Urteil des LSG Bayern vom 12.12.2008

LSG Bayern: hauptsache, aufrechnung, rechtsmittelbelehrung, rückforderung, rechtsschutz, form, lebenshaltungskosten, erlass, rückzahlung, leistungsanspruch

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 12.12.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 4 P 64/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 2 B 945/08 P ER
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin macht in der Hauptsache und im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz geltend, die
Beschwerdegegnerin dürfe eine Überzahlung in Höhe von 287,10 EUR nicht mit den laufenden Leistungen verrechnen
bzw. aufrechnen und nicht zurückfordern, hilfsweise sei die Forderung zu erlassen bzw. zu stunden.
Die Beschwerdegegnerin gewährt der Beschwerdeführerin seit 1. Juli 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II. Vom 8.
April 2007 bis 22. Juni 2007 wurde die Beschwerdeführerin in verschiedenen Einrichtungen stationär behandelt. Die für
diese Zeiträume gewährte Leistung in Höhe von 287,10 EUR (irrtümlich 287,00 EUR) forderte die Beschwerdegegnerin
mit Bescheid vom 10. März 2008 zurück und erklärte, die Leistungen würden mit künftigen Leistungen aufgerechnet.
Dem Widerspruch der Beschwerdeführerin, mit dem sie einwandte, ihr Familieneinkommen liege unterhalb der
Pfändungsfreigrenzen, die Forderung sei zu stunden, sie biete eine Rückzahlung von 1,00 EUR monatlich an, gab die
Beklagte teilweise statt: Gemäß § 51 Abs. 2 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) könnten Ansprüche auf
Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte
aufgerechnet werden. Im Monat Februar 2008 sei jedoch das vollständige anteilige Pflegegeld einbehalten worden.
Das Pflegegeld für Monat Februar habe teilweise nachgezahlt werden und die Aufrechnung in späteren Monaten
erfolgen müssen. Insofern habe der Widerspruch Erfolg. Hinsichtlich der grundsätzlichen Möglichkeit der Aufrechnung,
an der kein rechtlicher Zweifel bestehe, wurde der Widerspruch aber zurückgewiesen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Landshut vom 14. Juli 2008 machte die Klägerin und
Beschwerdeführerin geltend, das Geld werde zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt und sei umgehend zu
erstatten. Sie beantragte mit Schreiben vom 31. Juli 2008 vorläufigen Rechtsschutz.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, den Antrag auf einstweilige Anordnung abzulehnen. Ein Leistungsanspruch für
den einbehaltenen Betrag habe nicht bestanden. Das Abwarten des Ergebnisses des Verfahrens in der Hauptsache
sei der Beschwerdeführerin auch zumutbar.
Mit Beschluss vom 29. September 2008 lehnte das Sozialgericht Landshut den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung ab. Es liege kein glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch vor. Auch ein Anordnungsgrund fehle.
Wesentliche Gefahren für Rechte der Beschwerdeführerin, die durch eine einstweilige Anordnung geschützt werden
müssten, bestünden nicht. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I könnten Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht gewährter
Leistungen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden. Die
Beschwerdegegnerin habe einen entsprechenden Widerspruchsbescheid erlassen.
Mit der Beschwerde trägt die Beschwerdeführerin weiterhin vor, die Verrechnung bereits getragener
Pflegemehraufwendungen mit einer im Nachhinein erfolgenden Erstattung gehe zu Lasten ihrer Lebenshaltungskosten.
Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rückforderung durch Aufrechnung.
Das Sozialgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Bayerischen Landessozialgericht vor.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht zulässig.
Im sozialgerichtlichen Verfahren sind gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) einstweilige Anordnungen zur
vorläufigen Regelung eines Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn dies zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Streitig ist die Rückforderung eines Betrages von 287,10 EUR. Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig
wäre. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Beschwerdewert 750,00 EUR
nicht übersteigt. Diese Regelung ist ab ihrem Inkrafttreten zum 1. April 2008 anzuwenden und galt daher zum
Zeitpunkt des Beschlusses vom 29. September 2008. Das Sozialgericht hat zwar in der Rechtsmittelbelehrung
ausgeführt, gegen den Beschluss sei gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG die Beschwerde zum Bayerischen
Landessozialgericht statthaft. Aus dieser unrichtigen Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aber keine Zulassung der
Beschwerde, da ein eindeutig gefasster Zulassungsausspruch im Tenor oder in den Gründen fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).