Urteil des LSG Hamburg vom 31.10.2007

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Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 31.10.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 34 KR 856/01
Landessozialgericht Hamburg L 1 KR 21/07
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden
Rechtszügen zu tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten zur Vergütung von der Klägerin erbrachter ärztlich
verordneter Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche
Krankenversicherung – (SGB V)) im Streit.
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst, der auch gegenüber Versicherten der Beklagten Leistungen der
häuslichen Krankenpflege erbringt. Sie hat derartige Leistungen bereits gegenüber Versicherten der Rechtsvorgängerin
der Beklagten (BKK Stadt Hamburg) erbracht und ihre Tätigkeit auch nach dem Rechtsübergang auf die Beklagte
fortgesetzt. Für die Vergütung dieser Leistungen fand in der Vergangenheit die "Rahmenvereinbarung über die
Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen - § 132 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V" vom 1. August
1994 Anwendung.
Dieser Vertrag war von dem die Beklagte seinerzeit vertretenden BKK-Landesverband NORD mit Schreiben vom 25.
Juni 1998 zum 31. Dezember 1998 gekündigt worden (Blatt 86 der Akte L 1 KR 43/04). Mit Schreiben vom 18.
Dezember 1998 (Blatt 87 der Akte L 1 KR 43/04) hatte jedoch der BKK-Landesverband NORD gegenüber dem
Verhandlungsführer der Anbieterverbände, der H. P. e.V. ( ), deren Mitglied die Klägerin ist, zunächst erklärt, die
Betriebskrankenkassen – also auch die Beklagte – ließen den Vertrag der übrigen Hamburger Primärkassen, welcher
hinsichtlich der Vergütung inhaltlich identisch ist mit dem gekündigten Vertrag, bis zum Abschluss eines neuen
Vertrages gegen sich gelten. Mit weiterem Schreiben vom 12. April 2000 (Blatt 102 der Akte L 1 KR 43/04) hatte der
BKK Landesverband Nord diese Erklärung in leicht modifizierter Form wiederholt und erklärt, er ließe den gekündigten
Vertrag "bis zum Abschluss der Verhandlungen" eines neuen Vertrages gegen sich gelten. In den im Jahre 1999
aufgenommenen Vertragsverhandlungen konnte zunächst keine Einigkeit erzielt werden. Nachdem Anfang des Jahres
2000 zwischen den beteiligten Verbänden aber eine Teileinigung erzielt worden war, gab der BKK-Landesverband
NORD zu erkennen, dass er nunmehr den gekündigten Vertrag unter Einbezug verschiedener Modifizierungen bis zum
31. März 2001 gegen sich gelten lassen wolle, und erneuerte dieses Angebot – nachdem sich die H. P. unter anderem
mit der Befristung auf den 31. März 2001 nicht einverstanden erklären konnte – mit Schreiben vom 4. April 2000 unter
Beifügung des Entwurfes einer ab 1. April 2000 geltenden Vereinbarung. In dem Schreiben (Blatt 102 der Akte L 1 KR
43/04) heißt es:
"Die Regelungen und Anlagen des Vertrages vom 01.08.1994., der von uns zum 31.12.1998 gekündigt wurde, lassen
wir bis zum Abschluss der Verhandlungen eines neuen Vertrages mit folgenden Maßgaben gegen uns gelten: ".
Hiermit erklärten sich die H. P. und deren Mitglieder einverstanden und der BKK-Landesverband NORD fasste das
bisherige Ergebnis mit Schreiben vom 12. April 2000 (Blatt 8 ff. der Akte L 1 KR 19/06) zusammen und erklärte
namentlich erneut, dass er "die Regelungen und Anlagen" des gekündigten Vertrages "bis zum Abschluss der
Verhandlungen eines neuen Vertrages" mit weiteren Maßgaben gegen sich gelten lasse. Daraufhin vergütete die
Beklagte auch weiterhin auf dieser Grundlage durch die Klägerin erbrachte Leistungen der häuslichen Krankenpflege.
