Urteil des LG Mönchengladbach vom 27.02.2007

LG Mönchengladbach: entlastung, tagesordnung, geschäftsführung, gesellschafterversammlung, geschäftsjahr, gesellschaftsvertrag, notwendige streitgenossenschaft, nichtigkeit, personengesellschaft

Landgericht Mönchengladbach, 7 O 29/04
Datum:
27.02.2007
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 O 29/04
Schlagworte:
Anfechungsklage bei der GmbH & Co. KG
Normen:
§§ 109, 119 HGB
Leitsätze:
Die Anfechungsklage gegen Beschlüsse in einer GmbH & Co. KG ist
nicht gegen die Gesellschaft zu richten.
Tenor:
I.
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
II.
Es wird festgestellt, dass folgende Beschlüsse der nachfolgenden
Gesellschafterversammlungen der Beklagten zu 1) nichtig sind:
1.
Die Beschlüsse vom 8. Januar 2004, durch welche ihrer
Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2001 (Punkt 2 der
Tagesordnung) und für das Geschäftsjahr 2002 (Punkt 4 der
Tagesordnung) Entlastung erteilt wurde, die Beschlüsse zur Feststellung
der Jahresabschlüsse 2001 (Punkt 1 der Tagesordnung) und 2002
(Punkt 3 der Tagesordnung) und zur Wahl des Abschlussprüfers für das
Geschäftsjahr 2003 (Punkt 5 der Tagesordnung) sowie der Beschluss
zur Gewinnverteilung 2001 und 2002 (Punkt 6 der Tagesordnung), dass
es bei der Verteilung, die der Kommanditist ............gemäß
Gesellschaftervertrag in der geänderten Fassung vom 26. Dezember
1992 mit seinem Vater getroffen habe, verbleibe;
2.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom
23. Dezember 2004, durch den ihrer Geschäftsführung für das
Geschäftsjahr 2003 (Punkt 2 der Tagesordnung) Entlastung erteilt
wurde, und
3.
Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1)
vom 9. März 2006, durch den ihrer Geschäftsführung für das
Geschäftsjahr 2004 (Punkt 2 der Tagesordnung) Entlastung erteilt wurde
und durch die der Jahresabschluss 2004 (Punkt 1 der Tagesordnung)
festgestellt wurde.
III.
Die weitergehende Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) wird
abgewiesen.
IV.
Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagten zu 2) und
3) als Gesamtschuldner zu 2/3.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger
allein, die des Klägers tragen zu 2/3 als Gesamtschuldner die Beklagten
zu 2) und 3); im Übrigen tragen sie die Parteien selbst.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Der Kläger ist
als Kommanditist an der Beklagten zu 1), einer GmbH & Co. KG, in Höhe von 25 %
beteiligt. Weitere Kommanditisten sind der Beklagte zu 3) mit einer Beteiligung von
50 % sowie mit einer Beteiligung von 25 %. Geschäftsführerin der Beklagten zu 19 ist
deren einzige persönlich haftende Gesellschafterin, die Beklagte zu 2), deren
Geschäftsführer der Beklagte zu 3) und sind. Alleiniger Gesellschafter der Beklagten zu
2) ist der Beklagte zu 3).
1
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) – der GmbH & Co. KG – vom 15.3.1982
sieht in § 9 folgendes vor:
2
6.
3
"Jede volle 1.000,-- DM der auf ihren Kapitalkonten ausgewiesenen
4
Einlagen gewähren den Gesellschaftern eine Stimme, .........
5
Die GmbH hat 1o – zehn – Stimmen. Sie kann ihre Stimmen nur
6
aufgrund eines vorherigen Anweisungsbeschlusses ihrer Gesellschafter
7
abgeben..................
8
9.
9
Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit
der bei der Beschlussfassung abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht nach
dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit
vorgeschrieben ist..
10
10.
11
Außer in den Fällen, die im Gesetz oder an anderen Stellen des
Gesellschaftsvertrages vorgesehen sind, unterliegen der Beschlussfassung
durch die Gesellschafter:
12
a) die Feststellung des Jahresabschlusses
13
b) die Entlastung der Geschäftsführung,
14
c) jede Änderung des Gesellschaftsvertrages.
