Urteil des LG Wuppertal vom 27.05.2009

LG Wuppertal: rückvergütung, sicherheit der anlagen, offenlegungspflicht, aufklärungspflicht, anleger, rechtskräftiges urteil, unrichtige auskunft, positives interesse, vermittler, entlastung

Landgericht Wuppertal, 3 O 409/08
Datum:
27.05.2009
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 409/08
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zug um Zug gegen
Übertragung der Kommanditbeteiligung über nominal EUR 40.000,00 an
der VIP4 mit der Kommanditistennummer 413748 von ihr an die
Beklagte EUR 21.800,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2008 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin Zug um Zug gegen
Übertragung der Kommanditbeteiligung über nominal EUR 40.000,00 an
der VIP4, mit der Kommanditistennummer ... von ihr an die Beklagte
wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber der ##Bank AG aus dem
Darlehen vom 08.07.2004, Kontonummern .... und ....., freizustellen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit
Ausnahme der reinen Nachzahlung von Steuerschulden alle
weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit
der steuerlichen Nichtanerkennung der Kommanditbeteiligung über
nominal EUR 40.000,00 an der VIP4 zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
1
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Schadensersatz wegen Fehlern bei ihrer
Beratung der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an den VIP 4.
2
Die Beklagte ist seit 25 Jahren die Hausbank der Klägerin. Im Juni 2004 erhielt die
Klägerin als Gesellschafterin einer GmbH eine Ausschüttung in Höhe von EUR
55.000,00. Ende Juni 2004 rief der Mitarbeiter der Beklagten L bei ihr an und fragte, was
mit diesem Geld passieren solle und ob er dazu einen Anlagevorschlag machen könne.
3
Die Klägerin war einverstanden, woraufhin ein Besprechungstermin in den
Geschäftsräumen der Beklagten in T vereinbart wurde. Dieser fand ein paar Tage später
statt. Der Mitarbeiter L empfahl bei dieser Gelegenheit die Beteiligung an VIP 4. Seine
Erläuterungen hörten sich für die Klägerin überzeugend an, weshalb sie ihr Interesse an
der Beteiligung bekundete. Unter dem 02.07.2004 übersandte der Mitarbeiter L der
Klägerin den Zeichnungsschein mit der Bitte um Unterzeichnung. Die Klägerin
unterzeichnete den Zeichnungsschein über einen Betrag von EUR 40.000,00 zuzüglich
Agio in Höhe von EUR 2.000,00 am 08.07.2004 und schickte ihn an die Beklagte
zurück. Der Fondsbeitritt erfolgte durch einen Treuhandvertrag der Klägerin mit der W
GmbH, die als Kommanditistin dem Fonds beigetreten war.
Die Beteiligung war mit einer obligatorischen Finanzierung von 45,5 % des
Beteiligungsbetrages durch die HypoVereinsbank verbunden. Der entsprechende von
der Klägerin unterzeichnete Darlehensvertrag mit der xxbank beläuft sich auf einen
Betrag von EUR 18.200,00 bei einem Zinssatz von 7,475% p.a. Er sieht eine Stundung
der jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres, letztmals zum Laufzeitende, abverlangten
Zinsen vor. Der Darlehensnennbetrag und die bis dahin aufgelaufenen Zinsen,
insgesamt EUR 31.698,69, sind am 30.11.2014 zurückzuzahlen.
4
Bereits am 08.06.2004 hatte die Klägerin einen Vermögensanlage-Auskunftsbogens der
Beklagten unterzeichnet, in dem darauf hingewiesen wurde, dass der Bank im
Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder
geldwerte Vorteile (z.B. Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- oder
Vertriebsfolgeprovisionen) durch Dritte gewährt werden können.
5
Der Inhalt der Darstellung des Fonds durch den Mitarbeiter L ist in seinen Einzelheiten
im Wesentlichen streitig. Insbesondere ist streitig, wie der Mitarbeiter L die Sicherheit
der Anlagen sowie die auch als "Garantie" bezeichnete Schuldübernahme gegenüber
dem Fonds und wie sicher er die steuerlichen Verlustmöglichkeiten im Zusammenhang
mit der Anlage dargestellt hat.
6
Die Beklagte erhielt für die Vermittlung von Anteilen an VIP 4 mindestens zwischen
8,45% und 8,72%, jeweils bezogen auf die Zeichnungssumme des Kunden, wobei die
Klägerin behauptet, dass es ein noch höherer Betrag sei. Über die von ihr erhaltenen
Provisionen und deren Höhe klärten der Mitarbeiter L oder andere Mitarbeiter der
Beklagten die Klägerin nicht ausdrücklich auf.
7
In dem Verkaufsprospekt des Fonds wird darauf hingewiesen, dass die
Fondsgesellschaft mit der VIP Beratung für Banken AG einen Vertrag zur
Eigenkapitalbeschaffung geschlossen hatte. Demgemäß erhielt die VIP Beratung für
Banken AG als Vergütung das Agio in Höhe von 5 % der Zeichnungssumme sowie
Vergütung in Höhe von weiteren 4,9 % des Kommanditkapitals. Außerdem erhielt sie
laut Prospekt 2% für die Übernahme der Platzierungsgarantie und 2 % für die
Vermittlung von Finanzierungen. In dem Verkaufsprospekt wird auch darauf
hingewiesen, dass die VIP Beratung für Banken AG berechtigt war, Dritte als
Vertriebspartner einzusetzen.
8
Die Parteien sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob die Darstellungen des
Fondskonzeptes sowie der Chancen und Risiken einer Beteiligung in dem Prospekt
zutreffend oder fehlerhaft sind.
9
Die Initiatoren des Fonds wurden zwischenzeitlich wegen Steuerhinterziehung
verurteilt, da festgestellt wurde, dass sie Beträge als Produktionskosten angegeben
hatten, die tatsächlich dazu genutzt wurden, das Sicherheitskonzept des Fonds zu
finanzieren. Der steuerliche Grundlagenbescheid für VIP 4 wurde inzwischen vom
Finanzamt W II dahingehend geändert, dass nur noch ein Bruchteil der angegebenen
Beträge als Produktionskosten anerkannt wurde. Demzufolge änderte auch das
Wohnfinanzamt mit Bescheid vom 30.03.2007 den Steuerbescheid der Klägerin für das
Jahr 2004 zu deren Nachteil. Die Klägerin musste zunächst gesparte Steuern von EUR
20.829,05 nebst EUR 1.089,00 Verspätungszinsen nachzahlen. Sie trägt vor, dass der
endgültige Stand der Dinge bezüglich der Steuernachzahlungen noch ausstehe, da
noch kein rechtskräftiges Urteil bezüglich der Änderung des Grundlagenbescheides
ergangen sei.
