Urteil des LSG Bayern vom 06.04.2005

LSG Bayern: ddr, anerkennung, befristete rente, politische verfolgung, vollständige entschädigung, tschechoslowakei, anwartschaft, aufenthalt, staatsangehörigkeit, ausstellung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.04.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 17 RA 504/99
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 4087/04
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. April 2004 wird zurückgewiesen. II.
Die Klage gegen den Bescheid vom 28. Juli 1999 wird abgewiesen. III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin will höhere Rente durch Anerkennung ihrer in der CSSR erworbenen Anwartschaften in der Altersvorsorge
für den Zeitraum von September 1973 bis Dezember 1991 nach dem Fremdrentengesetz (FRG).
Die 1940 in L./Ostpreußen geborene Klägerin lebte seit Winter 1945 im Beitrittsgebiet (SBZ/DDR). 1973 übersiedelte
sie in die CSSR und nahm die dortige Staatsangehörigkeit an. Seit 02.03.1992 hat sie ihren ständigen Aufenthalt in
der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 02.08.1994 besitzt sie wieder die deutsche Staatsbürgerschaft.
Die Beklagte leistete mit Bescheid vom 15.10.1997 ab 01.11.1996 befristete Rente in Höhe von monatlich 609,00 DM.
Bei ihrer Berechnung fehlte eine Anwartschaft aus dem Zeitraum vom 10.07. 1973 bis zum 03.03.1992, in dem die
Klägerin in der CSSR beschäftigt gewesen war bzw. dort Rente bezogen hatte. Dazu führte die Beklagte unter Anlage
10 des Bescheides vom 15.10.1997 aus, dass über die in der CSSR erworbene Anwartschaft erst nach weiteren
Ermittlungen entschieden werden könne. Die in der DDR zurückgelegte Beschäftigungszeit ist entsprechend den
Eintragungen im Arbeitsbuch als Beitragszeit Ost berücksichtigt.
In der umstrittenen Zeit war die Klägerin in der CSSR als Krankenschwester und Angestellte bei einer
Telefongesellschaft beschäftigt gewesen. Ab 01.02.1982 bezog sie von der Sozialversorgung in Prag eine
Teilinvaliditätsrente, ab 07.09.1987 volle Invaliditätsrente und ab 12.03.1991 wieder Teilinvaliditätsrente. Seit
19.07.1995 bezieht die Klägerin von dort Altersrente, zuletzt in Höhe von 3260 Kronen (circa 180,00 DM). Ein Verzicht
der Klägerin auf diese Leistung ist unwirksam (Bescheid der tschechischen Verwaltung der Sozialversicherung Prag
vom 20.05. 1997). Nach den Angaben der Klägerin war der Umzug in die CSSR unausweichlich, um den in der DDR
ausgeübten Repressalien zu entkommen und ihren Kindern eine ordnungsgemäße Ausbildung zu gewährleisten.
Zum Beweis ihrer Vertreibung legte die Klägerin den am 17.07. 1997 ausgestellten und am 12.11.1992 beantragten
Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge vom Typ "A" vor. Darin ist neben dem ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet
"seit 02.03.1992" vermerkt: " Ausweisinhaberin ist Vertriebene gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2
Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und nicht zur Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen gemäß §§ 10,
12 BVFG berechtigt". Die Ausstellung des Ausweises erfolgte während eines Berufungsrechtsstreits gegen ein Urteil
des Bayer. Verwaltungsgerichts München vom 07.03.1995 aufgrund der Stellungnahme des Bayer.
