Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 10.12.2012

LSG Niedersachsen: fachschule, praktische ausbildung, volkshochschule, arbeitskraft, rente, berufsausbildung, aufwand, rücknahme, gestaltungsspielraum, lehrling

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--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
Zur Bewertung eines Volkshochschullehrgangs als rentenrechtliche Zeit.
Ein Meisterkurs zur städtischen Hauswirtschafterin bei der Volkshochschule
von 19 Monaten Dauer stellt keinen Fachschulbesuch und damit keine
Anrechnungszeit dar.
SG Oldenburg (Oldenburg) 81. Kammer, Urteil vom 10.12.2012, S 81 R 637/10
§ 58 SGB 6
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Neuberechnung ihrer Regelaltersrente unter
Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten.
Die Beklagte bewilligte der am D. 1934 geborenen Klägerin mit Rentenbescheid
vom 08.09.1999 eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 154,11 DM. Als
rentenrechtliche Zeiten berücksichtigte sie insbesondere Pflichtbeiträge für
Kindererziehung sowie freiwillige Beiträge.
Am 11.05.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung und
Neuberechnung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung
zur Hauswirtschafterin vom 30.06.1981 bis zum 27.1.1982 und zur Meisterin der
städtischen Hauswirtschaft vom 07.04.1983 bis zum 22.10.1984 bei der
Volkshochschule E.. Beide Lehrgänge fanden in einem einmal wöchentlichen
Unterrichtsrhythmus statt, der Meisterkurs nebst einem mehrwöchigen
Kompaktkurs in einem Schulungsheim. Berufstätig war die Klägerin parallel
nicht. Die Klägerin reichte eine Bescheinigung der Volkshochschule E. vom
25.02.2010 ein, wonach die Teilnahme an beiden Kursen bestätigt wurde.
Zudem legte sie eine Urkunde über die Abschlussprüfung zur Hauswirtschafterin
vom 27.01.1982 und ein Zeugnis über Meisterprüfung als Hauswirtschafterin
vom 22.10.1984 vor.
Mit Bescheid vom 07.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es könne
keine rentenrechtliche Anrechnungszeit wegen des Besuchs einer Fachschule
anerkannt werden, da die Lehrgänge nur einen Stundenumfang von 7 bis 8
Wochenstunden umfasst hätten, die Arbeitskraft also nicht überwiegend in
Anspruch genommen gewesen sei. Die Beklagte hatte zuvor seitens der
Volkshochschule eine entsprechende telefonische Auskunft eingeholt.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und trug vor, der zeitliche Aufwand für die
Lehrgänge habe inklusive Vor- und Nachbereitung sowie gemeinschaftlichem
Lernen mindestens 22 Wochenstunden betragen. Auch bei anderen
Absolventinnen seien die Ausbildungszeiten als rentenrechtliche Zeiten
anerkannt worden, so etwa bei Frau F.. Sie legte eine weitere Bescheinigung
der Volkshochschule E. vom 30.03.1998 vor, wonach der Meisterkurs einmal
pro Woche stattgefunden habe und der Unterricht jeweils von 14.30 Uhr bis
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20.15 Uhr erteilt worden sei. Die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden habe ca.
610 betragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück. Die Voraussetzungen für eine für Anrechnung lägen nicht vor, da nicht
mindestens ein Halbjahreskurs im Ganztagsunterricht oder bei zeitlich kürzeren
Kursen mind. 600 Unterrichtsstunden erfüllt seien. Der Aufwand von 22 Stunden
sei weder belegt noch glaubhaft gemacht. Bei anderen Versicherten (so Frau G.
und Frau H.) habe die Volkshochschule für den ersten Lehrgang zur
Hauswirtschafterin lediglich 200 Unterrichtsstunden bestätigt. Die bei F.
anerkannte Zeit umfasse einen anderen Zeitraum. Die Beklagte hatte zuvor
Archivauszüge der bekannten Versicherten eingesehen, die zeitgleich mit der
Klägerin die beiden Kurse absolviert hatten.
Zudem holte die Beklagte eine Auskunft der Volkshochschule E. vom
03.11.2010 ein, wonach der zeitliche Aufwand von mindestens 22 Stunden
realistisch sei.
