Urteil des LSG Hamburg vom 08.03.2011

LSG Ham: aufschiebende wirkung, aufschiebende bedingung, versorgung, anfechtungsklage, verwaltungsakt, grundrecht, zustellung, vollzug, rechtsschutz, berufsfreiheit

Landessozialgericht Hamburg
Beschluss vom 08.03.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 3 KA 12/11 ER
Landessozialgericht Hamburg L 1 KA 22/11 B ER
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf
184.264,50 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die am 16. Februar 2011 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Hamburg vom 10. Februar 2011 ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Sie ist
jedoch unbegründet.
Das von der Antragstellerin im Verfahren des gerichtlichen Eilrechtsschutzes verfolgte Ziel ihrer Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung ist zulässig und sachgerecht (§ 123 SGG) nur im Wege einer einstweiligen Anordnung
in Form der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erreichbar. Dies gilt unabhängig davon, ob ihrer
Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (S 3 KA 13/11) aufschiebende Wirkung zukommt.
Es spricht vieles dafür, dass die Klage gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 19. Januar 2011, durch den ihr
Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 1. Dezember 2010 – nach dem ihre mit Wirkung
ab 1. Oktober 2009 ausgesprochene Zulassung für den Vertragsarztsitz S.-Straße, Hamburg, nicht wirksam geworden
ist – zurückgewiesen worden ist, nach § 86a Abs. 1 SGG schon keine aufschiebende Wirkung hat. Dies entspräche
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 6.2.2008 – B 6 KA 41/06 R, SozR 4-2500 § 95 Nr. 14), nach der
zwar nach § 86a Abs. 1 SGG Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben, dies
aber nicht im Falle eines Verwaltungsakts gilt, der eine durch Gesetz eintretende Rechtsfolge lediglich deklaratorisch
feststellt, wie dies im vom Bundessozialgericht entschiedenen Rechtsstreit einer Beendigung der Zulassung zur
vertragsärztlichen Versorgung wegen Erreichens der Altersgrenze der Fall war. Hiermit schloss das
Bundessozialgericht an seine vorbestehende Rechtsprechung an, die den Zulassungsgremien der vertragsärztlichen
Versorgung die Befugnis zubilligt, deklaratorische Entscheidungen über das Ende der Zulassung zu treffen, um
Rechtssicherheit herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten Klarheit darüber zu
schaffen, ob ein Arzt (noch) berechtigt ist, vertragsärztlich tätig zu werden; dies betraf den mit dem vorliegenden
vergleichbaren Fall, dass eine erteilte Zulassung wegen der Nichteinhaltung einer ihr beigefügten aufschiebenden
Bedingung im Sinne des § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV nicht wirksam geworden war (BSG 5.2.2003 – B 6 KA 22/02 R, SozR
4-2500 § 95 Nr. 2). Der Grundsatz, dass Rechtsbehelfe gegen nur deklaratorisch-feststellende Verwaltungsakte keine
aufschiebende Wirkung entfalten, ist – so das Bundessozialgericht weiter – für den vorläufigen Rechtsschutz nach §
80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), dem der vorläufige Rechtsschutz nach dem SGG nachgebildet
ist, seit Langem anerkannt, und dementsprechend ist insoweit ebenso wie § 80 Abs. 1 VwGO auch die Regelung des
§ 86a Abs. 1 Satz 2 SGG, die von ihrem Wortlaut her auch die feststellenden Verwaltungsakte erfasst, dahingehend
einschränkend auszulegen, dass Widerspruch und Klage nur bei konstitutiv-feststellenden, nicht aber bei
deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten aufschiebende Wirkung entfalten. Mithin unterscheiden sich
Widerspruch und Anfechtungsklage im Falle deklaratorisch-feststellender Verwaltungsakte von Rechtsbehelfen etwa
gegen die konstitutive Entziehung einer Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V oder konstitutiv-feststellende
Verwaltungsakte. Während letztere Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung entfalten, ist dies bei den nur
deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten nicht der Fall (vgl. erneut BSG 6.2.2008 – B 6 KA 41/06 R, SozR 4-
2500 § 95 Nr. 14).
