Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 01.10.2015

eheähnliche gemeinschaft, eheähnliche lebensgemeinschaft, hypertonie, eheliche gemeinschaft

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 1.10.2015, L 7 SO 118/14
Leitsätze
1. Gewichtiges Indiz für das neben den objektiven Merkmalen einer eheähnlichen
Partnerschaft erforderliche subjektive Element des gemeinsamen Willens, füreinander
Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, ist die Dauer des
gemeinsamen Zusammenlebens (vorliegend mehr als 40 Jahre).
2. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft kann jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes
Verfahren aufgelöst werden. Eine hinreichend sichere Feststellung ist jedoch nur dann
möglich, wenn die Entscheidung zur Beendigung durch äußere Umstände
hinreichend klar dokumentiert wird. Die bloße Erklärung, die Partnerschaft aufgelöst zu
haben, genügt nicht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19.
November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Zwischen den Beteiligten sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) -
Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 streitig.
2 Der 1939 geborene Kläger ist seit 1969 geschieden. Der Kläger bezieht seit 1.
August 2004 eine Altersrente nebst Zuschuss zur privaten Krankenversicherung
und zwar ab Juli 2009 in Höhe von 532,92 EUR, ab Januar 2011 von 534,41 EUR,
ab Juli 2011 von 539,71 EUR und ab Juli 2012 von 551,50 EUR. Der Kläger ist bei
der Versicherung zum Basistarif (ab 1. Januar 2009) privat kranken- und
pflegeversichert und musste im streitgegenständlichen Zeitraum monatliche
Beiträge in Höhe von 316,24 EUR, ab Januar 2011 von 315,88 EUR, ab Juli 2011
von 323,92 EUR und ab Januar 2012 von 333,73 EUR aufbringen.
3 Die Versorgungsverwaltung stellte bei dem Kläger ab 15. Oktober 2008 einen Grad
der Behinderung (GdB) von 80 sowie die Merkzeichen „G“ und „B“ fest und erhöhte
den GdB zum 4. November 2009 auf 90.
4 Bis zur Zwangsversteigerung der vormals in seinem Eigentum stehenden
Wohnung Ü. bewohnte der Kläger diese mit der am 22. November 1943
geborenen C.B.. C.B. mietete zum 1. März 2004 eine Zwei-Zimmerwohnung (ca.
63,44 m²) in L. für die eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 550,00 EUR
(410,00 EUR Grundmiete + 20,00 EUR Stellplatz + 120,00 EUR
Betriebskostenvorauszahlung) zu entrichten war. Der Kläger schloss unter dem 6.
April 2004 mit C.B. einen „Unter-Mietvertrag“ für die Zeit ab 5. April 2004. Darin
verpflichtet er sich, an C.B. eine monatliche Miete von 205,00 EUR sowie eine
monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 80,00 EUR zu entrichten. Weiterhin
verpflichtete er sich, an C.B. für die Mitbenutzung der Küche einschließlich Herd,
Geschirrspüler, Kühlschrank und Waschmaschine einen Betrag von monatlich
20,00 EUR, für individuellen Stromverbrauch von monatlich 15,00 EUR, für den
individuellen Verbrauch an Kaltwasser, Warmwasser und Abwasser von monatlich
15,00 EUR und monatliche Gebühren für Müllabfuhr von 7,00 EUR zu zahlen. Der
Untermietvertrag enthält u.a. folgenden Zusatz:
5
„Es wird weiter festgestellt, dass es sich bei diesem Untermietverhältnis um eine
reine Wohngemeinschaft - Notlösung handelt, weil die Wohnung des Klägers in Ü.
im Februar 2004 versteigert wurde. Lebenshaltung und Lebenshaltungskosten der
Parteien sind strikt getrennt. Ein finanzielles und persönliches Eintreten
füreinander ist ausdrücklich ausgeschlossen, es handelt sich um kein
eheähnliches Verhältnis.“
6 Der Kläger bezieht seit 1. April 2004 Leistungen der Sozialhilfe, ab 1. Juli 2004 der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dabei ging der Beklagte
zunächst nicht von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger
und C.B. aus. Der Beklagte berücksichtigte zunächst einen „Mischregelsatz“ und
ab Juli 2008 den Regelbedarf für Alleinstehende (vgl. Bescheide vom 24. Juni
2008, 18. Juli 2008).
7 Aufgrund eines Schlaganfalls befand sich der Kläger vom 17. Juli bis zum 24. Juli
2008 in stationärer Behandlung (Entlassbericht der Klinik; Diagnosen: embolisch
bedingter RMCA-Infarkt, Vorhofflimmern, diskrete Hemiparese links, visueller
Neglect nach links, homonyme Hemianopsie nach links, Anosognosie, arterielle
Hypertonie mit hypertensiver Entgleisung) und vom 18. August bis zum 21.
September 2008 zur medizinischen Rehabilitation (Entlassbericht der Kliniken vom
22. September 2008; Diagnosen: diskrete beinbetonte Hemiparese links,
ausgeprägte räumlich-konstruktive Störung und leichte Apraxie, embolischer
RMCA-Infarkt, chronisches Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie). In dem
Entlassbericht der Kliniken wurde C.B. als Lebensgefährtin, Partnerin, langjährige
Lebensgefährtin, Lebenspartnerin sowie beide als Paar bezeichnet.
8 Am 5. August 2008 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Attests des Arztes
Dr. vom 31. Juli 2008, wonach dieser aufgrund arterieller Hypertonie eine
natriumdefinierte Kost benötige, eine monatliche Krankenkostzulage in Höhe von
25,56 EUR. Für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2009 berücksichtigte
der Beklagte einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56
EUR.
9 Mit Schreiben vom 3. November 2008 teilte der Kläger mit, dass sich C.B. bereit
erklärt habe, seine Betreuung, Begleitung und Versorgung seit seinem
Schlaganfall im Juli 2008 zu übernehmen. Diese habe ihn auch während der
stationären Aufenthalte laufend besucht. C.B. fahre ihn laufend zu wöchentlichen
Blutuntersuchungen, zum Arzt und zur Apotheke. Mit seinem Fortzahlungsantrag
vom 2. Juni 2009 legte der Kläger ein weiteres Attest des Arztes Dr. vom 19. Mai
2009 vor, worin dieser dem Kläger weiterhin aufgrund der arteriellen Hypertonie die
Notwendigkeit einer natriumdefinierten Kost bescheinigte. Mit Bescheid vom 29.
Juni 2009 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2009 bis zum 31.
Juli 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger weiter Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, lehnte
jedoch die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs ab.
10 Am 2. Juli 2009 reichte der Kläger erneut eine ärztliche Bescheinigung des Arztes
Dr. vom 30. Juni 2009 über eine lebenslange Notwendigkeit einer
natriumdefinierten Kost ein. Der Beklagte blieb bei seiner Ablehnung eines
Ernährungsmehrbedarfs (Bescheide vom 30. Juni 2009 und 25. August 2009) und
stützte sich dabei auf die Empfehlungen des Vereins. Bei dem Krankheitsbild des
Klägers sei eine gesunde Vollkost, die über den normalen Regelsatz abgedeckt
sei, völlig ausreichend.