10
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die tatsächlich durchgeführte Geschäftstätigkeit
des Fonds und die Probleme hinsichtlich der steuerlichen Verlustmöglichkeit aufgrund
der Darstellung des Fonds im Prospekt vorhersehbar waren oder auf einer
prospektwidrigen Umsetzung des Fondskonzeptes beruhen.
11
Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen ihr und der Beklagten sei ein
Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
12
Die Klägerin hält die Beklagte für schadensersatzpflichtig aus mehreren Gründen,
insbesondere wegen mangelnder Aufklärung über die von der Beklagten erhaltenen
Provisionen, mangelnder Plausibilitätsprüfung, und wegen mangelnder Aufklärung über
verschiedene Risiken der Beteiligung.
13
Die Klägerin trägt vor, dass sie sich nicht an dem Fonds beteiligt und das Darlehen bei
der Xxxbank nicht aufgenommen hätte, wenn sie in den von ihr bemängelten Punkten
ordnungsgemäß beraten worden wäre, was die Beklagte hinsichtlich des Falles einer
Aufklärung über die von ihr erhaltenen Provisionen mit Nichtwissen bestreitet, da die
Klägerin sich nie nach Innenprovisionen erkundigt habe. Die Klägerin trägt weiterhin
vor, sie hätte ihr Geld dann in eine andere Anlage investiert.
14
Die Klägerin beantragt,
15
1.
16
die Beklagte Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung über
17
nominal EUR 40.000,00 an der VIP4 mit der Kommanditistennummer ….. von ihr
an die Beklagte zu verurteilen,
18
a)
19
an sie EUR 21.800,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2008 zu zahlen,
20
b)
21
sie wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber der xx AG aus dem Darlehen vom
08.07.2004, Kontonummern #####/#### und #####/####, freizustellen,
22
2.
23
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weitergehenden
Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der steuerlichen
Nichtanerkennung der Kommanditbeteiligung über nominal EUR 40.000,00 an der
VIP4 , zu ersetzen.
24
Die Beklagte beantragt,
25
die Klage abzuweisen.
26
Sie ist der Ansicht, zwischen der Klägerin und ihr sei lediglich ein Vermittlungsvertrag,
kein Beratungsvertrag zustande gekommen.
27
Sie sei nicht verpflichtet gewesen, Vermittlungsprovisionen unterhalb der 15%-Schwelle
offenzulegen. Eine solche Offenlegung sei jedoch durch die Angaben in den Prospekten
zu den Vertriebsausgaben und der Berechtigung der VIP Beratung für Banken AG,
diese an Dritte weiterzuleiten, ausreichend erfolgt. Zudem sei der Klägerin durch
Unterzeichnung des Vermögensanlage-Auskunftsbogens der Beklagten, in dem darauf
hingewiesen werde, dass der Bank im Zusammenhang mit der Abwicklung von
Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B.
Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- oder Vertriebsfolgeprovisionen) durch Dritte
gewährt werden können, bekannt gewesen, dass die Beklagte Provisionen erhalten
könnte, und habe sich damit einverstanden erklärt. Sie habe auch gewusst, dass sie
selbst keine Vergütung zahlte.
28
Eine mangelnde Aufklärung über erhaltene Innenprovisionen sei jedenfalls nicht kausal
für die Anlageentscheidung. Eine Vermutung nach dem Grundsatz des
anlegergerechten Verhaltens greife nicht, da die Klägerin bei erfolgter Aufklärung
mehrere Handlungsmöglichkeiten gehabt hätte. Die Klägerin habe aus dem Prospekt
auch den Vertriebsaufwand gekannt. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie bei
einer bestimmten Höhe offen gelegter Vertriebskosten die Beteiligungen nicht erworben
hätte.
29
Bei Unterstellung einer Offenlegungspflicht träfe sie jedenfalls kein Verschulden, da sie
in Bezug auf die bisherige Rechtsprechung Vertrauensschutz genieße, denn erst durch
eine Rechtsprechungsänderung könne sich die Verpflichtung zur ungefragten Mitteilung
der Provisionshöhe unabhängig vom Schwellenwert ergeben. Zum Zeitpunkt der
Vertriebsgespräche sei aufgrund der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung
eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht vorhersehbar gewesen. Insofern
genieße sie auch den verfassungsrechtlichen Schutz des Rückwirkungsverbotes. Die
Beklagte habe durch ihre Rechtsabteilung stets sorgfältig die Rechtsprechung,
insbesondere die des BGH, zu den Pflichten bei der Anlagevermittlung und –beratung
verfolgt und durch organisatorische Hinweise an die für den Anteilsvertrieb zuständige
Fachabteilung für eine Beachtung und Umsetzung der danach bestehenden Pflichten
gesorgt. Aufgrund der damaligen Rechtsprechung des BGH sei man davon
ausgegangen, dass für Anlagevermittler und –berater keine Verpflichtung bestünde,
Provisionen unterhalb einer Schwelle von 15% ungefragt mitzuteilen. Außerdem sei ein
Verschulden der Beklagten insoweit ausgeschlossen, da mehrere Kollegialgerichte
ebenfalls keine Pflicht zur Offenlegung von Provisionen unterhalb der 15%-Schwelle
30
angenommen hätten.
Hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Schadens ist sie u.a. der Ansicht,
dass erlangte Steuervorteile anzurechnen seien. Der Freistellungsantrag sei zumindest
teilweise unbegründet, da er hinsichtlich erhaltener Steuervorteile positives Interesse
erfasse. Zudem treffe die Klägerin ein Mitverschulden wegen ihrer Pflicht zum
Prospektstudium.
31
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
32
Entscheidungsgründe
33
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
34
Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber gemäß § 280 BGB schadensersatzpflichtig
wegen Verletzung ihrer Pflicht zur objekt- und anlegergerechten Beratung im Rahmen
des zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen
Anlageberatungsvertrages.
35
I. Haftung wegen mangelnder Aufklärung über Rückvergütungen
36
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur objekt- und anlegergerechten Beratung liegt hier in der
unterlassenen Aufklärung der Klägerin über von der Beklagten erhaltene
Rückvergütungen.
37
Eine Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit
Innenprovisionen bzw. Rückvergütungen kann sich für Anlagevermittler bzw. -berater
grundsätzlich aus drei Gesichtspunkten ergeben. Anlageberater und -vermittler haben
nach der Rechtsprechung des BGH zum einen ungefragt über die Gesamthöhe der für
die Vermittlung der Anteile geschlossener Fonds an Vermittler gezahlten
Innenprovisionen aufzuklären – und zwar unabhängig davon, wie hoch die erhaltene
Innenprovision des in Anspruch genommenen Beraters oder Vermittlers war –, wenn die
Gesamtsumme der Innenprovisionen 15% des Kommanditkapitals übersteigt. Die 15%-
Schwelle gilt jedenfalls für geschlossene Immobilienfonds.
