Urteil des LSG Bayern vom 23.02.2006

LSG Bayern: insolvenz, anzeige, firma, zahlungsunfähigkeit, liquidation, zahlungsfähigkeit, sanierung, gläubigerversammlung, arbeitsentgelt, unternehmen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.02.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 40 AL 788/00
Bayerisches Landessozialgericht L 9 AL 367/03
Bundessozialgericht B 11a AL 131/06 B
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.09.2003 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger für die Zeit vom 01.10.1999 bis 21.11.1999 einen erneuten Anspruch auf
Insolvenzgeld haben.
Die Kläger waren bei der Firma H. Holzbearbeitungs-GmbH beschäftigt. Über das Vermögen dieser Firma wurde durch
Beschluss des Amtsgerichts M. - Insolvenzgericht - vom 01.08.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Arbeitsamt
P. bewilligte beiden Klägern für die Zeit vom 01.05.1999 bis 31.07.1999 für den insolvenzbedingten Lohnausfall
Insolvenzgeld. Der Insolvenzverwalter, Rechtsbeistand Dr.E. S. , führte den Betrieb mit einem Teil der Belegschaft -
darunter die Kläger - mit dem Ziel der Sanierung fort. Die Kläger erhielten zunächst für den Zeitraum vom 01.08.1999
bis 30.09.1999 Arbeitsentgelt. Ab 01.10.1999 wurde dann kein Arbeitsentgelt mehr an die Kläger bezahlt. Der
Insolvenzverwalter zeigte dem Insolvenzgericht am 29.11.1999 die Masseunzulänglichkeit an, nachdem die
Gläubigerversammlung am 19.11.1999 die Zustimmung zur Aufnahme eines Massekostendarlehens in Höhe von DM
150.000,00 bei einer Bank sowie - ersatzweise - zu einem Masse- kostenzuschuss durch die Geschäftsführerin und
Herrn J. H. nicht erteilt und der unverzüglichen Liquidation des schuldnerischen Unternehmens zugestimmt hatte.
Letztere wurde nach einem kurzfristig von den Geschäftsführern erwirkten Aussetzungsbeschluss des Amtsgerichts
M. vom 24.11.1999 am 10.12.1999 fortgesetzt. Mit Schreiben vom 13.12.1999 kündigte der Insolvenzverwalter die
Arbeitsverhältnisse der Kläger ordentlich zum 15.01.2000. Die Kläger beantragten daraufhin beim Arbeitsamt P. erneut
Insolvenzgeld, und zwar für den Zeitraum 01.10.1999 bis 21.11.1999. Als Insolvenzereignis wurde in den
Antragsformularen jeweils "Masseunzulänglichkeitsanzeige 22.11.1999" angegeben. Mit Bescheiden des
Arbeitsamtes P. vom 13.03.2000 wurden diese Anträge mit der Begründung abgelehnt, bei der Anzeige der
Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter handele es sich nicht um ein Insolvenzereignis im Sinne des §
183 SGB III. Diese Anzeige entfalte nicht die Wirkung eines neuen Insolvenzverfahrens, sondern stelle lediglich eine
Maßnahme dar, die das Insolvenzverfahren vorzeitig beende. Die Widersprüche der Kläger wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheiden vom 08.05.2000 gegenüber dem Kläger zu 1) und vom 26.04.2000 gegenüber dem Kläger zu
2) als unbegründet zurück.
Dagegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben, das die beiden Streitsachen mit Beschluss
vom 18.08.2003 zu gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Zur Begründung der Klage wurde
vorgetragen: Aufgrund der angezeigten Masseunzulänglichkeit kämen die Regeln der "Insolvenz in der Insolvenz"
zum Tragen mit der Konsequenz, dass den Klägern erneut Insolvenzgeldansprüche erwachsen seien. Die Kläger
dürften als Arbeitnehmer bei einem Insolvenzverwalter nicht schlechter gestellt werden als Arbeitnehmer bei einem
Arbeitgeber, der nicht Insolvenzverwalter sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.09.2003 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, dass maßgebliches Insolvenzereignis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des
Insolvenzgerichts vom 01.08.1999 gewesen sei. Die damit festgestellte Zahlungsunfähigkeit der Firma H.