Es ergibt sich aber im Ergebnis nichts anderes, wenn man wie das Sozialgericht mit dem Wortlaut von § 86a Abs. 1
Satz 2 SGG Rechtsbehelfen gegen alle feststellenden Verwaltungsakte ihre gesetzlich angeordnete aufschiebende
Wirkung belässt (vgl. insoweit LSG Bayern 28.3.2007 – L 12 B 835/06 KA ER, GesR 2007, 410), jedoch bei nur
deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Feststellung der
aufschiebenden Wirkung dieser Rechtbehelfe ablehnt, wenn und weil damit das im Eilverfahren verfolgte Ziel einer
Verbesserung der Rechtsstellung von vornherein nicht erreichbar ist (vgl. insoweit LSG Berlin-Brandenburg 28.11.2007
– L 7 B 153/07 KA ER, juris). Denn dieses Ziel ist bei nur deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten nicht zu
erreichen, weil die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage allein zu bewirken vermag, dass
die durch einen belastenden Verwaltungsakt geregelten Rechtsfolgen zunächst nicht eintreten und die vor seiner
Bekanntgabe geltende Rechtslage vorläufig fortgilt. Dies setzt voraus, dass erstmals und konstitutiv durch den mit
Widerspruch oder Anfechtungsklage angegriffenen Verwaltungsakt Rechtsfolgen geregelt worden sind und nun
vollzogen werden sollen und dass dieser Vollzug durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gehemmt
werden kann. Beschränkt sich die Regelungswirkung eines feststellenden Verwaltungsaktes dagegen darauf, schon
zuvor eingetretene Rechtsfolgen nur noch deklaratorisch festzustellen, vermag mit der aufschiebenden Wirkung von
Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung auch nicht nur vorläufig ein Zustand wieder hergestellt zu werden, der
schon zuvor nicht mehr bestanden hat.
So liegt es hier. Die mit einer aufschiebenden Wirkung allein zu hemmende Verwirklichung der Konsequenzen aus
einem Verwaltungsakt folgen hier nicht erst aus der Feststellung des Nichtwirksamwerdens der Zulassung und deren
durch den Antragsgegner im Beschluss vom 19. Januar 2011 festgestelltes Ende mit Ablauf des 28. Februar 2010,
sondern diese Konsequenzen folgen bereits aus dem vom Antragsgegner zugrunde gelegten Umstand, dass die
Antragstellerin die in der Zulassungsentscheidung vom 9. September 2009 enthaltene aufschiebende Bedingung der
Praxisfortführung nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung erfüllt hat. Der Antragsgegner
hat also nicht mit seinem Beschluss vom 19. Januar 2011 eine vorbestehende, der Antragstellerin günstige
Rechtslage zu deren Nachteil geändert und konstitutiv festgestellt, dass die Antragstellerin nicht mehr über eine
wirksame Zulassung verfügt, sondern er hat deklaratorisch festgestellt, dass die Zulassung der Antragstellerin nicht
wirksam geworden ist und bereits mit Ablauf des 28. Februar 2010 endete.
Begehrt die Antragstellerin nunmehr bei dieser Ausgangslage durch gerichtliche Eilentscheidung ihre Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung, begehrt sie mithin eine Verbesserung ihrer Rechtsstellung und Erweiterung ihres
Rechtskreises und kommt dies nur im Wege einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen
materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der
Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in
Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen.
Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs aber ist der Antragstellerin nach wie vor nicht gelungen, weil ihr
ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht zur Seite steht. Außerhalb
eines konkreten Nachbesetzungsverfahrens kann sie einen Zulassungsanspruch wegen der für die Arztgruppe der
Radiologen in Hamburg geltenden Zulassungsbeschränkungen aufgrund der festgestellten Überversorgung im
Planungsbezirk ohnehin nicht haben. Und im Nachbesetzungsverfahren betreffend den Vertragsarztsitz von Dr. G. hat
sie die im Zulassungsbeschluss vom 9. September 2009 enthaltene aufschiebende Bedingung nicht erfüllt und kann
sie auch nicht mehr erfüllen. Dem Nichtwirksamwerden dieser der Antragstellerin von vornherein nur unter einer
aufschiebenden Bedingung erteilten Zulassung kann daher von ihr mangels eines glaubhaft gemachten eigenen
Zulassungsanspruchs auch nicht mit einer gerichtlichen einstweiligen Anordnung erfolgreich begegnet werden.
Dass die Zulassung der Antragstellerin nicht wirksam geworden ist und mithin im Zeitpunkt des Beschlusses des
Antragsgegners vom 19. Januar 2011 wie auch schon des Zulassungsausschusses vom 1. Dezember 2010 nicht
bestand, folgt, worauf auch das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, daraus, dass die Antragstellerin
entgegen dem Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. September 2009 und der dort formulierten
aufschiebenden Bedingung ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht am Vertragsarztsitz, S.-Straße, Hamburg,
aufgenommen hat, und sie einen Fortführungswillen hinsichtlich der Praxis des vorherigen Zulassungsinhabers Herrn
Dr. G. an diesem Vertragsarztsitz von vornherein nicht hatte.
Nach dem von ihr unangefochten gebliebenen Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. September 2009 wurde
die Antragstellerin als Nachfolgerin für den Vertragsarztsitz von Dr. G. ausgewählt und mit Wirkung ab 1. Oktober
2009 als Fachärztin für Radiologie unter der bestandskräftig gewordenen aufschiebenden Bedingung zugelassen, dass
sie die Praxis von Dr. G. am Vertragsarztsitz, S.-Straße, Hamburg, fortführt. Hintergrund für diese restriktive
Bedingung war, dass es nach dem Verzicht des Dr. G. auf seine Zulassung als Vertragsarzt um die Fortführung einer
Vertragsarztzulassung in einem Planungsbezirk ging, für den nach den Regeln des bestehenden
versorgungsgradabhängigen Bedarfsplanungssystems Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Nach § 103 Abs.
4 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) ist in diesem Fall eine Zulassung trotz
Zulassungsbeschränkungen nur möglich, wenn "die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll". Der
Sicherung der Einhaltung dieser unmittelbar gesetzlichen Vorgabe diente die aufschiebende Bedingung.
In dem Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. September 2009 wurde zudem darauf hingewiesen, dass die
vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nach § 19 Abs. 3
der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses
über die Zulassung aufgenommen werden muss, die Zulassung ansonsten endet. Dabei meint hier "die
vertragsärztliche Tätigkeit", um deren Aufnahme es geht, ersichtlich nicht irgendeine Tätigkeit im Planungsbereich,
sondern eben die, für die in dem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich die Zulassung zur
vertragsärztlichen Versorgung unter der Bedingung der Praxisfortführung erteilt worden ist. Dies war vorliegend allein
die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V zur Fortführung der Praxis von Dr. G. am
genannten Vertragsarztsitz.
Diese der Antragstellerin durch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. September 2009 gestellte
aufschiebende Bedingung war im Übrigen nicht nur bestandskräftig geworden sondern auch rechtmäßig. Nur erneut ist
ungeachtet des Umstands, dass die Antragstellerin die der Zulassung beigefügte Bedingung nicht angefochten hat,
darauf hinzuweisen, dass Sinn und Zweck des Nachfolgeverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V und die damit
verbundene Durchbrechung von Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung allein die Fortführung der
Vertragsarztpraxis durch einen Nachfolger ist, nicht aber die Erteilung von Zulassungen zur vertragsärztlichen
Versorgung an Bewerber, denen es an einem Praxisfortführungswillen fehlt (zu diesen Zusammenhängen siehe Flint,
in: Hauck/Noftz, SGB V, § 99 Rn. 7, 11 f.; § 103 Rn. 3 f., 30, 33 bis 37). Entsprechend hat der Zulassungsausschuss
in seinem Beschluss vom 9. September 2009 die Aufnahme der aufschiebenden Bedingung der Praxisfortführung
zutreffend damit begründet, dass er sie für erforderlich halte, um den Zweck der Regelung in § 103 Abs. 4 SGB V zu
erfüllen, eine Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger zu ermöglichen. Dies steht in Übereinstimmung auch mit
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unter Beifügung
aufschiebender Bedingungen im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gebilligt hat
(siehe erneut BSG 5.2.2003 – B 6 KA 22/02 R, SozR 4-2500 § 95 Nr. 2).