38
Zuletzt BGH, Urt. v. 25.09.2007- XI ZR 320/06-,BKR 2008, 199 (200 f.).
39
Dazu ist es jedoch ausreichend, wenn die Summe zutreffend als "Kosten der
Eigenkapitalbeschaffung" im rechtzeitig übergebenen Prospekt ausgewiesen ist.
40
BGH, Urt. v. 25.09.2007- XI ZR 320/06,BKR 2008, 199 (200 f.)
41
Zum anderen haben Anlageberater und –vermittler auch dann über die Gesamtsumme
der gezahlten Innenprovisionen aufzuklären, wenn diese zwar unter der 15%-Schwelle
liegt, jedoch im Prospekt falsch ausgewiesen ist.
42
BGH, Urt. v. 22.03.2007 - III ZR 218/06, NJW-RR 2007, 925 (926).
43
Darüber hinaus haben Banken im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages nach der
Rechtsprechung des BGH ungefragt über Rückvergütungen, die sie selbst für die
44
Vermittlung der Fondsanteile erhalten, aufzuklären, wobei die 15%-Schwelle keine
Rolle spielt.
BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876 (1878 f.); Beschl. v.
20.01.2009 – XI ZR 510/07.
45
Die Beklagte hat nicht über von ihr erhaltene Rückvergütungen aufgeklärt, obwohl sie
dazu verpflichtet gewesen wäre.
46
1. Anlageberatungsvertrag
47
Vorliegend ist zwischen der Beklagten und der Klägerin hinsichtlich des Erwerbs der
Beteiligung an VIP 4 nicht nur ein Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag, sondern
ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
48
Ein Beratungsvertrag kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines
Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet. Tritt ein Anlageinteressent an ein
Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die
Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin
liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die
Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen.
49
St. Rspr. des BGH, z.B. BGH, Urt. v. 25.09.2007- XI ZR 320/06, BKR 2008, 199
(200).
50
Ein Anlageberatungsvertrag kommt dabei im Unterschied zu einem bloßen
Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag zustande, wenn der Kunde nicht nur die
Mitteilung von Tatsachen erwartet, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung
und Beurteilung, die er zur Grundlage seiner Kapitalanlageentscheidung machen will.
Häufig wünscht er dabei auch eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene
Beratung. An einen Anlagevermittler wendet sich der Kunde hingegen in dem
Bewusstsein, dass dieser im Interesse des Kapitalsuchenden und im Hinblick auf die
versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat und daher werbende und
anpreisende Aussagen im Vordergrund des Vermittlers stehen.
51
BGH, Urt. v. 13.05.1993 – III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 (1114).
52
Die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages sind
vorliegend erfüllt. Zwischen den Parteien ist zwar streitig, welche konkreten Aussagen
der Mitarbeiter L gegenüber der Klägerin in Bezug auf mit VIP 4 verbundene Chancen
und Risiken getätigt hat, und folglich, ob er dabei einen oder mehrere Beratungsfehler
begangen hat. Zudem ist die Beklagte der Ansicht, das Vertragsverhältnis sei lediglich
als Vermittlungsvertrag zu bewerten, und sie verwendet in ihrem eigenen Vortrag
ausschließlich das Wort "Vermittlung".
53
Unstreitig sind jedoch die Tatsachen, die das Zustandekommen des
Anlageberatungsvertrages begründen. Die Klägerin kam nicht mit einer bereits
gefassten Anlageentscheidung bezüglich VIP 4 auf die Beklagte zu. Vielmehr ging die
Initiative von der Beklagten aus, dessen langjähriger Kunde die Klägerin war. Die
Beklagte wusste, dass die Klägerin eine Ausschüttung von ca. EUR 55.000,00 erhalten
54
hatte. Der Mitarbeiter L rief die Klägerin an, um einen Termin auszumachen, in dem er
ihr Vorschläge zu Anlage des Geldes machen wollte. In diesem Termin erläuterte er der
Klägerin die Beteiligung an VIP 4 und empfahl ihr diese. Aufgrund des Gespräches mit
Herrn L wurde das Interesse der Klägerin an der Beteiligung geweckt, die sie schließlich
zeichnete.
2. Keine Aufklärung über Rückvergütung
55
Die Beklagte hat die Klägerin nicht, wie nach der Rechtsprechung erforderlich, über die
von ihr im Zusammenhang mit der Beteiligung der Klägerin an VIP 4 erhaltenen
Rückvergütungen aufgeklärt.
56
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Bank, die ihrem Kunden im Rahmen eines
Beratungsvertrages die Beteiligung an einem Medienfonds empfiehlt, verpflichtet, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären - unabhängig von deren Höhe -, um ihn in
die Lage zu versetzen, ihr Umsatzinteresse einzuschätzen und beurteilen zu können, ob
sie die Anlage nur empfiehlt, weil sie selbst daran verdient.
57
BGH, Beschl. v. .20.01.2009 – XI ZR 510/07.
58
Demnach hätte die Beklagte die Klägerin über die Rückvergütungen in Höhe von
jedenfalls 8,45% bis 8,72% der Kommanditbeteiligung, die die Beklagte im
Zusammenhang mit der Beteiligung der Klägerin erhielt, aufklären müssen. Dies war
jedoch nicht der Fall.
59
Der Mitarbeiter L oder andere Mitarbeiter der Beklagten haben die Klägerin unstreitig
nicht ausdrücklich darüber aufgeklärt, dass die Beklagte für die Beteiligung der Klägerin
Provisionen, das heißt Rückvergütungen, erhielt und in welcher Höhe.
60
Entgegen der Ansicht der Beklagten erfolgte eine solche Aufklärung auch nicht durch
den Prospekt – sofern er überhaupt rechtzeitig übergeben wurden. Aus diesem gehen
zwar der Vertriebsaufwand insgesamt sowie die Möglichkeit, dass andere als die im
Prospekt ausdrücklich Genannten hiervon profitieren könnten. Jedoch geht aus ihm
nicht hervor, dass und in welcher Höhe speziell die Beklagte davon profitiert. Insofern ist
es auch irrelevant, ob die Klägerin vermuten konnte, dass die Beklagte, die für ihre
Beratung keine direkte Vergütung von der Klägerin erhielt, an den im Prospekt
ausgewiesenen Vertriebskosten, die dem Anleger zunächst nur Auskunft über die
dadurch verursachte Minderung der Werthaltigkeit der Anlage gaben, partizipierte.