Nachdem die Beklagte dem BKK-Landesverband NORD am 26. Oktober 2000 das Verhandlungsmandat entzogen
hatte, übermittelte sie mit Schreiben vom 12. März 2001 der Klägerin (und anderen Pflegebetrieben; vgl. LSG
Hamburg 10.11.2004 – L 1 KR 43/04, Breithaupt 2005, 472 sowie Blatt 106 der Akte L 1 KR 43/04) ein schriftliches
Vertragsangebot mit einer Vergütungsregelung. In diesem den Beteiligten bekannten Schreiben ist ausgeführt:
"Sollten Sie den Vertrag nicht unterschreiben wollen, bitten wir um kurzfristige Information, damit wir die Versorgung
des Patienten über einen Partner, der den Vertrag unterschrieben hat, sicherstellen können. Da wir in der Lage sind,
die Versorgung aller unserer Patienten mit Partnern sicherzustellen, die dem Vertrag beigetreten sind, bitten wir um Ihr
Verständnis, dass unser Vertragsangebot nicht verhandlungsfähig ist."
Die Klägerin nahm dieses Vertragsangebot zunächst nicht an. Eine Besprechung am 3. April 2001 von Vertretern der
Beklagten und der H. P. endete damit, dass die Beklagte die Verhandlungen vorerst für gescheitert erklärte. Mit
Schreiben vom 5. April 2001 unterrichtete sie daraufhin die Klägerin (und andere Pflegebetriebe; vgl. LSG Hamburg
10.11.2004 – L 1 KR 43/04, Breithaupt 2005, 472; Blatt 158 der Akte L 1 KR 43/04) davon, dass die Verhandlungen
ohne Ergebnis abgeschlossen worden seien. Damit ende die zwischen der H. P. und dem BKK-Landesverband NORD
abgeschlossene Übergangsregelung vom 12. April 2000 mit der Folge, dass Versicherte der Beklagten vom 4. April
2001 an nicht mehr zu Lasten der Beklagten betreut werden könnten.
Die Beklagte informierte ihre Versicherten schriftlich darüber, dass verordnete Leistungen der häuslichen
Krankenpflege zu ihren Lasten nur von Pflegediensten erbracht werden könnten, mit denen ein Versorgungsvertrag
bestehe und dass diese Voraussetzung der beauftragte Pflegedienst nicht erfülle. Doch könnten die Versicherten die
Leistungen, auf die sie nach wie vor einen Anspruch hätten, jederzeit von einem Pflegedienst erhalten, mit dem die
Beklagte einen Versorgungsvertrag geschlossen habe. Eine Liste der Vertragspartner war diesen Schreiben an die
Versicherten beigefügt.
Ein neuer Vertrag kam auch weiterhin zwischen den Beteiligten zunächst nicht zustande. Gleichwohl erbrachte die
Klägerin fortwährend (und noch bis Juni 2006) Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber Versicherten der
Beklagten, die jedoch von der Beklagten für die Zeit seit dem 4. April 2001 nicht mehr vergütet wurden.
Daraufhin hat die Klägerin am 6. September 2001 Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte habe ihr auch die
nach dem 4. April 2001 erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach den Sätzen des Vertrages vom 1.
August 1994 unter Beachtung der Modifikationen vom 12. April 2000 zu vergüten. Es sei nämlich vertraglich die
Fortgeltung des alten Vertrages mit modifizierten Sätzen vereinbart worden. Diese Fortgeltung sei nicht beendet. Ein
vertragsloser Zustand habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Beklagte ist diesem Vorbringen sogleich entgegen
getreten und hat sich bereits mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2001 auf die Beendigung der Vertragsverhandlungen
und ferner darauf berufen, dass sie mittlerweile mit 80 Leistungserbringern einen Vertrag geschlossen habe und
deshalb in der Lage sei, die Versorgung ihrer Versicherten sicherzustellen. Gleichwohl pflegte die Klägerin auch
während des anhängigen Klageverfahrens Versicherte der Beklagten weiter und machte die jeweiligen
Vergütungsforderungen im Wege der Klagerweiterung laufend geltend.
Erst zum 1. April 2007 schlossen die Beteiligten einen neuen Vertrag nach § 132 Abs. 1, § 132a Abs. 2 SGB V.
