Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.03.2005

LSG Mainz: amt, beweislast, erwerbstätigkeit, soldat, arbeitskraft, bruttoeinkommen, auskunft, ausführung, minderung, kapitalvermögen

Sozialrecht
LSG
Mainz
23.03.2005
L 4 VS 8/04
Berufsschadensausgleich, Anrechnung von sonstigen Einkünften
T E N O R:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14.05.2004 wird
zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D :
Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Berufsschadensausgleichs des Klägers nach dem
Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bzw. Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1938 geborene Kläger leistete von Januar 1964 bis September 1991 Wehrdienst bei der
Bundeswehr. Zuvor war er nach Beendigung der Realschulausbildung ab April 1956 zunächst als
Lehrling und später bis November 1963 versicherungspflichtig als Bergmann beschäftigt. Wegen einer
Wehrdienstbeschädigung erkannte die Wehrbereichsverwaltung V zuletzt mit Bescheid vom 16.12.1992 in
Ausführung eines Urteils des Sozialgerichts Koblenz vom 29.10.1992 (Az.: S 8 V 62/91)
Wehrdienstbeschädigungsfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 vH an. Mit
Bescheid vom 23.03.1999 erkannte das Amt für soziale Angelegenheiten in Ausführung eines Urteils des
Sozialgerichts Koblenz vom 13.03.1998 (S 4 V 65/95) Wehrdienstbeschädigungsfolgen mit einer MdE von
50 vH nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 BVG an. Zusätzlich gewährte es dem Kläger Berufsschadensausgleich,
wobei in dem Bescheid ausgeführt wurde, hinsichtlich der Berechnung müsse eine gesonderte
Entscheidung ergehen, da die für die Berechnung erforderlichen Beträge des derzeitigen
Bruttoeinkommens rückwirkend ab 01.10.1991 noch nicht bekannt seien und entsprechende
Einkommensfragebögen- und belege vorgelegt werden müssten.
Hierzu stellte das Amt für soziale Angelegenheiten entsprechende Ermittlungen an und holte
insbesondere eine Auskunft der Wehrbereichsverwaltung V über die Bruttobezüge des Klägers von 1991
bis 1998 ein. Der Kläger legte Einkommensunterlagen vor, insbesondere auch über von der Deutschen
Bank AG erhaltene Zinsen auf Kapitalerträge und Investmentanteile. Mit Bescheid vom 27.09.1999
berechnete das Amt für soziale Angelegenheiten Koblenz den Berufsschadensausgleich des Klägers,
woraus sich ein Nachzahlungsanspruch von 135.378 DM ergab. Den Widerspruch des Klägers, der sich
gegen die Anrechnung von Zinsen auf den Berufsschadensausgleich sowie die Berechnung der
Nachzahlung richtete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 15.03.2000 und 16.03.2000
zurück.
Mit Bescheid vom 20.09.2000 gewährte die Bundesknappschaft B dem Kläger Altersrente für
Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab 01.08.2000 i. H. v. 697,10 DM monatlich,
was der Kläger mit dem Einkommensfragebogen vom 08.01.2001 dem Beklagten angab. Das Amt für
soziale Angelegenheiten holte eine Auskunft der Bundesknappschaft ein, die mitteilte, der Kläger habe
vom 01.07.1954 bis 05.07.1955 sowie vom 01.01.1975 bis 31.07.2001 freiwillige Beiträge geleistet. Mit
Bescheid vom 10.09.2001 rechnete das Amt für soziale Angelegenheiten die ab 01.08.2000 von der
Bundesknappschaft gewährte Rente in voller Bruttohöhe beim Berufsschadensausgleich an.
Im November 2001 beantragte der Kläger, die Knappschaftsrente nicht beim Berufsschadensausgleich
anzurechnen, zumal die jeweiligen Leistungen auf freiwilligen Beiträgen beruhten. Die Beiträge habe er
nur entrichten können, weil er Zinseinkünfte zur Zahlung der Beiträge verwendet habe und die Beiträge
damit nicht aus der Erwerbstätigkeit aufgebracht habe.
