklagte den Antrag vom 12. August 1998 ab. Seinem Antrag auf
Rücknahme des Bescheides vom 3. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1994
und Erteilung eines Zugunsten-Bescheides könne nicht entsprochen werden. Eine besondere berufliche Betroffenheit
habe nicht festgestellt werden können. Nach seiner Schädigung sei der Kläger stets in Berufen beschäftigt gewesen,
die seinem vor der Schädigung angestrebten Beruf als Verwaltungsangestellter sozial gleichwertig gewesen seien. Bis
1950 habe er seine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung fortgesetzt, schädigungsbedingte
Einkommensverluste hätten nicht festgestellt werden können. Auch in den neuen, schädigungsunabhängig
gewechselten Berufen seien schädigungsbedingte Minderverdienste oder ein schädigungsbedingter sozialer Abstieg
nicht feststellbar. Ab 1970 sei er neben seiner stundenweisen unselbständigen Erwerbstätigkeit als selbständiger
Buchhalter tätig gewesen, ein schädigungsbedingter Einkommensverlust oder sozialer Abstieg liege somit auch in
diesem Zeitraum nicht vor. Auf Grund Art und Umfang seiner Schädigungsfolgen und Tätigkeitsmerkmale seiner
ausgeübten Berufe sei das Aufbringen außergewöhnlicher Energie während der Berufsausübung nicht wahrscheinlich
zu machen. Ein schädigungsbedingt verminderter Berufsaufstieg liege nicht vor. Es sei eine stete Weiterqualifizierung
verbunden mit Einkommenssteigerungen erfolgt. Sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Jahr 1986
sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf seine Schädigungsfolgen in zumindest gleichwertiger
Bedingung zurückzuführen. Das im Rahmen des Klageverfahrens erstellte nervenärztliche Gutachten vom 12. Februar
1996 habe ausdrücklich einen Zusammenhang der Invalidisierung mit den Schädigungsfolgen verneint, die Diagnose
im Invalidisierungsgutachten vom 17. Februar 1986 habe nicht bestätigt werden können.
Unter dem 5. Januar 1999 lehnte der Beklagte den Antrag auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG ab.
Ein Einkommensverlust i.S.d. § 30 Abs. 3 BVG sei nicht nachgewiesen. Das Einkommen des Klägers aus früherer
Erwerbstätigkeit sei durch die Schädigungsfolgen nicht gemindert worden. Wie aus seinen Rentenbescheiden vom 10.
April 1997 hervorgehe, lägen bis zu seiner Invalidisierung ab 1. April 1986 keine schädigungsbedingten Lücken im
Versicherungsverlauf vor. Die kurzzeitige Arbeitslosigkeit vom März 1945 bis November 1945 sei auf
schädigungsunabhängige Umstände zurückzuführen, zudem sei dieser Zeitraum als beitragsfreie Zeit mit
entsprechenden durchschnittlichen Entgeltpunkten hochgewertet worden. Durch die Verweigerung der
Wiedereinstellung durch die Gemeindeverwaltung seien keine verminderten Entgeltpunkte bewirkt worden, da er
entsprechend seiner Vorbildung in der Stadtverwaltung tätig gewesen sei. Nach Fortsetzung seiner Ausbildung in der
öffentlichen Verwaltung sei er bis 1950 entsprechend seiner Qualifikation als Sachbearbeiter eingesetzt gewesen, ein
schädigungsbedingter Minderverdienst sei anhand seiner eingetragenen Verdienste im SV-Buch nicht zu erkennen. Im
September 1950 sei ein schädigungsunabhängiger Berufswechsel erfolgt. Er sei nunmehr im Bereich der Wirtschaft
als Bilanzbuchhalter, Operativ- Einkäufer und selbständiger Buchhalter beschäftigt gewesen. In diesen Berufen habe
er seiner Qualifikation entsprechende Verdienste erzielt. Schädigungsbedingte Minderverdienste seien bis Februar
1986 zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen; es sei offenbar eine stete Weiterqualifizierung erfolgt, verbunden mit
Einkommenssteigerungen. Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sei mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit nicht auf die Schädigungsfolgen in zumindest gleichwertiger Bedingung zurückzuführen. Das im
Rahmen des Klageverfahrens erstellte nervenärztliche Gutachten vom 12. Februar 1996 verneine ausdrücklich einen
Zusammenhang der Invalidisierung mit den Schädigungsfolgen. Die Diagnose im Invalidisierungsgutachten vom 17.