Holzbearbeitungs-GmbH sei in der Folge nicht beseitigt worden, so dass während der Dauer des Insolvenzverfahrens
kein neues, anspruchsbegründendes Insolvenzereignis habe eintreten können. Die Rechtsfigur der "Insolvenz in der
Insolvenz" sei dem Arbeitsförderungsrecht fremd.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung lässt der
Kläger zu 1) vortragen: Die Zahlungsfähigkeit sei ab 01.08.1999 wiederhergestellt gewesen und habe bis 29.11.1999
angedauert. Durch die kurzfristige Aussetzung der Liquidation und Fortführung des Betriebes zwischen dem
24.11.1999 und dem 10.12.1999 seien der Masse Mittel entzogen worden, mit denen die Forderungen der Kläger
hätten befriedigt werden können. Die Beklagte habe dem Vorschub geleistet, insoweit als sie sich in der
ursprünglichen Gläubigerversammlung gegen eine Liquidation gewandt habe. Auf diese Weise sei es überhaupt erst
zur Masseunzulänglichkeitsanzeige, nämlich der "Insolvenz in der Insolvenz" mit dem entsprechenden minderen
Status der Kläger gekommen. Es könne nicht sein, dass das ausgefallene Entgelt der KLäger nicht durch
Insolvenzgeld ersetzt werde. Mit der Masseunzulänglichkeitsanzeige von fortgeführten Unternehmen durch den
Insolvenzverwalter trete die Insolvenz in der Insolvenz mit der Folge ein, dass die Beklagte in der Insolvenz
ausgefallene Arbeitsentgelte zu erstatten habe. Der Kläger zu 2) hat sich den Ausführungen des Klägers zu 1)
vollinhaltlich angeschlossen.
Der Kläger zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.09.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2000 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Insolvenzgeld für
die Zeit vom 01.10.1999 bis 21.11.1999 zu zahlen.
Der Kläger zu 2) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.09.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2000 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Insolvenzgeld für
die Zeit vom 01.10.1999 bis 21.11.1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den
beantragten Zeitraum, da die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Die "Insolvenz in der
Insolvenz" zähle nicht zu den Insolvenzereignissen, die den Anspruch auf Insolvenzgeld auslösen können. Auch
könne von einer wiedereingetretenen Zahlungsfähigkeit vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am
01.08.1999 bis zur Gläubigerversammlung vom 19.11.1999 nicht die Rede sein. Auf die anders lautende Prognose
des Insolvenz- verwalters komme es nicht an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts
München sowie auf die Akten des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für den
Zeitraum vom 01.10.1999 bis 21.11.1999.
Das Sozialgericht hat zutreffend die erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklagen abgewiesen. Die Anzeige der
Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter gem. § 208 Insolvenzordnung (InsO) ist kein Insolvenzereignis
im Sinne des § 183 Abs.1 SGB III, das Insolvenzgeldansprüche der Kläger hinsichtlich der rückständigen
Arbeitsentgeltansprüche begründen kann, die im Rahmen der Fortführung des zur Insolvenzmasse gehörenden
Unternehmens durch den Insolvenzverwalter entstanden sind.
Nach § 183 Abs.1 Satz 1 SGB III hat ein Arbeitnehmer, der bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die
vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat, Anspruch auf
Insolvenzgeld. Das Gesetz nennt drei Insolvenzereignisse, die den Anspruch auf Insolvenzgeld begründen und damit
den Versicherungsfall auslösen können: die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers
(§ 183 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB III), die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels
Masse (§ 183 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB III) und die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insol- venzverfahren offensichtlich
mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 183 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB III).
Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO unterfällt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift
keinem der drei genannten Insolvenzereignisse. Andere als die im Gesetz genannten Insolvenzereignisse können den
Anspruch nicht herbeiführen. Die Aufzählung der Ereignisse ist abschließend (Niesel, SGB III, § 183, RdNr.16, 32).
Damit steht die Sperrwirkung, die die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma H.
Holzbearbeitungs-GmbH durch Beschluss des Insolvenzgerichts am 01.08.1999 ausgelöst hat, den geltend
gemachten Insolvenzgeldansprüchen der Kläger auf jeden Fall entgegen. Maßgebliches Insolvenzereignis ist nämlich
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma H. Holzbearbeitungs-GmbH, aufgrunddessen die
Kläger bereits Insolvenzgeld für die Zeit vom 01.05.1999 bis 31.07.1999 erhalten haben. Bei einer Aufeinanderfolge
mehrerer Insolvenzereignisse (selbst wenn einmal ein solcher Fall gegeben sein sollte) ist nämlich das zeitlich erste
für den Insolvenzgeldanspruch allein maßgeblich. Es besteht kein Rangverhältnis der Insolvenzereignisse
untereinander. Die Insolvenztatbestände stehen vielmehr gleichrangig nebeneinander (BSG, SozR 4100 § 141b Nr.1
und SozR 3-4100 § 141b Nr.3). Solange ein bestimmtes Insolvenzvereignis andauert, kann deshalb kein anderes
eintreten, das den Anspruch auf Insolvenzgeld auslöst. Dadurch soll ein Missbrauch der Versicherung vermieden
werden. Außerdem wird so dem Umstand Rechnung getragen, dass der Arbeitnehmer, der bei einem insolventen
Arbeitgeber in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit seine Arbeit fortsetzt, nicht als schutzwürdig gilt (BSG, SozR 4100 §
141b Nr.27). Deshalb begründen spätere Insolvenzereignisse bei dem gleichen Arbeitgeber grundsätzlich keinen
Anspruch auf Insolvenzgeld. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum
Konkursausfallgeld, dass ein neues Insolvenzereignis im Sinne des früheren § 141b Abs.1 und 3
Arbeitsförderungsgesetz nicht eintritt und folglich auch keine Ansprüche auf Konkursausfallgeld ausgelöst werden
können, solange die auf einem bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit andauert (BSG, SozR
4100 § 141b Nr.6, 37, 43 und 46, SozR 3-4100 § 141e Nr.3). Zahlungsunfähigkeit liegt solange vor, wie der
Gemeinschuldner wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist und
andauernd aufhört, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit endet nicht schon
dann, wenn der Schuldner einzelne Zahlungsverpflichtungen wieder erfüllt.