Mit Bescheid vom 13.03.2002 nahm das Amt für soziale Angelegenheiten seine Bescheide vom 27.03.,
10.09. und 12.11.2001 teilweise zurück und minderte bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs
die zu berücksichtigende Knappschaftsrente um den Rentenanteil, welcher auf Beitragszahlungen
beruhe, die nicht mit Einkünften aus Erwerbstätigkeit finanziert worden seien. Bei der Berechnung wurden
Versicherungszeiten vom 01.07.1954 bis 30.06.1955 und vom 01.01.1992 bis 31.07.2000 (1,9095
Entgeltpunkte) als mit freiwilligen Beiträgen aufgrund von Nicht-Erwerbseinkommen nicht mehr
angerechnet. Zudem seien aber das Ruhegehalt der Wehrbereichsverwaltung Süd sowie die Hälfte der
erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen (Zinsen) zu berücksichtigen (wie bisher).
Mit Bescheid vom 19.04.2002 berichtigte das Amt für soziale Angelegenheiten den Bescheid vom
13.03.2002 hinsichtlich einer Überzahlung von 638,- DM. Den Widerspruch wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch Rentenanteile,
die auf freiwilligen Beiträgen beruhten, die der Beschädigte mittelbar aus Einkünften aus seiner
Erwerbstätigkeit geleistet habe, seien bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zu
berücksichtigen. Angesichts der Tatsache, dass ein großer Teil der Angehörigen des öffentlichen Dienstes
ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familie mit einem Einkommen in vergleichbarer Höhe und ohne
Vergünstigungen z. B. in Form einer Dienstwohnung wie der Kläger bestreiten müsse, sei es nicht
nachvollziehbar, dass es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, die freiwilligen Beiträge von seinem
monatlichen Gehalt zu entrichten, ohne seinen laufenden Unterhalt als Alleinstehender zu gefährden.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 14.05.2004 abgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch gegen den Beklagten
auf Berechnung des Berufsschadensausgleichs ohne Anrechnung der auf freiwilligen Beiträgen
beruhende Knappschaftsrente zu. Der Beweis sei nicht erbracht worden, dass die freiwilligen Beiträge nur
aus Kapitaleinkünften und nicht aus dem Gehalt als Soldat entrichtet worden seien. Es erscheine auch
unwahrscheinlich, dass der Kläger die freiwilligen Beiträge nicht aus seinem Sold entrichtet habe. Er habe
als Soldat ein regelmäßiges Einkommen nach Besoldungsgruppe A9 Bundesbesoldungsgesetz nebst
Sonderzahlungen i.H.v. 100% eines Monatssoldes im Dezember gehabt. Als Alleinstehender ohne Kinder
habe er z.B. durch Ausbildung der Kinder auch keine besonderen Belastungen gehabt. Ebenso seien
besondere finanzielle Belastungen, die das verfügbare Einkommen des Klägers erheblich reduziert
hätten, nicht bekannt. Daher habe der Beklagte zu Recht angenommen, dass der Kläger finanziell in der
Lage gewesen sei, die freiwilligen Rentenbeiträge aus seinem Gehalt als Soldat zu entrichten.