15
Für die nach a) und b) zu fassenden Beschlüsse genügt eine einfache
Stimmenmehrheit. Für die Beschlüsse zu c) und d) ist eine Mehrheit von 75 %
der abgegebenen Stimmen erforderlich...."
16
Gemäß § 7 Ziffer 3. der ursprünglichen – jedenfalls bis zum 26. Dezember 1992 -
geltenden Fassung des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1) wurde der
verbleibende Restgewinn unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer in § 2 Ziffer 1.
des Gesellschaftsvertrages festgelegten Kapitaleinlagen verteilt. Am 26. Dezember
1992 unterzeichneten .........der Vater des Klägers und des Beklagten zu 3) - sowie der
Beklagte zu 3) einen mit "Änderungsvertrag" überschriebenen Gesellschafterbeschluss.
In diesem Beschluss wurde in Änderung zu § 7 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrages der
Beklagten zu 1) die Verteilung des Gewinns in der Weise festgelegt, dass ...... 20 % und
der Beklagte zu 3) 80 % des zu verteilenden Gewinns zustehen sollten. war zum
damaligen Zeitpunkt Kommanditist der Beklagten zu 1. mit einem Anteil von 60 %, der
Beklagte zu 3. mit einem Anteil von 40 %. Der Kläger und . waren zu diesem Zeitpunkt
an keiner der Gesellschaften beteiligt
17
In dem GmbH-Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 2) ist folgendes geregelt:
18
4.
19
"Die jeweiligen Gesellschafter der GmbH und gegebenenfalls die GmbH selbst
sind verpflichtet, die Geschäftsanteile ganz oder teilweise derart auf
Gesellschafter der KG zu übertragen, dass die sämtlichen Gesellschaftern an
den beiden Gesellschaften in dem gleichen Verhältnis zueinander beteiligt sind.
20
Zwecks Herstellung dieser verhältnismäßigen Beteiligung besteht auch eine
Pflicht der jeweiligen Gesellschafter der GmbH und gegebenenfalls der GmbH
selbst in dem Umfang, in dem dies zur Herstellung der gleichmäßigen
Beteiligung erforderlich ist, Geschäftsanteile oder Teile davon zu erwerben.
Jeder Gesellschafter der GmbH sowie auch jeder Gesellschafter der KG kann
die Einhaltung dieser Bestimmungen verlangen. Zugunsten der Gesellschafter
der KG gilt dies als ein Vertrag zu ihren Gunsten als Dritte, aus dem sie
unmittelbar Rechte gegen die Verpflichteten herleiten können.
21
5.
22
Solange bei einem Gesellschafter der GmbH die Beteiligungsgleichheit nicht
vorhanden ist, ruhen – soweit auch immer dies gesetzlich möglich ist – seine
sämtlichen Gesellschafterrechte; dies gilt sowohl für die mit seiner Beteiligung
verbundenen Vermögensrechte, als auch für das Stimmrecht. ..."
23
Durch Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. November 2005 (AZ: 1 O
46/04) wurde der Beklagte zu 3) verurteilt, an den Kläger sowie ...... den von ihm
gehaltenen Geschäftsanteil an der .......... Beteiligungsgesellschaft mbH – der Beklagten
zu 2) - zu teilen und zwei Geschäftsanteile im Nominalbetrag von jeweils 12.782,30 € zu
bilden sowie an den Kläger und an ..... jeweils einen der neu gebildeten
Geschäftsanteile im Nominalwert von 12.782,30 € Zug um Zug gegen Zahlung eines
Betrages in Höhe von jeweils von 20.963,00 € zu verkaufen und an sie abzutreten. Die
Berufung gegen dieses Urteil wurde durch das Oberlandesgericht Düsseldorf am 3.
November 2006 zurückgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig da der Beklagte
zu 3) Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt hat.