11 Der Kläger und C.B. mieteten zum 1. Oktober 2009 eine Zwei-Zimmerwohnung (62
m²) in der Seniorenwohnanlage. Seitdem haben sie eine monatliche Kaltmiete in
Höhe von 285,20 EUR nebst Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von
140,00 EUR (ab 1. Juli 2011 von 160,00 EUR) und eine
Leistungsbereitstellungspauschale für die Vorhaltung eines Betreuungs- und
Serviceangebots in Höhe von 75,00 EUR zu entrichten.
12 In der Zeit vom 2. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2010 befand sich der Kläger
erneut in stationärer Behandlung; in dem Entlassbericht der Kliniken vom 15.
Januar 2010 wurde C.B. als „Ehefrau“ bezeichnet.
13 Nachdem der Beklagte vom Umzug des Klägers Kenntnis erlangt und dieser den
Mietvertrag für die Wohnung eingereicht hatte, forderte der Beklagte mit Schreiben
vom 7. April 2010 den Kläger auf, eine Erklärung über das Bestehen einer
eheähnlichen Gemeinschaft vollständig auszufüllen sowie Unterlagen betreffend
C.B., insbesondere zu deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen,
vorzulegen. Mit Schreiben vom 12. April 2012 nahm der Kläger dahingehend
Stellung, dass eine „Bezugs- und Bedarfsgemeinschaft“ nicht existiere. C.B. und er
hätten finanziell nichts miteinander zu tun. C.B., mit der er gemeinsam die
Wohnung in der Seniorenresidenz angemietet habe, betreue und begleite ihn als
Schwerbehinderten „ehrenamtlich“. Die Betreuung und Begleitung sei aufgrund
seines schlechten Gesundheitszustandes erforderlich und habe absolut nichts mit
einer „Bezugsgemeinschaft“ oder einem „eheähnlichen Verhältnis“ zu tun. Sie
nutzten die Wohnung gemeinsam in einer Wohngemeinschaft. Nach zwei
Schlaganfällen und einem epileptischen Anfall sei es ihm nicht möglich, für C.B.
persönlich oder finanziell einzustehen. C.B. sei 66 Jahre alt und leide ebenfalls an
einer chronischen Erkrankung. Sie sei nicht in der Lage, finanziell für ihn zu
sorgen. Es bestehe kein „eheähnliches Verhältnis“, keine „eheähnliche
Gemeinschaft“. Die finanziellen Belange würden separat geregelt. Er - der Kläger -
benötige eine natriumarme Kost. Er legte eine Rentenanpassungsmitteilung der
DRV für C.B. zum 1. Juli 2009 (monatlicher Rentenzahlbetrag 540,36 EUR; lt.
Schreiben der DRV vom 16. Juli 2012 ab Juli 2012 560,13 EUR) sowie eine
Nichtveranlagungs-Bescheinigung des Finanzamts für die Zeit vom 1. Januar 2010
bis zum 31. Dezember 2012 vor. Mit Schreiben vom 18. Mai 2012 brachte der
Kläger ergänzend vor, dass jeder seine Miete, Betriebs- und Betreuungskosten
separat zahle. Es bestehe weder ein gemeinsames Konto noch eine gemeinsame
Kasse, ebenso wenig eine gemeinsame Versicherung, eine Kontovollmacht, ein
gemeinsames Wirtschaften und eine Befugnis, über Einkommen und
Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen. Gemeinsame Planungen und
Anschaffungen gebe es nicht. Sämtliche Einnahmen würden ausschließlich zur
Befriedigung eigener Bedürfnisse und eigener Verpflichtungen verwendet. Das
Zusammenleben in der Wohngemeinschaft diene der Bewältigung seiner
gesundheitlichen Notsituation. Eine gemeinsame Haushaltsführung und eine
gemeinsame haushaltliche Tätigkeit fänden nicht statt. C.B. habe außer der
kleinen Rente sonst keine Einnahmen, kein Vermögen und keinen
Immobilienbesitz, keine Versicherung, keine Kapitallebensversicherung und
Sterbegeldversicherung. Ein weiteres Ausforschen von C.B. sei unzulässig und
werde von ihr abgelehnt. C.B. habe die bei Einzug in die neue Wohnung zu
zahlende Kaution finanziert und die Umzugskosten getragen, wobei sämtliche
Einrichtungsgegenstände C.B. gehörten.
14 Ausweislich eines Aktenvermerks vom 25. Mai 2010 gelangte der Beklagte zu der
Einschätzung, dass das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft derzeit nicht
bewiesen werden könne. Mit Bescheid vom 26. Mai 2010 bewilligte er dem Kläger
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem
SGB XII für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Juli 2010 und berücksichtigte
dabei u.a. den Regelbedarf für Alleinstehende. In dem Bescheid wies er darauf hin,
dass aufgrund des langjährigen Zusammenlebens und der Anmietung einer
gemeinsamen Wohnung erhebliche Zweifel am Nichtbestehen einer eheähnlichen
Gemeinschaft bestünden, allerdings Gegenteiliges derzeit nicht bewiesen werden
könne. Er forderte den Kläger auf, Nachweise bzw. Kontoauszüge, aus denen ein
getrenntes Wirtschaften hervorgehe, einen Wohnungsgrundriss sowie Nachweise
über die Vermögensverhältnisse der C.B. vorzulegen. Einen Hausbesuch des
Beklagten zur Ermittlung der Wohnverhältnisse lehnte der Kläger wiederholt ab
(z.B. Schreiben vom 5. Juli 2010,12. Juli 2010, 15. September 2010).
15 Mit seinem Fortzahlungsantrag vom 8. Juni 2010, mit dem er auch eine
kostenaufwändige Ernährung beantragte, reichte der Kläger u.a. einen Grundriss
für die von ihm bewohnte Wohnung ein. Angaben zu den Einkommens- und
Vermögensverhältnissen der C.B. machte er nicht. Der Beklagte bewilligte dem
Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2011
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem
SGB XII und zwar in Höhe von 225,12 EUR, ab Januar 2011 248,83 EUR, ab März
2011 284,20 EUR, im Mai 2011 326,61 EUR und ab Juni 2011 248,83 EUR
(Bescheide vom 21. Juli 2010, 15. Dezember 2010, 11. Januar 2011, 25. März
2011, 29. April 2011, 11. Mai 2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte einen
Regelbedarf in Höhe von 323,00 EUR abzüglich eines Warmwasseranteils in Höhe
von 5,82 EUR (August bis Dezember 2010) bzw. ab Januar 2011 328,00 EUR,
einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 54,91 EUR bzw. ab
Januar 2011 55,76 EUR, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe
von 144,09 EUR bzw. ab 1. Januar 2011 149,38 EUR sowie die hälftigen
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einschließlich der
Betreuungspauschale in Höhe von 250,10 EUR und zweier
Betriebskostennachzahlungen (März 2011: 35,37 EUR; Mai 2011: 77,78 EUR).
Einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung legte er der
Bedarfsberechnung nicht zugrunde.
16 Gegen den Bescheid vom 21. Juli 2010 und die Änderungsbescheide vom 15.
Dezember 2010, 11. Januar 2011 und 11. Mai 2011 legte der Kläger Widerspruch
ein und begehrte höhere Grundsicherungsleistungen. Ihm stehe der Regelbedarf
für Alleinstehende zu. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien
vollständig zu übernehmen. Auch stehe ihm ein Mehrbedarf wegen
kostenaufwändiger Ernährung zu.