Am Montag, dem 05.07.2004 hat der Kläger gegen das ihm am 04.06.2004 zugestellte Urteil Berufung
eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
die Einzahlungen auf die Mindestrente der Knappschaft seien immer zu solchen Zeitpunkten erfolgt, an
welchem auch regelmäßig Zinserträgnisse oder sonstige Kapitalerträgnisse abgerechnet und
ausgeschüttet worden seien. Die Zahlungen auf die Knappschaftsbeiträge korrespondierten zeitlich direkt
mit den Einkünften aus Kapitalerträgen. Die freiwilligen Leistungen in die Kasse der Bundesknappschaft
habe er erbracht, da nicht klar gewesen sei, dass er nach seinem schwerwiegenden Berufsunfall im Jahr
1966 überhaupt als Berufssoldat übernommen werden würde. Es stelle eine unbillige Härte dar, die
Rentenleistungen anzurechnen und auch den Begünstigten, der selbst Vorsorge betreibe, die Beweislast
dafür aufzubürden, woraus die Zahlungen stammten. Im vorliegenden Fall falle der Zeitraum der
Wehrdienstbeschädigung, des Berufsschadensausgleichs und der freiwilligen Beitragszahlungen weit
auseinander, so dass ein entsprechender Nachweis nicht mehr zu führen sei. Im Übrigen hätte er
freiwillige Beiträge nicht zahlen können, wenn er keine Zinseinkünfte gehabt hätte. Wenn er die
Zinseinkünfte verbraucht hätte, könnte jetzt keine Rente angerechnet werden; sein Vertrauen und die
Unterstützung der öffentlichen Rentenkassen durch freiwillige Beiträge würden letztlich bestraft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14.05.2004 sowie die Bescheide des Beklagten vom
13.03.2002 und 19.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.09.2002 abzuändern und den
Beklagten zu verurteilen, ihm Berufsschadensausgleich ohne Berücksichtigung des auf freiwilligen
Beiträgen beruhenden Teils der Knappschaftsrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor,
die Knappschaftsrente sei unter Einbeziehung des Teils der Rente, der auf freiwilligen Beiträgen beruhe,
durchzuführen, weil diese freiwilligen Beiträge aus Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit des Klägers
erzielt worden seien. Zinsbescheinigungen für die Jahre 1975 bis 1991 könne der Kläger nicht mehr
vorlegen, so dass nicht mehr nachvollzogen werden könne, ob der Kläger entsprechend seiner
Darlegungen die freiwilligen Beiträge zur Bundesknappschaft aus Zinseinkünften getätigt habe. Daher
müsse nach wie vor davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei seinem Erwerbseinkommen nach
der Besoldungsgruppe A9 die Beiträge aus diesem Einkommen entrichtet habe.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger
betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten (Az.: ) sowie des Wehrbereichsgebührnisamtes V (Az.:
) sowie der Gerichtsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch nach § 44 SGB X
auf Zurücknahme des Bescheids vom 10.09.2001 in der Fassung der Bescheide vom 13.03.2002 und
19.04.2002 zu, da der Beklagte dort zu Recht entschieden hat, dass die Rente der Bundesknappschaft
zum Teil auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen ist.
Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn
sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sach-
verhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dabei gelten die gleichen
allgemeinen Verfahrens‑ und Beweislastregeln wie für die Erstfeststellung. Denn Sinn und Zweck dieser
Vorschrift ist nicht eine Wiedereinsetzung in den Verfahrensstand vor Eintritt der nach § 77 SGG von allen
Beteiligten zu beachtenden Bindungswirkung des nicht begünstigenden Verwaltungsakts, sondern die
Auflösung einer Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines unrichtigen Verwaltungsakts und
der materiellen Gerechtigkeit zugunsten der letzteren. Im Falle der Nichtfeststellbarkeit einer anspruchsbe-
gründenden Tatsache trägt derjenige die objektive Beweislast, der sich auf diese Tatsache beruft (BSG
SozR 5870 § 2 Nr. 44).
Der Senat kann nicht feststellen, dass der Beklagte in dem Bescheid vom 10.09.2001 in der Fassung der
Bescheide vom 13.03.2002 und 19.04.2002 zu Unrecht entschieden hat, dass die dem Kläger gewährte
Rente der Bundesknappschaft zum Teil auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen ist.
Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 BVG erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus
gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des §
30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich i. H. v. 42,5 vH des auf volle Deutsche Mark nach oben
gerundeten Einkommensverlustes (§ 30 Abs. 4 BVG) oder, falls dies günstiger ist, einen
Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG (Nettoberufsschadensausgleich).
