Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.01.2008

LSG Berlin und Brandenburg: berechnung der beiträge, unternehmer, wohnung, herstellungskosten, abgrenzung, bauarbeiten, satzung, abgabe, arbeitslosigkeit, berechnungsgrundlagen

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 29.01.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Neuruppin S 8 U 83/04
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 2 U 1083/05
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. Juli 2005 und der Bescheid der
Beklagten vom 23. Januar 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. Februar 2004, insgesamt in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des erst- und
zweitinstanzlichen Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 685,98
Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Beitragsbescheid.
Nachdem der Beklagten durch den Landkreis O Mitteilung von der Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung
eines Anbaus auf dem Grundstück Bstr. in O gemacht worden war, forderte diese den Kläger mit Schreiben vom 14.
Februar 2003 auf, einen Eigenbaunachweis zu erbringen, damit festgestellt werden könne, ob Versicherungsschutz für
mithelfende Personen zu gewähren sei und Beiträge zu zahlen seien. Ausweislich eines seitens der Beklagten (Herrn
J) am 20. Februar 2003 aufgenommenen Telefonvermerkes teilte der Kläger daraufhin mit, dass sein Sohn bei der
Baumaßnahme tätig geworden sei und werde und dass von ihm keine Helfer nachgewiesen würden. Mit Schreiben
vom 24. August 2003 erinnerte die Beklagte an die Abgabe des Eigenbaunachweises, dieser werde auch dann
benötigt, wenn das Bauvorhaben ausschließlich von gewerblichen Unternehmern und/oder dem Bauherrn/Ehegatten
erstellt werde; sollten keine Bauarbeiten durch private Hilfskräfte ausgeführt werden, sei eine Fehlanzeige erforderlich.
Mit Schreiben vom 3. November 2003 forderte die Beklagte den Kläger erneut zur Abgabe eines Eigenbaunachweises
sowie zur Beantwortung verschiedener Fragen über Größe und Kosten des Bauvorhabens auf. Nachdem
entsprechende Angaben seitens des Klägers nicht gemacht worden waren, erließ die Beklagte mit Datum vom 23.
Januar 2004 einen Beitragsbescheid aufgrund einer amtlichen Einschätzung gemäß § 165 Abs. 3 Sozialgesetzbuch,
Siebtes Buch (SGB VII) über einen Gesamtbetrag von 1.678,32 EUR unter Zugrundelegung eines beitragspflichtigen
Entgeltes von 8.100,- EUR.
Hiergegen erhob die Ehefrau des Klägers Widerspruch, man habe mehrfach telefonisch und auch schriftlich mitgeteilt,
dass das Bauvorhaben in Eigenleistung erstellt werde. Beigefügt waren eine Fehlmeldung und eine Rechnung über
das Verlegen von Heizestrich. Mit Schreiben vom 4. Februar 2004 kündigte die Beklagte daraufhin an, weitere
Ermittlungen für erforderlich zu halten und deshalb ihren technischen Angestellten mit der Prüfung des Bauvorhabens
vor Ort zu beauftragen, dieser werde demnächst vorsprechen.
Am 17. Februar 2004 erschien für die Beklagte der Angestellte ihrer technischen Abteilung R auf der Baustelle, wo er
den Sohn des Klägers antraf und mit diesem sprach. In einem Prüfvermerk vom selben Tage ist ausgeführt, dass es
sich bei dem Bauvorhaben um den Anbau/Umbau/Aufstockung eines Einfamilienhauses mit 130 m² Wohnfläche bei
Herstellungskosten von 90.000 EUR handele. Der entstandene Wohnraum solle durch den Sohn des Klägers genutzt
werden, der ein Bauunternehmen führe. Gemeinsam mit dem Sohn des Klägers seien 500 Helferstunden ermittelt
worden. Beigefügt war eine Erklärung der "Rücknahme des Widerspruches", unterzeichnet durch den Sohn des
Klägers, in der ausgeführt ist, dass die gemeinsam ermittelte Anzahl von insgesamt 500 Helferstunden den
tatsächlichen Verhältnissen für das gesamte Bauvorhaben entspräche und Berechnungsgrundlage für den neu zu
erstellenden Beitragsbescheid sei.