Staatsministeriums für Arbeit und Soziales (StMAS) vom 26.06.1997, wonach die originäre Vertreibung aus
Ostpreußen im Jahre 1945 nicht verloren gegangen sei. Die verspätete Wohnsitznahme schließe die Klägerin jedoch
vom (zusätzlichen) Erwerb der Vertriebeneneigenschaft (Aussiedlerin) nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a. F. aus. Die
Klägerin sei nicht gleichzeitig Sowjetzonenflüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 BVFG, da keine Fluchtgründe ersichtlich
seien. Schließlich sei die Klägerin tschechoslowakisch Staatsangehörige geworden (Ausschließungsgrund nach § 12
BVFG a.F.). Mit rechtskräftigem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.1998 (Az.: 24 B
95.1361) wurde die Berufung der Klägerin - gerichtet auf Feststellung eines Vertreibungstatbestandes aus der SBZ -
ansonsten zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 29.12.1997 bewilligte die Beklagte wiederum Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von 01.11.1996 bis
31.10.1999 und berücksichtigte zusätzliche Beitragszeiten vom 07.09.1993 bis 31.12.1993. Gleichzeitig lehnte sie
aber eine Rentenanwartschaft für den Zeitraum vom 09.09.1973 bis 06.12.1991 nach §§ 15, 16 FRG ab. In der Anlage
10 zum Bescheid führte die Beklagte dazu im Wesentlichen als Begründung an, dass für den in § 1a FRG genannten
Personenkreis die fremden Zeiten bzw. Tatbestände längstens bis zu Vertreibung anzurechnen seien. Zwar seien
wegen der im Februar 1945 aus Ostpreußen erfolgten Vertreibung die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und des § 2
Abs. 2 BVFG erfüllt, jedoch lägen bis zu diesem Zeitpunkt keine zu berücksichtigenden Arbeitszeiten vor. Nach den
Feststellungen des StMAS erfülle die Klägerin nicht die für eine Berücksichtigung der in der ehemaligen CSSR
zurückgelegten Arbeitszeiten notwendigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 BVFG zur Anerkennung als
Sowjetzonenflüchtling, da nicht glaubhaft gemacht werden könne, dass sie sich im Jahr 1973 in einer besonderen
Zwangslage befunden habe, die eine Übersiedlung in die ehemalige CSSR unvermeidlich erscheinen ließe. Des
weiteren lägen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a.F. (Spätaussiedlerin) nicht vor, da sie nicht
bis zum 31.12.1952 ihren ständigen Aufenthalt im Vertreibungsgebiet CSSR genommen habe.
Dagegen legte die Klägerin unter Wiederholung ihrer Argumente Widerspruch ein, den die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 24.03.1999 zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben.
Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte am 28.07.1999 einen Bescheid über eine unbefristete Rente erteilt.
Zur Begründung der Klage auf "Anerkennung der Zeit vom 09.09. 1973 bis einschließlich 06.12.1991 als Beitrags-
bzw. Beschäftigungszeit gemäß §§ 15, 16 FRG" trägt die Klägerin vor, dass sie aus Verfolgungsgründen die frühere
DDR habe verlassen müssen und daher auch deswegen Vertriebene sei. Die in der DDR erlittenen Diskriminierungen
seien weit über die allgemeinen Maßnahmen staatlicher Unterdrückung hinausgegangen. Sie habe Angst gehabt, dass
ihr ihre Kinder entzogen würden. Zudem sei sie über Jahre vom Ministerium der Staatssicherheit überwacht und über
einen Zeitraum von zehn Jahren permanent unter Druck gesetzt worden. Der einzige Weg, den staatlichen
Repressalien zu entkommen, sei die Ausreise in den ehemaligen Ostblock gewesen. Diese sei ihr durch ihren
Ehemann ermöglicht worden, wobei die Heirat durch die Behörden der ehemaligen DDR mehr als ein Jahr blockiert
worden sei.
Durch Urteil vom 01.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und über den Bescheid vom 28.07.1999 keine
Entscheidung getroffen, weil dieser den streitgegenständlichen Zeitraum nicht abgeändert oder ersetzt habe und daher
nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden sei.
Die Ablehnung der CSSR-Arbeitszeiten von 1973 bis 1991 als Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten sei rechtmäßig.