17 Mit Schreiben vom 9. August 2010 reichte der Kläger eine von ihm und C.B.
unterschriebene „Erklärung über Vermögen im Ausland“ sowie eine ausschließlich
von ihm unterzeichnete „Erklärung über das Vermögen“ ein.
18 Auf den Weiterbewilligungsantrag, in dem der Kläger erneut einen
ernährungsbedingten Mehrbedarf wegen chronischer arterieller Hypertonie geltend
machte und Atteste des Dr. vom 19. Mai 2011 und 6. Juni 2011 vorlegte, bewilligte
der Beklagte für den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2011 bis zum 31. Juli
2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII und zwar in Höhe von 253,53
EUR (Bescheide vom 22. Juni 2011 und 8. Juli 2011). Dabei legte der Beklagte
seiner Bedarfsberechnung einen Regelbedarf in Höhe von 328,00 EUR, einen
Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 55,76 EUR, Beiträge zur
privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 149,38 EUR, die hälftigen
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nebst Betreuungspauschale in Höhe
von 260,10 EUR zugrunde. Einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger
Ernährung lehnte er unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Vereins ab. Auch
dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
19 Der Beklagte wies die klägerischen Widersprüche gegen seine Entscheidungen
betreffend die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für
die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zurück (Widerspruchsbescheid
vom 17. August 2011).
20 Dagegen hat der Kläger am 24. August 2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz
(SG) erhoben. Auf den gleichzeitig angebrachten einstweiligen
Rechtsschutzantrag hat das SG mit Beschluss vom 28. September 2011 (S 3 SO
2320/11 ER) den Beklagten verpflichtet, dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 1.
Januar 2009 bis zum 31. Juli 2012, längstens bis zum Abschluss des
Klageverfahrens, weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung zu gewähren, die sich aus der Berücksichtigung des halben
Basistarifs seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf ergeben.
21 Mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 hat der Beklagte den Beschluss des SG
umgesetzt und dem Kläger ab 1. Januar 2009 vorläufig und unter dem Vorbehalt
der Rückforderung Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII unter
Berücksichtigung des halben Basistarifs der privaten Kranken- und
Pflegeversicherung gewährt sowie den Nachzahlungsbetrag an die
Krankenversicherung ausbezahlt. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 bewilligte
der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Juli 2012 nun
Grundsicherungsleistungen in Höhe von 448,41 EUR und berücksichtigte die vom
Kläger ab Januar 2012 geschuldeten Beiträge zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 333,73 EUR.
22 Auf Anfrage des Beklagten hat Dr. vom Gesundheitsamt des Beklagten mit
Schreiben vom 29. November 2011 zu dem geltend gemachten
ernährungsbedingten Mehrbedarf dahingehend Stellung genommen, dass aus
ernährungsmedizinischer Sicht bei den vorliegenden Erkrankungen bezüglich der
arteriellen Hypertonie salzarm gekocht werden müsse und besondere salzreiche
Speisen gemieden werden müssten. Eine übliche salzarme Vollkost sei zu
empfehlen. Auch bezüglich der Medikation mit Marcumar sei von einer üblichen
Vollkost nicht abzuweichen. Es sei nicht nötig, dass die betroffenen Patienten einer
speziellen Ernährung bedürften. Der Kläger müsse lediglich darauf achten,
Nahrungsmittel mit einem hohen Vitamin-K-Gehalt nicht im Übermaß zu
konsumieren. Aus ärztlicher Sicht bedingten die Gesundheitsstörungen weder im
Einzelnen noch in der Summe einen Mehrbedarf bei der Ernährung.
23 Der Beklagte hat dem Kläger die Stellungnahme des Gesundheitsamtes übersandt
und darauf hingewiesen, dass ein Mehrbedarf für eine kostenaufwändige
Ernährung nicht bewilligt werden könne (Schreiben vom 6. Dezember 2011). Mit
Bescheid vom 19. Dezember 2011 hat der Beklagte nun den vom Kläger in der
Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 zu entrichtenden monatlichen
Beitrag zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 323,92
EUR berücksichtigt. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2011 hat er die Erhöhung
des Regelsatzes zum 1. Januar 2012 umgesetzt und dem Kläger einen
monatlichen Leistungsbetrag in Höhe von 448,41 EUR (Regelbedarf 337,00 EUR,
Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII 57,29 EUR, Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung einschließlich Betreuungspauschale 260,10 EUR)
bewilligt. Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 hat der Beklagte die zum 1. Juli 2012
eingetretene Rentenerhöhung berücksichtigt und u.a. für Juli 2012 einen
Leistungsbetrag von 436,62 EUR bewilligt. Schließlich hat er mit Bescheid vom 4.
Juli 2012 für Juli 2012 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von
128,75 EUR im Hinblick auf eine Betriebskostennachzahlung gewährt.
24 Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. November
2013 den Klaganspruch insoweit anerkannt, als der Kläger die Berücksichtigung
des halben Basistarifs seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf
verlangt. Das SG hat C.B. als Zeugin vernommen und die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche
Verhandlung vor dem SG am 19. November 2013 Bezug genommen (Bl. 52/56 der
SG-Akten).
25 Das SG hat zur Begründung der Klageabweisung u.a. ausgeführt, dass die
angefochtenen Bescheide nicht weitergehend rechtswidrig, als der Beklagte dies
bereits anerkannt habe, seien. Insbesondere habe der Kläger keinen höheren
Anspruch unter dem Gesichtspunkt, dass bei ihm vom Regelbedarf eines
Alleinstehenden auszugehen wäre. Für die Zeit vom 1. August bis zum 31.
Dezember 2010 sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einem
Regelsatz von 323,00 EUR (90% des Eckregelsatzes von 359,00 EUR)
ausgegangen sei. Der Kläger und C.B. hätten in einer eheähnlichen Gemeinschaft
gelebt, sodass der Kläger keine höheren Leistungen erhalten könne, als wenn er
verheiratet wäre (§ 20 Satz 1 SGB XII). Nach der aus der Beweisaufnahme
gewonnenen Überzeugung des Gerichts habe zwischen dem Kläger und C.B. eine
eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und
Einstehensgemeinschaft vorgelegen. Diese hätten nicht lediglich in einem
Haushalt zusammengewohnt, sondern diesen über die bloße Wohngemeinschaft
hinaus auch gemeinsam im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft geführt. Darüber
hinaus liege auch eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs-
und Einstehensgemeinschaft vor. Die Beziehung des Klägers und der Zeugin C.B.
sei auf Dauer angelegt, sie bestehe seit 1970. Die Partner hätten seitdem jeweils
gemeinsam die Wohnung gewechselt. Daneben bestehe keine weitere
Lebensgemeinschaft gleicher Art. Sie benutzten ihre relativ kleine Wohnung
gemeinsam, getrennte Lebensbereiche gebe es nicht. Auch gestalteten sie ihren
Tagesablauf weitgehend gemeinsam. Für ein „Einstehen“ spreche insbesondere,
dass sich die Beziehung auch trotz Krankheit und Behinderung des Klägers
zumindest fortgesetzt, vielleicht sogar intensiviert habe. So kümmere sich C.B. um
die Belange des Klägers. Dieses Verhältnis gehe weit über die behauptete
ehrenamtliche Pflege des Klägers hinaus. Dem Umstand, dass der Kläger mit C.B.
mehr als 40 Jahre in einer Wohnung zusammenlebe, komme ein großes
Übergewicht bei der Überzeugungsbildung der Kammer zu. Liege damit eine
eheähnliche Lebensgemeinschaft vor, so habe der Beklagte beim Kläger zu Recht
einen Regelbedarf in Höhe von maximal 90% des Eckregelsatzes angesetzt. Für
weitere bislang nicht berücksichtigte Bedarfe oder eine abweichende Festlegung
des Regelsatzes bestünden keine Anhaltspunkte. Für die Zeit vom 1. Januar 2011
bis zum 31. Juli 2012 bestimme sich der Regelbedarf nach der Anlage zu § 28
SGB XII. Nach dieser Anlage bestimme die Regelbedarfsstufe 2 die Leistung für
jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner
oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen
gemeinsamen Haushalt führten. Sie sei ab 1. Januar 2011 mit 328,00 EUR
ausgewiesen.