Durch Beitragsänderungsbescheid vom 26. Februar 2004 machte die Beklagte unter Zugrundelegung von insgesamt
500 Arbeitsstunden lediglich noch einen Beitrag von 685,98 EUR geltend. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch,
mit dem er ausführte, dass er aufgrund seiner Arbeitslosigkeit leicht mindestens 9.000 Stunden auf dem Vorhaben
hätte arbeiten können; hinzu komme seine Frau mit 3.000 Stunden. Bauherren seien seine Frau und er, mit ihnen
hätte man die Arbeitsstunden besprechen müssen. Des Weiteren seien 39 Gesamtstunden für
Fremdarbeiter/Hilfsarbeiter im Jahr nicht meldepflichtig. Mit Schreiben vom 16. April 2004 forderte die Beklagte den
Kläger erneut zur Abgabe vollständiger Auskünfte über geleistete Arbeitsstunden sowie über die Größe und
Herstellungskosten des Bauvorhabens auf. Der Kläger gab daraufhin mit Datum vom 2. Mai 2004 einen Meldebogen
ab, mit dem er auf Rechnungen für Estricharbeiten und Elektroinstallationen verwies und angab, dass außer ihm und
seiner Ehegattin "null" Helfer eingesetzt worden seien. Die Größe des Bauvorhabens bezeichnete er mit 8 x 16 Meter,
die Frage nach den Herstellungskosten und dem Wert der Eigenleistungen sei unkorrekt. Eine Anfrage der Beklagten
an den Landkreis Oberhavel, Bauordnungsamt, wurde am 14. Mai 2004 dahin beantwortet, dass die
Herstellungskosten des Bauvorhabens mit 100.000,- EUR zu beziffern seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 28.
Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die Ermittlungen ihres technischen
Angestellten und dessen Gespräch mit dem Sohn des Klägers zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, bei der Versicherung eine Versicherung für den Fall
abgeschlossen zu haben, dass, wenn jemand mithelfe, dieser auch abgesichert sei, hierzu hat er einen
Versicherungsschein vorgelegt.
Mit Urteil vom 26. Juli 2005 hat das Sozialgericht Neuruppin die Klage abgewiesen. Nach § 165 Abs. 3 SGB VII
könne, soweit der Unternehmer gewerbsmäßiger Bauarbeiten einen Nachweis über die sich aus der Satzung
ergebenden Berechnungsgrundlagen in der vom Unfallversicherungsträger geforderten Frist, nicht, nicht rechtzeitig,
falsch oder unvollständig mache, der Unfallversicherungsträger eine Schätzung vornehmen. Eine derartige Schätzung
sei vorliegend erfolgt. Da der Kläger Aufzeichnungen über die Bauarbeiten weder vorgelegt noch geführt habe, sei
davon auszugehen, dass die seitens der Beklagten mit dem Sohn des Klägers vorgenommene Schätzung rechtmäßig
sei.
Gegen dieses dem Kläger am 7. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 30. September 2005
eingegangene Berufung. Das viel zitierte Telefonat vom 20. Februar 2003 sei eine Lüge. Der Mitarbeiter der
technischen Abteilung hätte ohne weiteres ihn und seine Frau zu den Arbeitsstunden befragen können. Sein Sohn
hätte sich an die Anzahl der angeblich geleisteten Stunden, die ihm in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt worden
sei, nicht entsinnen können. Bei der ausgebauten Wohnung handele es sich um eine abgeschlossene Wohnung mit
einem separaten Eingang, die von vornherein für seinen Sohn bestimmt gewesen sei. Dieser habe die Fliesen und das
Laminat selbst ausgesucht und bezahlt und gearbeitet, wann er Zeit dafür hatte. Er sei über die Extrawünsche seines
Sohnes zwar sauer gewesen, habe ihm aber freie Hand gelassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2004 in
der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. Februar 2004, insgesamt in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 auf- zuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist weiter auf den durch den Angestellten der technischen Abteilung geschätzten Arbeitsumfang,
der der Beitragsberechnung zu Grunde gelegt worden sei. Die Angaben des Klägers seien widersprüchlich und
unglaubhaft; teilweise habe dieser gesagt, dass ihm niemand geholfen habe, teilweise sei eine Hilfe durch den Sohn
und gelegentlich durch Kumpel angegeben worden. Von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit des Sohnes könne trotz
des Umstandes, dass dieser den neu geschaffenen Wohnraum nutze, angesichts des Gesamtumfanges der
Bauarbeiten, deren Kosten auf 100.000,- Euro zu schätzen seien, nicht ausgegangen werden; es sei nicht glaubhaft,
dass Arbeiten in diesem Umfang ohne oder mit nur sehr geringem Helfereinsatz durchgeführt worden sein sollen.