Neue Ansprüche auf Konkursausfallgeld, etwa wegen Betriebsein- stellung, entstehen nach Eröffnung eines
Konkursverfahrens nicht mehr, unabhängig davon, ob und wie lange der Konkursver- walter das Unternehmen fortführt
sowie, ob er Arbeitsverhält- nisse begründet und diese unter Umständen über mehrere Jahre bestehen,nach
bisherigem Recht schon wegen der tatbestandsmäßigen Exklusivität der Insolvenztatbestände nicht (BSG, SozR
4100 § 141b Nr.46, S.171 oben). Dieser Rechtsprechung folgt die Literatur auch zum Insolvenzgeld (Estelmann in
Hennig, SGB III, § 183 RdNr.42; Schmidt in Wissing, SGB III, § 183 RdNr.30; Niesel, SGB III, § 183 RdNr.34). An
dieser Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht auch in seiner Entscheidung vom 21. November 2002 zum
Insolvenzgeld festgehalten, in der es allein dem Umstand, dass das Insolvenzgericht nach Bestätigung eines
Insolvenzplans das Insolvenzverfahren aufgehoben hat (§ 258 InsO), keine wiedererlangte Zahlungsfähigkeit des
Schuldners entnommen hat (BSG, SozR 3-4300 § 183 Nr.3).
Die Übertragung der von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätze auf die
Anspruchssituation der Kläger führt dazu, dass allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des
Amtsgerichts M. am 01.08.1999 maßgebliches Insolvenzereignis war und daher in der Folgezeit erneute Ansprüche
auf Insolvenzgeld nicht aufgrund der Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter und die spätere
Masseunzulänglichkeitsanzeige gem. § 208 InsO entstehen konnten. Daran vermag auch die Rechtsfigur der
"Insolvenz in der Insolvenz" nichts zu ändern. Die Vorschrift des § 208 InsO regelt die Situation, die nach früherem
Recht der "Konkurs im Konkurs" (§ 60 KO) genannt wurde und die man heute als Insolvenz in der Insolvenz
bezeichnen würde (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage, § 208 RdNr.1). Sie dient dem Zweck, das
Insolvenzverfahren zügig zu Ende zu bringen und den Erlös aus der Restverwertung dazu zu verwenden, die
Masseverbindlichkeiten nach Maßgabe des Verteilungsschlüssels des § 209 InsO zu verteilen (§ 211 InsO). Es ist
zwar richtig, dass wesentliches Ziel des Gesetzgebers bei der Reformierung des Insolvenzrechts die Stärkung der
Möglichkeiten der Sanierung eines Unternehmens gegenüber der Liquidation und damit der Zerschlagung von
Unternehmenswerten war (vgl. Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 8 RdNr.28), wenngleich die
Sanierung kein vorrangiges Verfahrensziel der Insolvenzordnung darstellt (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 1 RdNr.1).
Es mag auch sein, dass der mangelnde Schutz der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und aufgrund der
Betriebsfortführung mit dem Ziel der Unternehmenssanierung entstandenen Arbeitsentgeltansprüche durch das
Insolvenzgeld sich für Sanierungsbestrebungen nachteilig auswirken könnte, wie die Berufung vorträgt, gerade wenn
die Fortführung des Betriebs von der Weiterarbeit erfahrener Arbeitnehmer im Betrieb abhängt, und die Arbeitnehmer
allein auf den Schutz ihrer Arbeitsentgeltansprüche als sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO
verwiesen werden.