26 Gegen das seinem Bevollmächtigten am 10. Dezember 2013 zugestellte Urteil
wendet sich der Kläger mit seiner am 9. Januar 2014 beim Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Es bestehe keine Ehe, keine
eingetragene Lebenspartnerschaft, kein eheähnliches Verhältnis, keine
Bezugsgemeinschaft, sondern nur eine Wohngemeinschaft, die in der Not
altersbedingt und aus gesundheitlichen Gründen gebildet worden sei, wobei das
gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zu dem Zweck und der Sicherstellung der
Hilfe und Versorgung erfolgt sei (§ 36 Satz 3 SGB XII a.F.; nunmehr § 39 Satz 3
SGB XII). Es könne nicht angehen, dass das SG die Umstände und Verhältnisse,
die vor dem Schlaganfall bzw. vor dem Eintritt der Schwerbehinderung gegeben
gewesen seien, als maßgeblich dem Urteil zugrunde lege. Ein Zusammenleben in
einer Wohnung sowie eine notwendige Begleitung, Versorgung und Betreuung auf
ärztliche Empfehlung sei kein Indiz dafür, dass eine eheähnliche Gemeinschaft
bestehe. Zudem sei eine Kürzung des Regelbedarfs nicht zulässig, weil es nur
einen Leistungsberechtigten gebe. Es bestehe kein Anlass, die Einkommens- und
Vermögenssituation der C.B. offenzulegen.
27 Der Kläger beantragt sinngemäß,
28 das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2013 abzuändern und
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 21. Juli 2010, 29. April
2011, 22. Juni 2011, 8. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.
August 2011 sowie der Bescheide vom 28. Dezember 2011 und 2. Juli 2012 zu
verurteilen, ihm höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung des Regelbedarfs
für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen
Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung
für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zu gewähren.
29 Der Beklagte beantragt,
30 die Berufung zurückzuweisen.
31 Der Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG.
32 Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 25. November 2014 für das
Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt D.
beigeordnet. Mit Verfügung vom 27. November 2014 hat der Berichterstatter den
Klägerbevollmächtigten aufgefordert, mitzuteilen, bei welchem Arzt der Kläger in
der Zeit von August 2010 bis Juli 2012 in ärztlicher Behandlung gewesen ist, und
ihn aufgefordert, eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Klägers
vorzulegen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2014 hat der Kläger verschiedene
Unterlagen, u.a. eine gegenüber dem Versorgungsamt des Landratsamts unter
dem 11. November 2009 erteilte Entbindungserklärung in einem Verfahren nach
dem Sozialgesetzbuch (SGB ) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe
behinderter Menschen - (SGB IX) vorgelegt. Mit Verfügung vom 5. Februar 2015
hat der Berichterstatter den Bevollmächtigten des Klägers (zugestellt am 9.
Februar 2015) aufgefordert, binnen zwei Wochen die bereits angeforderte
Schweigepflichtentbindungserklärung vorzulegen, und darauf hingewiesen, dass
weitere Ermittlungen, insbesondere hinsichtlich eines Mehrbedarfs wegen
kostenaufwändiger Ernährung, nur mit der geforderten Mitwirkung des Klägers
möglich seien. Sollte der Kläger seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht
nachkommen, könne dies dazu führen, dass der Senat anspruchsbegründende
Tatsachen nicht feststellen könne, was zu Lasten des Klägers gehen könne.
33 Einstweilige Rechtsschutzverfahren des Klägers bezüglich höherer
Grundsicherungsleistungen für die Vergangenheit ab 21. Juli 2010 und vorläufiger
Grundsicherungsleistungen ab August 2014 hatten keinen Erfolg (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 24. April 2014 - L 7 SO 1567/14 ER-B -; vom 21. August
2014 - L 7 SO 3348/ 14 ER-B -; vom 19. November 2014 - L 7 SO 4479/14 ER-B -;
vom 3. März 2015 - L 7 SO 560/15 ER-B -).
34 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Verfahrensakten
des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
35 Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
36 1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft
und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Denn
der Kläger begehrt mit seiner Berufung laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr,
nämlich für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012.
37 2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bilden die Bescheide vom
21. Juli 2010, 29. April 2011, 22. Juni 2011, 8. Juli 2011 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 (§ 95 SGG) sowie die gem. § 96
SGG einzubeziehenden Bescheide vom 28. Dezember 2011 und 2. Juli 2012, mit
denen der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung, u.a. einen Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 2 und einen
entsprechenden Mehrbedarf wegen Gehbehinderung gewährt und die Gewährung
eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung abgelehnt hat. Dagegen
wendet sich der Kläger statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und
Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt höhere Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt
des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs
wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger
Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012. Der Kläger hat
sein Begehren - in Einklang mit den durch die angefochtenen Bescheide
geregelten Bewilligungsabschnitten - auf den Zeitraum von August 2010 bis Juli
2012 ausdrücklich beschränkt (Niederschrift des SG vom 19. November 2013). Im
Recht der Sozialhilfe bilden der Regelsatz und die Mehrbedarfe i.S. des § 30 SGB
XII eigenständig abgrenzbare Streitgegenstände, die zum alleinigen Inhalt eines
Rechtsstreits gemacht werden können (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008 - B
8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 - juris Rdnr. 12 ff.; Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8
SO 8/08 R - BSGE 103, 181 - juris Rdnr. 13; Urteil vom 15. November 2012 - B 8
SO 3/11 R - juris Rdnr. 11). Höhere Kosten für Unterkunft und Heizung hat der
Kläger für den streitigen Zeitraum nicht geltend gemacht, zumal der Beklagte im
streitgegenständlichen Zeitraum die auf den Kläger entfallenden Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung (einschließlich Betreuungspauschale) vollständig
übernommen hat. Nachdem der Beklagte vor dem SG in der mündlichen
Verhandlung den Klaganspruch hinsichtlich der Beiträge zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe des halben Basistarifs anerkannt und der Kläger
dieses Teilanerkenntnis angenommen hatte, verfolgt er insoweit auch keine
Ansprüche mehr.
38 Demnach sind die Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2010 (Änderung der
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), vom 25. März 2011
(Betriebskostennachzahlung), 11. Mai 2011 (Betriebskostennachzahlung), 24.
Oktober 2011 (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und 19. Dezember
2011 (Änderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), 4. Juli 2012
(Betriebskostennachzahlung) nicht Gegenstand des vorliegenden
Berufungsverfahrens. Ebenso wenig ist der Bescheid vom 19. Juli 2012 betreffend
den (anschließenden) Bewilligungsabschnitte ab 1. August 2012 Gegenstand
dieses Rechtsstreits geworden.