Das Gericht hat zunächst im Erörterungstermin vom 17. März 2006 den Sohn des Klägers, Herrn A K, als Zeugen
vernommen, hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tage Bezug genommen.
Dieser gab an, lediglich Malerarbeiten erledigt sowie Fliesen und Laminat verlegt zu haben.
Der Senat hat ferner im Termin vom 8. Mai 2007 den Kläger angehört und erneut den Sohn des Klägers vernommen,
hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 8. Mai 2007 Bezug
genommen.
Die Beklagte hatte auf Anregung des Gerichts einen erneuten Termin zur Besichtigung vereinbart, bei welchem der
Kläger - nach Angaben seines Sohnes S K wegen eines Krankenhausaufenthaltes aufgrund eines Schlaganfalles –
nicht anwesend war, so dass eine Besichtigung nicht erfolgte. Da bei dieser Besichtigung festgestellt wurde, dass das
gesamte Haus mit einem frischen Außenputz versehen worden war, schätzte die Beklagte den Umfang der
verrichteten Tätigkeiten neu ein und teilte mit, dass dieser noch höher als bislang geschätzt sein dürfte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der
Beteiligten nebst Anlagen und auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der
Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind
rechtswidrig und waren daher aufzuheben.
Zwar kann, wenn ein Unternehmer Angaben nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig macht, der
Unfallversicherungsträger nach § 165 Abs. 3 SGB VII eine Schätzung vornehmen. Rechtsgrundlage der durch die
Beklagte im Bescheid vom 26. Februar 2004 vorgenommenen Schätzung ist § 165 Abs. 3 SGB VII i. V. m. der zur
Zeit der Bescheiderteilung einschlägigen Satzungsvorschrift der Rechtsvorgängerin der Beklagten (§§ 25 Abs. 3 S. 2,
26 Abs. 3 der Satzung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover vom 25. Juni 1997, in der Fassung des 8.
Nachtrages vom 3. Dezember 2003). Gemäß § 165 Abs. 2 SGB VII haben die Unternehmer nicht gewerbsmäßiger
Bauarbeiten zur Berechnung der Beiträge einen Nachweis über die sich aus der Satzung ergebenden
Berechnungsgrundlagen in der vom Unfallversicherungsträger geforderten Frist einzureichen. Der
Unfallversicherungsträger kann für den Nachweis nach Satz 1 eine bestimmte Form vorschreiben. Nach Satz 3 der
Vorschrift i. V. m. § 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VII kann die Satzung auch bestimmen, dass die Unternehmer weitere zur
Berechnung der Umlage notwendige Angaben zu machen haben. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen war der
Kläger verpflichtet, die von der Beklagten in den wiederholt übersandten Eigenbaunachweisen geforderten Angaben zu
tätigen und die Anfragen der Beklagten zur Frage der Größe des Bauvorhabens und zur Höhe der Herstellungskosten
zu beantworten.
Vorliegend hat der Kläger die zu Recht geforderten Angaben auch zunächst falsch im Sinne dieser Vorschrift oder
jedenfalls unvollständig gemacht, als er im Meldebogen vom 2. Mai 2004 angab, dass bei den Eigenbauarbeiten "null"
Helfer eingesetzt worden seien. Denn im Erörterungstermin vom 17. März 2006 hat der Sohn des Klägers eingeräumt,
Malerarbeiten und Fliesenarbeiten getätigt und Laminat verlegt zu haben, was sodann auch vom Kläger selbst im
Termin vom 8. Mai 2007 eingeräumt worden ist.