Die Klägerin habe zum einen keine Pflichtbeiträge i.S. der §§ 54, 55 und 248 Abs. 3 Satz 1 SBG VI entrichtet. Es
habe sich zum anderen nicht um Zeiten gehandelt, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften des
deutschen Rechts als gezahlt gelten. Insbesondere könne sie sich nicht auf §§ 15,16 FRG stützen. Der
Vertriebenenausweis A sei der Klägerin zwar erst am 17.07.1997, aber wegen der 1945 erfolgten Vertreibung aus
Ostpreußen ausgestellt worden. Dies komme durch die Eintragung "Ausweisinhaberin ist Vertriebene gemäß §§ 1
Abs. 1 und 2 Abs. 2 BVFG" zum Ausdruck. Denn danach sei nur derjenige Vertriebener, der als deutscher
Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den unter fremder Verwaltung stehenden
deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem
Gebietsstande vom 31.12.1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkriegs
infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren habe. Zeiten, die nach Beendigung der
Vertreibung lägen, könnten nicht berücksichtigt werden. Dieser Grundsatz (vgl. § 16 Abs. 1 FRG) entspreche der
gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG Urteile vom 24.04.1997, Az.: 13 RJ, und vom 06.12.
1979, Az.: GS 1/79).
Die Anerkennung der in der CSSR zurückgelegten Zeiten könne auch nicht damit begründet werden, dass mit
Verlassen der Tschechoslowakei und Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 02.03.1992 eine erneute
Vertreibung erfolgt wäre. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG sei Vertriebener und damit nach § 1 Buchst. a FRG zu auch
zum Personenkreis des FRG zu gehörig, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehörige nach
Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 01.07. 1990 oder danach im Wege des
Aufnahmeverfahrens vor dem 01.01. 1993, u.a. die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen
Ostgebiete verlassen habe oder verlasse (sog. Aussiedler), es sei denn, dass er ohne aus diesen Gebieten vertrieben
und bis zum 31.03.1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten
begründet habe. Eine solche Vertreibung aus der CSSR sei mit dem Vertriebenenausweis A der Klägerin nicht
anerkannt, wie sich aus der Eintragung "Ausweisinhaberin ist Vertriebene gem. § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 BVFG "
erschließe.
Unabhängig von einer Bindung an die Entscheidungen des Ausgleichsamtes sei auch das SG nach eigener Prüfung
vom Fehlen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG überzeugt. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in der
Tschechoslowakei nach dem 8. Mai 1945 begründet. Die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG enthaltene Rückausnahme treffe
nicht zu, weil die Wohnsitzverlegung in die Tschechoslowakei erst nach dem 31.03.1952 erfolgt sei.
Eine Anerkennung der in der CSSR zurückgelegten Zeiten könne schließlich auch nicht auf der Grundlage des § 3
BVFG erfolgen. Dem stehe entgegen, dass § 1 Buchst. a FRG nur Vertriebene im Sinn des § 1 BVFG sowie
Spätaussiedler im Sinn des § 4 BVFG in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbeziehe, nicht aber
Sowjetzonenflüchtlinge gemäß § 3 BVFG. Außerdem seien nach dem Fremdrentengesetz nur solche in einem
Vertreibungsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigungsfähig, die vor der Vertreibung lägen. Die
Klage könnte deshalb auch dann keinen Erfolg haben, wenn die im Jahre 1973 erfolgte Wohnsitzverlegung von der
DDR in die Tschechoslowakei ein rentenrechtlich erheblicher Vertreibungstatbestand wäre.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen
wiederholt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 01.04.2004 sowie
Abänderung des Bescheids vom 29.12.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.03. 1999 sowie des
Bescheides vom 28.07.1999 zu verurteilen, ihr höhere Rente unter Berücksichtigung der Zeit vom 09.09. 1973 bis
06.12.1991 als Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit nach dem Fremdrentengesetz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 28.07.1999
abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen sowie der Beklagten und der Akte des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit dem Az.: 24 B 95.1361 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch ansonsten zulässig.
Gegenstand des Verfahrens ist in entsprechender Anwendung des § 96 SGG auch der Dauerrentenbescheid vom
28.07.1999. Er ersetzt oder ändert zwar nicht den befristeten Leistungsbescheid, wiederholt aber ein wesentliches,
umstrittenes Berechnungselement für einen Folgezeitraum. Es wäre nicht prozessökonomisch, die Klägerin deswegen
auf einen weiteren Rechtsstreit zu verweisen oder ihr nach erfolgreicher Durchführung des bereits anhängigen
Verfahrens ein Verfahren nach § 44 SGB X anzuraten. Zudem hat die Klägerin insoweit ihren Klageantrag erweitert,
als sie auch eine Überprüfung dieses Bescheides hinsichtlich der Anwartschaft im Zeitraum vom 09.09.1973 bis
06.12.1991 begehrt.