39 3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen den
Beklagten kein Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt des Regelbedarfs für
Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung
sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1.
August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zu.
40 a. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr
vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren
notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften
und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten
können. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Älteren und dauerhaft voll
erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren
notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§
82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung zu leisten. Einkommen und Vermögen des nicht
getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen
Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII übersteigen, sind zu berücksichtigen (§ 19
Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung ;
§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung).
Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft
leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe
nicht besser gestellt werden als Ehegatten (§ 20 SGB XII); § 39 Satz 1 SGB XII ist
nicht anzuwenden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII).
41 Ob der Kläger, der die Altersgrenze erreicht hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Inland hat und seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus
eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann, zum Kreis der
Leistungsberechtigten gehört, lässt der Senat offen. Insbesondere bedarf es
vorliegend keiner Feststellungen dazu, ob und ggf. in welcher Höhe C.B. über
Einkommen und Vermögen verfügt hat, das dem Kläger als ihrem eheähnlichen
Lebenspartner zuzurechnen wäre. Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch
auf höhere als die vom Beklagten bewilligten Leistungen.
42 b. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
umfassen u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach §
28 SGB XII a.F. (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F.) bzw. die Regelsätze nach den
Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII (§ 42 Nr. 1 SGB XII) und die
Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII a.F. bzw. § 42 Nr. 2
SGB XII).
43 aa. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere
Leistungen nach dem SGB XII entsprechend dem Regelsatz bzw. Regelbedarf für
Alleinstehende und auf einen höheren Mehrbedarf wegen der Gehbehinderung
nach § 30 Abs. 1 SGB XII.
44 Gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. wird der gesamte Bedarf des notwendigen
Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme der zusätzlichen
Leistung für die Schule nach § 28a SGB XII a.F. sowie von Leistungen für
Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII a.F. und der Sonderbedarfe nach den
§§ 30 bis 34 SGB XII a.F. nach Regelsätzen erbracht; die Landesregierungen
setzen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen
der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII a.F. fest (§ 28 Abs. 2 Satz 1SGB XII
a.F.). Nach § 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung
der Regelsätze in der Sozialhilfe Baden-Württemberg vom 26. Mai 2009
(Regelsätze-VO BW) sind die monatlichen Regelsätze für den Haushaltsvorstand
und für allein stehende Personen auf 359,00 EUR (Nr. 1) und für
Haushaltsangehörige auf 215,00 EUR, 251,00 EUR bzw. 287,00 EUR festgesetzt
worden. Leben Ehegatten oder Lebenspartner zusammen, beträgt der Regelsatz
323,00 EUR (§ 1 Satz 2 Regelsätze-VO BW).
45 Nach § 27a Abs. 3 SGB XII sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den
Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, monatliche Regelsätze
zu gewähren (Satz 1). Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur
Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die
Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das
Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (Satz 2). Nach der
Anlage zu § 28 SGB XII betragen die Leistungen ab 1. Januar 2011 nach
Regelbedarfsstufe 1 364,00 EUR und nach Regelbedarfsstufe 2 328,00 EUR
sowie ab 1. Januar 2012 374,00 EUR bzw. 337,00 EUR. Der Regelbedarfsstufe 1
sind erwachsene leistungsberechtigte Personen, die als alleinstehende oder
alleinerziehende Personen einen eigenen Haushalt führen, zuzuordnen.
Regelbedarfsstufe 2 gilt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als
Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder
lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt
führen. Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe
des Mehrbedarfs nach § 42 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 SGB XII wegen einer
Gehbehinderung ab, der dem Kläger dem Grunde nach unstreitig zusteht.
46 Der Kläger ist nicht alleinstehend. Er hat jedenfalls im streitgegenständlichen
Zeitraum mit C.B. eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet, so dass der Beklagte
zutreffend den Regelsatz für Partner bzw. den Regelbedarf nach
Regelbedarfsstufe 2 (monatlich 323,00 EUR, ab Januar 2011 328,00 EUR und ab
Januar 2012 337,00 EUR) und den sich daraus ableitenden Mehrbedarf wegen
Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII (54,91 EUR, ab Januar 2011 55,76
EUR und ab Januar 2012 57,29 EUR) angesetzt hat. Der Abzug der
Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 5,82 EUR in der Zeit vom 1. August
2010 bis zum 31. Dezember 2010 hat der seinerzeit gültigen Rechtslage
entsprochen (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 16/10 R - juris 14 m.w.N.).
47 Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nach der Rechtsprechung des BVerfG dadurch
charakterisiert, dass sie eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen
Mann und Frau darstellt, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher
Art zulässt (vgl. auch zum Folgenden z.B. Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL
8/87 - juris Rdnr. 92 ff.). Sie zeichnet sich durch innere Bindungen aus, die ein
gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die
Beziehungen in einer reinen Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft hinausgehen.
Die Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen
Gemeinschaft ist also gerechtfertigt, wenn die Bindungen der Partner so eng sind,
dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des
Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so
sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen
Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur
Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht
dauernd getrennt lebender Ehegatten bei einer Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar.
Folglich führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zur Annahme einer
eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, sondern es
kommt auf den subjektiven Willen zur Bildung einer solchen zwar nicht rechtlich,
aber sittlich als verbindlich empfundenen Gemeinschaft an. Nach der an die
verfassungsgerichtliche Rechtsprechung anknüpfenden Rechtsprechung des
BSG (vgl. z.B. Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 16 ff.; Urteil
vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - juris Rdnr. 17 ff.; vgl. ferner Grube in
ders./Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 20 Rdnr. 9 ff.; Hohm in
Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 12 ff.; Schoch in
LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 3 ff.; Voelzke in jurisPK-SGB XII, § 20
Rdnr. 19 ff.) sprechen für eine eheähnliche Gemeinschaft u.a. deren
Dauerhaftigkeit und Kontinuität, eine gemeinsame Wohnung, eine bestehende
Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, das Zusammenleben mit Kindern, die
gemeinsame Versorgung von Angehörigen bzw. die Befugnis, über Einkommen
und Vermögen des Partners verfügen zu können, wobei diese Kriterien nicht
kumulativ vorliegen müssen und eine längere Dauer des Zusammenlebens das
gewichtigste Indiz für eine eheähnliche bzw. lebenspartnerschaftsähnliche
Gemeinschaft darstellt.
48 Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger mit C.B. im hier
streitgegenständlichen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet hat. Zwar
hat der Kläger durchgehend geltend gemacht, dass keine eheähnliche
Gemeinschaft mit C.B. bestehe. So hat er behauptet, es handele sich um eine
reine Wohngemeinschaft, die sich in der Not (Zwangsversteigerung seiner
Eigentumswohnung im Jahr 2004) altersbedingt und aus gesundheitlichen
Gründen (Infarkt im Jahr 2008) gebildet habe und im Wesentlichen der
Sicherstellung der Hilfe und Versorgung diene. Zudem sei C.B. weder bereit noch
in der Lage, für ihn einzustehen. Sie hätten finanziell nichts miteinander zu tun.
Demgegenüber ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger und C.B. seit
vielen Jahren eine eheähnliche Gemeinschaft bilden.