Zu Recht hat das Sozialgericht jedoch darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber nicht die Ziele der
Insolvenzordnung verfolgt, sondern lediglich eine Sicherung bestimmter Lohnforderungen in der Insolvenz des
Arbeitgebers begründet. Diese vom Bundessozialgericht zum Konkursausfallgeld vertretene Auffassung (BSG SozR
4100 § 141b Nr.46) hat das Bundessozialgericht auch in seiner Entscheidung zum Insolvenzgeld vom 21. November
2002 be- stätigt (BSG SozR 3-4003 § 183 Nr.3).
Das Bundessozialgericht hat sogar für den Fall, dass über das Vermögen des Konkursverwalters selbst das
Konkursverfahren er- öffnet wird, kein Insolvenzereignis im Sinne des § 141b AFG an- genommen, da der
Konkursverwalter zwar im eigenen Namen, jedoch nur für und gegen die Masse handele. Auch wenn der Konkursver-
walter unter bestimmten Umständen persönlich hafte, ändere dies nichts daran, dass er bei Fortführung des Betriebes
nicht per- sönlich, sondern nur in seiner Funktion als Konkursverwalter und damit nur als Repräsentant der Masse
zum Arbeitgeber und Lohnschuldner werde (BSG NZA 1990, 118-119). Auch nach Neuordnung des Insolvenzrechts
gilt nichts anderes. Unbeschadet des Theorienstreits über die rechtliche Stellung des Insolvenzverwalters als
Arbeitgeber ist allgemein anerkannt, dass der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberposition des Schuldners eintritt (§
80 InsO; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 80 RdNr.63) und damit nicht zum neuen Arbeitgeber wird
(Wissing/Mutschler/ Bartz/Schmidt-DeCaluwe SGB III, § 183 Rdnr. 31).
Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter gem. § 208 InsO ist daher kein neues
Insolvenzereignis, das Insolvenzgeldansprüche der Kläger hinsichtlich der rückständigen Arbeitsentgeltansprüche
begründen kann, die im Rahmen der Fortführung des zur Insolvenzmasse gehörenden Unternehmens durch den
Insolvenzverwalter entstanden sind. Aus diesem Grund kam es im Fall der Kläger letztlich ohnehin nicht darauf an,
dass nach dem in der Rechtsprechung vertretenen Begriff die Zahlungsfähigkeit der H. GmbH nicht etwa durch die im
Rahmen des Insolvenzverfahrens erwirkten kurzfristigen Stundungen wiederhergestellt worden ist. Entsprechende
Ermittlungen des Senats waren somit nicht erforderlich. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist, welche Gründe
letztlich zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter geführt haben. Auch diesbezüglich
waren keine Ermittlungen des Senats veranlasst.
Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt die Versagung der erneuten Insolvenzgeldbewilligung nicht gegen den
Gleichheitssatz. Denn dem Gesetzgeber steht, auch im Lichte des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen
Gleichheitssatzes und des sich daraus ergebenden Willkürverbots, bei der Regelung der zu ordnenden
Lebenssachverhalte eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die bei der Normierung von Ansprüchen gegenüber der
gewährenden Verwaltung größer ist als bei der Regelung staatlicher Eingriffe (vgl. z. B. BVerfGE 49, 280, 283; 61,
138, 147; 78, 104, 121). Gerade auf dem Gebiet des Sozialrechts sind die Grenzen der dem Gesetzgeber
zuzubilligenden Gestaltungsfreiheit besonders weit zu ziehen (vgl. z. B. BVerfGE 77, 84, 106; 81, 156, 205 f.). Diesen
Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber nicht überschritten, indem er den Anspruch auf Insolvenzgeld von dem
Eintritt eines der in § 183 Abs. 1 SGB III festgelegten Insolvenzereignisse abhängig gemacht hat. Es kann niemand
allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass besondere Vergünstigungen zugestanden werden, für sich
ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, genau dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen (BVerfGE 49,
192-212). Im Gegenteil, die wiederholte Zuerkennung von Insolvenzgeld würde den Klägern einen Sondervorteil
verschaffen, der anderen Arbeitnehmern nicht zusteht. Nach der Regelung in § 183 Abs. 2 SGB III hat nämlich selbst
der Arbeitnehmer, der in Unkenntnis des Insolvenzereignisses weiterarbeitet, keinen erweiterten oder zusätzlichen
Anspruch auf Insolvenzgeld, sondern sein Insolvenzgeldanspruch verschiebt sich lediglich auf die letzten, dem Tag
der Kenntnisnahme des Arbeitnehmers von dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate.
Die Voraussetzungen des § 183 Abs.2 SGB III liegen nicht vor, da die Kläger nicht in Unkenntnis des
Insolvenzereignisses vom 01.08.1999 - der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - weitergearbeitet haben.
Die Berufung der Kläger war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Urteil
wirft keine entscheidungserhebliche, höchstrichterlich bisher nicht geklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, weicht
nicht von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts ab und beruht hierauf.