Urteil des LSG Bayern vom 10.10.2007

LSG Bayern: negative feststellungsklage, eingriff in grundrechte, nicht wiedergutzumachender schaden, verwaltungsakt, wirtschaftlichkeit, wirtschaftliches interesse, kündigung, stift, rahmenvertrag

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.10.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 2 P 192/02
Bayerisches Landessozialgericht L 2 P 61/04
Bundessozialgericht B 3 P 1/08 R
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004 wird zurückgewiesen. II.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die beklagten Pflegekassenverbände
bei der Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (WP) durchführen dürfen.
Die Klägerin ist Trägerin zahlreicher Einrichtungen der Altenhilfe und betreibt einige vollstationäre Pflegeeinrichtungen,
darunter das K. in G. (nachfolgend Stift R.). Sie gehört dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband an. Zunächst
war sie in der Form eines eingetragenen Vereins, ab März 2006 ist sie als gemeinnützige Aktiengesellschaft
organisiert.
Am 10. August 2001 teilten die beklagten Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkrankenkassen, verbunden
in der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände, der Klägerin mit, sie beabsichtigten, die Wirtschaftlichkeit und
Wirksamkeit der Pflegeleistungen in der vollstationären Einrichtung Stift R. durch einen Sachverständigen überprüfen
zu lassen. Es handle sich nicht um eine anlassbezogene WP. Bei der Auswahl hätten sie sich von der Überlegung
leiten lassen, dass die Einrichtung im Vergleich zu anderen hohe Pflegesätze vereinbart habe. Als Sachverständigen
schlage sie Professor Dr. B. vor. Schwerpunkt der Prüfung solle die Wirtschaftlichkeit sein. Einzelne Bestandteile der
Personal- und Sachkosten auf der Grundlage der geprüften Jahresabschlüsse und Kostenberechnungsunterlagen der
Jahre 1999 und 2000 sowie prospektiv für das Jahr 2001 sollten untersucht werden. Die Prüfung finde im Zeitraum
September und Dezember 2001 statt. Wegen notwendiger Unterlagen und Erteilung von Auskünften verwiesen sie auf
§ 79 Abs. 2 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Nach § 31 Abs. 1 des Bayerischen Rahmenvertrags
für vollstationäre Pflege gem. § 75 Abs. 2 SGB XI (Rahmenvertrag) hätten die Beklagten und der Träger der
Pflegeeinrichtung die Prüfungskosten je zur Hälfte zu tragen. Die Mitteilung erfolge im Rahmen der von § 26 Abs. 2
des Rahmenvertrags vorgeschriebenen Anhörung. Sie bäten, innerhalb von zwei Wochen zum unterbreiteten
Vorschlag Stellung zu nehmen.
Die Klägerin erwiderte am 21. August 2001, die Einrichtung in G. befinde sich derzeit in einem
Umstrukturierungsprozess, der noch nicht abgeschlossen sei. Eine WP sei gerade in dieser Phase untunlich. Darüber
hinaus lasse die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 14. Dezember 2000 (B 3 P 19/00 R)
Zweifel an der Zulässigkeit einer WP aufkommen. Am 18. Oktober 2001 wandten sich die Beklagten nochmals an die
Klägerin. Sie sicherten zu, die zu prüfenden Unterlagen würden nur dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Sie
würden dafür sorgen, dass diese nicht in ihre eigenen Hände gelangten. In weiteren Schreiben vom 24. Oktober und 6.
November 2001 betonte die Klägerin, sie habe weiterhin grundsätzliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer WP
und darüber hinaus zum jetzigen Zeitpunkt. Die Beklagten erklärten sich bereit, die WP um drei Monate
zurückzustellen. Am 22. Februar 2002 baten sie, die benötigten Unterlagen dem Sachverständigen zur Verfügung zu
stellen. Die Klägerin erklärte daraufhin, ihre Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit einer WP gem. § 79 SGB XI
seien grundlegender Art und bedürften einer Erklärung. Sie biete jedoch an, eine andere ihrer Einrichtungen prüfen zu
lassen. Am 24. Juni 2002 kündigte die Klägerin an, die inzwischen geführten Gespräche hätten ihre Bedenken nicht
ausräumen können. Sie beabsichtige, ein Feststellungsverfahren vor dem Sozialgericht anzustrengen. Beide Parteien
erklärten daraufhin ihre Verhandlungen für gescheitert.
