Urteil des LSG Bayern vom 03.06.2009

LSG Bayern: bedürftigkeit, zugang, beschwerdeinstanz, erlass, bestandteil, zivilprozessordnung, entlastung, hauptsache, abschlag, erfüllung

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 03.06.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 20 AS 121/07
Bayerisches Landessozialgericht L 11 AS 102/09 B PKH
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. Oktober 2008 wird als
unzulässig verworfen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten um die Erstattung höherer Mietkosten für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005. Die
Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 05.11.2004 Arbeitslosengeld II für die Monate Januar bis Juni 2005
und wies den Widerspruch vom 05.12.2004 hiergegen mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2006 mit der Begründung
zurück, Heizkosten in Höhe von 60,00 EUR monatlich seien für ein 12 m2 großes Zimmer angemessen und von der
Kaltmiete sei ein Abschlag für die Möblierung von rd. 1/5 vorzunehmen. Hiergegen hat die Klägerin am 13.04.2006
Klage erhoben und gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Nachdem das Sozialgericht die Klägerin am
24.04.2008 erfolglos aufgefordert hatte, bis zum 31.05.2008 die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse nebst den erforderlichen Nachweisen vorzulegen, hat es den Antrag auf PKH mit Beschluss vom
09.10.2008 abgelehnt, weil die Klägerin die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht habe. Am
22.10.2008 ist ein Schreiben der Klägerin vom 14.10.2008 mit einer ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen eingegangen, worin sich die Klägerin verwundert darüber zeigte, dass sie
als Hartz IV-Empfängerin ein PKH-Formular auszufüllen habe. Dieses Schreiben hat sie am 18.10.2008 um einen
Widerspruch gegen die PKH-Ablehnung ergänzt und erneut die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Das
Sozialgericht hat dieses Schreiben am 12.02.2009 an das Bayer. Landessozialgericht als Beschwerde weitergeleitet.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist. Gemäß § 172 Abs 3 Nr 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ausgeschlossen, wenn das Gericht
ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Eine solche Verneinung
liegt nicht nur vor, wenn von einer fehlenden Bedürftigkeit ausgegangen wird, sondern auch, wenn die Prüfung der
Bedürftigkeit mangels geeigneter Unterlagen nicht vorgenommen werden kann. Mit der Neufassung des § 172 SGG
mit Wirkung ab 01.04.2008 intendierte der Gesetzgeber, zur Entlastung der Landessozialgerichte die Beschwerde
gegen die Ablehnung von PKH nur noch dann zuzulassen, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht
verneint wurden (BR-Dr 820/07, Teil B, zu Nr 29). Hat das Gericht hingegen die persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen verneint, ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft. Ausgehend von der Struktur
des § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO), auf die § 73a SGG verweist, verlangt die Bewilligung von PKH die
Erfüllung zweier Voraussetzungen, nämlich die Bedürftigkeit des Antragstellers und die hinreichende Erfolgsaussicht
der Rechtsverfolgung. Die Feststellung der Bedürftigkeit geschieht erst nach Eingang eines vollständigen Antrags,
dem gemäß § 117 Abs 2 und 4 ZPO die formularmäßige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse beizufügen ist. Weil damit erst die Grundlage für die Prüfung der Bedürftigkeit geschaffen wird, ist das
Vorhandensein des ausgefüllten Erklärungsvordrucks Bestandteil der Bedürftigkeitsprüfung. Kann das Gericht daher
wegen einer fehlenden Erklärung die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht prüfen und lehnt es deshalb
die PKH ab, ist die Beschwerde dagegen nicht statthaft. Andernfalls könnte sich der Antragsteller durch
Nichteinreichen oder Vorlage unvollständiger Unterlagen Zugang zur Beschwerdeinstanz eröffnen (ebenso LSG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2009 - L 14 B 2171/08 AS PKH). Schließlich ist es dem Antragsteller
unbenommen, einen erneuten Antrag mit vollständiger Erklärung zu stellen. Damit kann dasselbe Ergebnis erzielt
werden wie mit der Nachholung der Mitwirkung in einem Beschwerdeverfahren. Vorliegend hat das Sozialgericht die
Bewilligung von PKH wegen der Nichtvorlage der geforderten Erklärung abgelehnt, ohne in eine Prüfung der
Erfolgsaussichten einzutreten. Zutreffend hat es daher die Klägerin darüber belehrt, dass gegen die Ablehnung keine
Beschwerde statthaft ist. Daran vermag die Nachholung der Mitwirkung nach Erlass des unanfechtbaren Beschlusses
nichts zu ändern. Da die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 18.10.2008 erneut Antrag auf PKH gestellt und die
geforderte Erklärung vorgelegt hat, wird das Sozialgericht hierüber erneut zu entscheiden haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).