Februar 1986 habe nicht bestätigt werden können.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 25. Januar 1999 Widerspruch ein. Wegen der im Kriegsdienst 1943
erlittenen Granatsplitterverletzung am Kopf mit mehrtägiger Bewusstlosigkeit und dem Hirnabbau mit chronisch-
progredientem Psychosyndrom sei er in besonderem Maße beruflich betroffen gewesen. Er habe sehr häufig seinen
Arbeitsplatz wechseln müssen, da er offenbar Anpassungsschwierigkeiten gehabt habe. Diese
Anpassungsschwierigkeiten resultierten aus den Kriegsschadensfolgen. Schließlich sei er noch vor Erreichen der
Regelaltersrente invalidisiert worden. Er sei wegen seiner Schädigungsfolgen in besonderem Maße beruflich betroffen
gewesen und habe schließlich auch erhebliche Einkommensverluste in Kauf nehmen müssen.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 1999). Nicht jede Beeinträchtigung im Beruf führe
zu einer Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG. Die berufliche Betroffenheit müsse dabei besonders sein, d. h.
durch die Art der Schädigungsfolge bzw. deren Auswirkung eine Erschütterung der beruflichen Existenz vorliegen. Auf
Grund seines beruflichen Werdeganges sei ein durch die anerkannte Schädigungsfolge verursachter sozialer oder
wirtschaftlicher Abstieg nicht erkennbar. Der im sozialgerichtlichen Verfahren gehörte Gutachter habe die Diagnose im
Invalidisierungsgutachten vom 17. Februar 1986 nicht bestätigen können. Ein Hirnabbau infolge der Kriegsverletzung
sei bei der CT-Schädel-Untersuchung vom 20. Februar 1982 nicht nachweisbar. Die Anerkennung einer besonderen
beruflichen Betroffenheit sei dabei nicht möglich. Er habe während seines Berufslebens immer Tätigkeiten ausgeübt,
die dem vor der Schädigung angestrebten Beruf eines Verwaltungsangestellten gleich gewesen seien. Ein
schädigungsbedingter beruflicher Abstieg, der eine Einkommensminderung hätte bewirken können, sei nicht
erkennbar. Auch in den Rentenbescheiden, insbesondere im Versicherungsverlauf, fänden sich keine Hinweise auf
einen schädigungsbedingten Einkommensverlust. Häufige Arbeitsplatzwechsel allein begründeten keinen Anspruch
auf Berufsschadensausgleich, vielmehr müssten diese Wechsel schädigungsbedingt und mit einem
Einkommensverlust verbunden sein. Dies könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht nachgewiesen werden.
Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sei schädigungsunabhängig erfolgt. Ein schädigungsbedingter
Einkommensverlust im Sinne des Gesetzes sei daher nicht feststellbar. Somit könne auch ein
Berufsschadensausgleich gemäß § 30 Abs. 3 BVG nicht gewährt werden.
Die hiergegen am 20. August 1999 erhobene Klage hat das SG mit Urteil auf mündliche Verhandlung am 31. Juli 2000
abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 4. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.