Berufung und Klage sind aber nicht begründet.
Die Rente der Klägerin wird von der Beklagten in der richtigen Höhe geleistet (vgl. § 63 SGB VI). Sie enthält alle von
ihr erworbenen Anwartschaften, insbesondere liegt vom September 1973 bis 06.12.1991 keine Versicherung in der
deutschen Rentenversicherung vor. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung
des SG als unbegründet zurück und sieht daher bis auf das Folgende von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I,
50).
Zu Recht hat das SG das Vorliegen von Beitragszeiten verneint. Beiträge wurden weder abgeführt, noch sind sie bei
einem deutschen Versicherungsträger eingegangen. Der umstrittene Zeitraum erfüllt keinen Tatbestand einer
rentenrechtlichen Zeit i.S. des Bundesrechts. Eine Beitragszeit i.S. von § 54 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 55 SGB VI besteht
schon deswegen nicht, weil die Klägerin tatsächlich weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge nach Bundesrecht
gezahlt hat. Ebenso handelt es sich nicht um Zeiten, für die ausnahmsweise nach besonderen Vorschriften
Pflichtbeiträge als gezahlt gelten. Auch Sonderregelungen greifen nicht (vgl. fünftes Kapitel SGB VI, §§ 228 ff. SGB
VI). Insbesondere sind auch keine Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet
entrichtet worden (§ 248 Abs. 3 SGB VI).
Es sind aber auch keine Anwartschaften ersichtlich, die die Klägerin im Wege der Eingliederung in die deutsche
Rentenversicherung erworben hätte. Zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ihrer Erwerbsunfähigkeit am 8.4.1996 galt
für die Klägerin als ehemalige Bürgerin der DDR schon nicht mehr das FRG. Das Verhältnis der in der DDR
zurückgelegten Anwartschaften zum FRG wurde schon durch den Staatsvertrag vom 08.05.1990 bestimmt. Nach Art.
23 § 1 Abs. 2 Staatsvertragsgesetz findet bei einer Übersiedlung nach dem 08.05.1990 keine Anwendung des FRG
mehr auf rentenrechtliche Zeiten in der DDR statt. Auch die beiden Ausnahmen hiervon liegen bei der Klägerin nicht
vor. Denn sie hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente für einen Zeitraum vor dem 01.01.1992 (vgl. § 4 Abs. 4
FANG) und ihre Rente beginnt nicht vor dem 01.10.1996 (§ 4c FANG). Versicherungszeiten der DDR sind nun Zeiten
nach dem "allgemeinen Recht" und nach § 248 Abs. 3 SGB VI - wie bei der Klägerin - den Zeiten nach Bundesrecht
gleichgestellt (Rentenreformgesetz 1992 in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25.07.1991). Im
Übrigen endeten diese Zeiten aber, als die Klägerin im Jahre 1973 keine Beitragszeiten mehr bei einem außerhalb des
Geltungsbereiches dieses Gesetzes befindlichen deutschen Rentenversicherungsträgers zurücklegte (vgl. § 15 Abs. 1
Satz 1 FRG in der Fassung vor dem RÜG).
Auch sonst ist keine Eingliederung nach dem FRG möglich. Gemäß § 15 Abs. Satz 1 FRG stehen u.a. zwar
Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - wie hier bei der
Sozialversorgung in Prag - zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich.
Grundvoraussetzung einer Anwendung des FRG ist jedoch die Zugehörigkeit zum maßgeblichen Personenkreis. Nach
§ 1 FRG findet dieses Gesetz Anwendung auf vier einzelnen beschriebene Tatbestände (§ 1a bis § 1d).