Aufgrund dieses Vertrags nahm die Beklagte die Vergütung der von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen
Krankenpflege ab diesem Zeitpunkt wieder auf.
Durch am 10. April 2007 zugestelltes Urteil vom 26. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich
zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bezogen, wonach es in Fallkonstellationen wie der
vorliegenden keinen allgemeinen Fortgeltungsgrundsatz gebe. Auch Ansprüche nach Bereicherungsrecht hätten
auszuscheiden, weil der Beklagten die Leistungen aufgedrängt worden seien. Diese habe unwidersprochen
vorgetragen, dass sie im fraglichen Zeitraum 80 Pflegedienste unter Vertrag gehabt habe. Hierdurch sei sie in der
Lage gewesen, die verordneten Leistungen erbringen zu lassen. Zur weiteren Begründung hat sich das Sozialgericht
auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 24. Januar 2007 – L 1 KR 19/06 – bezogen.
Die Klägerin hat am 10. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus der ersten
Instanz. Ergänzend trägt sie vor, die Fortgeltung der alten Regelung mit Modifizierungen sei durch den BKK-
Landesverband Nord zu einem Zeitpunkt mit der H. P. vereinbart worden, als dem BKK-Landesverband Nord das
Mandat noch nicht entzogen worden war. Deshalb müsse sich auch die Beklagte an diese Vereinbarung der
Fortgeltung halten. Die Übergangsvereinbarung sei erst durch den Abschluss des neuen Vertrages im Jahre 2007
beendet worden, weshalb auch die Entscheidung des Senats vom 10. November 2004 – L 1 KR 43/04 – nicht
verfangen könne. Die einseitige Erklärung des BKK-Landesverbandes Nord vom 12. April 2000 habe ein Angebot zum
Abschluss einer Vereinbarung dargestellt, welches u.a. von der Klägerin durch Leistungserbringung und Abrechnung
zu den benannten Konditionen konkludent angenommen worden sei. Überdies könnten bei bestehendem
Kontrahierungszwang Vertragsverhandlungen nicht dadurch abgeschlossen werden, dass Verhandlungen scheiterten.
Keine Berücksichtigung habe in der erwähnten Entscheidung des Senats auch der Umstand gefunden, dass die
Beklagte die vorgelegten Verträge als nicht verhandelbar angeboten habe. Der vertragslose Zustand und das
Scheitern der Vertragsverhandlungen seien sonach nicht nur durch den Pflegedienst, sondern auch durch die Beklagte
verursacht worden. Von einer aufgedrängten Bereicherung könne schließlich keine Rede sein. Vielmehr habe die
Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten zugelassen und sich schon gar nicht mit rechtlichen Mitteln gegen die
Leistungserbringung durch die Klägerin gewehrt. Schutz vor aufgedrängter Bereicherung könne auch nur bei einer
Verwendungskondiktion gewährt werden. Schließlich gehe der überwiegende Teil der bereicherungsrechtlichen
Literatur davon aus, dass ein Aufwendungsersatz auch bei einer aufgedrängten Bereicherung bestehe. Für einen
Aufdrängungsschutz, wonach der Gläubiger überhaupt keinen Anspruch gegen den Schuldner haben solle, finde sich
kein rechtlicher Ansatzpunkt. Die Klägerin habe schließlich von einem mutmaßlichen Willen der Beklagten ausgehen
können, dass diese die Pflege ihrer Versicherten übernimmt, so dass auch ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach
§ 683 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehe. Auf den die Berufung begründenden Schriftsatz vom 23. Juli 2007
(Blatt 299 ff. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die
Klägerin 94.292,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die im
Schriftsatz vom 23. Juli 2007 im einzelnen bezeichneten Beträge und für die dort im einzelnen bezeichneten
Zeiträume zu zahlen
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, die sie für zutreffend hält. Zwischen ihr und der Klägerin habe kein
Versorgungsvertrag bestanden. Dies habe die Klägerin selbstverständlich gewusst und gleichwohl ihre, der Beklagten,
Versicherten gepflegt. Auch habe sie – die Beklagte – den Pflegedienst in Abständen immer wieder
daraufhingewiesen, dass kein Versorgungsvertrag bestehe. Wenn die Klägerin gleichwohl weiter gepflegt habe, erfülle
dies ohne weitere Erläuterung den Tatbestand der aufgedrängten Bereicherung. Sie sei auch nicht verpflichtet
gewesen, sich gegen die Versorgung ihrer Versicherten rechtlich zu wehren. Vielmehr sei sie nur verpflichtet, den
Versicherten Leistungen nach § 37 SGB V zu gewähren. Wenn sich ein Dritter in dieses Verhältnis "einmische", ohne
hierzu vertraglich legitimiert zu sein, sei das seine ureigenste Angelegenheit. Ein Bereicherungsanspruch scheitere
schließlich daran, dass die Leistungserbringung nicht in ihrem – der Beklagten – objektiven Interesse gelegen habe.