Ebenso führt die Aufklärung in einem Anlagebogen darüber, dass die Beklagte
grundsätzlich bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Provisionen erhalten kann,
dazu, dass der Anleger darüber aufgeklärt wäre, dass und in welcher Höhe die Beklagte
gerade bei dem konkreten Anlagegeschäft Rückvergütungen erhält. Denn um den
konkreten Interessenskonflikt der beratenden Bank einschätzen zu können, ist für den
Anleger nicht nur das Wissen, dass die Bank überhaupt eine Rückvergütung erhalten
könnte, ausreichend, sondern es kommt nach der Rechtsprechung des BGH auch
gerade auf das Wissen um die konkrete Höhe an.
61
3. Kausalität
62
Die fehlende Aufklärung über die Rückvergütung war für die Anlageentscheidung der
Klägerin auch kausal. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird im Falle
63
einer Beratungs- bzw. Aufklärungspflichtverletzung vermutet, dass der Geschädigte sich
"aufklärungsrichtig" verhalten hätte.
St. Rspr. des BGH, z.B. BGH, Urt. v. 16.11.1993 – XI ZR 214/02; NJW 1994, 512
(513 f.); BGH, Urt. v. 09.02.2006- III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 (687)).
64
Soweit die Beklagte ausführt, die Vermutung greife vorliegend nicht, da sich die
Provision im üblichen Rahmen bewegt habe und sich für den Anleger daher bei einer
Offenlegung mehrere Möglichkeiten einer vernünftigen Entscheidung ergeben hätten,
geht diese Überlegung fehl. Der Bundesgerichtshof geht gerade davon aus, dass der
Zweck von Aufklärungspflichten, die – wie vorliegend - dazu bestimmt sind, dem Partner
eine sachgerechte Entscheidung über den Abschluss bestimmter Geschäfte zu
ermöglichen, nur erreicht wird, wenn Unklarheiten, die durch eine
Aufklärungspflichtverletzung bedingt sind, zu Lasten des Aufklärungspflichtigen gehen.
Daher hat dieser die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung zu beweisen. Der BGH
nimmt insoweit an, dass es in diesen Fällen nur eine bestimmte Möglichkeit
"aufklärungsrichtigen" Verhaltens gibt.
65
BGH, Urt. v. 16.11.1993 – XI ZR 214/02; NJW 1994, 512 (513 f.);
66
Auch die beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Aufklärungspflicht einer
Bank über von ihr erhaltene Rückvergütungen geben keinen Anlass, am Eingreifen der
Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu zweifeln. Das Urteil vom 19.12.2006
betraf die Aufklärungspflicht einer Bank über Rückvergütungen für vom Kunden
erworbene Aktienfondsanteile. Am Ende seines Rückverweisungsurteils führt der
Bundesgerichtshof aus, dass bei Feststellung einer vorsätzlichen
Aufklärungspflichtverletzung (Ansprüche wegen fahrlässiger
Aufklärungspflichtverletzung waren bereits verjährt) Schadensersatz in Form der
Rückabwicklung bezüglich der Fondsanteile, bei denen Rückvergütungen
verschwiegen wurden, verlangt werden könnte. Nur hinsichtlich der weiteren
Wertpapiergeschäfte des Kunden bei der Bank, hinsichtlich derer aber keine
Rückvergütung verschwiegen worden war, könne nicht ohne weiteres davon
ausgegangen werden, dass sie bei erfolgter Aufklärung ebenfalls nicht, also der
Geschäftskontakt insgesamt nicht, zustande gekommen wären.
67
BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876 (1879).
68
Für die von der Aufklärungspflichtverletzung betroffenen Fondsanteile ging der
Bundesgerichtshof folglich offenbar von dem Eingreifen der Vermutung
aufklärungsrichtigen Verhaltens aus.
69
Auch der aktuelle Rückverweisungsbeschluss des Bundesgerichtshofes bezüglich
verschwiegener Rückvergütungen für vermittelte Medienfondsanteile bietet keinen
Anlass, am Eingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu zweifeln.
70
BGH, Beschl. v. 20.01.2009 – XI ZR 510/07.
71
Die Nichtursächlichkeit ihrer Pflichtverletzung hat die Beklagte vorliegend nicht
dargelegt. Der bloße Vortrag der Beklagten, dass es für die Klägerin mehrere
Möglichkeiten gegeben hätte, auf die Aufklärung über Rückvergütungen zu reagieren,
ist insoweit nicht ausreichend. Auch kommt die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht
72
dadurch nach, dass sie bemängelt, die Klägerin – nach deren Vortrag sie bei
ordnungsgemäßer Aufklärung von den Beteiligungen abgesehen hätte - habe nicht
vorgetragen, dass sie ab einem bestimmten Anteil der Beklagten an den Vertriebskosten
die Beteiligungen nicht erworben hätte.
Auch widerlegt die Beklagte die Ursächlichkeit nicht durch den Vortrag, die Klägerin
habe sich nicht nach möglichen von der Beklagten erhaltenen Rückvergütungen bzw.
deren Höhe erkundigt. Die Pflicht zur Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen und
deren Höhe soll dem Anleger gerade den Interessenskonflikt des Beraters bewusst
machen, über den sich der Anleger ohne eine solche Aufklärung keine Gedanken
gemacht hätte. Erst wenn er über den Interessenskonflikt und dessen Ausmaß
aufgeklärt ist, kann er die von dem Berater abgegebenen Empfehlungen vor dem
Hintergrund des Interessenskonfliktes neu gewichten. Der Umstand, dass ein Anleger
sich möglicherweise keine Gedanken über von seinem Berater erhaltene
Rückvergütungen und deren Höhe macht, ist gerade der Grund, warum der BGH eine
Offenlegungspflicht statuiert. Ein Einstehenmüssen für die Verletzung dieser
Offenlegungspflicht kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass dem Anleger, der
durch die Aufklärungspflicht gerade geschützt werden soll, nunmehr die Pflicht auferlegt
wird, von sich aus nach Rückvergütungen und deren Höhe zu fragen. Das würde die
Offenlegungspflicht ad absurdum führen.
73
4. Verschulden
74
Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Eine
Entlastung ist der Beklagten nicht gelungen.
75
Zu ihrer Entlastung trägt die Beklagte vor, ihr käme Vertrauensschutz in Bezug auf die
bisherige Rechtsprechung zugute, denn erst durch eine Rechtsprechungsänderung
könne sich die Verpflichtung zur ungefragten Mitteilung der Provisionshöhe unabhängig
vom Schwellenwert ergeben. Zum Zeitpunkt der Vertriebsgespräche sei aufgrund der
damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht über
Rückvergütungen nicht vorhersehbar gewesen. Außerdem sei ein Verschulden der
Beklagten insoweit ausgeschlossen, da mehrere Kollegialgerichte ebenfalls keine
Pflicht zur Offenlegung von Provisionen unterhalb der 15%-Schwelle angenommen
hätten.