Juli 1999 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend habe der Beklagte mit diesen Bescheiden die teilweise
Rücknahme seines Bescheides vom 3. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September
1994 und die Erhöhung der MdE des Klägers nach § 30 Abs. 2 BVG im Wege eines so genannten Zugunsten-
Bescheides abgelehnt. Der Kläger sei nicht beruflich besonders betroffen im Sinne dieser Vorschrift. Insbesondere sei
er nicht durch die Schädigungsfolgen gehindert gewesen, seinen "bisher ausgeübten, begonnenen bzw. nachweisbar
angestrebten oder einen sozial gleichwertigen Beruf" auszuüben. Seine biografische Anamnese bis zur Invalidisierung
1986 zeige, dass er durchgehend 40 Jahre lang nach der Kriegsverletzung in verantwortlichen Positionen allen
Anforderungen des Berufslebens durchaus gerecht geworden sei. Schließlich ergebe sich eine besondere berufliche
Betroffenheit auch nicht aus seiner 1986 durchgeführten Invalidisierung, die vor allem auf Grund eines Hirnabbaus mit
chronisch-progredientem Psychosyndrom bei cerebrovasculärer Insuffizienz als Folge einer
Granatsplitterkopfverletzung erfolgt sei. Diese Diagnose könne aus heutiger Sicht nach dem
Sachverständigengutachten Dr. G ... vom 12. Februar 1996 nicht bestätigt werden. Ein Hirnabbau sei bei der CT-
Schädel-Untersuchung vom 20. Februar 1992 nicht nachgewiesen worden, lediglich ein Zustand nach
Schussverletzung frontal links mit umschriebenem Knochendefekt und einer hypodensen Läsion unterhalb des
Knochendefektes. Eine Erhöhung der MdE des Klägers wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins sei dem
Gericht nach alledem nicht möglich gewesen. Aus den gleichen Gründen scheide auch die Gewährung eines
Berufsschadensausgleichs an den Kläger nach § 30 Abs. 3 BVG aus, so dass auch der Bescheid vom 5. Januar
1999 nicht zu beanstanden sei. Selbst wenn man aber zu Gunsten des Klägers - hier eine schädigungsbedingte
berufliche Beeinträchtigung einmal unterstellte - so käme in diesem Fall gleichwohl die Auszahlung eines
Berufsschadensausgleichs nicht in Betracht. In einem Schreiben des Klägers vom 2. Januar 1995 im Verfahren mit
dem Aktenzeichen S 13 V 163/94 gebe er auf die Frage, welche berufliche Stellung er im Verwaltungsdienst
angestrebt habe, die mittlere Beamtenlaufbahn an. Zwar wäre die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und
Treueverhältnisses i.S.d. hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums dem Kläger allein schon deshalb nicht
möglich gewesen, weil das Sozial- und Gesellschaftssystem der ehemaligen DDR ein solches nicht zugelassen habe;
allerdings habe eine entsprechende Position im Angestelltenverhältnis des Öffentlichen Dienstes herangezogen
werden können. Für den mittleren Dienst wäre deshalb nach § 4 Abs. 5 Berufsschadensausgleichsverordnung als
Vergleichseinkommen BAT VI b zu Grunde zu legen. Für diese Vergütungsgruppe sei als Vergleichseinkommen -
beispielhaft - im 1. Halbjahr 1996 ein volles Vergleichseinkommen von 3.314,00 DM, das wegen der Vollendung des
65. Lebensjahres des Klägers nach § 8 Berufsschadensausgleichsverordnung auf 75 %, das seien 2.486,00 DM, zu
kürzen sei, zu Grunde zu legen. Dem stünde für den gleichen Zeitraum eine monatliche Bruttorente des Klägers in
Höhe von 2.704,41 DM gegenüber; damit liege das tatsächliche Einkommen des Klägers über dem heranzuziehenden
Vergleichseinkommen, so dass - selbst bei Unterstellen einer schädigungsbedingten beruflichen Beeinträchtigung -,
die hier allerdings nicht nachgewiesen sei, ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht zu errechnen sei.
Gegen das dem Kläger am 2. November 2000 zugestellte Urteil hat er am 15. November 2000 beim Sächsischen
Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, die bei ihm anerkannten Kriegsschadensfolgen seien im Wesentlichen die Ursache für seine
bewegte Berufsbiografie. Er habe wegen der Kriegsschadensfolgen auch Einkommensverluste hinnehmen müssen.