Doch hat die Antragstellerin ihre vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb der im Beschluss genannten Frist nicht am
genannten Vertragsarztsitz aufgenommen und endete deshalb die Zulassung spätestens mit Ablauf dieser Frist. Die
Antragstellerin hatte auch von Beginn an keinen entsprechenden Fortführungswillen, weshalb der Antragsgegner durch
seinen Beschluss vom 19. Januar 2011 – wie schon zuvor der Zulassungsausschuss in seinem Beschluss vom 1.
Dezember 2010 – das Nichtwirksamwerden der Zulassung der Antragstellerin festgestellt hat. Vielmehr ergibt sich
nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens, dass die Antragstellerin, die bei der R. A. GbR als Vertreterin
beschäftigt war, nach einer Übereinkunft mit den Gesellschaftern der R. A. GbR lediglich zur Erhaltung des zuvor von
Dr. G. inne gehaltenen Vertragsarztsitzes für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft auf diesem
"zwischengeparkt" werden und an anderen Standorten als S.-Straße, Hamburg, in dieser
Berufsausübungsgemeinschaft tätig werden sollte, bis über die Nachfolge von Dr. G. unter Beachtung der
Besonderheiten bei gemeinschaftlicher Praxisausübung im Verfahren nach § 103 Abs. 6 SGB V endgültig entschieden
worden wäre. Dieses Konzept der R. A. GbR aber widersprach von Beginn an dem Sinn und Zweck des § 103 Abs. 4
SGB V und der mit der Zulassungsentscheidung für die Antragstellerin zur Sicherung dieser gesetzgeberischen
Konzeption verbundenen aufschiebenden Bedingung. Es enthielt in der Tat, wie der Bevollmächtigte der
Antragstellerin eingeräumt hat, fehlerhafte Vorstellungen der Beteiligten, einen Organisationsmangel und einen
zulassungsrechtlichen "Blackout".
Zur weiteren Begründung für das Nichtwirksamwerden der der Antragstellerin erteilten Zulassung und die Ablehnung
gerichtlichen Eilrechtsschutzes hiergegen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts
Hamburg vom 23. Dezember 2010 im Verfahren S 3 KA 221/10 ER und nach § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG im Beschluss
vom 10. Februar 2011 Bezug genommen.
Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin gibt dem Senat keinen Anlass zu einer von der ausführlich begründeten
rechtlichen Würdigung des Sozialgerichts abweichenden Betrachtung. Entgegen ihrer vorgetragenen
Rechtsauffassung vermochte ihre Tätigkeit an anderen Standorten im Rahmen der überörtlichen
Berufsausübungsgemeinschaft der R. A. GbR die im Beschluss vom 9. September 2009 formulierte aufschiebende
Bedingung der Fortführung der Praxis von Dr. G. am Vertragsarztsitz, S.-Straße, Hamburg, nicht zu erfüllen. Rechtlich
nicht von Belang ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch, ob Dr. G. die Möglichkeit gehabt haben mag,
an verschiedenen Standorten der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft tätig zu werden. Denn dies änderte
nichts daran, dass der Antragstellerin die Zulassung unter der aufschiebenden Bedingung erteilt worden ist, ihre
vertragsärztliche Tätigkeit am genannten Vertragsarztsitz auszuüben – und nicht irgendwo anders im Rahmen der
überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft – und diese Tätigkeit dort binnen drei Monaten aufzunehmen – und nicht
irgendwann später. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass § 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV auch bei einer überörtlichen
Berufsausübungsgemeinschaft die Erfüllung der Versorgungspflicht am jeweils eigenen Vertragsarztsitz des Mitglieds
der Gemeinschaft fordert.