Mit beim Sozialgericht München (SG) am 26. August 2002 eingegangener Klage beantragte die Klägerin, den
Bescheid vom 10. August 2001 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2002 aufzuheben, hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt seien, eine WP bei ihr durchzuführen. Die Anordnung der WP vom
10. August 2001 sei ein Verwaltungsakt; im Schreiben vom 22. Februar 2002 sei ein Widerspruchsbescheid zu sehen.
Für den Fall, dass entgegen dieser Auffassung kein Verwaltungsakt vorliege, sei subsidiär eine Feststellungsklage
zulässig. Sie habe ein rechtliches wie ein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung. Die WP verstoße gegen das
Grundrecht aus Art. 12 Absatz 1 Grundgesetz (GG). In der Durchführung der WP liege ein erheblicher Eingriff in ihre
unternehmerische Betätigungsfreiheit. Rechtfertigungsgrund für den Eingriff könne allein die Finanzierbarkeit des
Gesundheitswesens sein. Die Konzeption der Pflegeversicherung gehe aber davon aus, dass die Wirtschaftlichkeit
vor allem durch den Wettbewerb und durch eine Angebotsvielfalt erreicht werde. Parallelen zu
Wirtschaftlichkeitsprüfungen gem. § 113 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) seien nicht angebracht.
Die Leistungserbringung im Krankenhaus erfolge auf der Grundlage des Selbstkostendeckungsprinzips. § 79 SGB XI
stelle einen inneren Verstoß gegen das Grundkonzept der Pflegeversicherung dar. Überdies würden die Maßstäbe für
die WP weder im Gesetz noch in den Rahmenvereinbarungen konkret benannt und auch von den Beklagten nicht
offen gelegt. In Wahrheit fehle es an entsprechenden Kennziffern für Leistungsbereiche, die eine WP erst möglich
machten. Zudem würden die Pflegekassen einen Zugriff auf Daten der Leistungserbringer und damit einen Vorsprung
für die nächst folgenden Vergütungsvereinbarungen erlangen. § 79 SGB XI verstoße auch gegen den
Bestimmtheitsgrundsatz öffentlichen Handelns. Die Bestimmung lasse wesentliche Erfahrungsgrundsätze einer WP
vermissen.
Die Beklagten beantragten, die Klage als unzulässig abzuweisen, da ein Verwaltungsakt, gegen den
Anfechtungsklage erhoben werden könnte, nicht erlassen worden sei. Ihr Vorgehen, eine WP einzuleiten, beruhe auf
dem Recht aus § 79 Abs. 1 Satz 1 SGB XI; die Durchführung der WP richte sich nach dem seit 1. Oktober 1998 in
Kraft getretenen und zwischenzeitlich gekündigten Rahmenvertrag gem. § 75 Abs. 2 Ziff. 7 SGB XI. Die Einleitung
einer WP sei ein gesetzlich und vertraglich vorgesehenes Instrument mit entsprechender vertraglicher Konsequenz
und kein Verwaltungsakt. In Konsequenz sei auch der Prüfbericht des Sachverständigen kein Verwaltungsakt und
damit nicht einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Er könne allenfalls im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen
bzw. bei einer darauf basierenden Kündigung inzident überprüft werden. Dagegen könne dann erst der Klageweg
beschritten werden. Der hilfsweise erhobenen Feststellungsklage fehle aus den gleichen Gründen das
Rechtsschutzbedürfnis. Zwar löse eine WP Mitwirkungspflichten der Klägerin aus, die jedoch von Seiten der
Beklagten nicht zwangsweise durchgesetzt werden könnten. Letztendlich könnten sie bei verweigerter Mitwirkung die
WP nicht durchführen. Sie hätten folgerichtig auf die Weigerungshaltung der Klägerin nicht reagiert und auch keine
vertraglichen Schritte eingeleitet. Ein Feststellungsinteresse sei nicht erkennbar. Zwar gingen mit jeder WP
Einschränkungen der unternehmerischen Betätigungsfreiheit des Einrichtungsträgers einher, jedoch handle es sich um
ein gesetzlich und vertraglich vorgesehenes Instrumentarium, das lediglich der Sachverhaltsermittlung diene. Insoweit
sei von Bedeutung, dass bislang noch kein funktionierender Markt im stationären Bereich existiere. In weiten
Bereichen Deutschlands bestehe ein Nachfrageüberhang. Das Pflegequalitätssicherungsgesetz vom 9. September
2001 mache eine WP nicht überflüssig. Vielmehr komme darin der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck,
Verbraucherrechte zu schützen. Eine Pflegeeinrichtung leiste dann wirtschaftliche pflegerische Versorgung, wenn die
gesetzlich vorgesehenen Leistungen mit dem geringst möglichen Einsatz an Mitteln produziert würden
(Minimalprinzip). Vor diesem Hintergrund habe die WP durch den von den Beklagten bestellten Sachverständigen zu
erfolgen. Die WP sei ergebnisoffen und könne auch zu einem künftig höheren Pflegesatz führen, wenn
Besonderheiten der Einrichtung dies rechtfertigten. Die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 2000 (a.a.O.)