49 Zur Überzeugung des Senats sind der Kläger und C.B. Partner. Von einer
Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der
Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben
zulässt (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 20). Zudem
muss es sich um eine auf Dauer angelegte Bindung handeln, was bei einem
Zusammenleben in einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft zu bejahen ist
(Voelzke, a.a.O., Rdnr. 22). Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der C.B.
vor dem SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. November 2013, die
der Kläger nicht ansatzweise in Frage gestellt hat, so dass kein Anlass für eine
erneute Vernehmung des C.B. als Zeugin bestanden hat, lebt sie mit dem Kläger
seit 1970 durchgehend zusammen, hatte während dieser Zeit keine andere
Beziehung und hätte den Kläger, wenn dieser eine andere Beziehung
eingegangen wäre, verlassen. Der Kläger ist seit 1969 geschieden und hat nach
den Bekundungen der C.B. gleichfalls keine anderweitige Beziehung gehabt. Im
Hinblick auf die Dauer des Zusammenwohnens mit mehrmaligen Umzügen
(nachweislich Anfang 2004 und September 2009) bestehen keinerlei Zweifel an
der erforderlichen Dauerhaftigkeit. Im Übrigen haben sich der Kläger und C.B.
gegenüber Dritten selbst als in Partnerschaft lebend beschrieben. So ist bspw. im
Entlassbericht der Kliniken vom 22. September 2008 eindrücklich von seiner
„Lebensgefährtin“, „Partnerin“, einer „langjährige(n) Lebensgefährtin“,
„Lebenspartnerin“ und dem „Paar“ die Rede. Im Entlassbericht der Kliniken vom
15. Januar 2010 ist C.B. sogar als „Ehefrau“ bezeichnet worden.
50 Auch hat im streitigen Zeitraum zwischen dem Kläger und C.B. eine Wohn- und
Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Erforderlich ist dabei grundsätzlich, dass die
Partner in einer der Ehe vergleichbaren Weise - wie in einer Ehewohnung - eine
häusliche Gemeinschaft bilden und gemeinsam wirtschaften (BSG, a.a.O. Rdnr. 22
f.). Vorliegend wohnt der Kläger mit C.B. in einer 2-Zimmer-Wohnung zusammen
und nutzt mit ihr gemeinsam die vorhandenen Räumlichkeiten, wie Küche, Bad,
Schlafzimmer und Wohnzimmer. Dies folgt für den Senat aus den Bekundungen
der Zeugin C.B. vor dem SG sowie dem genannten Entlassbericht vom 22.
September 2008, in dem festgehalten worden ist, dass der Infarkt des
Antragstellers am 17. Juli 2008 im gemeinsamen Bett aufgetreten und von C.B.
bemerkt worden ist.
51 Auch wirtschaften sie gemeinsam. Entscheidend ist insoweit, dass der Haushalt
von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung
von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner
abhängig ist (BSG, Urteil vom 23. August 2012, a.a.O. Rdnr. 23). Die
Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss
gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass
der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der
Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine
Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des
partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Ausgehend von
den zeugenschaftlichen Bekundungen der C.B. erledigen sie gemeinsam die
notwendigen Einkäufe, essen gemeinsam und C.B. besorgt - nunmehr im Hinblick
auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers - allein den Haushalt.
Zudem teilen sie sich die Kosten der Haushaltsführung (Lebensmittel und
Unterkunftskosten) hälftig. Der Kläger selbst hat wiederholt betont, dass C.B. ihn
betreue und begleite. Danach haben sich der Kläger und C.B. entsprechend ihrer
körperlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Haushaltsführung
aufgeteilt.
52 Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass neben diesen objektiven
Merkmalen der eheähnlichen Partnerschaft auch das subjektive Element des
gemeinsamen Willens, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander
einzustehen, im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen hat. Es hat nach
Auffassung des Senats eine enge personale Bindung dergestalt bestanden, dass
ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des
Lebens erwartet werden konnte. Bereits das BVerfG hat in der zitierten
Entscheidung vom 17. November 1992 darauf hingewiesen, dass sich die
problematischen inneren Tatsachen häufig nur anhand von Indizien
(Hinweistatsachen) feststellen lassen. Es ist folglich anhand von objektiv
vorliegenden Tatsachen zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im
Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gerechtfertigt ist. Als
solche Hinweistatsachen hat das BVerfG z.B. die lange Dauer des
Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im
gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und
Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, angesehen. Die
genannten Indizien sind weder abschließend, noch müssen sie kumulativ
vorliegen, sondern der Sozialleistungsträger bzw. das Gericht muss sich seine
Überzeugung aufgrund einer Bewertung der vorliegenden Tatsachen bilden.
53 Vorliegend sprechen die Indizien nach Auffassung des Senats für das Bestehen
eines Einstandswillens. Zwar haben der Kläger und C.B. jeweils in ihrem Namen
geführte Konten, über die sie - nach ihren Angaben - nicht wechselseitig verfügen
können. Auch hat der Kläger angegeben, es lägen keine gemeinsamen
Versicherungen vor und Anschaffungen würden nicht gemeinsam getätigt. Jedoch
ist zunächst entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kläger seit 1970 mit C.B.
zusammenlebt und mit ihr mehrfach umgezogen ist (vgl. zur herausragenden
Bedeutung dieses Kriteriums bspw. Voelzke, a.a.O., Rdnr. 37; Hohm, a.a.O., Rdnr.
16; Schoch, a.a.O., Rdnr. 18). Nach der Zwangsversteigerung der in seinem
Eigentum stehenden Wohnung Anfang 2004 haben sie gemeinsam in der
Wohnung gewohnt, ab Oktober 2009 in der Seniorenwohnanlage. Den
entsprechenden Mietvertrag für die letztgenannte Wohnung mit den
mietvertraglichen Verpflichtungen (Miete, Kaution) haben sie gemeinsam
abgeschlossen. C.B. hat - den Angaben des Klägers zufolge (Schreiben vom 10.
Oktober 2009 und 18. Mai 2009) - die Kaution für die Wohnung allein bezahlt und
die Kosten des Umzugs - einschließlich des Transports seiner „wenigen
persönlichen Sachen (Bett und Wäsche)“ - übernommen. Der Kläger und C.B.
nutzen die Wohnung gemeinsam, es gibt keine klar abgrenzbaren Wohnbereiche.
Der Kläger, der nach eigenen Angaben über wenige persönliche Dinge verfügt,
darf die der C.B. gehörenden Wohnungsgegenstände unentgeltlich mitbenutzen.
Bspw. hat C.B. für die gemeinsame Wohnung einen Fernseher angeschafft. C.B.
pflegt, unterstützt und begleitet den Kläger. Auch bei der Finanzierung von
Arzneimitteln hat sie den Kläger bis zur Erstattung durch dessen private
Krankenversicherung unterstützt (Aktenvermerk des Beklagten vom 6. August
2008). Nach den Bekundungen der C.B. verbringen sie den Tag miteinander,
gehen zusammen einkaufen, essen gemeinsam etc. Gerade die täglichen
umfangreichen Unterstützungs- und Hilfeleistungen der C.B., die sie unentgeltlich
gegenüber dem gesundheitlich erheblich eingeschränkten Kläger (GdB 90,
Merkzeichen G und B) seit dem Infarkt im Juli 2008 erbringt und die weit über ein
„ehrenamtliches“ Engagement hinausgehen, zeigen anschaulich, dass sie in den
Not- und Wechselfällen des Lebens für ihren Partner - den Kläger - einsteht und
Verantwortung übernommen hat.