Das Ergebnis der Schätzung der Beklagten im angefochtenen Beitragsänderungsbescheid ist dennoch nicht
rechtmäßig, da es durch die Ermittlungen des Gerichts nicht bestätigt wurde. Grundsätzlich kann das Ergebnis einer
derartigen Schätzung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in vollem Umfang nachgeprüft und durch das
Ergebnis einer eigenen Beweiswürdigung ersetzt werden, wobei die Gerichte auch weitere, erst von ihnen ermittelte
Tatsachen berücksichtigen können und müssen; hierbei sind auch die nachträglich vom Unternehmer gemachten
Angaben nicht unberücksichtigt zu lassen (BSG, BSGE 22, 271, 274; BSGE 63, 214, 218 und BSG, Urteil vom 18.
April 2000, Az.: B 2 U 2/99 R, HVBG-INFO 2000, 1816, m.w.N).
Zunächst war nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers und seines Sohnes, des Zeugen A K, davon
auszugehen, dass letzterer in der Tat in erheblichem Umfang bei dem Ausbau der Wohnung tätig geworden ist. Der
Zeuge wurde dabei jedoch entgegen der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid geäußerten Auffassung nicht
"wie" ein Versicherter im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB VII tätig, was gemäß § 2 Abs. 2 SGB seine Versicherungspflicht
zur Folge gehabt hätte (sog. Wie-Beschäftigter). Die Beklagte verweist zur entsprechenden Abgrenzung zu Recht auf
ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005, Az. B 2 U 35/04 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 2),
wonach für die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer
unternehmerähnlichen Tätigkeit - mit gewissen Abstrichen - von der Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und
Unternehmer auszugehen ist. Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 des Vierten
Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Danach ist Beschäftigung
die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, was voraussetzt, dass der Arbeitnehmer vom
Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn
der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung
umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich
gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko - das Tätigwerden auf eigene Rechnung, das Vorhandensein
einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig
ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen; maßgebend ist stets das Gesamtbild.
Für die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer
unternehmerähnlichen Tätigkeit ist von dieser Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und Unternehmer auszugehen,
wovon jedoch gewisse Abstriche zu machen sind, weil nur eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung und eine
unternehmerähnliche Tätigkeit gegenüberzustellen sind. Unfallversicherungsschutz soll dabei aus sozialpolitischen
und rechtssystematischen Gründen auch dann gewährt werden, wenn die Voraussetzungen eines
Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die
Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert
vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmens entspricht, unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines
Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung z. B. als Familienangehöriger oder
Vereinsmitglied beruhen. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild die Tätigkeit wie von einem Beschäftigten oder
einem Unternehmer ausgeübt wurde (so insgesamt BSG, a.a.O). Ausschlaggebende Bedeutung kommt nach der
Rechtsprechung dabei der Handlungstendenz zu. Verfolgt eine Person in Wirklichkeit wesentlich allein eigene
Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht
daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 5. März 2002, Az. B 2 U 8/01
R, HVBG-INFO 2002, 1175).
Unter Beachtung dieser Kriterien war der Sohn des Klägers bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände nicht
als Wie-Beschäftigter tätig. Vielmehr sprechen alle Indizien für seine unternehmerähnliche Stellung. Er hat eine
Wohnung ausgebaut, die ihm von dem Kläger kostenlos überlassen worden ist. Seine Handlungstendenz war damit
nicht darauf gerichtet, einem fremden Unternehmen zu dienen, sondern er hat "seine" Wohnung für sich hergerichtet.
Er hat die Materialien selbst ausgesucht und bezahlt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für eine Entlohnung des Zeugen
durch den Kläger, auch wenn "Bauherr" aufgrund der Eigentumsverhältnisse der Kläger gewesen sein mag; eine
derartige Annahme wäre angesichts der Gesamtumstände lebensfremd. Der Zeuge unterlag bei seiner Tätigkeit
keinen Weisungen des Klägers; letzterer hat angegeben, seinem Sohn freie Hand gelassen zu haben. Der Zeuge war
insbesondere auch im Hinblick auf die Zeit seiner Arbeitsleistung vollständig frei; er hat die streitigen Tätigkeiten
neben seiner eigenen Berufstätigkeit ausgeübt, wann immer er dafür Zeit hatte. Die diesbezüglichen Angaben des
Klägers und seines Sohnes sind auch glaubhaft; sie entsprechen in jeder Hinsicht dem, was angesichts der äußeren
Rahmenbedingungen wie den Familienverhältnissen, den Eigentumsverhältnissen, der Nutzung der Wohnung durch
den Sohn und aufgrund des Umstandes, dass dem Sohn als selbst im Baugewerbe tätigen Unternehmer die Arbeiten
auch möglich waren, zu erwarten war und üblicherweise vereinbart und gehandhabt worden wäre.