stehe dem nicht entgegen. Das BSG habe darin lediglich im Nebenher die Meinung geäußert, die in § 79 SGB XI
vorgesehene WP sei bei "unter freien Wettbewerbsbedingungen" ausgehandelten Vergütungen entbehrlich. Ob die
vom Gesetzgeber angestrebte Situation des freien Wettbewerbs unter den Pflegeeinrichtungen eingetreten sei, habe
das BSG ausdrücklich offen gelassen. § 79 SGB XI verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz; er sei
vielmehr in die vertragsrechtliche Konzeption der Pflegeversicherung eingebettet. Nach § 75 Abs. 2 Ziff. 7 SGB XI sei
es Angelegenheit der Beteiligten, die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze in Rahmenverträgen gemeinsam zu regeln.
Die Klägerin wandte dagegen ein, die hohe Eingriffsmöglichkeit durch Anordnung einer WP erfordere einen wirksamen
Rechtsschutz noch bevor diese Prüfung durchgeführt werde und Ergebnisse vorlägen, die eventuell zu weiteren
Konsequenzen führen könnten. Das Auskunftsverlangen sei ein Verwaltungsakt. Es lasse den Willen erkennen,
abschließend und mit potenziell verbindlicher Wirkung die Auskunftsverpflichtung mit der Folge festzustellen, sie
gegebenenfalls zwangsweise - nämlich durch Kündigung des Versorgungsvertrages - durchzusetzen. Im Übrigen liege
das für eine Feststellungsklage erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis vor. Es bestehe darin, dass
ansonsten ein nicht wiedergutzumachender Schaden zu befürchten sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor
dem SG am 15. Juli 2004 erklärte die Klägerin, die Umstrukturierungsmaßnahmen seien noch immer nicht
abgeschlossen. Von den derzeit vorhandenen 98 Patienten erhielten 76 Leistungen der Pflegekassen und weitere 16
Personen aus der Sozialhilfe; nur sechs Patienten seien Selbstzahler.
Zuletzt beantragte die Klägerin, festzustellen, dass die Beklaten nicht berechtigt seien, eine WP bei ihr
durchzuführen, bzw. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt seien, eine WP durchzuführen,
solange der Prozess der Umstrukturierung und die darauf bezogenen Vertrags- und Vergütungsverhandlungen nicht
abgeschlossen seien. Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen. Sie betonten, der Versorgungsvertrag sei
nach wie vor ungekündigt; Vergütungsverhandlungen stünden nicht an.
Mit Urteil vom 15. Juli 2004 wies das SG die Klage ab. Die gemäß der zuletzt gestellten Anträge auf Feststellung
erhobene Klage sei zulässig. Sie sei auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus dem Rahmenvertrag
gerichtet. Dabei handle es sich um ein Rechtsverhältnis, das der gerichtlichen Klärung zugänglich sei. Das besondere
Feststellungsinteresse bestehe darin, dass die Beklagten beabsichtigten, von ihrem Recht auf WP Gebrauch zu
machen. Die Klage hielt das SG im Haupt- und Hilfsantrag nicht für begründet. Die Beklagten seien jederzeit befugt,
eine WP zu veranlassen. Dies stehe in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Das Ermessen verenge sich zur
Verpflichtung, wenn - wie hier - die Klägerin Bestandsschutz genossen und seit Inkrafttreten des SGB XI keine WP
stattgefunden habe. Wenn zudem bei knapp 92 Prozent der Heimbewohner ein öffentlich-rechtlicher Träger - gleich ob
Sozialhilfeträger oder Pflegeversicherung - die Kosten zu tragen habe, müsse alle fünf Jahre zwingend eine WP
vorgenommen werden. Ein nicht rechtmäßiger Eingriff in Grundrechte nach Art. 2 und 12 Abs. 1 GG sei damit nicht
verbunden. Die Ermächtigung liefere § 79 SGB XI, der seinerseits nicht zu beanstanden sei. Die Beklagten seien
auch nicht durch die am Schluss der mündlichen Verhandlung noch laufenden, bereits 2001 begonnenen
Umstrukturierungsmaßnahmen gehindert, die WP bei der Klägerin vorzunehmen. Ein Zuwarten von zirka drei Jahren
sei den Beklagten nicht zumutbar. Es könne nicht angehen, durch Umstrukturierungsmaßnahmen eine WP zu
verhindern bzw. willkürlich hinauszuzögern. Die Beklagten seien wie alle öffentlich-rechtlichen Kostenträger dem
Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit unterworfen. Dieses rechtfertige es, das Betriebsgeheimnis der Klägerin
einzuschränken. Überdies stehe es der Klägerin frei, aus dem vertraglichen System auszuscheiden; ihr stehe
jederzeit das Recht zu, den Versorgungsvertrag mit den Beklagten zu kündigen. Ihre wirtschaftliche Position sei
zudem wesentlich günstiger als bei sonstigen Unternehmen, weil sie in den Beklagten solvente und zuverlässige
Schuldner habe. Insoweit unterscheide sich das wirtschaftliche Risiko fundamental von einer Tätigkeit auf dem freien
Markt. Haupt- und Hilfsantrag seien aus den gleichen Gründen unbegründet.
Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und wiederholte zunächst die zuletzt beim SG gestellten Anträge. Sie rügte,
das SG sei fälschlich davon ausgegangen, dass die Beklagten berechtigt seien, jederzeit eine WP bei ihr
durchzuführen. Dies lasse sich zwar dem Wortlaut des § 79 SGB XI i. V. m. §§ 26 ff Rahmenvertrag entnehmen,
jedoch sei die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erforderlich, das den Anforderungen des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterworfen sei. Der Grundsatz der Beitragstabilität werde von der Höhe der
Pflegesätze nicht berührt. Die Zuschüsse der Pflegekassen seien von vornherein durch § 43 SGB XI begrenzt. Aus §
79 SGB XI lasse sich kein Recht ableiten, dass Pflegekassen stellvertretend für andere Sozialleistungsträger, wie
Sozialhilfeträger, eine WP durchzuführen hätten. Dass eine solche Prüfung - wie das SG ohne Angabe von Gründen
meine - alle fünf Jahre vorzunehmen sei, wenn der Prozentsatz der Patienten, die auf Kosten der Pflegeversicherung
oder der Sozialhilfe in einer vollstationären Einrichtungen untergebracht seien, gegen 100 tendiere, finde keinerlei
Grundlage. Das SG habe nicht hinreichend gewürdigt, dass die Landesverbände der Pflegekassen die Kündigung des
Versorgungsvertrages mit dem Stift R. angedroht hätten, falls sich dieses weiterhin weigere an der beabsichtigten WP
mitzuwirken. Im Übrigen nahm die Klägerin auf ihr Vorbringen in erster Instanz Bezug, insbesondere darauf, dass das
Vorgehen der Beklagten die Grundsätze der Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit verletze. Im Schreiben vom 5.
November 2004 ließ sie den Hilfsantrag fallen.
Die Beklagten vertraten die Auffassung, das Stift R. werde von der Klägerin als vollstationäre Pflegeeinrichtung im
Verbund mit einer Behinderteneinrichtung und einer Reha-Klinik betrieben und nehme - bayernweit - eine
Sonderstellung ein. Neben Senioren würden dort - nicht zuletzt wegen der angeschlossenen Reha-Klinik - Patienten
mit multipler Sklerose, chronisch psychischen Erkrankungen, Beatmungspatienten und Apalliker versorgt. Der
Pflegesatz sei relativ hoch. Bei den bayernweit durchgeführten WP`en seien diese Umstände bei der Ausübung des
Auswahlermessens von Bedeutung gewesen. Die noch immer nicht abgeschlossenen Umstrukturierungen könnten
nicht dazu führen, dass eine WP auf nicht absehbare Zeit hinausgezögert werde. Im Übrigen verwiesen sie auf die
zutreffende Urteilsbegründung des SG. Im Hinblick auf die Geeignetheit der Maßnahme nähmen sie auf den
beigefügten Aufsatz Bezug, der die WP und die Instrumente des internen Betriebsvergleichs, sowie des externen
Marktvergleichs näher erläutere. Nach Zustellung des Urteils des SG habe die Klägerin erklärt, sie werde weiterhin
nicht bei der WP mitwirken. Auf Grund von Heimbegehungen am 16. Oktober 2003, 24. Juni 2004 und 26. Januar
2005 hätten sich Zweifel ergeben, ob das Stift R. überhaupt eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung im Sinne
des § 71 SGB XI sei. Bei Durchsicht der Dienstpläne habe sich gezeigt, dass Mitarbeiter aus dem Pflegebereich in
der angeschlossenen Rehabilitation-Klinik tätig gewesen seien. Die Besichtigungsberichte lege sie vor.