Einkommensverlust ist gemäß § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen
Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zzgl. der Ausgleichsrente und dem höheren
Vergleichseinkommen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 der aufgrund des § 30 Abs. 14 BVG erlassenen
Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAVO) gelten als derzeitiges Bruttoeinkommen (1) alle
Einnahmen im Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtigen unselbständigen Tätigkeit,
soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 (Nachschadensregelung) und § 64 c Abs. 2 Satz 2 und 3 BVG sowie in § 10
BSchAVO nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 10 BSchAVO sind insbesondere die in § 2 Abs. 1
Ausgleichsrentenverordnung genannten Einkünfte sowie Sonderzahlungen (Weihnachts- und Neujahrs-
gratifikationen, Urlaubsgeld) nicht zu berücksichtigen. § 2 Abs. 1 Ausgleichsrentenverordnung nimmt eine
Vielzahl von Einkünften von der Anrechnung auf den Berufsschadensausgleich aus, z. B. Leistungen der
Sozialhilfe, Pflegegeld, Blindengeld, Zahlungen aus dem Lastenausgleichsgesetz, Arbeitslosenhilfe,
Wintergeld, Kinderzuschüsse, Kinderzulagen, Kindergeld, Leistungen nach dem BEG, Leistungen nach
dem BVG, Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Sachleistungen, Erstattungen und Zuschüsse
von öffentlichen und privaten Krankenkassen, Beihilfen, Leistungen der Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung über Zuschüsse zur Pflegeversicherung, Bergmannsprämien, betriebliche
Vergünstigungen, Leistungen aufgrund von Unterhaltsansprüchen, Stipendien, Wohngeld, Leistungen
aufgrund eines Schadensersatzanspruchs, Ehrensold, Unfallausgleich, Zinsen.
Daraus folgt, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BSchAVO nach einem weiten Einnahmebegriff alle nicht
enumerativ und ausdrücklich in den genannten Bestimmungen aufgeführten Einnahmearten auf den
Berufsschadensausgleich anzurechnen sind, so auch eine Rente eines gesetzlichen Renten-
versicherungsträgers wie der Bundesknappschaft, wie § 9 Abs. 2 Nr. 2 BSchAVO ausdrücklich normiert.
Ausnahmsweise ist nach der genannten Bestimmung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 BSchAVO von der Anrechung
ausgenommen der Rentenanteil, der auf freiwilligen Beiträgen beruht, aber nur, wenn der Beschädigte die
freiwilligen Beiträge nicht –auch nicht mittelbar– aus Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit entrichtet hat.
Durch den Berufsschadensausgleich soll der Einkommensverlust ausgeglichen werden, der durch die
schädigungsbedingte Minderung der Arbeitskraft verursacht wurde. Diese Art von Einkommensverlust
wird verringert durch jedes Einkommen, das auf die Verwendung der Arbeitskraft zurückgeführt werden
kann. Der Einkommensverlust vermindert sich aber nicht durch Einkünfte, die nicht aus dem Einsatz der
Arbeitskraft stammen. Diese Einkünfte stehen mit der Schädigung in keinem Zusammenhang; vielmehr
hätte der Geschädigte sie auch als Gesunder erzielt. Wer also etwa durch rentable Anlage seines
Vermögens, das nicht aus dem Einsatz der Arbeitskraft stammt, sondern z.B. ererbt ist, Einkünfte erzielt,
erhöht zwar sein Einkommen, vermindert aber nicht den Einkommensverlust i.S. des
Berufsschadensausgleichsrechts. Das war schon immer in § 9 Abs. 2 Nr. 2 BSchAVO geregelt und ergibt
sich bereits aus der Definition des Einkommensverlustes in § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG (BSG, Urteil vom
31.05.1989, Az.: 9/4b RV 25/87 mwN; Urteil vom 16. 12.2004, Az.: B 9 V 3/02 R). Somit darf eine
Versichertenrente wie die des Klägers nur insoweit angerechnet werden, als sie Bruttoeinkommen aus frü-
herer unselbstständiger Tätigkeit ist, also auf eine solche Erwerbsquelle zurückgeht.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Knappschaftsrente dann zu Recht auf den
Berufsschadensausgleich anzurechnen war, wenn und soweit die vom Kläger an die Bundesknappschaft
geleisteten freiwilligen Rentenbeiträge direkt aus dem Sold als Soldat geleistet worden waren oder aus
Mitteln, oder in einer Höhe, dass sie ohne die zusätzlichen Einkünfte aus Kapitalvermögen den Sold
nennenswert gemindert hätten, so dass sie bei lebensnaher Betrachtung ohne diese zusätzlichen
Einkünfte nicht gezahlt worden wären, etwa, weil die Zahlung der Höhe nach das Leistungsvermögen des
Klägers überschritten hätte.