Tatbestandlich kommt bei der Klägerin hier nur § 1 a FRG in Betracht, denn sie ist tatsächlich Vertriebene im Sinne
des Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt. Spätere
Vertreibungsvorgänge (sog. Aussiedler) werden von § 1 Abs. 2 Nummer 3 BVFG erfasst. Danach ist auch
Vertriebener, wer nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen u. a. die Tschechoslowakei verlassen hat
oder verlässt. Voraussetzung einer derartigen Gleichstellung ist es aber, dass dort der Wohnsitz nicht nach dem
08.05.1945 begründet worden ist bzw. noch bis zum 31.03.1952, sofern eine Rückkehr ohne vorangegangene
Vertreibung erfolgt ist. Darunter fällt die Klägerin mit ihrer Übersiedelung in die CSSR im Jahre 1973 nicht, wie das SG
zu Recht ausgeführt hat.
Aus der erfolgten Feststellung nach dem BVFG kann die Klägerin nicht die Rechtsfolge einer Gleichstellung ihrer
Beschäftigung in der CSSR mit Beitragszeiten nach dem FRG herleiten. Gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 BVFG ist die
Entscheidung über die Ausstellung des Ausweises für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung
von Rechten oder Vergünstigungen als Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling nach diesem oder einem anderen
Gesetz zuständig sind. Zwar mag der Wortlaut dieser Vorschrift allein an eine Bindungswirkung nur hinsichtlich der
Vertriebeneneigenschaft denken lassen (sog. Tatbestandswirkung); die Sinnauslegung gebietet es aber, auch die
Voraussetzungen für die Feststellung der Vertriebeneneigenschaft - also die dieser zugrundeliegenden tatsächlichen
Feststellungen - in die Bindungswirkung mit einzubeziehen (sog. Feststellungswirkung). Dementsprechend hat das
Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die zum Nachweis der
Vertriebeneneigenschaft ausgestellten Ausweise hinsichtlich der in ihnen getroffenen Feststellungen (dort: Nachweis
der deutschen Volkszugehörigkeit) auch für die Einbürgerungsbehörden verbindlich seien (grundlegend: BVerwGE 34,
90, 91; ferner 35, 316; 70, 159; vgl auch Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl., Vorbem. 32 vor § 35 mit
Hinweis auf § 15 BVFG und w.N.). Das BSG folgt dieser Rechtsprechung für den Anwendungsbereich der §§ 1 Buchst
a, 15 FRG (Urteil vom 07.11.1987, Az.: 4a RJ 73/86). Dies bedeutet: In der Erteilung des Vertriebenenausweises A,
also z. B. der Anerkennung als Heimatvertriebener (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 BVFG), liegt zugleich - als
notwendiges Anspruchselement - die nach § 15 Abs. 5 BVFG den Rentenversicherungsträger und damit auch die
Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bindende Feststellung, dass der Versicherte aus einem der in § 1 Abs. 1 BVFG
genannten Gebiete "vertrieben worden ist" (§ 2 Abs. 1 BVFG). Mithin ist auch im vorliegenden Fall dadurch, dass der
Klägerin der Vertriebenenausweis A ausgestellt wurde, zugleich für Rentenversicherungsträger und Sozialgerichte
verbindlich ein abgeschlossener Vertreibungsvorgang bejaht worden. Für den Fall der Klägerin bedeutet dies aber nur
die Feststellung, dass sie Heimatvertriebene gemäß § 1 Abs. 1 BVFG bzw. § 1 Abs. 2 BVFG ist. Nicht festgestellt ist
das Ende der Vertreibung, insbesondere erfolgte dies nicht durch den Tag der Ausstellung des Ausweises, hier dem
02.03. 1992. In dem der Klägerin erteilten Ausweis heißt es auch an vorgedruckter Stelle lediglich: "Ständiger
Aufenthalt im Bundesgebiet seit: 02.03.1992", ohne das sonst noch mehr über das Ende des anerkannten
Vertreibungsvorganges ausgesagt wird. Eine Verbindlichkeit kann jedenfalls nur für die im Ausweis tatsächlich
getroffenen Feststellungen gelten (BVerwGE 34, 90). Daher kann die Klägerin mit ihrem Ausweis "A" keine für das
FRG relevante Vertreibung aus der CSSR nachweisen. Die folglich vom Senat selbst vorzunehmende Auslegung des
Umfangs der Vertreibung ist unter Beachtung der Vertriebeneneigenschaft anhand der bekannten biografischen Daten