Dieser Auffassung trat die Klägerin entgegen. Die angeordnete WP vernachlässige die Prüfung von Fragen der
Wirksamkeit und sei bereits deshalb ein untaugliches Instrument, da die Wirtschaftlichkeit das Verhältnis von
Aufwand zu Ertrag messe. Sie wies auf Beiträge von Professor Zacher und Professor Igl anlässlich eines
Symposiums am 21. Oktober 2005 in Berlin hin (Thema: Passt die Prüfung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der
Pflegeleistungen in die wettbewerbliche Ausrichtung des SGB XI?). Die Beklagten erwiderten hierzu, die streitige WP
solle gerade nicht das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag darstellen, sondern die sog. Kostenwirtschaftlichkeit, nämlich
das Verhältnis von Ist-Kosten zu Soll-Kosten. Bei der WP sollten die Wirksamkeit der Pflegeleistungen nicht
unberücksichtigt bleiben, sondern die Ergebnisse aktueller Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung (MDK) miteinbezogen werden. Sie böten ausdrücklich eine gekoppelte Wirtschaftlichkeits- und
Wirksamkeitsprüfung an. Im Übrigen erklärten sie, ihrer Meinung nach sei nach wie vor gegen die Einleitung einer WP
kein Rechtsweg gegeben.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004 aufzuheben und festzustellen, dass
die Beklagten nicht berechtigt sind, die angekündigte Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 79 SGB XI durchzuführen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004
zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der
Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Die Berufung richtet sich - wie bereits vom SG so gesehen - gegen die Landesverbände der Pflegekassen (§ 52 SGB
XI), die gemeinsam in Form einer Arbeitsgemeinschaft (§ 81 Abs. 1 SGB XI) im vorangegangenen
Verwaltungsverfahren aufgetreten waren. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind richtigerweise die einzelnen
Landesverbände als Beklagte aufgeführt.
Zutreffend gehen die Klägerin und auch das SG davon aus, dass die von den Beklagten angekündigte WP keinen
Verwaltungsakt darstellt. Es handelt sich um eine Streitigkeit im durch Vertragsrahmen vorgegebenen
Gleichordnungsverhältnis, das kein einseitig hoheitliches Handeln in Form der Setzung von Verwaltungsakten zulässt.
Eine gesetzliche Ermächtigung der Beklagten zum Erlass von Verwaltungsakten - wie z. B. in § 73 Abs. 2 SGB XI für
den Fall einer Klage gegen eine Kündigung - im Rahmen von Maßnahmen nach dem hier allein in Betracht
kommenden § 79 SGB XI besteht nicht. Im Gleichordnungsverhältnis scheiden daher Anfechtung- und
Verpflichtungsklagen aus (vgl. BSGE 77, 194). Die Beklagten haben im Einleitungsschreiben vom 11. August 2001
und auch in späteren Schreiben keinen Verwaltungsakt erlassen.
Die von der Klägerin zuletzt gewählte - negative - Feststellungsklage ist zulässig. Mit dieser Klage kann u.a. die hier
allein in Betracht kommende Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt
werden (§ 55 Abs. 1 SGG). Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder
zwischen Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm des
öffentlichen Rechts für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben
(Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, Kommentar, 8.Aufl., § 55 Rn 4). Dabei muss das Rechtsverhältnis soweit
konkretisiert sein, dass nicht bloß die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage im Streit steht. Es muss sich demnach
um das Berühmen eines Anspruchs oder das Bestreiten eines Anspruchs aus einer öffentlich-rechtlichen Norm
aufgrund eines konkreten Sachverhalts handeln. Hierüber muss zwischen den Beteiligten ein Meinungsstreit
bestehen. Ziel der Feststellungsklage kann auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten sein, die auf dem
Rechtsverhältnis basieren und vom Inhalt des Rechtsverhältnisses abhängen.
Dieser Meinung hängen die Beklagten an. Sie vertreten die Ansicht, wenn schon der nach Abschluss der WP zu
erstellende Prüfbericht kein Verwaltungsakt sei und keine unmittelbaren Auswirkungen habe, müssten vorbereitende
Maßnahmen, wie die Mitwirkung der Klägerin an der WP in gleicher Weise ohne Rechtswirkung sein. In diesem Sinne
entschied auch das Bayerische Landessozialgericht (Bay LSG) in Eilverfahren zu gleichgelagerten Fällen (Bay LSG
Beschluss vom 21. Juni 2002 - L 7 B 123/02 P ER und vom 7. August 2002 - L7 B 129/02 P ER). Dort stellte der 7.
Senat des Bay LSG heraus, ein berechtigtes Interesse an einstweiligem Rechtsschutz fehle, weil die
Mitwirkungspflicht der antragstellenden Heimträgerin erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden müsse. Solange die
Antragstellerin die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteile, sei nicht zu erkennen, worin die " Durchführung " der WP
bestehen solle.