Es seien gerade die Kriegsschadensfolgen gewesen, die ihn veranlasst hätten, eine Invalidenrente bei den damals in
der DDR zuständigen Stellen zu beantragen und insoweit vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2000 abzuändern und die Bescheide des Beklagten vom 4. Januar
1999 und 5. Januar 1999, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 1999 aufzuheben und den
Beklagten zu verurteilen, ihm unter Abänderung seines Bescheides vom 3. Juni 1993 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 01. September 1994 ab 1. Januar 1993 eine Beschädigten-Versorgung (Grundrente)
nach einer MdE von mindestens 50 v. H. unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins sowie
ab 1. Januar 1991 einen Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung eines Vergleichseinkommens nach BAT VI
b zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Begründung des erstinstanzlichen Urteils für zutreffend. Das Begehren des Klägers sei in der Vorinstanz
eingehend geprüft und gewürdigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Gerichtsakte des
Sozialgerichts Dresden mit dem Aktenzeichen S 13 V 163/94 sowie der Verwaltungsakten der Beklagten (B-Akten
und Schwerbehindertenakte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen
Rechtsanspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung (Grundrente) ab 1. Januar 1993 nach einer MdE von
mindestens 50 v. H. wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins, ebenso wenig einen Anspruch auf
Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ab 1. Januar 1991. Die Bescheide des Beklagten vom 4. Januar 1999
und 5. Januar 1999, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 1999 sind rechtmäßig. Der
Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 1994
entsprach der Sach- und Rechtslage.
Eine Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit über die bereits im Bescheid vom 3. Juni
1993 hinaus anerkannte MdE von 40 v. H. nach § 30 Abs. 2 BVG kam nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist die
MdE höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung
ausgeübten oder begonnenen Beruf, in seinem nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist,
den er nach Eintritt der Schädigung ausgeübt hat oder noch ausübt. Dies ist besonders der Fall, wenn er a) infolge der
Schädigung weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder den nachweisbar angestrebten noch einen so zial
gleichwertigen Beruf ausüben kann, b) zwar seinen vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf weiter
ausübt oder den nachweisbar angestrebten Beruf erreicht hat, in diesem Beruf durch die Art der Schädigungs folgen
aber in einem wesentlich höheren Grade als im allge meinen Erwerbsleben erwerbsgemindert ist, oder c) infolge der
Schädigung nachweisbar am weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert ist.
Eine MdE-Erhöhung nach Abs. 2 ist den Fällen vorbehalten, in denen weder die "angestrebte" noch eine "sozial
gleichwertige" berufliche Stellung erreicht wurde, sofern die beruflichen Nachteile den Geschädigten besonders treffen,
weil sie das Maß der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben wesentlich übersteigen (vgl. BSG,
Urteil vom 26. September 1968, Az.: 10 RV 438/66 = SGb 1968, 441). Nach eigenen Angaben des Klägers hat dieser
die Volksschule besucht, danach die Handels-Schule. Seine am 1. April 1940 begonnene Lehrzeit als Dienstanfänger
in der Gemeindeverwaltung N ... hat er wegen seiner Einberufung zum Heeresdienst am 15. Oktober 1942 vorzeitig
beenden müssen. Vom 27. Dezember 1945 bis 16. August 1950 war er beim Rat der Stadt D ... beschäftigt, zuletzt
als Revisor im Außendienst. Im Zeitraum vom 18. September 1950 bis zu seiner Invalidisierung zum 1. April 1986 war
der Kläger in kaufmännischen Berufen tätig, u. a. als Einkäufer, Operativ-Einkäufer, Kaufmännischer Leiter, ab 1.
Januar 1970 als Bilanzbuchhalter. Der Kläger kann damit einen stetigen beruflichen Aufstieg verzeichnen. Die von ihm
vor seiner Einberufung angestrebte Tätigkeit in der Verwaltung hat er auch nach Eintritt der Kriegsverletzung ab 27.