Die Argumente der Beklagten überzeugten nicht. Soweit diese auf Betriebsmittel verweist, die vom Kläger bereit
gestellt worden seien, so ist dies vorliegend angesichts der genannten Gesamtumstände und insbesondere der
Familienverhältnisse, die ebenfalls typischer Grund für die gemeinsame Nutzung von Werkzeug sind, nicht
entscheidend. Abgesehen davon hat der Sohn des Klägers im Termin vom 8. Mai 2007 angegeben, neben dem
Werkzeug des Klägers auch eigenes eingesetzt oder solches auf eigene Rechnung beschafft zu haben; es bestand
kein Grund, an diesen nachvollziehbaren Angaben zu zweifeln. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf einen (nicht
unterschriebenen und den Aussteller nicht erkennbar werden lassenden) Telefonvermerk vom 15. November 2006
verweist, wonach nur der Kläger die "Kosten" trage, steht dies nicht entgegen. Abgesehen von der fehlenden
Beweisqualität dieses pauschalen Vermerks sind nach Auffassung des Gerichts angesichts der Gesamtumstände die
in den gerichtlichen Terminen gemachten Angaben glaubhaft. Der angefochtene Beitragsbescheid war auch nicht aus
anderen Gründen aufrechtzuerhalten, etwa unter Zugrundelegung der Annahme weiterer Helfer oder "Wie-
Beschäftigter". Es ist nach allem nicht davon auszugehen, dass neben dem Kläger und seinem Sohn andere
Personen an dem Ausbau der Wohnung mitgewirkt haben. Der Kläger hat glaubhaft ausgeführt, seit 1961 als
Handwerker in verschiedenen Berufen tätig gewesen zu sein; der Sohn des Klägers ist für ein Bauunternehmen tätig,
weshalb davon auszugehen ist, dass der Ausbau einer Wohnung allein durch diese und ohne Fremdhilfe (über die für
den Estrich und Elektroarbeiten angegebenen hinaus) durchaus erfolgen kann. Entscheidend war auch, dass dem
Kläger aufgrund seiner Arbeitslosigkeit Arbeiten in großem Umfang tatsächlich möglich waren und dass sein Sohn
nach dessen glaubhaften Angaben unter keinerlei Zeitdruck stand, weil er bei einer Freundin wohnte. Es ist glaubhaft
und nachvollziehbar und zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass der Kläger und sein Sohn unter diesen
Umständen den Ausbau der Wohnung allein vornahmen und hierfür keine – über sog. nachbarschaftliche
Gefälligkeiten hinausgehenden - anderen Hilfen hatten, zumal andere Hilfen in irgendeiner Form hätten entlohnt
werden müssen; für derartige Ausgaben bestand vorliegend kein Anlass. Andere Annahmen sind reine Vermutungen,
die angesichts der Gesamtumstände nicht wahrscheinlich sind. Soweit der Kläger eine geringfügige Hilfe durch
"Kumpels" eingeräumt hat, ist nach allem davon auszugehen, dass es sich hierbei lediglich um Gefälligkeiten
aufgrund persönlicher, gesellschaftlicher bzw. nachbarschaftlicher Beziehungen gehandelt hat, die nicht versichert
sind (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 2 SGB VII Rdnr. 110 f., m.w.N.).
Nicht erheblich war letztlich, dass bei dem letzten Besuch der Beklagten ein neuer Außenputz festgestellt wurde,
auch für diese Arbeiten gilt nichts anderes als das Dargelegte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 1 Nr. 4
Gerichtskostengesetz (GKG) und § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52
Abs. 1 GKG
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.