vorzunehmen. Diese belegen unstreitig, dass die Klägerin in Ostpreußen geboren wurde und im Jahre 1945 in der
damaligen SBZ eine neue Heimat gefunden hat. Denn nur so ist auch die weitere Voraussetzung nach § 1 Abs. 1a
FRG erfüllt, dass der Wohnsitzverlust in unmittelbarem Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs
geschehen ist. Für die Ausreise aus der CSSR war dies gerade nicht der Fall. Weiter fordert eine Vertreibung im Sinne
des § 1 BVFG, dass der Wohnsitz wegen der deutschen Staatsangehörigkeit oder Volkszugehörigkeit verloren
gegangen ist (vgl. Häuser, Kapinos, Christ, die Statusfeststellung nach dem Bundesvertriebenengesetz, Anmerkung
30 zu § 1). Dies war gerade bei der Ausreise aus der SBZ nicht der Fall (zum Status des Sowjetzonenflüchtlings
später). Schließlich ist es aber auch zu würdigen, dass die Anerkennung als solche aufgrund der Stellungnahme des
StMAS vom 26.06.1997 erfolgte, wonach der originäre Vertreibungsstatus aus dem Jahr 1945 durch die
nachfolgenden Ereignisse, insbesondere die Aufgabe der deutsche Staatsangehörigkeit, nicht verloren gegangen sei.
Damit ist zusammenfassend festzustellen, dass die Vertreibung im Sinne der erfolgten Anerkennung nach § 1 Abs. 1
bzw. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BVFG mit der Integration in die DDR beendet war. Daran ändert auch die von der Klägerin
vorgebrachte Entscheidung des BSG vom 24.04.1997 mit dem Az.: 13 RJ 23/96 nichts. Nach dem dortigen
Sachverhalt wurde eine Vertriebene als (Spät)aussiedlerin anerkannt, obwohl sie sich 1955/56 wieder in ihre alte
Heimat begeben hatte. Der Grund für diese Entscheidung war, dass wegen eines nur kurzen Aufenthalts in
Deutschland noch kein Ende der Vertreibung angenommen wurde. Im Übrigen ist gerade in dieser Entscheidung unter
den Gründen ausgeführt, dass eine Verbindlichkeit des Ausweises für die Frage, ob eine bestimmte Alternative des §
1 BVFG vorliegt, verneint werde und insbesondere der genaue Zeitpunkt der Vertreibung nicht dem Ausweis zu
entnehmen sei.
Der Status des Sowjetzonenflüchtlings ist der Klägerin mit dem ausgestellten Ausweis nicht zuerkannt. Dieser
Personenkreis erhielt den Vertriebenenausweis "C" bzw. eine entsprechende Kennzeichnung des Ausweises A oder B
(§ 15 Abs. 3 BVFG a.F.). Aber auch hier ergibt die mangels positiver Feststellung im Ausweis freie Auslegung, dass
der Klägerin dieser Status nicht zusteht. Sowjetzonenflüchtling ist ein deutscher Staatsangehöriger oder deutscher
Volkszugehöriger, der seinen Wohnsitz in der SBZ gehabt hat und von dort geflüchtet ist, um sich einer von ihm nicht
zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen (§ 3 BVFG).
Diese Frage war zuletzt noch Gegenstand des Urteils des Bayer. VGH vom 24.04.1998, welches aber hierauf keine
Antwort gab, weil durch den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit ein Ausschlusstatbestand nach § 12 Abs. 1
Satz 2 BVFG gegeben war. Daher ist auch hier wieder den Ausführungen des StMAS vom 26.06. 1997 zu folgen,
wonach die tatsächlichen Voraussetzungen einer Anerkennung nicht hinreichend überzeugend dargetan wurden. Im
Übrigen würde eine solche Anerkennung der Klägerin auch nicht weiterhelfen, denn auf § 3 BVG wird in § 1 FRG nicht
Bezug genommen. Der Grund liegt darin, dass derartige Zeiten nach dem Eingliederungsprinzip direkt in das FRG
überführt worden sind. Gemäß § 17 Abs. 1a FRG in der Fassung vor dem RÜG findet § 15 FRG auch auf Personen
Anwendung, die nicht zu dem Personenkreis des § 1a bis d FRG gehören, wenn Beiträge an einen außerhalb des
Geltungsbereiches dieses Gesetzes befindlichen deutschen Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind. Dem
Besitz des Vertriebenenausweises "C" nach §§ 3, 4 BVFG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 Nr. 3 BVFG kommt im
Rahmen des § 1a FRG keine Bedeutung zu (vgl. Verbandskommentar Anmerkung 3 zu § 1 FRG; Seite 33).