Dezember 1945 beim Rat der Stadt D ... ausüben können. Die Aufgabe dieser Beschäftigung erfolgte nach Angaben
des Klägers gegenüber dem Gutachter Dr. G ... auf Grund eines Parteiausschlusses. Es sind keinerlei Anhaltspunkte
dafür ersichtlich, dass dies auf Grund der Schädigungsfolgen erfolgt wäre. Die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung
des Bürgermeisters zu Niederpoyritz vom 19. Oktober 1944, wonach eine Wiedereinstellung des Klägers in der
hiesigen Gemeindeverwaltung infolge seiner Hirnverletzung nicht möglich sei, da die Tätigkeit in einer kleinen
Gemeindeverwaltung naturgemäß sehr vielseitig und wie es hier der Fall sei, in einem Raum mit sehr viel
Publikumsverkehr auszuüben wäre, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Trotz der bestehenden
Schädigungsfolgen war es dem Kläger nicht unmöglich, überhaupt eine Tätigkeit in der Verwaltung auszuüben, wie
seine Beschäftigung beim Rat der Stadt D ... ab 27. Dezember 1945 belegt.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei den von ihm ausgeübten Tätigkeiten auf Grund
seiner Schädigungsfolgen beruflichen Beschränkungen ausgesetzt gewesen wäre. In einem Zeugnis der Firma T ...
vom 31. Oktober 1957 wird u. a. ausgeführt, das hohe Maß der beruflichen, vorzugsweise buchhalterischen
Kenntnisse des Klägers habe die Firma schon bald veranlassen können, in der Folgezeit auf die Hilfe eines
Steuerberaters zu verzichten. Auf dem Gebiet des gesamten Vertrags- und Steuerwesens habe der Kläger über eine
eingehende und beachtenswerte Kenntnis aller Rechtsnormen Beanstandungen in keinem Fall ergeben hätten. Zu
jedem Zeitpunkt habe der Kläger neben allgemein ausgezeichneten kaufmännischen Kenntnissen in Verbindung mit
einer besonderen Befähigung für alle - auch schwierigen - buchhalterischen Arbeiten ein besonders hohes Maß an
Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit bewiesen. Entgegen der Angaben des Klägers
liegen auch keine über das übliche Maß hinausgehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vor. In seinen Versicherungs-
Ausweisen und Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung sind für den Zeitraum vom 1. Januar 1952 bis 31. März
1986 folgende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen: 12. Januar bis 7. Februar 1954, 22. Juli bis 28. Juli 1957, 9.
Juli bis 14. August 1958, 26. Juli 1968 bis 11. August 1968, 10. Juni bis 21. Juni 1974 stationärer Aufenthalt, 14.
Januar 1985 und 31. März 1986. Nach Überzeugung des Gerichts war auch die Invalidisierung des Klägers nicht durch
die vorhandenen Schädigungsfolgen bedingt. Zwar stellten Dr. K ... und Dr. L ... in ihrem Gutachten vom 17. Februar
1986 als Leiden, das die Invalidität hauptsächlich bedinge (Grundleiden) einen Hirnabbau mit chronisch-progredientem
Psychosyndrom fest. Diese Diagnose ist aber nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dr. G ... hat dazu in seinem Gutachten
vom 12. Februar 1996 ausgeführt, die Diagnose "Hirnabbau mit chronisch-progredientem Psychosyndrom" bzw.