76
Es trifft zwar zu, dass der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen zu überhöhten
Innenprovisionen (nicht Rückvergütungen) bei der Rückverweisung darauf hingewiesen
hat, dass bei der Entlastungsmöglichkeit der maßgebliche Stand der Rechtsprechung
zu verborgenen Innenprovisionen von Bedeutung sein kann.
77
BGH, Urt. v. 22.03.2007 – III ZR 218/06, NJW-RR 2007, 925 (926); BGH, Urt. v.
28.07.2005 – III ZR 290/04, Rz. 38.
78
Den Stand der Rechtsprechung zur Frage der Offenlegungspflicht von Rückvergütungen
eines Anlageberaters kann die Beklagte jedoch nicht erfolgreich für einen auch die
Fahrlässigkeit ausschließenden Rechtsirrtum und auch nicht im Rahmen des
verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots anführen.
79
a) Stand der Rechtsprechung
80
Zum Zeitpunkt der Beratung der Klägerin durch die Beklagte im Jahr 2004 gab es zwar
keine höchstrichterliche Entscheidung, die eine Offenlegungspflicht einer Bank über ihre
zufließende Rückvergütung im Rahmen der Anlageberatung ausdrücklich thematisiert
und bejaht hatte. Eine solche Entscheidung war jedoch bereits zum Zeitpunkt der
Beratung der Klägerin durch die Beklagte nicht auszuschließen. Denn in der bis dahin
ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung waren die Grundsteine für die später
ergangene Rechtsprechung bereits gelegt. Die spätere Rechtsprechung entwickelte die
bereits zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung ergangene Rechtsprechung
fort. Zudem gab es zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung keine
höchstrichterliche Rechtsprechung, die der späteren Entwicklung der Rechtsprechung
entgegenstand oder eine andere Entwicklung andeutete.
81
Im Einzelnen stellte sich der Stand der Rechtsprechung zur Offenlegung von
Provisionen bzw. Vergütungen durch Banken wie folgt dar:
82
Eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob eine Bank im Rahmen eines
Anlageberatungsvertrages ungefragt offenlegen muss, dass sie für die Vermittlung einer
Anlage eine Rückvergütung erhält, gab es nicht. Das heißt, diese Frage war von der
Rechtsprechung weder positiv noch negativ beantwortet.
83
Es gab bereits höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der regelmäßig konkludent ein
Beratungsvertrag, der strengere Anforderungen an den Berater stellt als an einen
bloßen Vermittler, zustande kommt, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines
Geldbetrages tatsächlich eine Beratung durch eine Bank stattfand.
84
z.B. BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93, NJW 1993, 2433 (2433) ("Bond-
Anleihe").
85
Es gehörte außerdem bereits zur gefestigten Rechtsprechung des BGH, dass
Sondervorteile, die einem Beauftragten von dritter Seite zugewandt werden und die eine
Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen, nach § 667
BGB an den Auftraggeber herauszugeben sind, obwohl sie nach dem Willen des Dritten
gerade nicht für den Auftraggeber bestimmt waren.
86
Siehe Nachweise bei BGH, Urt. v. 01.04.1987 – IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987,
1380 (1380).
87
Der BGH hatte in diesem Zusammenhang ebenfalls bereits mehrere Fälle entschieden,
in denen ein Steuerberater bzw. ein Anwalt aufgrund dieser Rechtsprechung
Provisionen, die er für an seinen Mandanten vermittelte Immobilien vom Vertreiber der
Immobilien erhielt, an seinen Mandanten herausgeben musste. Der erforderliche innere
Zusammenhang zwischen Provisionszahlung durch den Dritten und
Geschäftsbesorgung für den Mandanten sei gegeben, da der Berater in Gefahr gewesen
sei, seine Anlageempfehlungen nicht allein an den Interessen des Mandanten
auszurichten.
88
BGH, Urt. v. 01.04.1987 – IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380 (1380); BGH, Urt. v.
18.12.1990 – XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224 (1224 f.); BGH, Urt. v. 30.05.200 –
ISX ZR 121/99, NJW 2000, 2669 (2672).
89
Darüber hinaus hatte der BGH im Jahr 1990 entschieden, dass eine Vermittlerin von
90
Warentermingeschäften, die durch die Broker-Gesellschaft Provisionen des Kunden
zurückerstattet erhielt ("Kick-back-Vereinbarung"), verpflichtet ist, diese gemäß §§ 675,
667 BGB an den Kunden herauszugeben. Tue sie dies nicht und verheimliche dem
Kunden die Kick-back-Vereinbarung in Bereicherungsabsicht vorsätzlich, mache sie
sich wegen Betruges gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB
schadensersatzpflichtig.
BGH, Urt. v. 06.02.1990 – XI ZR 184/88, NJW-RR 1990, 604 (605).
91
Ebenfalls im Jahr 1990 hatte der BGH ein Urteil erlassen, nach dem eine Bank ihrem
Kunden gegenüber im Rahmen ihrer Pflichten bei der Vertragsanbahnung verpflichtet
ist, diesen darüber aufzuklären, dass die für ihn tätige Vermögensverwalterin an den
Provisionen und Depotgebühren der Bank beteiligt ist. Denn ein solches Verhalten der
Vermögensverwalterin enthalte eine schwer wiegende Treuwidrigkeit und lasse die
Grundlage für das unabdingbare Vertrauen in die Seriosität des Verwalters entfallen.
Die Aufklärungspflicht diene dem Zweck, dem Anleger eine sachgerechte Entscheidung
über die Inanspruchnahme der Dienste der Vermögensverwalterin zu ermöglichen.
92
BGH, 11. Senat, Urt. v. 19.12.2000 - XI ZR 349/99 NJW 2001, 962 (963).
93
b) Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf die streitgegenständliche
Konstellation
94
Bei der Prüfung der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf Rückvergütungen der
Bank für Anlagevermittlung mit vorhergehendem Beratungsvertrag ist zunächst
festzustellen, dass die zugrundeliegenden Konstellationen nicht identisch sind. Im Urteil
des BGH aus 2000 hatte die Bank Rückvergütungen gewährt, nicht erhalten. Der
Rückvergütungsempfänger war eine Vermögensverwalterin, keine Bank.