Der Senat kann nicht feststellen, dass die freiwilligen Rentenbeiträge vom Kläger allein aus seinen
Kapitalerträgen geleistet worden sind. Seinen Vortrag, schon der zeitliche Zusammenhang zwischen den
jeweiligen Zinsgutschriften und der Zahlung der freiwilligen Beiträge an die Bundesknappschaft zeige,
dass diese Zahlungen nicht aus Erwerbseinkommen geleistet worden seien, hält der Senat nicht für
erwiesen. Die Bank des Klägers verfügt nach der vorgelegten Auskunft vom 24.05.2004 über keine
Unterlagen mehr, die mehr als 10 Jahre zurückreichen und die seinen Vortrag bestätigen könnten. Zudem
sprechen die vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen nicht für einen solchen zeitlichen
Zusammenhang; sie sprechen eher dagegen, auch wenn sie einen Zeitraum nach dem Ausscheiden des
Klägers aus dem aktiven Dienst betreffen, für den der Beklagte ohnehin angenommen hat, dass die
Beiträge dann überwiegend aus Kapitalerträgen entrichtet worden sind, so dass die auf diesen Beiträgen
beruhenden Rentenanteile nicht angerechnet werden.
Gezahlt wurden:
Zahlung an
Bundesknappschaft
Betrag
17.12.1977
216,00 DM
17.12.1977
216,00 DM
17.12.1977
216,00 DM
04.10.1978
432,00 DM
10.10.1979
864,00 DM
15.10.1980
864,00 DM
09.10.1981
864,00 DM
15.04.1982
888,00 DM
04.03.1983
1.200,00 DM
17.01.1984
1.200,00 DM
25.01.1985
1.200,00 DM
05.02.1986
1.440,00 DM
03.02.1987
1.440,00 DM
13.01.1988
1.440,00 DM
05.01.1989
1.440,00 DM
25.01.1990
1.440,00 DM
25.01.1991
1.440,00 DM
30.01.1992
1.440,00 DM
22.02.1993
1.440,00 DM
17.02.1994
1.440,00 DM
06.01.1995
1.440,00 DM
24.01.1996
1.800,00 DM
23.01.1997
2.400,00 DM
10.02.1998
3.000,00 DM
04.02.1999
3.000,00 DM
10.01.2000
1.500,00 DM
Die Gutschriften bzw. Zahlungen der Wertpapiererträge bzw. der Zinsen von bei der Deutschen Bank
geführten Spareinlagen erfolgten aber ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen aus den
Jahren seit 1994 überwiegend quartalsweise und lassen sich jedenfalls, soweit sie sich den Akten
entnehmen lassen, nicht in einer Gesamtzahlung einem festen Termin zuordnen. Insoweit kann –wie sich
aus den Unterlagen ergibt– nicht von einer Zahlung in einem Jahr ausgegangen werden, wie der Kläger
vorträgt. Denn wirtschaftlich zugeflossen sind die jeweiligen Erträgnisse dem Kläger zu den jeweiligen
Valutierungs- und Zahlungstagen, wie sie in den Unterlagen der Deutschen Bank im einzelnen
ausgewiesen sind. Zu diesen Zeitpunkten standen sie dem Kläger wirtschaftlich zur Verfügung.
Zudem erlaubt die Höhe der vom Kläger erbrachten freiwilligen Beiträge den Schluss, dass diese aus
seinem Sold gezahlt wurden. Insoweit ist zu beachten, dass es sich um Jahresbeiträge gehandelt hat.
Deshalb kann die jeweilige Zahlung nicht allein einem Monatseinkommen des Klägers gegenübergestellt
werden, sondern ist anteilig dem Jahreseinkommen bzw. –da der Kläger ein volles 13. Monatsgehalt
bezogen hatte– nur mit einem Dreizehntel einem Monatseinkommen gegenüberzustellen.