Mit ihrer am 16.12.2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren
weiter. Sie berief sich insbesondere darauf, dass der Meisterkurs bei anderen
Teilnehmerinnen als rentenrechtliche Zeit anerkannt worden sei. Zudem habe er
610 Unterrichtsstunden umfasst und auch die Arbeitskraft überwiegend in
Anspruch genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 07.06.2010 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 30.11.2010 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 08.09.1999 zu ändern und die
Regelaltersrente der Klägerin unter Berücksichtigung weiterer
rentenrechtlicher Zeiten neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen
Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der
Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet. Die von der
Beklagten durchgeführte Berechnung der Rentenhöhe ist richtig. Die
zusätzlichen von der Klägerin geltend gemachten Zeiten können nicht als
rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt werden. Der Überprüfungsantrag der
Klägerin hinsichtlich ihres Rentenbescheides aus dem Jahre 1999 konnte daher
keinen Erfolg haben.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin, den Rentenbescheid vom
08.09.1999 zu überprüfen ist § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Der Rentenbescheid vom 08.09.1999 ist bestandskräftig. Gemäß § 77
Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird ein Verwaltungsakt bindend, wenn der
gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird und soweit durch
Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Klägerin hatte innerhalb der
vorgegebenen Frist von einem Monat (§ 84 SGG) nach Erlass des
Rentenbescheides keinen Widerspruch erhoben. Damit ist die Bindungswirkung
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der Rentenfeststellung eingetreten.
Eine Durchbrechung der Bestandskraft ist ausschließlich unter den strengen
gesetzlich normierten Voraussetzungen, insbesondere der §§ 44 ff. SGB X,
rechtlich zulässig. Die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden
Verwaltungsaktes, wie sie die Klägerin begehrt, ist in § 44 Abs. 1 SGB X wie
folgt geregelt: "Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines
Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb
Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen". Das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X soll dem
Gebot der materiellen Gerechtigkeit zum Erfolg verhelfen (LSG Bayern, Urt. v.
24.05.2011, L 6 R 332/10, zitiert nach Juris).
Der Anspruch auf "Rücknahme eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden
Rentenbescheides" gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist vorliegend nicht gegeben, da
der Rentenbescheid vom 08.09.1999 rechtmäßig ist. Die Beklagte war nicht
verpflichtet, die früheren Lehrgänge der Klägerin zur Hauswirtschafterin und
Meisterin der städtischen Hauswirtschaft bei der Rentenberechnung als
rentenrechtliche Zeiten zugrunde zu legen.
Die Grundsätze der Rentenberechnung ergeben sich aus §§ 63 und 64
Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Danach richtet sich die Höhe einer
Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch
Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB
VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte
Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet (§ 63
Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte
angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten
Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist (§ 63 Abs. 3 SGB VI). Der
Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn 1. die unter Berücksichtigung des
Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2. der Rentenartfaktor
und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander
vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI).
Nach § 66 Abs. 1 SGB VI ergeben sich die persönlichen Entgeltpunkte für die
Ermittlung des Monatsbetrags der Rente, indem die Summe aller Entgeltpunkte
u. a. für 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreie Zeiten und 3. Zuschläge für
beitragsgeminderte Zeiten mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge
(Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind.
Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen
Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI). Beitragsfreie Zeiten sind
Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit
Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§
54 Abs. 4 SGB VI). Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl
mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder
Ersatzzeiten belegt sind (§ 54 Abs. 3 SGB VI).
1. Die Zeiten des Lehrgangs zur Hauswirtschafterin vom 30.06.1981 bis
27.01.1982 und zur Meisterin der städtischen Hauswirtschaft vom 07.04.1983
bis 22.10.1984 sind danach keine Pflichtbeitragszeit. Denn in dieser Zeit stand
die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, für das Pflichtbeiträge
entrichtet wurden. Ein Gehalt erhielt die Klägerin nicht.
2. Die genannten Lehrgangszeiten sind auch keine fiktiven Beitragszeiten im
Sinne einer Lehre ohne Entgelt. Es gibt keine Vorschrift, wonach während der
Zeit des Besuchs einer berufsqualifizierenden Schule Pflichtbeiträge als gezahlt
gelten. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 247 Abs. 2 a SGB VI
nicht erfüllt. (vgl. näher LSG-Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.12.2011, L 22 R
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743/10) Es gibt zum einen keine Vorschrift, wonach während der Teilnahme am
Berufsschulunterricht Versicherungspflicht bestand. Zum anderen war die
Klägerin weder als Lehrling noch sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt.