95
Die Konstellationen waren jedoch vergleichbar. Der maßgebliche Grund für die
Aufklärungspflicht war nach der Rechtsprechung des BGH, dass der Kunde in die Lage
versetzt werden sollte, eine sachgerechte Entscheidung über die Inanspruchnahme der
Vermögensverwalterin zu treffen. Denn durch die Rückvergütungen entfalle das
Vertrauen in die Seriosität des Vermögensverwalters.
96
Aus dem BGH-Urteil aus dem Jahr 2000 ist daher zu folgern, dass auch die
Vermögensverwalterin selbst in der dem Urteil zugrundeliegenden Fallgestaltung zur
Aufklärung über die Rückvergütungen verpflichtet war, um dem Kunden zu ermöglichen,
sich über die Interessenskonflikte der Vermögensverwalterin ein Bild zu machen.
97
Vergleicht man die Interessenskonflikte eines Vermögensverwalters in dieser Situation
mit denen einer Bank, die einem Kunden zu einer Anlage rät und dafür eine
Rückvergütung erhält, sprechen gute Gründe dafür, eine Aufklärungspflicht über die
Rückvergütung auch durch die Bank zu fordern. Zwar kann man einwenden, dass die
Bank im Gegensatz zum Vermögensverwalter für ihre Beratung in aller Regel kein
Entgelt vom Kunden erhält und daher, anders als der Vermögensverwalter, auf eine
Vergütung von dritte Stelle angewiesen ist, da sie die Vermittlung bzw. Beratung nicht
aus altruistischen Gründen wahrnimmt.
98
Jedoch war es auch schon gefestigte Rechtsprechung des BGH, dass zwischen den
Pflichten eines Anlageberaters und denen eines Anlagevermittlers zu unterscheiden ist.
99
Der BGH sieht einen Anlageberater, auch wenn dieser für den Kunden unentgeltlich
tätig ist, im Gegensatz zu einem Anlagevermittler nicht im Lager der Vertreiber der
Anlage stehen. Während der Kunde bei einem Vermittler davon ausgehen muss, dass
dieser die Anlage auch aus seiner eigenen Vergütungsmotivation anpreist, stellt die
Rechtsprechung an den Berater gerade die Anforderung, die Anlage unabhängig zu
bewerten und rein an den Interessen des Kunden ausgerichtet zu beraten. Vor diesem
Hintergrund, in Zusammenschau mit der Tatsache, dass der BGH ebenfalls bereits die
Auszahlungspflicht der von Dritten erlangten Provisionen an den Kunden bejaht hatte
und das Verschweigen einer Rückvergütung bereits als Betrug gewertet und somit
einen Schadensersatzanspruch bejaht hatte, konnte damit gerechnet werden, dass der
BGH auch die Offenlegung des wegen der Provisionszahlungen bestehenden
Interessenskonfliktes für erforderlich halten würde. Selbst wenn der Kunde bei
verständiger Betrachtung davon ausgehen muss, dass der Berater für seine Tätigkeit
irgendeine Vergütung bekommen wird, ist die Aufklärung über die konkrete Höhe der
erhaltenen Rückvergütung für ihn von Bedeutung, um das Maß des Interesses der Bank
an der Vermittlung genau dieser Anlage im Gegensatz zur Vermittlung anderer Anlagen
mit geringerer Vergütung an die Bank beurteilen zu können.
c) Keine entgegenstehenden Entscheidungen
100
Dieser möglichen Fortentwicklung der Rechtsprechung, die eine Offenlegungspflicht
von Rückvergütungen durch eine beratende Bank statuieren würde, steht auch nicht die
zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung ergangene Rechtsprechung des
BGH entgegen, nach der ein Anlagevermittler Innenprovisionen – jedenfalls bei der
Vermittlung von Immobilienanlagen - erst ab einer Schwelle von über 15% offenlegen
muss.
101
BGH, Urt. v. 12.02.2004 – III ZR 359/02, NJW 2004, 1732 (1735).
102
Denn abgesehen von der Frage, ob diese Schwelle auch auf die Vermittlung von
Medienfonds übertragbar ist, betraf diese Entscheidung lediglich einen Fall eines
Anlagevermittlungsvertrages, nicht den eines Anlageberatungsvertrages. Aus dem
Umstand, dass der BGH in der Entscheidung zunächst die zutreffende Qualifizierung
des zugrundeliegenden Vertrages nur als Anlagevermittlungs- und gerade nicht als
Anlageberatungsvertrag bestätigt hat, lässt sich ableiten, dass die Entscheidung keine
Aussage zur Offenlegungspflicht von Provisionen bei Anlageberatungsverträgen trifft.
Sie lässt vielmehr sogar vermuten, dass die 15%-Schwelle nicht für
Anlageberatungsverträge gilt, da es ansonsten nicht auf die Abgrenzung zwischen
Anlagevermittlungs- und Anlageberatungsvertrag angekommen wäre.
103
Darüber hinaus thematisiert die Entscheidung zur 15%-Schwelle lediglich die
Werthaltigkeit der Anlage, die durch die vom Fonds (insgesamt) gezahlten
Innenprovisionen beeinträchtigt wird. Die Offenlegung der vom Berater selbst erhaltenen
Rückvergütung soll hingegen nicht über die Werthaltigkeit der Anlage aufklären,
sondern über den Interessenkonflikt des Beraters, der aufgrund des Anreizes der
Provision möglicherweise nicht objektiv berät. Das Thema der Interessenskollision wird
in der Rechtsprechung des BGH zur 15%-Schwelle nicht thematisiert, somit bietet diese
keine Anhaltspunkte gegen eine Offenlegungspflicht einer Rückvergütung.
104
d) Zwischenzeitliche Fortführung der Rechtsprechung zu Rückvergütungen
105
Mit seinen erst in der Folgezeit ergangenen und der Beklagten zum Zeitpunkt der
Beratung daher noch nicht bekannten Entscheidungen aus den Jahren 2006 und 2009
hat der BGH mittlerweile klargestellt, dass eine Bank im Rahmen eines
Beratungsvertrages die Rückvergütungen, die sie für die Vermittlung eines Fonds,
explizit auch für die eines Medienfonds, erhält, offenlegen muss. Der BGH begründet
dies damit, dass der Kunde nur so in die Lage versetzt wird, das Umsatzinteresse der
Bank einzuschätzen und zu beurteilen, ob sie die Beteiligung nur empfiehlt, weil sie
selbst daran verdient.
106
BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876 (1878 f.); Beschl. v.
20.01.2009 – XI ZR 510/07.
107
Die beiden Entscheidungen sind somit die Fortführung der bereits im Jahr 2000 aus
dem Gesichtspunkt der Interessenkollision statuierten Aufklärungspflicht über von einem
Vermögensverwalter erhaltene bzw. an diesen gezahlte Rückvergütungen.