Deshalb ist z.B. für das Jahr 1991 ein Monatsbeitrag von 110,77 DM dem damaligen Monatseinkommen
des Klägers gegenüberzustellen. In diesem Jahr betrugen die Bruttobezüge des Klägers (einschließlich
der Sonderzahlung) monatlich 2.922,78 DM, so dass die freiwilligen Rentenbeiträge 3,78 % seines Brutto-
Erwerbseinkommens ausmachten. Davon, dass der Kläger diese Zahlungen ohne seine „Nebeneinkünfte“
allein oder mittelbar aus seinem Erwerbseinkommen nicht hätte erbringen können, kann sich der Senat
nicht überzeugen.
Dass es sich für die Zeit vom 01.07.1975 bis 31.12.1991, die hier der Anrechnung auf den
Berufsschadensausgleich zugrunde liegt, anders verhält, ist nicht ersichtlich. Zwar trifft der Vortrag der
Klägers zu, dass er in früheren Jahren weniger verdient hat, was der Senat als wahr unterstellt. Allerdings
hat er in dieser Zeit auch niedrigere freiwillige Beiträge entrichtet. Auch ist nicht davon auszugehen, dass
in diesen Jahren anders als später die Kapitalerträge nur einmal im Jahr in zeitlichem Zusammenhang mit
der Entrichtung der freiwilligen Rentenbeiträge ausgezahlt worden sind. Angesichts der Vielzahl der
Anlagen des Klägers in unterschiedlichen Anlageformen wie Spareinlagen, Fonds und sonstige
Wertpapieranlagen ist es eher wahrscheinlich, dass auch für diese Zeit entsprechend jeweils
unterschiedliche Valutierungszeitpunkte vorlagen. Dies kann aber nicht mehr aufgeklärt werden, was der
Kläger einräumt, nachdem die Unterlagen der Bank des Klägers bereits vernichtet wurden.
Da die Zeitpunkte der Gutschriften der Kapitaleinkünfte des Klägers in der Zeit vom 01.07.1975 bis
31.12.1991 nicht mehr aufgeklärt werden können, kann nicht zu Gunsten des Klägers unterstellt werden,
dass diese in zeitlichem Zusammenhang mit den an die Bundesknappschaft gezahlten freiwilligen
Beiträgen an den Kläger geflossen sind und eine Größenordnung hatten, dass der Kläger ohne diese
Einkünfte keine freiwilligen Beiträge hätte aufbringen können.
Wie sich aus der Regelvermutung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BSchAVO ergibt, sind grundsätzlich alle
Einkünfte auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen. Mithin trägt der Kläger die materielle
Beweislast dafür, dass hinsichtlich seines Einkommens oder von Teilen davon eine der Ausnahmen
vorliegt, wie sie in §§ 9 Abs. 1 S. 2; 9 Abs. 2 Nr. 2; 10 BSchAVO aufgeführt sind, in denen von einer
Anrechnung abzusehen ist. Die unzureichende Aufklärbarkeit der Zahlungszeitpunkte geht nach den
Grundsätzen der objektiven Beweislast (vgl. dazu Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Rdnr. 19 a zu § 103
mwN) zu Lasten des Klägers.
Schließlich ist der Einwand des Klägers, falls er seinerzeit sein Erwerbseinkommen verbraucht hätte statt
es für eine freiwillige Altersversorgung anzulegen und dass er dafür jetzt wirtschaftlich bestraft werde, nur
bedingt zutreffend, da nicht die gesamte Altersrente angerechnet wird und eine Anrechnung auch bei
anderen Arten der Altersvorsorge vorzunehmen wäre. Zudem stellt der Berufsschadensausgleich
insoweit eine subsidiäre Leistung dar; soweit ein Einkommensverlust nicht vorliegt, ist er auch nicht zu
ersetzen.
Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten vorgenommene Berechnung des
Berufsschadensausgleichs des Klägers hinsichtlich der Höhe der Anrechung unrichtig ist, sind nicht
ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) nicht
vorliegen.
- Rechtsmittelbelehrung -