Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.04.2008

LSG NRW: hauptsache, rechtsschutz, entlastung, ausschluss, datum, rechtskraft

Landessozialgericht NRW, L 9 B 74/08 AS ER
Datum:
10.04.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 9 B 74/08 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 6 AS 115/08 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.04.2008 wird als unzulässig
verworfen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die Kosten
des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
1
Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht statthaft und damit unzulässig.
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Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung (Gesetz zur
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008
- BGBl I 417), der ohne Übergangsvorschrift ab diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, ist
die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn
in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Da der Beschwerdewert insoweit
unter dem maßgebenden Betrag von 750,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) n.F.)
liegt, wäre die Berufung unzulässig, so dass die Entscheidung des Sozialgerichts nicht
anfechtbar ist.
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Die Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht hat keine rechtliche Grundlage
und ist ohne Wirkung. Das Sozialgerichtsgesetz in seiner ab 01.04.2008 geltenden
Fassung sieht eine derartige Zulassung nicht vor. Im Gegenteil schließen Sinn, Zweck
und Wortlaut von § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG eine dem ausdrücklichen Ausschluss der
Beschwerde entgegen laufende Zulassung aus. Die Norm beabsichtigt in erster Linie im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Entlastung der Landessozialgerichte,
die bei Zulassung der Beschwerde wieder unterlaufen würde. Ferner sollen die
Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Rechtsschutz in Verfahren, in denen in der
Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, gegenüber den
Rechtsschutzmöglichkeiten im Hauptverfahren nicht privilegiert werden (amtl. Begr., BR-
DrS 820/07, S. 28 f.). Darüber hinaus verdeutlicht der Wortlaut der Norm, dass die
Beschwerde nur dann noch zulässig sein soll, wenn in der Hauptsache die Berufung
zulässig "wäre". Damit können lediglich Verfahren gemeint sein, in denen die
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Zulässigkeit kraft Gesetzes mangels eines der Ausschlussgründe des § 144 Abs. 1 SGG
ohne weiteres gegeben ist. Ein anderes Verständnis, das die Möglichkeit der
gerichtlichen Zulassung der Berufung umfasst, missachtet zwei Gesichtspunkte: Zum
Einen folgt nicht jedem einstweiligen Verfahren ein Hauptsacheverfahren und zum
Anderen ist rein hypothetisch, ob im Hauptsacheverfahren - u. damit zu einem viel
späteren Zeitpunkt - noch eine Zulassungsbedürftigkeit besteht, überhaupt noch ein
Zulassungsgrund zu rechtfertigen ist und das dann entscheidende Gericht überhaupt die
Berufung zulässt.
Letztlich nimmt § 172 SGG auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 144
SGG Bezug, so dass offensichtlich keine Beschwerdemöglichkeit gegeben ist und die
Beschwerde unzulässig bleibt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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