54 Dass der Kläger die Behauptung aufstellt und ständig wiederholt, eine eheähnliche
Gemeinschaft liege nicht vor und es fehle an dem Einstandswillen, steht der
vorgenommenen Würdigung nicht entgegen. Dabei ist auch zu beachten, dass der
Kläger hinsichtlich seines Zusammenlebens mit C.B. jedenfalls unvollständige
Angaben gemacht hat. So hat der Kläger bei Antragstellung im Jahr 2004 durch
seine Angaben und die Vorlage des Untermietvertrages versucht den Eindruck zu
vermitteln, er habe erst wegen der Zwangsversteigerung seiner Wohnung mit C.B.
übergangsweise eine gemeinsame Wohnung begründet, obwohl er zuvor mit C.B.
seit 1970 zusammen gewohnt und gemeinsam mit ihr die durch C.B. zum 1. März
2004 angemietete Wohnung bezogen hatte. Vor diesem Hintergrund ist auch seine
Behauptung, wegen der Pflege und Betreuung durch C.B. im Hinblick auf seinen
Infarkt im Jahr 2008 sei eine Wohngemeinschaft begründet worden, weder
glaubhaft noch nachvollziehbar. Vielmehr ist festzustellen, dass der Kläger und
C.B. seit mehr als 40 Jahren - trotz verschiedener Schwierigkeiten
(Wohnungsverlust des Klägers, gesundheitliche Einschränkungen) -
ununterbrochen zusammenleben.
55 Im Übrigen hat der Kläger dem Beklagten die Durchführung eines Hausbesuchs
nicht ermöglicht. Hinweise auf die dargestellten Indizien lassen sich durch einen
Hausbesuch ermitteln (vgl. Grube, a.a.O., Rdnr. 15; Hohm, a.a.O., Rdnr. 25;
Voelzke, a.a.O., Rdnr. 55 m.w.N.), da eine Besichtigung der Räumlichkeiten als
regelmäßigem Aufenthaltsort der Partner Rückschlüsse auf das Vorliegen einer
eheähnlichen Gemeinschaft zulassen kann. Die Besichtigung der
Wohnverhältnisse der Gemeinschaft durch den Träger der Sozialhilfe gehört als
Maßnahme der Augenscheineinnahme nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes
Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
(SGB X) zu den zulässigen Maßnahmen der Sachaufklärung. Zwar korrespondiert
mit diesem Beweismittel keine Mitwirkungspflicht des Leistungsberechtigten,
jedoch bedeutet dies nicht, dass bei der Beweiswürdigung keine nachteiligen
Folgerungen aus der Verweigerung eines Hausbesuchs gezogen werden dürfen
(Voelzke, a.a.O.). Der Kläger hat im Jahr 2010 mehrmals und ausdrücklich die
Durchführung eines Hausbesuchs abgelehnt und damit dem Beklagten eine
Prüfung der Wohnverhältnisse verwehrt, obwohl das lange Zusammenleben, die
gemeinschaftlichen Umzüge, die Betreuung des Kläger durch C.B. - bspw. auch
während der stationären Krankenhausbehandlung und der stationären
medizinischen Rehabilitation (Schreiben vom 3. November 2008) - durchaus
Anlass zu der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben haben.
56 Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die eheähnliche Gemeinschaft des
Klägers mit C.B. vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum gelöst worden ist. Ob
Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben, bestimmt sich nicht nach §
1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern im Rahmen einer
funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck
sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe (bspw. Coseriu in jurisPK-SGB XII,
§ 27 Rdnr. 14 m.w.N.). Ein Getrenntleben liegt danach vor, wenn sich aus den die
Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt,
dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten
unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen.
Maßgebend ist, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe- oder
Lebenspartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend
aufgehoben ist und der Wille, füreinander einzustehen, nicht mehr besteht. Nicht
bereits die (krankheitsbedingte) dauerhafte Unfähigkeit, einen Willen zur
Fortführung der Gemeinschaft zu fassen und zu realisieren, sondern erst der aktive
Wille, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben, führt zu einem Getrenntleben. Daher
führt allein die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht zu einem Getrenntleben
i.S. der sozialhilferechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. Juli
2010 - L 7 SO 3067/10 ER-B -; Hessisches LSG, Urteil vom 25. November 2011 - L
7 SO 194/09 - juris Rdnr. 19 ff.; ferner BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS
49/09 R - juris Rdnr. 14; Coseriu, a.a.O., Rdnr. 16; Grube, a.a.O., § 19 Rdnr. 15 und
§ 27 Rdnr. 11 f.; Wahrendorf, ebenda, § 43 Rdnr. 10; Schoch, a.a.O., § 27 Rdnr.
22). Bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass eine
solche jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann
(vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. April 2009 - L 23 SO 37/09 B ER -
juris Rdnr. 24; Hohm, a.a.O., Rdnr. 22; Voelzke, a.a.O., § 20 Rdnr. 33). Ohne
rechtlichen Hinderungsgrund kann der nicht verheiratete Partner jederzeit sein
bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung
eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwenden. Eine
hinreichend sichere Feststellung ist jedoch nur dann möglich, wenn die
Entscheidung zur Beendigung durch äußere Umstände hinreichend klar
dokumentiert wird. Die bloße Erklärung, die Partnerschaft aufgelöst zu haben,
genügt nicht (Hohm, a.a.O.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 34).
57 Eine derartige Verhaltensänderung seitens des Klägers oder der C.B. ist jedoch
weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ihr Verhalten lässt nicht erkennen, dass
sie den Willen zur Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vor oder im
streitgegenständlichen Zeitraum aufgegeben haben. Dagegen spricht, dass C.B.
als Zeugin vor dem SG noch im November 2013, mithin mehr als 1 Jahr nach dem
Ende des hier streitigen Bewilligungsabschnitts, eindrücklich ein
partnerschaftliches Zusammenleben in der 2-Zimmer-Wohnung beschrieben hat.
Die ständige Wiederholung seiner pauschalen Behauptung, es habe keine
eheähnliche Gemeinschaft bestanden und C.B. verwende die ihr zur Verfügung
stehenden Mittel ausschließlich für eigene Zwecke und Bedürfnisse, genügt nicht.
Ebenso wenig begründet der - wiederholte - Verweis auf die
Gesundheitseinschränkungen und Behinderungen (bspw. durch den Schlaganfall)
und eine daraus resultierende Pflegebedürftigkeit eine nach außen dokumentierte
Trennung des seit 1970 durchgehend zusammenwohnenden Paares. Eine vom
Kläger geltend gemachte erhebliche Pflegebedürftigkeit besagt, dass er in einem
bestimmten Umfang der Hilfe im Bereich der Grundpflege und der
hauswirtschaftlichen Versorgung bedarf (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch
Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -), jedoch nicht, dass eine
Beendigung der Partnerschaft eingetreten ist.