"depressiv-pseudoneurasthenisches Psychosyndrom bei cerebrovasculärer Insuffizienz" (Folge von
Granatsplitterkopfverletzung) im nervenärztlichen Gutachten vom 17. Februar 1986 könne aus heutiger Sicht nicht
bestätigt werden. Ein Hirnabbau sei bei der CT-Schädel-Untersuchung vom 20. Februar 1992 nicht nachgewiesen
worden, lediglich ein Zustand nach Schussverletzung frontal links mit umschriebenem Knochendefekt und einer
hypodensen Läsion unterhalb des Knochendefektes (Folgezustand nach Schussverletzung). Im psychologischen
Hirnleistungs-Gutachten vom 4. Juni 1985 werde festgestellt, dass bei dem 60-jährigen Patienten eine hirnorganisch
bedingte und durch Persönlichkeitsbesonderheiten verstärkte Leistungsbeeinträchtigung vorliege, so dass dieser
seinen beruflichen Anforderungen nicht mehr in vollem Umfange genügen könne. Offensichtlich sei die Entscheidung
zur Invalidisierung 1986 eine Ermessensentscheidung gewesen. Nach 40-jähriger erfolgreicher beruflicher Tätigkeit
ohne Brückensymptome sei ein Zusammenhang des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben mit der
Kriegsverletzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die Untersuchung im Krankenhaus
D ... am 9. Februar 1996 habe in Übereinstimmung mit dem Gutachten Dr. Sch ... vom 1. April 1993 weder einen
Anhalt für Bestehen eines chronisch-progredienten oder depressiv-pseudoneurasthenischen Psychosyndroms noch
ein psychopathologisches Korrelat für einen Hirnabbauprozess ergeben. Das Auftreten von Zuständen mit
Bewusstseinsstörung im Zusammenhang mit psychischer Erregung und Hyperventilation könne mit der
Kriegsverletzung in keinerlei Zusammenhang gebracht werden. Es habe sich nach Anamnese und Befund kein Anhalt
für eine posttraumatische Epilepsie ergeben. Ein pulsierender Knochendefekt habe bei der Untersuchung im
Krankenhaus D ... nicht festgestellt werden können. Der Senat folgt dem überzeugenden, nachvollziehbaren und in
sich schlüssigen Gutachten Dr. G ... Es steht in Übereinstimmung mit dem nervenärztlichen Versorgungsgutachten
Dr. Sch ... vom 1. April 1993 und dem Ergebnis des von Dr. L ... in ihrem Befundbericht vom 23. März 1993
mitgeteilten Ergebnis der Computertomographie des Hirnschädels vom 20. Februar 1992: Zustand nach
Schussverletzung frontal links mit umschriebenem Knochendefekt. Hypodense Läsion unterhalb des
Knochendefektes ohne raumfordernden Charakter (Folgezustand nach Schussverletzung), die übrigen super- und
infradentoriellen Hirnabschnitte unauffällig, ohne Zeichen der Raumforderung. Das Ventrikelsystem normal weit und
mittelständig. Die Ausführungen von Dr. L ... in ihrem Befundbericht vom 23. März 1993, nach der kriegsbedingten
Schädelverletzung könne man einen Hirnschaden mit mittelgradigen psychoorganischen Störungen annehmen, sind
daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Computertomographie des Hirnschädels nicht nachvollziehbar.
Eine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers im Sinne eines "sozialen Abstiegs" ist daher auch im Bezug
eines "Minderverdienstes" nicht ersichtlich. Aus dem Versicherungsverlauf des Rentenbescheides der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10. April 1997 über die Neufeststellung der Regelaltersrente ab 1.
Juli 1990 ergibt sich, dass der Kläger bis zu seinem Ausscheiden aus dem Öffentlichen Dienst Ende 1950 im
Zeitraum vom 1. Januar 1946 bis 31. Dezember 1950 einen kontinuierlichen Gehaltsanstieg zu verzeichnen hatte. Im
Jahr 1951 verdiente er auf Grund des Berufswechsels zunächst weniger, hatte jedoch danach bis zu seiner
Invalidisierung einen permanenten Gehaltsanstieg jährlich zu verzeichnen, ab 1. März 1971 bis zu seiner
Invalidisierung entrichtete er sogar Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung.
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs. Nach § 30 Abs. 3 BVG
erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die
Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 v.
H. des auf volle DM nach oben abgerundeten Verlustes (Abs. 4) oder, falls dies günstiger ist, einen
Berufsschadensausgleich nach Abs. 6. "Einkommensverlust" ist der Unterschiedbetrag zwischen dem derzeitigen
Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen)
und dem höheren Vergleichseinkommen (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Abweichend hiervon ist der Einkommensverlust
bei einer schädigungsbedingten Minderung einer Rente aus der Rentenversicherung nach § 30 Abs. 4 Satz 3 und Abs.
10 BVG zu ermitteln, wenn das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr
als die Hälfte des Erwerbslebens umfasst, schädigungsbedingt gemindert war. Erforderlich ist dabei, dass eine
mehrgliedrige und ununterbrochene Kausalkette zwischen dem schädigenden Ereignis im Sinne des BVG, der
dadurch bewirkten gesundheitlichen Schädigung, der durch diese hervorgerufenen fortdauernden gesundheitlichen
Folgen und dem Berufsschaden besteht. Dabei wird der schädigungsbedingte Einkommensverlust abgegolten
(Wilke/Förster, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage, § 30 BVG Rdnr. 51).
