Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.01.2015

LSG Niedersachsen: einreise, innere medizin, asylrecht, beiladung, tante, versicherung, visumpflicht, erlass, rechtsschutz, übergangsregelung

1
2
Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG bei
visumfreier Einreise nach Deutschland gemäß EU VisaVO zum
Zwecke eines Daueraufenthalts
1. Eine titelfreie (d.h. visumfreie) Einreise ist nur dann als erlaubt anzusehen, wenn
der beabsichtigte Aufenthaltszweck auch nur auf einen Kurzaufenthalt i.S. von Art. 1
Abs. 2 EG VisaVO gerichtet ist. Beabsichtigt der Ausländer schon bei der Einreise
einen Aufenthalt, der wegen der Überschreitung des zeitlichen Rahmens eines Visums
bedurft hätte, besteht für die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift des Art. 1 Abs.
2 EG VisaVO kein Raum.
2. Fiktionsbescheinigungen nach § 81 Abs. 5 AufenthG sind rein deklaratorischer
Art, ohne dass durch sie ein Rechtsstatus begründet wird (Anschluss an BVerwG,
Beschluss vom 21. Januar 2010 - 1 B 17/09, 1 B 17/09, 1 PKH 7/09 )
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 8. Senat, Beschluss vom 28.08.2014, L 8 AY
53/14 B ER
§ 1 Abs 1 AsylbLG, § 50 AufenthG, § 58 AufenthG, § 81 Abs 5 AufenthG
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover
vom 5. Mai 2014 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den
Antragstellern für die Zeit ab dem 22. April 2014 bis zur Entscheidung über ihren
Leistungsantrag vom 22. April 2014 vorläufig Leistungen gemäß § 3 AsylbLG nach
der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgericht vom 18. Juli 2012 (- 1 BvL
10/10, 1 BvL 2/11 -) zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die
Gewährung existenzsichernder Leistungen für visumfrei nach Deutschland eingereiste
Drittstaatsangehörige.
Die 1988 geborene Antragstellerin zu 1 ist die Mutter der 2008 bis 2013 geborenen
Antragsteller zu 2 bis 5 und die Tante des 1999 geborenen Antragstellers zu 6, der nach
ihren Angaben nicht mehr von seiner Mutter versorgt wird und seit ca. 8 bis 9 Jahren in
der Familie der Antragsteller zu 1 bis 5 lebt. Sie lebt nach eigenen Angaben von ihrem
in Belgrad verbliebenen Ehemann getrennt und leidet nach den Berichten des Arztes für
Innere Medizin Dr. I., Hannover, vom 10. April 2014 und des Psychiaters J., Belgrad,
vom 5. April 2014 an einer rezidivierenden depressiven Störung. Die Antragsteller
geben sich als in die Bundesrepublik Deutschland am 7. April 2014 visumfrei
eingereiste serbische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Roma aus.
Zum Zeitpunkt der Einreise verfügten sie über eine Reisekrankenversicherung und nach
3
4
5
6
7
Zum Zeitpunkt der Einreise verfügten sie über eine Reisekrankenversicherung und nach
der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin zu 1 vom 28. Juli 2014 über
begrenzte finanzielle Mittel, die bis zum 20. April 2014 aufgebraucht waren. Sie leben
bei der Tante der Antragstellerin zu 1 in K..
Am 10. April 2014 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin - Fachbereich
Ausländer-/Asylrecht - die Ausstellung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 3
Aufenthaltsgesetz (AufenthG), hilfsweise nach § 25 Abs. 5 AufenthG, mit dem
ausdrücklichen Hinweis, dass weder ein Asylantrag gestellt noch um Flüchtlingsschutz
nachgesucht werde, sondern sich das Begehren ausschließlich auf die Feststellung von
Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG beziehe. Der
Fachbereich Ausländer-/Asylrecht leitete diese Feststellungsanträge zuständigkeitshalber
an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weiter und stellte den
Antragstellern bis zum 4. August 2014 befristete Fiktionsbescheinigungen über ihren
nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG als erlaubt geltenden Aufenthalt in Deutschland aus.
Am 22. April 2014 beantragten die Antragsteller bei der von der Antragsgegnerin
herangezogenen Stadt K. die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG.