Unterschiedliche Rechtsmeinungen bestehen im vergleichbaren Fall, dass ein Landratsamt einen
Führerscheinbesitzer, gegen dessen Fahreignung Bedenken aufgekommen sind, auffordert, sich einer ärztlichen
Untersuchung zu unterziehen (vgl. Henn in NJW 1993, 3169 Fußn. 23). Dort wurde in der Anordnung lediglich eine
einen Verwaltungsakt, nämlich die Entziehung der Fahrerlaubnis, vorbereitende - nicht gesondert anfechtbare -
Maßnahme gesehen. Nach anderer Meinung solle auch in einer solchen Situation unter rechtsstaatlichen
Gesichtspunkten Rechtsschutz geboten sein (Henn a.a.O. Fußn. 24).
Der Senat vertritt die Auffassung, dass die Einleitung einer WP unter Mitwirkung der Klägerin zwar kein
Verwaltungsakt, aber ein mit der Feststellungsklage einklagbares Rechtsverhältnis ist, auch wenn die Verweigerung
der Mitwirkung nicht sanktioniert ist. Das für die Feststellungsklage erforderliche besondere Rechtschutzbedürfnis
besteht darin, dass das Rechtsverhältnis, nämlich der Versorgungsvertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten,
durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet ist (Thomas-Putzo, ZPO, Kommentar, 24. Aufl., § 256 Rn. 15) und
wegen einer drohenden Kündigung ein berechtigtes rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung der Streitfrage
besteht. Es geht um mehr als um die Klärung von bloßen Vorfragen eines Rechtsverhältnisses.
Mit ihrem zuletzt gestellten Antrag begehrt die Klägerin festzustellen, dass den Beklagten kein Recht zustehe, die
angekündigte WP für die Jahre 1999, 2000 und 2001 durchzuführen. Der Antrag ist damit auf Überprüfung eines erst in
der Zukunft zu erwartendes, noch nicht geschehenes Verhalten gerichtet. Es handelt sich somit um eine vorbeugende
Feststellungsklage, auch wenn sich die WP auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume bezieht.
Verwaltungsgerichtlicher und sozialgerichtlicher Rechtschutz sind grundsätzlich auf nachgängigen Rechtschutz
gerichtet. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der
Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich
der Verwaltung einzugreifen (Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., vor § 40 Rn 25). Vorbeugende Klagen sind
daher nur zulässig, wenn ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse besteht. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn
ein besonders schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtschutzes besteht, weil die
angekündigte Handlung zu Beeinträchtigungen führt, die nicht ohne Weiteres revidierbar sind (so auch BSG Urteil vom
28.01.1999 - 2 RU 8/92; Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95). Die Klägerin behauptet, ihr drohe wirtschaftlicher
Schaden, wenn sich die Beklagten - aus ihrer Sicht widerrechtlich - Einblick in die wirtschaftliche Gestaltung ihrer
Pflegeeinrichtung verschaffen und diese Erkenntnisse beispielsweise in der nächsten Verhandlung über
Pflegevergütungen verwerten könnten. Sie behauptet damit, sie laufe Gefahr, nicht ohne Weiteres revidierbare
Nachteile hinnehmen zu müssen. Dies reicht nach Auffassung des Senats aus, um ein qualifiziertes
Rechtschutzbedürfnis zu belegen. Die vorbeugende - negative - Feststellungsklage ist damit zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet, weil weder § 79 Abs. 1 und 2 SGB XI noch die gleichlautenden Bestimmungen der §§
26 Abs. 1 und 29 Abs. 1 Rahmenvertrag gegen höherrangiges Recht verstoßen. Insbesondere liegt kein Verstoß
gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG) oder den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG)
ergebenden Bestimmtheitsgrundsatz vor.
Nach § 79 Abs. 1 SGB XI können die Landesverbände die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der ambulanten,
teilstationären und vollstationären Pflegeleistungen durch von ihnen bestellte Sachverständige prüfen lassen, wobei
die Träger der Pflegeeinrichtungen verpflichtet sind, dem Sachverständigen auf Verlangen die für die Wahrnehmung
seiner Aufgaben notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Das Recht, dessen sich die
Beklagten berühmen, ist bereits als vertragliche Nebenpflicht gesetzlich verankert. Der begehrten Feststellung steht
somit das gesetzlich garantierte Recht der Beklagten auf Durchführung einer WP entgegen. Auf die dieses Recht
wiederholende Vorschrift des § 26 der Rahmenvereinbarung kommt es insoweit nicht an.