Auf die Berufungserwiderung vom 14. August 2007 (Blatt 318 f. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt
der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gemachten
Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im
Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann
Zahlung wegen der erbrachten Pflegeleistungen nicht verlangen.
Vertragliche Ansprüche für das Zahlungsbegehren der Klägerin scheiden aus. Im streitigen Zeitraum bestand
zwischen den Beteiligten kein Versorgungsvertrag. Dieser war wirksam zum 31. Dezember 1998 gekündigt worden (so
bereits die Urteile des erkennenden Senats LSG Hamburg 22.9.2004 – L 1 KR 1/03, n. v., und LSG Hamburg
10.11.2004 – L 1 KR 43/04, Breithaupt 2005, 472).
Auch nachwirkende Vertragsansprüche mit Blick auf den zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrag oder
vorwirkende Vertragsansprüche mit Blick auf den am 1. April 2007 zwischen den Beteiligten in Kraft getretenen neuen
Vertrag sind nicht gegeben.
Der gekündigte Vertrag wirkte nach Ablauf des Jahres 1998 nicht fort (siehe auch insoweit schon die Urteile des
erkennenden Senats LSG Hamburg 22.9.2004 – L 1 KR 1/03, n. v., und LSG Hamburg 10.11.2004 – L 1 KR 43/04,
Breithaupt 2005, 472). Ein allgemeiner Fortgeltungsgrundsatz lässt sich nicht aus der Pflicht zur Versorgung der
Versicherten nach § 70 SGB V ableiten, weil diese Vorschrift nichts über die Vergütung aussagt (BSG 13.5.2004 – B
3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1, S. 4 Rn. 8). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen vielmehr die
Krankenkassen über die Preise und deren Abrechnung Verträge mit den Leistungserbringern abschließen (§ 132a Abs.
2 SGB V). Kommen solche Verträge nicht zustande, liegt ein vertragsloser Zustand vor, der nicht schlicht dadurch
überbrückt werden kann, dass Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht, abgerechnet und vergütet werden,
so als ob das Vertragsverhältnis fortbestünde (so aber im Ergebnis Kranig, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 132a Rn. 15 f.).
Diesem Ergebnis steht die mehrfache Erklärung des BKK-Landesverbandes NORD, die gekündigten Regelungen
zunächst, d.h. bis zum Abschluss der Verhandlungen eines neuen Vertrages, weiter gegen sich gelten lassen zu
wollen, nicht entgegen. Denn diese Übergangsregelung sollte nach ihrem Wortlaut jedenfalls in dem Zeitpunkt enden,
in dem die Verhandlungen abgeschlossen waren. Ein Abschluss von Verhandlungen liegt aber nicht nur dann vor,
wenn es zu einer neuen Vereinbarung kommt, sondern auch dann, wenn Verhandlungen scheitern und nicht mehr
weiter verhandelt wird. Von einem Scheitern der Verhandlungen in diesem Sinne ist auszugehen, nachdem die
Klägerin das ihr von der Beklagten unterbreitete Vertragsangebot vom 12. März 2001 nicht angenommen hatte und ihr
daraufhin mit Schreiben der Beklagten vom 5. April 2001 mitgeteilt worden war, dass ohne Vertragsabschluss ab dem
4. April 2001 Leistungen weder bewilligt noch vergütet würden, weil inzwischen genügend Pflegebetriebe das
Vertragsangebot akzeptiert hätten. Verhandlungen fanden nach diesem Zeitpunkt nicht mehr statt und es waren die
Verhandlungen zunächst im Sinne der Übergangsregelung abgeschlossen und diese hatte ihre Wirksamkeit verloren.