Während die Antragsteller von einer mündlichen Ablehnung ihres Antrags bei der
Vorsprache ausgehen und vortragen, am 23. April 2014 hiergegen Widerspruch
erhoben zu haben, ist nach dem Standpunkt der Antragsgegnerin eine Entscheidung
über den Leistungsantrag wegen des noch ungeklärten ausländerrechtlichen Status der
Antragsteller noch nicht erfolgt. Ein Verwaltungs- bzw. Widerspruchsvorgang wurde
(zunächst) nicht angelegt.
Die Antragsteller haben am 23. April 2014 beim Sozialgericht (SG) Hannover um
einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und neben der Beiladung des Jobcenters Region
Hannover die Verpflichtung eines der Leistungsträger beantragt, den Antragstellern
vorläufig existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder nach dem
AsylbLG zu gewähren. Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes durch Beschluss vom 5. Mai 2014 mit der Begründung abgelehnt, eine
Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG der nicht geduldeten Antragsteller, die auch
im Übrigen über keinen der in § 1 Abs. 1 AsylbLG genannten Aufenthaltstitel
verfügten, scheide wegen ihres rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland aus (vgl. § 1
Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG). Ihnen stünden auch keine Leistungen nach dem SGB XII zu,
weil die Antragstellerin zu 1 als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt
nach dem SGB II sei und bei den Antragstellern der Leistungsausschluss nach § 21 Satz
1 SGB XII greife. Der auf eine Leistungsgewährung nach dem SGB II gerichtete Antrag
sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil den Antragstellern zuzumuten sei,
die Leistungen nach dem SGB II - vor der Inanspruchnahme gerichtlichen
Eilrechtsschutzes - zunächst bei dem bislang noch nicht mit der Angelegenheit befassten
Jobcenter Region Hannover zu beantragen. Gegen diese Entscheidung richtet sich im
vorliegenden Verfahren die Beschwerde der Antragsteller vom 5. Juni 2014.
Den nach der erstinstanzlichen Entscheidung am 8. Mai 2014 gestellten Leistungsantrag
der Antragsteller nach dem SGB II hat das Jobcenter Region Hannover durch Bescheid
vom gleichen Tag mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller seien nach ihrem
ausländerrechtlichen Status in rechtlicher Hinsicht nicht erwerbsfähig (§ 8 Abs. 2 SGB
II), weil ihnen bzw. der Antragstellerin zu 1 die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht
erlaubt sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch hat das Jobcenter durch
Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2014 zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist
Gegenstand einer beim SG Hannover anhängigen Klage (- S 56 AS 2919/14 -).
Bereits zuvor haben die Antragsteller am 9. Mai 2014 wiederum beim SG Hannover um
einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (- S 56 AS 2332/14 ER -), vornehmlich um
eine vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem SGB II durch das Jobcenter zu
erreichen. Nach Beiladung der Antragsgegnerin dieses Verfahrens hat das SG den
Antrag durch Beschluss vom 22. Juli 2014 ebenfalls abgelehnt. Die Antragsteller - bzw.
die Antragstellerin zu 1 - seien nach § 8 Abs. 2 SGB II nicht in rechtlicher Hinsicht
8
9
10
11
12
13
14
die Antragstellerin zu 1 - seien nach § 8 Abs. 2 SGB II nicht in rechtlicher Hinsicht
erwerbsfähig, weil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach den von der
Antragsgegnerin - Fachbereich Ausländer-/Asylrecht - ausgestellten
Fiktionsbescheinigungen ausdrücklich untersagt sei. Einer Verpflichtung der
Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungsgewährung nach dem SGB XII oder dem
AsylbLG stehe die anderweitige Rechtshängigkeit des Streitgegenstands in dem
vorliegenden Verfahren entgegen. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller am
23. Juli 2014 ebenfalls Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (- L 9
AS 754/14 B ER -).
Die Antragsteller machen geltend, dass sie sich in Deutschland rechtmäßig aufhalten
würden und entweder nach dem SGB II oder dem SGB XII leistungsberechtigt seien.
Bei der Frage, welches Gesetz zur Gewährung existenzsichernder Leistungen (SGB II,
SGB XII, AsylbLG) einschlägig sei, könne es mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL
2/11 -) kein „Leistungsloch“ geben. Unter Berufung auf die eidesstattliche Versicherung
der Antragstellerin zu 1 vom 28. Juli 2012 tragen sie vor, mittellos, dringend auf
medizinische Hilfe und von Obdachlosigkeit bedroht zu sein.
Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des SG vom 5. Mai 2014 für zutreffend und
verweist auf eine Zuständigkeit des Jobcenters Region Hannover, weil es bei der Frage
der rechtlichen Erwerbsfähigkeit allein auf die Möglichkeit ankomme, ob die Aufnahme
einer Erwerbstätigkeit erlaubt werden könne. Die Antragsteller seien daher dem Grunde
nach leistungsberechtigt nach dem SGB II und gemäß § 21 Satz 1 SGB XII von
Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der Verfahrensakte des Parallelverfahrens (- S 56 AS 2332/14 ER; L 9 AS
754/14 B ER -) sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin - Fachbereichs
Soziales - und des Jobcenters L. M. Bezug genommen. Die ebenfalls angeforderte Akte
des Fachbereichs Ausländer-/Asylrecht, deren Verbleib auf dem Postweg ungeklärt ist,
hat dem Senat nicht vorgelegen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte (§§ 172, 173
SGG) Beschwerde ist begründet. Das SG hat den auf den Erhalt existenzsichernder
Leistungen gerichteten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Unrecht
abgelehnt.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines
vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine
solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung
für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht
gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller
ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde
(Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache
gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4
SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Nach diesen Maßgaben besteht hier das einer einstweiligen Anordnung zugängliche
streitige Rechtsverhältnis in dem - auch nach Auffassung des Senats - von der
Antragsgegnerin noch nicht beschiedenen Leistungsantrag vom 22. April 2014. In
dieser Hinsicht haben die Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch auf
Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG als auch einen Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - Fachbereiche Ausländer-/Asylrecht und
14
15
16
17
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - Fachbereiche Ausländer-/Asylrecht und
Soziales - und der Antragsteller sind diese gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG
leistungsberechtigt nach dem AsylbLG, weil sie vollziehbar zur Ausreise verpflichtet
sind. Danach gehören Ausländer zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem
AsylbLG, wenn sie sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar
ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht
mehr vollziehbar ist.
Die Ausreisepflicht eines Ausländers regelt § 50 Abs. 1 AufenthG. Danach ist ein
Ausländer zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht
oder nicht mehr besitzt. Aufenthaltstitel in diesem Sinne sind nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 bis 4 AufenthG das Visum (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 AufenthG), die
Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG), die blaue Karte EU (§ 19a AufenthG), die
Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder die Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU
(§ 9a AufenthG). Ausländer, die von der Visumpflicht befreit sind nach Art. 1 Abs. 2
der Verordnung zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim
Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste
der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumpflicht befreit sind (EG-VisaVO
vom 21. März 2001, Abl. L 81 S. 1, nun EU-VisaVO in der Fassung vom 15. Mai
2004, Abl. L 149 S. 67), benötigen für den Aufenthalt in Deutschland keinen
Aufenthaltstitel.
Nach diesen Maßgaben bedurften die Antragsteller, die über keinen Aufenthaltstitel
verfügen, aber als serbische Staatsangehörige seit Dezember 2009 von der Visumfreiheit
nach Art. 1 Abs. 2 i.V.m. der Liste in Anhang II der EU-VisaVO begünstigt sein
können, sowohl für die Einreise nach Deutschland (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG)
als auch für ihren weiteren Aufenthalt eines Titels (bzw. eines Visums), weil sie wegen
des zweifelsfrei beabsichtigten Daueraufenthalts nicht visumfrei nach Deutschland
einreisen durften. Eine titelfreie (d.h. visumfreie) Einreise ist nur dann als erlaubt
anzusehen, wenn der beabsichtigte Aufenthaltszweck auch nur auf einen Kurzaufenthalt
i.S. von Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO gerichtet ist (so auch Hamburgisches OVG,
Beschluss vom 23. September 2013 - 3 Bs 131/13 - juris; Bayerischer VGH vom 21.
Juni 2013 - 10 CS 13.1002 - juris; VGH Baden-Württemberg vom 14. September 2011
- 11 S 2438/11 - juris; vgl. auch Winkelmann in Renner/Bergmann/Dienelt,
Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 14 AufenthG Rn. 13 m.w.N.). Für die Befreiung von
der Visumpflicht nach Art. 1 Abs. 2 EU-VisaVO ist - entgegen der Auffassung der
Beteiligten - nicht allein in objektiver Sicht die Angehörigkeit der betroffenen Person zu
einem der in der Liste des Anhangs II der EU-VisaVO aufgeführten Staaten maßgeblich,
sondern die mit dem Aufenthalt in Deutschland verbundenen Absichten bzw.