Anders als die Schulzeit dient die Lehrzeit nicht überwiegend der theoretischen,
sondern der praktischen Ausbildung. Eine Lehrzeit liegt somit vor, wenn diese
Zeit in einem Betrieb hauptsächlich der Fachausbildung dient, diesem Ziel
entsprechend geleitet wird und der Auszubildende tatsächlich die Stellung eines
Lehrlings einnimmt. Darüber hinaus muss die Ausbildung in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis erfolgen, also der Lehrling in den Betrieb nach Art
eines Arbeitnehmers eingegliedert und dem Weisungsrecht des
Betriebsinhabers unterworfen sein (BSG – Urt. v. 29.11.1957 – 7 RAr 40/57;
BSG, Urt. v. 08.07.1970 – 11 RA 164/67; BSG, Urt. v. 07.09. 1977 – 11 RA
76/76, zitiert nach Juris; vgl. auch Gürtner, in: Kasseler Kommentar,
Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 252 Rn. 9 und 12). Neben der genannten
Teilnahme am Schulunterricht inklusive praktischer Übungen absolvierte die
Klägerin keine praktische Ausbildung in einem Betrieb, sie war nicht wie ein
Arbeitnehmer in einen solchen Betrieb eingegliedert.
3. Für die Zeiten der Lehrgänge zur Hauswirtschafterin vom 30.06.1981 bis
27.01.1982 und zur Meisterin der städtischen Hauswirtschaft vom 07.04.1983
bis 22.10.1984 kommt eine Berücksichtigung als Anrechnungszeit wegen
Fachschulzeit ebenfalls nicht in Betracht.
Nach § 58 Abs. 1, Satz 1, Nr. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten solche Zeiten,
in denen ein Versicherter nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule,
Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahme teilgenommen hat (Zeiten einer schulischen Ausbildung),
insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Einzig die Eingruppierung als
Fachschule käme bei den hier besuchten Lehrgängen mit abschließender
Berufsbezeichnung in Betracht. Die Voraussetzungen für eine solche
Eingruppierung liegen jedoch nicht vor.
Da es sich bei einem Fachschulbesuch um den Besuch einer Schule handelt,
die im Verhältnis zu allgemeinbildenden und weiterführenden Schulen
besondere Merkmale aufzuweisen hat, müssen für den Fachschulbesuch
wenigstens alle Kriterien erfüllt sein, die für einen Schulbesuch gelten. Dies
betrifft insbesondere die Gestaltung des Unterrichts und die Unterrichtsteilnahme
(räumliches Zusammensein von Lehrern und einer Mehrzahl von Schülern
während des Unterrichts, Zusammenfassen der Schüler entsprechend ihrem
Ausbildungsgang- und stand, Zeugniserteilung in regelmäßigen Zeitabständen,
Versetzungen) und die überwiegende Inanspruchnahme von Zeit und
Arbeitskraft (Gürtner in Kasseler Kommentar, a.a.O., SGB VI § 58 Rdnrn. 39 und
35). Die Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung ist ein rentenrechtlicher
Ausgleich dafür, dass der Versicherte wegen der Ausbildung ohne Verschulden
gehindert war, eine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben und so
Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten.
(Gürtner, in: Kasseler Kommentar, § 58 Rn. 33) Entsprechend dem Normzweck
muss der Schulbesuch die Zeit und Arbeitskraft überwiegend beanspruchen.
Eine überwiegende Inanspruchnahme liegt vor, wenn dem Betreffenden neben
der Ausbildung keine Halbtagstätigkeit mehr zumutbar ist (BSGE 31, 152), was
jedenfalls anzunehmen ist, wenn der Unterricht tagsüber besucht wird. Die
Belastungsgrenze ist von der Rechtsprechung des BSG in unterschiedlichem
Regelungszusammenhang unterschiedlich beurteilt worden (vgl. BSGE 43, 44;
BSGE 90, 279). Gemeinhin ist von einem Zeitaufwand von 20 Stunden pro
Woche auszugehen. Zum Zeitaufwand gehören neben der Unterrichtszeit auch
die Zeiten der erforderlichen Vor- und Nacharbeit. Selbst wenn die Aussage der
Klägerin, dass ein Zeitaufwand von mind. 22 Wochenstunden erforderlich war,
als gegeben angenommen würden, lägen jedoch die übrigen Voraussetzungen
nicht erfüllt.