Vor der Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ist daher zunächst zu prüfen, ob der Betroffene einen
wirtschaftlichen Schaden (Einkommensverlust) erlitten hat und - bejahendenfalls - ob dieser Einkommensverlust durch
die Schädigungsfolgen "verursacht" worden ist (vgl. Rohr/Strässer, Bundesversorgungsgesetz mit Verfahrensrecht, §
30 Ziff. 30). Das zur Ermittlung des Einkommensverlustes maßgebliche Vergleichseinkommen errechnet sich nach §
30 Abs. 5 BVG aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der
Beschädigte ohne Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher
betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte (so genannter "Hätte-Beruf"). Zur Ermittlung
der maßgebenden Berufsgruppe ist von dem Beruf auszugehen, aus dem der Beschädigte durch die Schädigung
verdrängt worden ist. Die berufliche Entwicklung im Ausweichberuf ist dagegen nicht maßgebend. Ihr kommt lediglich
Gewicht bei der Prüfung der Frage zu, welche berufliche Entwicklung der Beschädigte in seinem Vergleichsberuf
wahrscheinlich genommen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 1988, Az.: 9/9a RV 50/87).
"Wahrscheinlichkeit" bedeutet, dass mehr für als gegen die behauptete berufliche Entwicklung spricht, so dass sich
hierauf die Überzeugung des Senats gründen kann. Unter Berücksichtigung aller den Beschädigten betreffenden
Lebensumstände ist somit zu beurteilen, ob mehr für als gegen den hypothetischen, geltend gemachten Berufserfolg
spricht. Die bloße Möglichkeit eines bestimmten beruflichen Aufstiegs reicht indes nicht aus. Gefordert ist damit eine
Prognose des wahrscheinlich nach der Schädigung eingetretenen weiteren Berufsweges unter Berücksichtigung aller
bis dahin erkennbar gewordenen einschlägigen Gesichtspunkte (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1998, Az.: B 9 V 14/97
R). Das für die Berechnung des Vergleichseinkommens maßgebliche Durchschnittseinkommen wird näher geregelt in
der "Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40 a Abs. 1 bis 5 des
Bundesversorgungsgesetzes (Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV)". Gemäß § 2 Abs. 1 BSchAV wird
das Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 5 des BVG ermittelt, wenn der Beschädigte 1. unselbständig in der
privaten Wirtschaft tätig wäre, nach § 3 2. im Öffentlichen Dienst tätig wäre, nach § 4 3. selbständig tätig wäre, nach
§ 5.
Es kann hier im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob der Kläger einen Einkommensverlust erlitten hat. Als "Hätte-Beruf"
hat der Kläger eine Tätigkeit im mittleren Dienst bzw. eine vergleichbare Tätigkeit als Angestellter mit der
Vergütungsgruppe BAT V bI angegeben. Wie dargelegt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach
seiner Entlassung beim Rat der Stadt D ... aus gesundheitlichen Gründen, insbesondere wegen seiner
Kriegsbeschädigung, darin gehindert gewesen wäre, diese Tätigkeit weiterhin auszuüben. Nach seinen eigenen
Angaben erfolgte die Entlassung vielmehr wegen eines Parteiausschlusses. Aus dem Rentenbescheid der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10. April 1997 ergibt sich, dass diese auf Grund eines Bescheides
des Beklagten - Rehabilitierungsbehörde - vom 10. Dezember 1995 eine Prüfung der Rente dahin vorgenommen hat,
ob unter Berücksichtigung der Verfolgungszeit nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz ein Nachteilsausgleich
gegenüber den allgemeinen rentenrechtlichen Vorschriften vorzunehmen ist und hat bei dieser Berechnung für den
Zeitraum vom 17. August 1950 bis 31. März 1986 die vom Versorgungsträger mit Bescheid vom 25. Juli 1996
mitgeteilten Entgelte berücksichtigt.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).