58 Demnach steht fest, dass eine Einstandsgemeinschaft im Sinne einer
eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Kläger und C.B. bestanden hat. Damit
findet die Regelung des § 39 SGB XII, auf dessen Satz 3 der Kläger wiederholt
verwiesen hat, von vornherein keine Anwendung (vgl. nur Becker in jurisPK-SGB
XII, § 39 Rdnr. 10 f.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 50; vgl. auch § 43 Abs. 1 Halbs. 2 SGB
XII). Auch ist - entgegen der Auffassung des Kläger - für das Vorliegen einer
Einstandsgemeinschaft nicht maßgeblich, ob seine Partnerin (C.B.) selbst
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem
SGB XII bezieht. Deshalb hat der Klägerin keinen Anspruch auf einen Regelbedarf
für Alleinstehende und einen entsprechenden Mehrbedarfs wegen
Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII. Anhaltspunkte für das Vorliegen
abweichender Bedarfe sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
59 bb. Ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII ist zu Gunsten des Klägers ebenso
nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger im
streitgegenständlichen Zeitraum an gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten
hat, die eine besondere Ernährung erforderlich gemacht haben, deren Kosten
höher sind als dies für Personen ohne solche Einschränkungen der Fall ist.
60 Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder
von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer
kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe
anerkannt. Nach der Parallelvorschrift im Recht der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) -
Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wird bei Leistungsberechtigten, die
aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein
Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 21 Abs. 5 SGB II). Damit wird
zwar der Kreis der Anspruchsberechtigten in § 21 Abs. 5 SGB II und § 30 Abs. 5
SGB XII jeweils anders definiert, jedoch bestehen zwischen den beiden Normen
keine inhaltlichen Unterschiede. Die Vorschriften sind gleich auszulegen (BSG,
Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 18 ff.; Urteil vom 9. Juni
2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Voraussetzung für den Rechtsanspruch
auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine
besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind als dies für
Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (ständige Rechtsprechung
des BSG, vgl. bspw. Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 48/12 R - juris Rdnr. 12
und Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 65/12 R - juris Rdnr. 13 jeweils m.w.N.).
Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer
drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer
besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere „Krankenkost“ muss
gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelfall zum Ausdruck
kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein (BSG, Urteil vom 14. Februar
2013, a. a. O.). Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aus
medizinischen Gründen soll helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der
Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung
von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder
deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann (BSG, Urteil vom 20.
Februar 2014, a.a.O. Rdnr. 15). Dabei ist zu beachten, dass § 30 Abs. 5 SGB XII
lediglich den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung erfasst. Der
notwendige Bedarf für Ernährung wird als ein Teil der Regelleistung bzw. des
Regelbedarfs typisierend zuerkannt, wobei von der Deckung der laufenden Kosten
eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen
Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer
ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und
Vitaminen ausgegangen wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O., Rdnr. 13).
Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil
es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das
Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai
2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24).
61 Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Gerichte einen streitig gebliebenen
krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (dazu und zum
Folgenden BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a.a.O. Rdnr. 15; ferner Urteil vom 9.
Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen,
welches besondere Ernährungsbedürfnis ernährungsmedizinisch, d.h. durch die
Erkrankung, begründet ist. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete
Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch
höhere Kosten entstehen. Die Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründenden
Tatsachen trägt der Kläger (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 20. September 2012 - B 8
SO 15/11 R - BSGE 112, 67 - juris Rdnr. 24; vom 28. August 2011 - B 8 SO 29/10
R - juris Rdnr. 13; vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - juris Rdnr. 32; vgl. ferner
Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 103 Rdnr. 45). Denn grundsätzlich trägt
derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend
gemachten Anspruch begründen.
62 Nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen, auf die der Kläger mehrmals
verwiesen hat, steht für den Senat fest, dass der Kläger an einer Epilepsie, einer
diskret beinbetonten Hemiparese links, einer ausgeprägten räumlich-konstruktiven
Störung und leichten Apraxie, einem embolischen RMCA-Infarkt, einem
chronischen Vorhofflimmern und einer arteriellen Hypertonie leidet (Entlassberichte
der Neurologischen Klinik vom 22. September 2008 und vom 15. Januar 2010). Im
Hinblick auf die arterielle Hypertonie hat der behandelnde Arzt Dr. in den vom
Kläger vorgelegten Attesten jeweils eine natriumdefinierte Kost befürwortet. Der
Arzt des Gesundheitsamtes Dr. hat in seiner Stellungnahme vom 29. November
2011 in Auseinandersetzung mit den ärztlichen Attesten des Dr. für den Senat
überzeugend begründet, dass die genannten Erkrankungen des Klägers keine
besondere Ernährungsform erforderlich machen, sondern eine salzreduzierte
Vollkost ausreicht. Die empfohlene Kost entspricht in ihrer Zusammensetzung
einer gesunden Vollkost bzw. gesunden Mischkost. Diese Kostform ist sowohl für
Gesunde als auch Personen mit den Erkrankungen des Klägers empfehlenswert.
Dieses Ergebnis steht in Einklang mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins,
die nach der Rechtsprechung des BSG als Orientierungshilfe dienen und
insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen
können (z.B. BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 138/10 R - juris Rdnr.
23 m.w.N.). Nach den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage (4. Aufl. 2014) ist
nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin u.a. bei den Erkrankungen
Hyperlipidämie (Erhöhung der Blutfette), Hypertonie (Bluthochdruck), kardiale und
renale Ödeme (Gewebswasseransammlungen bei Herz- oder Nierenerkrankung),
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert
konventionell behandelt) regelmäßig eine „Vollkost“ angezeigt und in der Regel ein
krankheitsbedingt erhöhter Aufwand zu verneinen. Danach ist beim Kläger keine
besondere Krankenkost erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger dem Senat auch
eine weitere Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zu den im
streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden Erkrankungen und der aus
medizinischen Gründen erforderlichen Ernährung verwehrt. Denn er hat - trotz
mehrfacher Aufforderung und Hinweis auf die Folgen - seine behandelnden Ärzte
nicht von der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch)
entbunden, so dass der Senat insbesondere Dr. K. nicht ergänzend, insbesondere
zu den medizinischen Gründen seiner von den DV-Empfehlungen
Krankenkostzulage abweichenden Beurteilung, befragen konnte. Die gegenüber
dem Versorgungsamt des Landratsamtes Konstanz erteilte
Schweigepflichtentbindungserklärung vom 11. November 2009 bezieht sich nur
auf Ermittlungen des Versorgungsamtes und nicht des Senats. Für andere
Ermittlungen, insbesondere durch Einholung eines medizinischen
Sachverständigengutachtens, hat kein Anlass bestanden, weil bei den in den
Verwaltungs- und Gerichtsakten dokumentierten Erkrankungen entsprechend den
DV-Empfehlungen Krankenkostzulage eine gesunde Vollkost ausreichend ist.
63 Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gem.
§ 30 Abs. 5 SGB XII ein Mehrbedarf zu gewähren ist, braucht der Senat den
individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw. den tatsächlichen individuellen
Grundumsatz und Kalorienbedarf des Klägers nicht zu ermitteln (so z.B. BSG,
Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24). Auf die Gewährung
eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch.
Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer
statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung
des Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII sind in diesem System stets die im
Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere
Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt sind (BSG a.a.O.). Die
Ernährung mit einer sogenannten „Vollkost“ unterfällt nicht § 30 Abs. 5 SGB XII, da
es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern
auf eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild der gesunden Menschen Bezug
nimmt (BSG a.a.O.). Die auch dem Kläger anempfohlene Vollkost im Sinne einer
salzarmen Kost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten.
64 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen
nicht vor.