108
e) Fahrlässigkeit der Beklagten
109
Im Rahmen des hier für das Verschulden allein in Betracht kommenden
Fahrlässigkeitsvorwurfes hat die Beklagte - hier in Form des Organisationsverschuldens
- die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem sie nicht über die
Rückvergütungen aufklärte.
110
Sowohl die Gefährdung des Kunden als auch die Rechtswidrigkeit waren für die
Beklagte erkennbar. Im Tatsächlichen war für sie erkennbar, dass sie sich aufgrund der
für die Vermittlung erhaltene Vergütung und der gleichzeitigen objektiven
Beratungspflicht gegenüber ihrem Kunden in einem Interessenkonflikt befand. Es war
für sie auch erkennbar, dass der Kunde sich nur durch Aufklärung über die Vergütung
und deren Höhe über Bestehen und Ausmaß dieses bei seinem Berater bestehenden
Interessenskonfliktes bewusst werden und nur vor diesem Hintergrund die von der
Beklagten abgegebene Empfehlung richtig bewerten konnte. Somit war für sie ebenfalls
erkennbar, dass für die Klägerin ein Schaden dadurch entstehen konnte, dass sie ohne
Wissen um den Interessenkonflikt der Beklagten der Empfehlung der Beklagten Folge
leisten und die empfohlenen Beteiligungen erwerben würde.
111
Die Gefahrverwirklichung ist hier auch, wie mittlerweile vom BGH explizit entschieden,
rechtswidrig. Wenn sowohl die Gefahr im Tatsächlichen erkennbar und deren
Verwirklichung objektiv rechtswidrig ist, ist im Grundsatz davon auszugehen, dass auch
die Rechtswidrigkeit erkennbar war, da erwartet werden kann, dass der Schädiger
Anstrengungen unternimmt, um die Schädigung des Betroffenen zu vermeiden.
112
MüKo, BGB, 5. Aufl. 2007, § 276 Rn. 73.
113
Der Umstand, dass nach dem Vortrag der Beklagten ihre Rechtsabteilung die
Rechtsprechung des BGH sorgfältig verfolgt hatte und danach davon ausging, dass
keine Offenlegungspflicht der Rückvergütung bestand, entlastet die Beklagte nicht. Der
rechtliche Schluss durch die Rechtsabteilung der Beklagten war unzutreffend. Die
richtige Feststellung einer Rechtsabteilung wäre gewesen, dass die spezielle
Fallgestaltung höchstrichterlich noch nicht entschieden war, eine mögliche Bejahung
der Offenlegungspflicht aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden konnte.
114
Da die Rechtsabteilung Teil der Beklagten ist, muss die Beklagte für das Verschulden
der fehlerhaften Bewertung der Rechtslage durch ihre Rechtsabteilung einstehen. Sogar
die unrichtige Auskunft eines externen Rechtskundigen ist kein Entschuldigungsgrund
im Rahmen der Fahrlässigkeit, wenn der Schädiger sich das Verschulden gemäß § 278
BGB zurechnen lassen muss.
115
BGH, Urt. v. 25.10.2006 – VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 (429); weitere
Nachweise bei Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 276 Rn. 22.
116
Da man eine spätere Entscheidung, die die Vergütungspflicht bejahen würde, nicht
ausschließen konnte, also eine Rechtsunsicherheit bestand, handelte die Beklagte
schuldhaft, indem sie die Schädigung verwirklichte. Denn nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung handelt schuldhaft, wer selbst bei einem nur geringen Maß an
Rechtsunsicherheit die Gefährdung realisiert, sofern er nicht ein besonderes Interesse
an sofortiger Rechtsdurchsetzung hat.
117
Nachweise bei MüKo, BGB, 5. Aufl. 2007, § 276 Rn. 74.
118
Ein solches besonderes Interesse der Beklagten ist hier nicht ersichtlich. Zudem war es
ihr ohne Weiteres möglich und zumutbar, die Gefahr zu verhindern. Sie hätte angesichts
der Gefahr für den Kunden und der Rechtsunsicherheit bezüglich der Rechtswidrigkeit
nicht auf die Entgegennahme der Rückvergütung verzichten müssen, sondern lediglich
die Klägerin und andere Kunden über die Rückvergütung aufklären müssen.
119
f) Keine Entlastung durch Entscheidungen von Kollegialgerichten
120
Die Beklagte kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass sie Entscheidungen von
Kollegialgerichten anführt, die keine Pflicht zur Offenlegung der Rückvergütungen
angenommen haben. Nach der Rechtsprechung des BGH wird Rechtsunsicherheit
gerade nicht durch Urteile von Kollegialgerichten beseitigt.
121
MüKo, BGB, 5. Aufl. 2007, § 276 Rn. 74 mwN zur Rspr.
122
Vielmehr hat der Verpflichtete das Risiko seines Irrtums über die Rechtslage selbst zu
tragen.
123
BGH, Urt. v. 01.12.1981 – VI ZR 200/80, NJW 1982, 635 (636 f.).
124
Die von der Beklagten ebenfalls angeführte Kollegialgerichtsrichtlinie, nach der im
Rahmen der Amtshaftung unter bestimmten Voraussetzungen das Verschulden bei
einer entsprechenden Entscheidung eines Kollegialgerichts entfallen kann, gilt nach der
Rechtsprechung des BGH gerade nur für Fälle der Amtshaftung, da der Beamte auch
bei Rechtsunsicherheit handeln muss.
125
z.B. BGH, Urt. v. 18. 4. 1974. - KZR 6/73, NJW 1974, 1903 (1904 f.); Urt. v.
01.12.1981 – VI ZR 200/80, NJW 1982, 635 (636 f.); MüKo, BGB, 5. Aufl. 2007,
§ 276 Rn. 75 mwN zur Rspr.
126
Selbst wenn man – entgegen der Rechtsauffassung des Gerichts – Entscheidungen von
Kollegialgerichten zur Entlastung heranziehen würde, können die von der Beklagten
angeführten Entscheidungen sie nicht entlasten. Denn die von der Beklagten
127
angeführten Kollegialgerichtsentscheidungen ergingen erst Jahre nach der
streitgegenständlichen Beratung durch die Beklagte, als schon konkretisierende
Rechtsprechung ergangen war, die aber in mancher Hinsicht missverstanden werden
konnte. So konnte man nach dem Urteil des BGH vom 19.12.2006
BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876 (1876 ff.).
128
denken, dass die Aufklärungspflicht nur bei Anwendbarkeit des WpHG bestehe. Nach
der Entscheidung vom 25.09.2007,
129
BGH, Urt. v. 25.09.2007 – XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 (199 ff.).