Darüber hinaus wäre nämlich erforderlich, dass eine „Fachschule“ besucht
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wurde. Der Begriff der „Fachschule“ ist gesetzlich nicht definiert. Da es für das
Vorliegen einer schulischen Ausbildung auf die Verhältnisse zur Zeit der des
Schulbesuchs ankommt, ist den geänderten Einschätzungen durch die für die
staatliche Organisation der Bildungseinrichtungen maßgeblichen Stellen auf für
die Annahme einer Anrechnungszeit maßgeblich (BSG, SozR 2200 § 1259 Nr.
22, 76). Die Definition einer Fachschule erfolgte in unregelmäßigen Abständen
durch die jeweilige Kultusministerkonferenz. Für den hier maßgeblichen
Zeitraum definierte die Kultusministerkonferenz den Begriff mit Beschluss vom
08.12.1975.
Eine Fachschule setzte danach grundsätzlich eine zuvor bereits erlangte
einschlägige Berufsausbildung oder eine entsprechende praktische
Berufstätigkeit voraus. Dieses Erfordernis wäre vorliegend nur für den
Meisterkurs der Klägerin erfüllt, der vorherige Lehrgang zur Hauswirtschafterin
war als erstmalige Berufsqualifizierung anzusehen und setzte keine
einschlägige Berufsausbildung voraus.
Weitere Voraussetzung einer Fachschule war nach der Kultusministerkonferenz
in der Regel eine zusätzliche Berufsausübung. Dieses Erfordernis erfüllte die
Klägerin während keiner der Lehrgänge. Sie war weder vor noch während den
Ausbildungen berufstätig, sondern Hausfrau.
Dritte Voraussetzung einer Qualifizierung als Fachschulausbildung war eine
erhebliche Dauer. In Vollzeitform musste die Ausbildung in der Regel
mindestens ein Jahr dauern, in Teilzeitform entsprechend länger. Dies war hier
bei keiner der beiden Lehrgänge erfüllt. Beide wurden nur in Teilzeitform
absolviert. Der erste Lehrgang zur Hauswirtschafterin dauerte 7 Monate, der
zweite zur Meisterin der städtischen Hauswirtschaft dauerte 19 Monate,
inklusive zwei Kompaktseminaren.
Die von der Klägerin belegten Kurse waren somit nicht als Fachschulbesuch zu
qualifizieren.
4. Dem Gesetzgeber steht hinsichtlich der Regelung von beitragsfreien
rentenrechtlichen Zeiten ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er ist von
Verfassungswegen nicht verpflichtet, alle – auch ungewollt auftretenden –
Versicherungslücken durch deren Berücksichtigung als beitragsfreie Zeiten zu
schließen (BSG, Urteil vom 17. April 2004 – B 5 R 62/06 R, abgedruckt in SozR
4-2600 § 58 Nr. 8). Wegen der fehlenden Beiträge ist die Berücksichtigung von
Anrechnungszeiten wegen Ausbildung eine Solidarleistung der
Versichertengemeinschaft; sie beruht auf staatlicher Anordnung und ist
Ausdruck staatlicher Fürsorge. Im Hinblick darauf unterfällt es dem
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, lediglich bestimmte typische
Ausbildungen als Anrechnungszeittatbestände zu normieren und diese zeitlich
zu begrenzen (BSG, Urt. v. 05.12.1996 - 4 RA 100/95, zitiert nach Juris).
5. Etwas anderes musste auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
Gleichbehandlung gelten, da bei allen abgeglichenen Versicherten, die
gemeinsam mit der Klägerin die Ausbildungen durchliefen, diese
Lehrgangszeiten ausweislich der im Verwaltungsverfahren beigezogenen
Aktenauszüge ebenfalls nicht anerkannt wurden.
6. Die Klägerin hat dementsprechend keinen Anspruch auf Berücksichtigung der
Lehrgänge zur Hauswirtschafterin und Meisterin der städtischen Hauswirtschaft
als Anrechnungszeit oder als sonstige rentenrechtliche Zeit. Die Klage war
folglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.