An der fehlenden Praxisfortführung und an dem Fehlen eines entsprechenden Fortführungswillens ändert auch nichts,
dass unter der lebenslangen Arztnummer der Antragstellerin am Standort S.-Straße erbrachte vertragsärztliche
Leistungen abgerechnet worden sind. Denn diese Leistungen sind unstreitig nicht von der Antragstellerin persönlich
erbracht worden. Dies ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber nicht nur eine Frage der Einhaltung
honorarrechtlicher Vorschriften und ggf. Anlass für eine sachlich-rechnerische Berichtigung, sondern ist dies allererst
ein Verstoß gegen die in der Zulassungsentscheidung enthaltene aufschiebende Bedingung. Diese Bedingung konnte
nicht dadurch von der Antragstellerin eingehalten werden, dass irgendwer unter ihrer lebenslangen Arztnummer
Leistungen am Standort S.-Straße erbringt und abrechnet, sondern nur dadurch, dass die Antragstellerin selbst unter
Einhaltung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung ihre vertragsärztliche Tätigkeit als
Praxisnachfolgerin von Dr. G. am Standort S.-Straße als ihrem Vertragsarztsitz binnen drei Monaten aufnimmt und
dort – mindestens 20 Stunden wöchentlich und zeitlich insgesamt überwiegend gegenüber allen Tätigkeiten an
anderen Standorten (§ 17 Abs. 1a Bundesmantelvertrag-Ärzte) – ihre Leistungen erbringt und so die ihr im
Nachbesetzungsverfahren allein zur Praxisfortführung erteilte Zulassung ausübt.
Weil die Antragstellerin daher die im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. September 2009 formulierte
aufschiebende Bedingung nicht fristgemäß erfüllt hat und schon bei Zulassungserteilung einen entsprechenden
Praxisfortführungswillen auch nicht hatte, ist ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht wirksam
geworden. Der in tatsächlicher Hinsicht unstreitige Geschehensablauf steht so auch entgegen der Rechtsauffassung
der Antragstellerin nicht im Einklang mit ihren Angaben im Praxisaufnahmeformular vom 15. September 2009. Denn in
diesem bekundete sie, die Praxis von Dr. G. übernommen zu haben und ab 1. Oktober 2009 ihre Vertragsarztpraxis in
einer Berufsausübungsgemeinschaft unter der Praxisanschrift S.-Straße, Hamburg, auszuüben. Sie zeigte zudem ihre
Sprechzeiten an diesem Vertragsarztsitz für die Zeit von Montag bis Freitag von 7:00 Uhr bis 18:00 Uhr an.
Eine andere rechtliche Bewertung folgt vorliegend schließlich auch nicht aus dem in Art. 12 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) geschützten Grundrecht der Berufsfreiheit. Als normgeprägtes, also auf gesetzliche
Ausgestaltung angelegtes Grundrecht verbürgt Art. 12 Abs. 1 GG von vornherein nicht das Recht eines Arztes darauf,
bedingungslos zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung
zugelassen zu werden. Vielmehr enthält das durch §§ 99 bis 105 SGB V errichtete System der
versorgungsgradabhängigen Bedarfsplanung mit örtlichen Zulassungssperren bei Überversorgung eine Reihe
gesetzlicher Grundrechtseinschränkungen, die bislang die Billigung des Bundesverfassungsgerichts gefunden haben
(siehe zum verfassungsrechtlichen Hintergrund und den auch kritischen Stimmen bei Flint, in: Hauck/Noftz, SGB V, §
99 Rn. 11 ff.). Wird aber eine in Übereinstimmung mit § 103 Abs. 4 SGB V rechtmäßig mit der
Zulassungsentscheidung verbundene aufschiebende Bedingung wie hier von der Antragstellerin nicht erfüllt, begründet
daher auch die Berufung auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht den Anspruch, im Wege der gerichtlichen einstweiligen
Anordnung vorläufig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden.