Dabei kann für die vorliegende Entscheidung offenbleiben, ob die bis zum 3. April 2001 praktizierte
Übergangsregelung allein auf der einseitigen Willensbekundung des die Beklagte vertretenden BKK-Landesverbandes
Nord oder aber auf einer zweiseitigen, durch konkludente Annahme des in der Erklärung des BKK-Landesverbandes
Nord liegenden Angebots, zustande gekommenen Übergangsvereinbarung beruhte. Denn keinesfalls kann sich die
Klägerin nach der Erklärung der Beklagten vom 12. März 2001, durch welche diese ihren einer Fortwirkung der
übergangsweisen Vergütungsregelung entgegenstehenden Willen unzweideutig zum Ausdruck gebracht hatte, für den
Zeitraum danach auf ein fortbestehendes Vertrauen berufen (vgl. BSG 13.5.2004 – B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 §
132a Nr. 1, S. 4 Rn. 8).
Für eine Vorwirkung von Hauptleistungspflichten – hier der Vergütung – des erst am 1. April 2007 zwischen den
Beteiligten in Kraft getretenen neuen Vertrages fehlt schon ein rechtlicher Anknüpfungspunkt.
Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach den §§ 683 ff. BGB scheiden ebenfalls aus. Insoweit fehlt es an den für
einen Aufwendungsersatz erforderlichen Voraussetzungen. Denn nach § 683 BGB kommt ein solcher nur in Frage,
wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des
Geschäftsherrn entspricht. Objektiv, d.h. bei Betrachtung der Gesamtlage des Geschäftsherrn für diesen nicht
nützliche, sachlich nicht vorteilhafte Maßnahmen liegen nie im Interesse des Geschäftsherrn (vgl. Seiler in
Münchener Kommentar zum BGB, § 683, Rn. 4 f. m.N.). So liegt es hier. Bei objektiver Betrachtung fehlte es am
Interesse der Beklagten, ihre Versicherten durch die Klägerin pflegen zu lassen, weil sie die ihrem Versorgungsauftrag
entsprechenden Pflegeleistungen durch andere Pflegedienste hätte erbringen lassen können, die sie seinerzeit bereits
unter Vertrag hatte. Dies hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen und in dem Parallelverfahren L 1 KR 19/06
auch nachgewiesen. Bei dieser Sachlage machte es überdies keinen Sinn, Pflegeleistungen von einem
Leistungserbringer entgegenzunehmen, der sich dem Vertragsregime erklärtermaßen gerade nicht anschließen wollte.
Über das Fehlen eines vertraglichen Vergütungsanspruchs vermag vorliegend auch das zivilrechtliche
Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, das auf die öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen der Beteiligten
entsprechend anwendbar ist (siehe BSG 13.5.2004 – B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1, S. 3 Rn. 6, unter
Hinweis auf § 69 Satz 3 SGB V; LSG Berlin-Brandenburg 4.7.2006 – L 24 KR 1127/05, PflR 2006, 534), nicht hinweg
zu helfen.
Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB ist, wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen
Grund erlangt, ihm zum Ersatz des Wertes verpflichtet. Vorliegend hat die Beklagte im Rahmen des sozialrechtlichen
Dreiecksverhältnisses die Befreiung von dem ihr gegenüber bestehenden Sachleistungsanspruch (§ 2 Abs. 2 SGB V)
der bei ihr Versicherten auf Gewährung von Leistungen der ambulanten häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V)
erlangt, denen gegenüber die Klägerin ärztlich verordnete Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht und so
den Anspruch erfüllt und zum Erlöschen gebracht hatte. Dies geschah im Verhältnis zur Beklagten auch – wie gezeigt
– ohne rechtlichen Grund und die Beklagte ist grundsätzlich zum Ersatz des Wertes des durch das Tätigwerden der
Klägerin Erlangten verpflichtet (vgl. BSG 13.5.2004 – B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1, S. 7 Rn. 13).