§ 79 Abs. 1 SGB XI verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass eine derartige WP
einen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit und damit in die Freiheit ihrer Berufsausübung bedeutet, was die
Beklagten einräumen. Jedoch lässt Art. 12 GG Einschränkungen durch gesetzliche Bestimmungen zu, sofern der
Kernbereich nicht wesentlich tangiert wird. Art. 12 Abs. 1 Satz 3 GG erstreckt sich sowohl auf die Berufsausübung als
auch auf die Berufswahl. Eingriffe in die Berufsausübung bedürfen gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen
Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Die gesetzlichen
Regelungen müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit wahren. Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn
rechtfertigenden Gründe müssen die Grenzen des Zumutbaren gewahrt werden (Schmidt-Bleibtreu, GG, Kommentar,
10. Aufl., Art. 12 Rn 48). Strengere Maßstäbe sind bei Eingriffen in die Berufswahl anzulegen, die hier nicht tangiert
wird. Der Grundrechtsschutz bei Berufsausübungsregelungen hat sich lediglich auf die Abwehr an sich
verfassungswidriger, z.B. übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen zu beschränken. Dabei muss die
gesetzliche Maßnahmen zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet, erforderlich und zumutbar sein.
Hierbei ist von der Beurteilung der Verhältnisse auszugeben, die dem Gesetzgeber bei der Vorbereitung des Gesetzes
möglich war; Irrtümer müssen in Kauf genommen werden (Schmidt-Bleibtreu, a.a.O., Art. 12 Rn 51). Das
gesetzgeberische Ermessen darf nur aus Gründen des Grundrechtsschutzes eingeengt werden. Zu berücksichtigen
ist, dass die Berufsausübung zu Gunsten wichtiger Gemeinschaftsinteressen reglementiert werden darf, die sich erst
aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen des Gesetzgebers ergeben.
An diesen Vorgaben gemessen hält der Senat die beabsichtigte WP der Einrichtung der Klägerin für
verfassungsgemäß. Die Leistungen der Pflegeversicherung müssen wirksam und wirtschaftlich sein, wie in §§ 4 Abs.
3, 29 Abs. 1, 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI ausdrücklich hervorgehoben. Allein aus diesem Grund ist es gerechtfertigt,
den Pflegekassen die Möglichkeit der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit ihrer Vertragspartner an die
Hand zugeben. Es stehen damit gewichtige Gemeininteressen im Vordergrund.
Dem Einwand der Klägerseite, die Konzeption der Pflegeversicherung basiere auf einer Marktorientierung und verbiete
Eingriffe in den freien Wettbewerb durch staatliche Überprüfung (so BSG im Urteil vom 14.12.2000, a.a.O.) und damit
WP en durch die Pflegekassen oder deren Verbände, ist entgegenzuhalten, dass auch Unternehmen der freien
Wirtschaft Offenbarungspflichten unterliegen wie im AktG und GmbHG, gegen die von keiner Seite Bedenken
geäußert werden. Viel eher wird in diesen Wirtschaftsbereichen im Interesse von Aktionären und Verbrauchern eine
höchstmögliche Transparenz gefordert. Es ist nicht hinnehmbar, dass auf einem Wirtschaftssektor, der nach wie vor
sehr stark von Leistungen aus Sozialversicherungssystemen und der öffentlichen Hand profitiert, eine andere
Betrachtungsweise gelten sollte. Allenfalls könnten die Prüfbedingungen im Einvernehmen vertraglich definiert und
ausgestaltet werden, was bislang nicht geschehen ist. Der Senat sieht in diesem Zusammenhang auch keinen
unzulässigen Eingriff in das Betriebsgeheimnis, zumal die Beklagten zugestanden haben, die Prüfungsunterlagen nur
dem Sachverständigen zuzuleiten und dafür zu sorgen, dass nur dieser unmittelbar Einblick erlangt und nicht sie
selbst.
Die Einleitung eines Verfahrens der WP, wie von § 79 Abs. 1 SGB XI vorgegeben, verstößt auch nicht gegen den im
Rechtsstaatsprinzip durch Art. 20 GG verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Danach ist lediglich erforderlich, dass
das Handeln eines öffentlich-rechtlichen Trägers gesetzlich so genau umrissen und festgelegt sein muss, dass
Eingriffe der öffentlichen Gewalt für den Staatsbürger möglichst berechenbar und einer Überprüfung zugänglich sind
(Schmidt-Bleibtreu, a.a.O. Art. 20 Rn. 85 bis 87). Dies bedeutet aber nicht, dass unbestimmte Rechtsbegriffe wie
Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit per se eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes zur Folge hätten. Vielmehr
sind solche unbestimmte Rechtsbegriffe gegebenenfalls näher auszufüllen.