Dabei ist in Rechnung zu stellen auch, dass der Antragstellerin nicht eine zunächst nach wirksamer Zulassung
ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit künftig verwehrt und ihr die Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V entzogen
worden ist, sondern sie wegen Nichterfüllung der durch eine aufschiebende Bedingung in den Zulassungsbeschluss
übernommenen gesetzlichen Voraussetzung der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 SGB V über eine wirksam
gewordene Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit noch gar nicht verfügt hatte. Dies unterscheidet den
vorliegenden Fall von dem, der dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. November 2010 (1 BvR
722/10, juris) zugrunde lag, und auf den die Antragstellerin hingewiesen hat. Die in diesem Beschluss sowie in dem
Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Januar 2011 (L 5 KA 3990/10 ER-B, juris)
dargelegten Anforderungen an den Sofortvollzug statusbeendender Entscheidungen der ärztlichen Zulassungsgremien
kommen vorliegend nicht in ihrer ganzen Strenge zur Geltung, weil ein Sofortvollzug statusbeendender
Entscheidungen nicht streitbefangen ist. Der Senat teilt nicht die im angegebenen Beschluss des
Landessozialgerichts Baden-Württemberg anklingende, dort nicht entscheidungserhebliche Erwägung, die neuere
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit ihren strengen Anforderungen gelte entsprechend auch für
Entscheidungen der Zulassungsgremien, in denen das Ende einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen
fehlender bzw. nicht fristgerechter Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit deklaratorisch festgestellt worden sei.
Denn in diesen Fällen ist nicht im Rahmen einer Gesamtabwägung über den eingriffsintensiven sofortigen Vollzug
statusbeendender Entscheidungen zu befinden, sondern muss für eine die derzeitige Rechtsstellung verbessernde
einstweilige Anordnung ein Anordnungsanspruch mit Blick auf den verfolgten materiell-rechtlichen Anspruch auf
Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung glaubhaft gemacht sein. Diese an eine andere tatsächliche
Ausgangslage anknüpfende auch andere prozessuale Situation führt zu einer Veränderung bei dem Gewicht, das der
Berufung auf das Grundrecht der Berufsfreiheit zuzukommen vermag. Der Antragstellerin bleibt daher unter den
bestehenden Versorgungs-, Bedarfsplanungs- und Zulassungsbedingungen für die Arztgruppe der Radiologen in
Hamburg nur die Möglichkeit, sich auf neu im Nachbesetzungsverfahren ausgeschriebene Vertragsarztsitze
bewerben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen eigenen Antrag gestellt
haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 63
Abs. 2 Satz 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Sie nimmt Bezug auf
den Streitwert nach Abschnitt C. IX. 16.2 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit 2009 (NZS 2009, 427
und 491). Danach sind maßgeblich die Höhe der Einnahmen (wie bei C. IX. 16.4: Höhe der bundesdurchschnittlichen
Umsätze der Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteils) während der voraussichtlichen
Verfahrensdauer von einem Jahr. Die bundesdurchschnittlichen Umsätze der Arztgruppe der Radiologen betragen
381.500 EUR im Jahr, der Praxiskostenanteil beträgt nach der durchschnittlichen Kostenquote aller Arztgruppen 51,7
% (zeitnächste verfügbare Grunddaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur vertragsärztlichen Versorgung in
Deutschland, abrufbar unter www.kbv.de; zu deren Heranziehung siehe BSG 12.10.2005 – B 6 KA 47/04 B, ZMGR
2005, 324). Ausgehend hiervon ergibt sich die Summe von 184.264,50 EUR.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).