Vorstellungen im Zeitpunkt der Einreise. Beabsichtigt der Ausländer schon bei der
Einreise einen Aufenthalt, der wegen der Überschreitung des zeitlichen Rahmens eines
Visums bedurft hätte, besteht für die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift des Art. 1
Abs. 2 EG-VisaVO kein Raum (vgl. auch Nr. 14.1.2.1.1.7.1 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26. Oktober 2009, BR-Drs. 669/09).
So liegt der Fall hier. Die Antragsteller haben bereits zum Zeitpunkt der Einreise nach
Deutschland am 7. April 2014 einen dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet
beabsichtigt, dokumentiert durch den nur drei Tage später bei der Antragsgegnerin -
Fachbereich Ausländer-/Asylrecht - am 10. April 2014 gestellten Antrag auf Erteilung
von Aufenthaltserlaubnissen. Im Zuge der Antragstellung können sie sich auch nicht auf
die sog. Erlaubnisfiktion nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG berufen, nach der der
Aufenthalt eines Ausländers, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen
Aufenthaltstitel zu besitzen, und die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, ab dem
Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt
gilt. Die Antragsteller halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dem Umstand,
dass die Antragsgegnerin - Fachbereich Ausländer-/Asylrecht - den Antragstellern
gleichwohl - im Widerspruch mit der Rechtslage - Fiktionsbescheinigungen nach § 81
Abs. 5 AufenthG über ihren als erlaubt geltenden Aufenthalt ausgestellt hat, kommt in
18
19
20
21
22
23
24
Abs. 5 AufenthG über ihren als erlaubt geltenden Aufenthalt ausgestellt hat, kommt in
rechtlicher Hinsicht keine Bedeutung zu. Diese Bescheinigungen sind rein
deklaratorischer Art, ohne dass durch sie ein Rechtsstatus begründet wird (BVerwG,
Beschluss vom 21. Januar 2010 - 1 B 17/09, 1 B 17/09, 1 PKH 7/09 - juris Rn. 7).
Gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Ausreisepflicht der Antragsteller wegen
ihrer unerlaubten Einreise nach Deutschland auch kraft Gesetzes vollziehbar.
Der Höhe nach bemisst sich der Leistungsanspruch der Antragsteller nach § 3 AsylbLG
i.V.m. der Übergangsregelung des BVerfG (Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1
BvL 2/11 - juris Rn. 98 ff.). Da die Antragsteller weder in den gerichtlichen
Eilverfahren (einschließlich der Prozesskostenhilfeverfahren) noch im
Verwaltungsverfahren Kosten der Unterkunft und Heizung glaubhaft bzw. geltend
gemacht haben und damit die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie derzeit unentgeltlich
bei der Tante der Antragstellerin zu 1 untergekommen sind, erstreckt sich die
Regelungsanordnung in erster Linie auf die den Antragstellern zustehenden
Regelbedarfe. Von einer konkreten Bezifferung der Leistungshöhe hat der Senat
dennoch abgesehen, weil es den weiteren Ermittlungen der Antragsgegnerin im
Verwaltungsverfahren überlassen bleibt, ob noch Leistungen für die Unterkunft - ggf.
nach Zuweisung einer Unterkunft als Sachleistung (vgl. § 3 Abs. 1 AsylbLG) - zu
erbringen sind.
Die Antragsteller haben auch durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung vom
28. Juli 2014 ihre Mittellosigkeit und damit die Notwendigkeit einer Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile glaubhaft gemacht (Anordnungsgrund).
Die Regelungsanordnung erstreckt sich in zeitlicher Hinsicht ab dem Zeitpunkt der
Antragstellung bei der Antragsgegnerin am 22. April 2014, weil der Antrag auf
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur einen Tag später beim SG eingegangen ist,
bis zur Bescheidung dieses Leistungsantrags. Eine fixe Begrenzung der Anordnung hat
der Senat nicht als erforderlich angesehen, weil es die Antragsgegnerin durch eine
Entscheidung über den Antrag selbst in der Hand hat, sich von der gerichtlichen
Verpflichtung zu lösen.
Von einer Beiladung des Jobcenters Region Hannover, das hier nach dieser Rechtslage
nicht als leistungspflichtig in Betracht gekommen ist (vgl. § 75 Abs. 2 2. Alt. SGG), hat
der Senat wegen der Eilbedürftigkeit der Sache abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.