Eine Verpflichtung der Beklagten zum Wertersatz besteht gleichwohl im vorliegenden Fall nicht. Sie ist
ausgeschlossen, weil es sich um eine aufgedrängte Bereicherung handelt. Diese durch Rechtsfortbildung entwickelte
dogmatische Konstruktion ist im Rahmen der vorliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung anwendbar, weil die
Klägerin nicht unmittelbar an die Beklagte sondern aufgrund des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses an deren
Versicherte leistete. Die Beklagte ist so ohne ihr Zutun bereichert worden und bedarf hiergegen eines wertungsoffenen
Aufdrängungsschutzes.
Eine aufgedrängte Bereicherung liegt vor, wenn für den Erwerbenden die ohne seine Zustimmung erfolgte objektive
Wertsteigerung subjektiv kein Interesse hat; dann kollidiert dessen Selbstbestimmungsrecht mit dem
Bereicherungsausgleich (vgl. Palandt-Bassenge, a. a. O., § 951 Rn. 18). Ist die Beseitigung der Bereicherung nicht
mehr möglich, so ist der Wertersatzanspruch entsprechend § 818 Abs. 2 BGB nach dem subjektivierten Interesse zu
bemessen, das der Zuwachs für den Erwerbenden hat (vgl. Palandt-Bassenge, a. a. O., § 951 Rn. 21; Lieb in
Münchener Kommentar zum BGB, § 812, Rn. 313 f.; LSG Berlin-Brandenburg 4.7.2006 – L 24 KR 1127/05, PflR 2006,
534).
Ein solches Interesse an den von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege bestand hier für
die Beklagte im streitigen Zeitraum nicht. Zwar war sie nach § 37 SGB V verpflichtet, ihre Versicherten mit diesen
Leistungen zu versorgen. Sie hatte jedoch kein Interesse daran, dass die Leistungen durch die Klägerin erbracht
wurden. Sie hatte sich im hier streitigen Zeitraum auch mit dem entsprechenden Tätigwerden der Klägerin nicht
einverstanden erklärt (dies unterscheidet den vorliegenden vom Sachverhalt im Urteil LSG Berlin-Brandenburg
4.7.2006 – L 24 KR 1127/05, PflR 2006, 534). Die Erfüllung ihres Versorgungsauftrags gegenüber den bei ihr
Versicherten war nicht gefährdet, denn die Beklagte war zur Erfüllung der Ansprüche ihrer durch die Klägerin betreuten
Versicherten durch die über 80 Pflegebetriebe in der Lage, mit denen sie im streitigen Zeitraum bereits in
Vertragsbeziehungen stand. Darüber waren sowohl die Versicherten als auch die Klägerin informiert. Die Klägerin
vereitelte die Inanspruchnahme der Vertragsunternehmen der Beklagten und wich zudem dem Einigungsdruck, der
von vertragslosen Zeiten auch ausgehen soll, aus, indem sie ohne Vertrag weiter Leistungen erbrachte. Dies lag nicht
nur nicht im subjektiven Interesse der Beklagten; es lag auch nicht in ihrem objektiven Interesse, denn der Leistungen
der Klägerin bedurfte es zur Erfüllung des Versorgungsauftrags der Beklagten nicht.