Es besteht auch angesichts der bei der Klägerin bestehende Rechtslage keine Veranlassung eine Rechtsfortbildung
vorzunehmen, um einer unzumutbaren sozialen Notlage oder einer Ungleichbehandlung abzuhelfen. Die Klägerin
befindet sich in keiner anderen Situation als andere Arbeitsmigranten. Für sie wird die in der CSSR erworbene
Anwartschaft auf Altersicherung sowohl durch das seit dem 01.05.2004 geltende Sozialversicherungsabkommen mit
der Tschechischen Republik vom 27.07.2001 wie auch durch die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72
seit dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union (EU) weiter im Hinblick auf Wartezeiten und
sonstige rentenrechtliche Koordinationsregelungen anerkannt und die Leistungen grenzüberschreitend nach
Deutschland transferiert. Damit ist der Verlust der durch das frühere Sozialversicherungsabkommen zwischen der
DDR und der CSSR vom 11.9.1956 (GBl DDR I 1957, 393) erworbenen Rechtsposition kompensiert. Denn Art. 12
EinigVtr beschränkt sich auf eine völkerrechtsfreundliche (Selbst-)Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, vor
einer abschließenden Meinungsbildung zum Schicksal der Verträge der untergegangenen DDR deren Vertragspartner
zu konsultieren. Im Übrigen hat aber das BSG in einem vertragslosen Zustand nach dem Untergang der DDR kein
sozialrechtliches Problem gesehen (BSG 4. Senat, Urteil vom 27.01.1999, Az.: B 4 RA 29/98 R). Das
untergegangenen Abkommen sah im Übrigen, ebenso wie das neue Sozialversicherungsabkommen bei
Anwartschaften über 12 Monaten keine Lastenübernahme, und damit keine vollständige Entschädigung nur durch
einen Vertragspartner vor. Die in einem EU-Mitgliedstaat zurückgelegten Versicherungszeiten werden (mit Ausnahme
sogenannter Minizeiten) grundsätzlich nicht auf einen anderen EU-Mitgliedstaat übertragen. Es steht im eigenen
Belieben der Klägerin, die Vorteile ihrer früheren Tätigkeit in mehreren Staaten zu optimieren. Die augenblicklich
relativ geringe Kaufkraft ihrer aus der CSSR bezogenen Rente resultiert ausschließlich aus ihrer Wohnsitzwahl in
Deutschland. Dies zu entschädigen, besteht keinerlei Veranlassung.
Letztlich gibt es keinen von der deutschen Rechtsordnung erfassten Vertreibungstatbestand, mit welchem eine
mittelbare Vertreibung über ein drittes Land - hier aus der DDR über die CSSR nach Deutschland - anerkannt wird.
Selbst nach dem beruflichen Rehabilitationsgesetz (BerRehaG), das eine von der Klägerin behauptete politische
Verfolgung entschädigt, endet eine derartige Verfolgungszeit mit dem Verlassen des Beitrittsgebiets (§ 2 Abs. 1 Satz
2 BerRehaG). Im Übrigen würde dies eine gesonderte Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde voraussetzen und im
Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten überprüft.
Zusammenfassend besteht damit wegen einer fehlenden Anspruchsgrundlage kein Anspruch der Klägerin auf
Rentenerhöhung. Die Beklagte hat daher insoweit zu Recht Leistungen versagt und das SG zu Recht die Klage
abgewiesen. Aus den gleichen Gründen war auch die Klage gegen den Bescheid vom 28.07.199 durch den Senat
abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).