Die Bedenken, die von der Klägerin genannt und die in der Rechtswissenschaft (vgl. Zacher und Igls, in:
Informationen der Bundesgeschäftsstelle für stationäre Einrichtungen, Sonderausgabe 01/2006, S. 13 und S. 22, von
der Beklagten vorgelegt) gleichfalls gehegt werden, dass bislang keine hinreichenden Parameter zur Verfügung
stehen, um Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit im Pflegebereich so zu definieren, dass Vergleiche angestellt werden
können, teilt der Senat. Dies führt jedoch nicht zur Nichtigkeit einer Norm wegen Verstoßes gegen höherrangiges
Recht. Vielmehr ist es Aufgabe - letztendlich der Gerichte - derartige unbestimmte Rechtsbegriffe näher zu definieren.
Mit der Frage, wie diese unbestimmten Rechtsbegriffe generell auszulegen sind, braucht sich der Senat im Rahmen
der hier zu treffenden Entscheidung nicht zu befassen. Denn es geht nicht um die Frage, ob die Klägerin
unwirtschaftlich oder unwirksam Pflegeleistungen erbringt bzw. erbracht hat, sondern nur um die Feststellung, dass
die Beklagten zur Einleitung entsprechender Prüfmaßnahmen nicht berechtigt sind.
Ebensowenig hat der Senat zu entscheiden, ob die in § 79 Abs. 1 SGB XI vorgesehene WP sinnvoll ist. Dies ist dem
Gesetzgeber überlassen. Erst wenn es um die Beurteilung geht, ob die Klägerin nachweislich unwirtschaftlich oder
unwirksam Leistungen erbrachte und es gegebenenfalls daraufhin zu einem vertraglichen Einschreiten, z. B. einer
darauf basierenden Kündigung, gekommen wäre, wäre der Senat gehalten, die Auslegung der unbestimmten
Rechtsbegriffe zu überprüfen. Im hier gebotenen Rechtsschutz ist dies nicht erforderlich und auch nicht zulässig, weil
ansonsten die Grenzen zu einer im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen abstrakten Normenkontrolle
überschritten würden.
Gleiches gilt für die Behauptung der Klägerin, die in den Rahmenverträgen enthaltenen entsprechenden Regelungen
würden gegen Verfassungsrecht verstoßen. Da die hier einschlägigen Bestimmungen im Rahmenvertrag inhaltsgleich
mit § 79 SGB XI sind und nur dessen Wortlaut wiederholen, führt eine Überprüfung insoweit nicht weiter. Im Übrigen
wäre es Aufgabe der Vertragspartner, auf eine nähere Ausgestaltung des ob, wie und wann von Wirtschaftsprüfungen
einvernehmlich hinzuwirken.
§ 79 Abs. 1 SGB XI verstößt auch nicht deshalb gegen rechtsstaatliche Grundsätze, weil die nicht anlassbezogene
WP ins Ermessen der Beklagten gestellt wird. Bei der Ermessensabwägung ist allerdings das
Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Dies bedeutet, dass insofern der Grund für die Auswahl der Einrichtung
genannt werden muss (vgl. Igel in: Schrifttum zum öffentlichen Recht Band 1035, S. 115 ff). Dieser Bedingung haben
die Beklagten entsprochen. Als Grund für die Auswahl der Einrichtung der Klägerin nannten sie die für das Stift R.
auffällig hohen Pflegesätze. Ob bei WP en anderer Einrichtungen, die ebenfalls nicht anlassbezogen waren und die
keine auffälligen Pflegesätze aufwiesen, dem Auswahlermessen entsprochen worden ist, kann hier offen bleiben. Eine
fehlerhafte Auswahl anderer Einrichtungen berührt die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Nach Meinung des Senats
genügt die Tatsache sehr hoher Pflegesätze, d. h. höher im Vergleich zum Durchschnitt der Pflegesätze in der
Region, um eine nicht anlassbezogene WP einzuleiten. Mit der Frage, ob eine Umdeutung in eine anlassbezogenen
WP in Betracht kommt, braucht sich der Senat nicht zu beschäftigen. Die Beklagte beruft sich ausdrücklich nicht auf
das Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen.
Eine gesetzliche Grundlage für nicht anlassbezogene WP`en im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren, wie vom SG
für notwendig gehalten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine derartige Handhabung könnte allenfalls
einvernehmlich vertraglich geregelt werden.
Insgesamt kommt der Senat zum Ergebnis, dass die von den Beklagten am 10. August 2001 angekündigte WP
zulässig ist. Die auf negative Feststellung gerichtete Klage ist unbegründet. Die Berufung gegen das Urteil des SG
vom 15. Juli 2004 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung, ob eine nicht anlassbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung
statthaft ist, zugelassen.