Die Leistungserbringung lag auch deshalb nicht im objektiven Interesse der Beklagten, weil die Zahlung für
vertragslose Leistungen im vorliegenden Fall das Vertragskonzept des Gesetzgebers konterkarieren würde. Dieses
Konzept könnte seine insbesondere wettbewerbliche und qualitätssichernde Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn
Leistungserbringer, die mangels Vertragsschluss nicht zur Leistungserbringung zugelassen (zur mit dem
Vertragsschluss verbundenen Zulassungsentscheidung siehe Kranig, a. a. O., § 132a Rn. 8, 10) und deren
vertragslose Leistungen auf die Einhaltung vertraglich zu regelnder Qualitätsanforderungen durch die Krankenkasse
nicht überprüfbar sind, ihre dennoch erbrachten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung im Ergebnis vergütet bekämen (vgl. – in anderen Zusammenhängen – BSG 8.9.2004 – B 6 KA 14/03 R,
SozR 4-2500 § 39 Nr. 3, S. 5 Rn. 14; BSG 17.3.2005 – B 3 KR 2/05 R, BSGE 94, 213, 220 Rn. 26).
Ein anderes Ergebnis könnte allenfalls in Betracht zu kommen, wenn während des streitbefangenen Zeitraums
zwischen den Beteiligten gewiss gewesen wäre, dass auch die Klägerin einen Vertrag mit der Beklagten zu den von
dieser formulierten Bedingungen abschließen werde und eine kontinuierliche Erbringung von Leistungen der häuslichen
Krankenpflege gegenüber den Versicherten bis dahin deshalb sachgerecht gewesen wäre. Doch war dies keineswegs
gewiss. Das Gegenteil war der Fall. Vertragsverhandlungen fanden zwischen den Beteiligten in jener Zeit nicht statt.
Vielmehr beschritt die Klägerin frühzeitig den Klageweg, gab trotz zwischenzeitlich ergangener, ihrem Begehren
entgegen stehender Rechtsprechung erst spät ihren Widerstand auf und schloss erst zum April 2007 mit der
Beklagten einen neuen Vertrag. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war der Klägerin nicht zuletzt aus dem anhängigen
gerichtlichen Verfahren bekannt, dass sie zur Vergütung ihrer Leistungen durch die Beklagte mit dieser grundsätzlich
eines Vertrags nach § 132a Abs. 2 SGB V bedurfte und dass ihre Beziehungen zur Beklagten insoweit während der
hier streitigen Zeit prekär waren. Dass sie dennoch fortgesetzt leistete und dies auch bis zum Juni 2006 tat, vermag
der Klägerin nunmehr nicht über den Umweg über das Zivilrecht einen Zahlungsanspruch zu verleihen.
Anders als in den vom Bundessozialgericht (13.5.2004 – B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1) und vom
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (4.7.2006 – L 24 KR 1127/05, PflR 2006, 534) entschiedenen Fällen liegt es
hier auch nicht so, dass die Beklagte, wenn auch unter Kürzung des Rechnungsbetrags, weiterhin Leistungen
vergütete. Vorliegend geht es also nicht darum, festzustellen, in welcher Höhe die Beklagte durch von ihr schon in
geringerer Höhe vergütete Leistungen tatsächlich (noch) bereichert ist. Vielmehr liegt es hier so, dass die Klägerin
über einen langen Zeitraum hinweg ohne Vertrag fortwährend Leistungen erbrachte, obwohl die Beklagte hierfür
keinerlei Vergütung zahlte und deutlich gemacht hatte, der Leistungen zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrags nicht
zu bedürfen. Dass sie der Leistungen der Klägerin auch tatsächlich nicht bedurfte, hat die Beklagte im
Berufungsverfahren deutlich machen können.
Die Kostenentscheidung beruht, da der Rechtsstreit noch im Jahre 2001 anhängig wurde, auf § 193 Abs. 4 Satz 2
SGG in der bis einschließlich 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Insbesondere liegt keine Divergenz vor. Bereits das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.5.2004
(B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1, S. 9 Rn. 15) darauf hingewiesen, dass eine aufgedrängte Bereicherung
dann vorliegen könnte, "wenn die beklagte Krankenkasse weitere Pflegedienste benannt hätte, mit denen sie in dem
hier streitigen Zeitraum ebenfalls Vergütungsvereinbarungen zu niedrigeren Sätzen abgeschlossen hatte, und wenn
sie zudem nachgewiesen hätte, dass dadurch die Versorgung ihrer Versicherten mit Leistungen der ambulanten
häuslichen Krankenpflege gesichert gewesen wäre". Anders als in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall
ist eben dies hier zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.