130
in der nicht ausdrücklich klargestellt wurde, dass Gegenstand des Urteils nur
Innenprovisionen insgesamt, aber nicht konkret an die beratende Bank gezahlte
Rückvergütungen waren, konnte man den BGH dahingehend missinterpretierten, dass
auch im Falle von Rückvergütungen außerhalb des Anwendungsbereiches des WpHG
erst ab der 15%-Schwelle oder bei unrichtiger Darstellung im Prospekt eine
Aufklärungspflicht bestünde. Diesem Irrtum unterlag beispielsweise die Kammer bis
zum klärenden Rückverweisungsbeschluss vom 20.01.2009.
131
BGH, Beschl. v. 20.01.2009 – XI ZR 240/07.
132
Irrtümer, denen Kollegialgerichte erst auf Basis der nach der
Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten ergangener Urteile unterlagen, kann die
Beklagte jedoch nicht zu ihrer Entlastung für ihre Einschätzung der Rechtsprechung
zum Zeitpunkt der Beratung der Klägerin heranziehen.
133
g) Kein Mitverschulden
134
Da selbst das Wissen um das Bestehen irgendeiner Rückvergütung wie dargelegt nicht
ausreicht, um das Ausmaß des Interessenskonfliktes der Beklagten zu beurteilen,
kommt ein Mitverschulden der Klägerin, selbst wenn man annimmt, sie hätte mit
irgendeiner Art von Rückvergütung rechnen müssen, nicht in Betracht.
135
II. Dahinstehen weiterer Haftungsgründe
136
Ob weitere Haftungsgründe bestehen, insbesondere ob der Prospekt fehlerhaft war, ob
die Beklagte bei der Plausibilitätsprüfung Risiken hätte erkennen müssen oder ob sie
die Klägerin prospektwidrig oder anderweitig fehlerhaft beraten hat, kann angesichts der
zu bejahenden Haftung wegen der mangelnden Aufklärung über erhaltene
Rückvergütungen dahinstehen.
137
III.
Schadenspositionen
138
139
Der auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzanspruch umfasst zum einen die
140
Rückerstattung des zu 54,5% eigenfinanzierten Anteils für die Beteiligung an VIP 4 in
Höhe von EUR 21.800,00.
Dass der Klägerin durch die zunächst anerkannte steuerliche Abzugsfähigkeit zunächst
Steuervorteile erwachsen sind, mindert den Schadensersatzanspruch nicht, da ihr diese
mittlerweile aberkannt wurden.
141
Ab Rechtshängigkeit, hier also ab dem 22.11.2008, stehen der Klägerin außerdem
Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 291,
288 Abs. 1 BGB zu. Die Geltendmachung einer Zug um Zug Verurteilung steht dem
Zuspruch von Prozesszinsen nicht entgegen. Die Zug um Zug Verurteilung ist
vorliegend nicht Ausfluss eines Zurückbehaltungsrechts sondern vielmehr Ausfluss des
dem Schadensersatzrechts innewohnenden Prinzips der Vorteilsausgleichung, welches
bewirkt, dass der Schadensersatzanspruch von vornherein nur mit der Einschränkung
begründet ist, dass die gleichzeitig erlangten Vorteile herauszugeben sind (BGH NJW-
RR-2005, 170 (171)). Der insoweit eingeschränkte Schadensersatzanspruch ist aber
spätestens mit Klageerhebung fällig geworden und daher der Erhebung von
Prozesszinsen zugänglich.
142
Da die Klägerin im Rahmen der Naturalrestitution so zu stellen ist, als wäre sie die
Beteiligung an VIP 4 nicht eingegangen, ist sie von der Beklagten auch von den
Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem obligatorischen Darlehensvertrag zur
anteiligen Finanzierung der Beteiligung gegenüber der HypoVereinsbank freizustellen.
143
Ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Erstattungspflicht weitergehender Schäden
ist gegeben, da die Klägerin dargetan hat, dass der Eintritt solcher Schäden,
insbesondere im Zusammenhang mit Steuernachzahlungen, nicht ausgeschlossen ist,
solche aber noch nicht bezifferbar sind. Davon auszunehmen ist jedoch die reine
Nachzahlung von Steuerschulden, die dadurch zustande kommt, dass der Klägerin
zunächst eine steuerliche Abzugsfähigkeit im Zusammenhang mit der Beteiligung an
VIP 4 anerkannt wurde und später wieder aberkannt wurde. Denn der Steuervorteil ist
Teil des positiven Interesses an der Beteiligung, das im Rahmen des Schadensersatzes
nicht zu ersetzen ist. Der Feststellungsanspruch umfasst aber der Klägerin wegen der
zunächst anerkannten und später aberkannten Abzugsfähigkeit im Zusammenhang mit
den Beteiligung an VIP 4 entstandenen steuerlichen Verspätungszinsen. Ein etwaiger
Zinsvorteil, den die Klägerin dadurch erlangt hat, dass sie eine nun zu verzinsende
Steuerschuld erst später zahlen musste, ist nicht auf die steuerlichen
Verspätungszinsen anzurechnen. Denn insoweit handelt es sich um Steuervorteile, die
dadurch wieder ausgeglichen werden, dass auch die vorliegend streitgegenständliche
Schadensersatzleistung steuerpflichtig ist.
144
Den Ansprüchen der Klägerin, einschließlich des Feststellungsantrages bezüglich
weitergehender Schäden, ist nur Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung der
Klägerin stattzugeben. Die konkrete Ausgestaltung der Beteiligung der Klägerin über
eine Treuhandkommanditistin erfordert zur geschuldeten Übertragung der konkret
erlangten Beteiligungsstellung die Ermöglichung der Vertragsübernahme mit allen dazu
notwendigen Erklärungen, auch von Dritten. die Klägerin als derzeitiger Beteiligter kann
verlangen, dass diese Erklärungen erteilt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die
Klägerin die notwendigen Zustimmungserklärungen von Dritten nicht erhalten könnte,
bestehen nicht. Vielmehr sind diese nach unbestrittenem Beklagtenvortrag bislang
erteilt worden.
145
V. Nebenentscheidungen
146
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
147
VI. Streitwert
148
Der Streitwert wird auf EUR 48.247,95 festgesetzt. Er setzt sich zusammen aus
EUR 21.800,00 für den Zahlungsantrag zu 1.a), EUR 25.358,95 für den
Feststellungsantrag zu 1.b), die sich aus 80% des maximal bei Fälligkeit des Darlehens
zu zahlenden Betrages ergeben, und EUR 1.089,00 für den Feststellungsantrag zu 2),
die sich aus dem zu erwartenden Zinsnachteil ergibt.
149