24
Am
8. Januar 2004
Tagesordnungspunkte 1. und 3. umfassten die Feststellung der Jahresabschlüsse 2001
und 2002, die Tagesordnungspunkte 2. und 4. die Entlastung der Geschäftsführung für
die Geschäftsjahre 2001 und 2002. Hinsichtlich aller dieser Tagesordnungspunkte
stimmten der Beklagte zu 3) sowie die Beklagte zu 2) - letztere nach
Anweisungsbeschluss ihres Gesellschafters, des Beklagten zu ) - zu. Der Kläger sowie
..... stimmten nicht zu. Tagesordnungspunkt 5. umfasste die Wahl des Abschlussprüfers
für das Geschäftsjahr 2003. Der Kläger und ... stimmten der Bestellung des seitens des
Beklagten zu 3. vorgeschlagenen Abschlussprüfers nicht zu, der Beklagte zu 3) sowie
die Beklagte zu 2) nach Anweisungsbeschluss ihres Gesellschafters und vertreten
durch den Beklagten zu 3) stimmten der Bestellung zu. Tagesordnungspunkt 6. enthielt
die Beschlussfassung zur Gewinnverteilung 2001 und 2002. Der Kläger hatte beantragt
die Gewinnverteilung nach den Kapitalverhältnissen der Gesellschafter vorzunehmen.
Der Beklagte zu 3. hingegen beharrte auf der – seiner Meinung nach wirksamen -
Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 26. Dezember 1992. In der nachfolgenden
Abstimmung stimmten der Kläger und .... der geänderten Fassung vom 26. Dezember
1992 nicht zu. Der Beklagte zu 3) sowie die Beklagten zu 2) stimmten der Änderung
vom 26. Dezember 1992 hingegen zu.
25
In der Gesellschafterversammlung vom
23. Dezember 2004
Geschäftsführung Entlastung für das Jahr 2003 erteilt durch die S. Der Kläger und der
Vertreter von ........ stimmten dagegen,
26
In der Gesellschafterversammlung vom
9. März 2006
Tagesordnung mit den Stimmen des Beklagten zu 3) sowie durch den
Anweisungsbeschluss der Beklagten zu 2) der Jahresabschluss 2004 sowie unter
Punkt 2. die Entlastung der Geschäftsführung für das Jahr 2004 festgestellt. Der Kläger
und ..... stimmten dagegen.
27
Der Kläger behauptet.......... sei im Rahmen des am 26. Dezember 1992 geschlossenen
Änderungsvertrags nicht als Kommanditist der Beklagten zu 1. sondern lediglich als
Vertreter der Beteiligungsgesellschaft beteiligt gewesen. Es habe der gängigen Praxis
28
bei der GmbH entsprochen, dass .... bei allen wesentlichen Vereinbarungen mit
Außenwirkung auf Seiten der GmbH mitgezeichnet habe. Dementsprechend ist der
Kläger der Auffassung, die Änderung des Gesellschaftsvertrags sei unwirksam. Des
weiteren ist er der Auffassung, die Beschlüsse über die Entlastung der
Geschäftsführung seien mängelbehaftet, da der Beklagte zu 3) mitgestimmt und dies
gegen das Verbot des "Richtens in eigener Sache" verstoßen habe. Im Übrigen sei die
Entscheidung über die Gewinnverwendung deshalb unwirksam, weil der Beklagte zu 3)
alleiniger Begünstigter des Beschlusses gewesen sei. Zudem behauptet er die
Beschlüsse seien hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1. bis 6. nicht ordnungsgemäß
festgestellt.
Nach Hinweis der Kammer vom 13. August 2004 hat der Kläger seine Klage mit
Schriftsatz vom 30. August 2004, eingegangen bei Gericht am 1. September 2004
gegen die Beklagte zu 2., die .... Beteiligungsgesellschaft mbH, sowie gegen den
Beklagten zu 3., ......, persönlich erweitert. Zudem hat er seinen ursprünglichen Antrag,
die Beschlüsse hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2, 4 und 6 der
Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. vom 8. Januar 2004 für nichtig zu
erklären, in einen Feststellungsantrag geändert. Mit Klageerweiterung vom 4. April 2006
hat der Kläger im Hinblick auf alle drei Beklagten die Klage erweitert im Hinblick auf die
in der Gesellschafterversammlung vom 9. März 2006 gefassten Beschlüsse zu Punkt 1.
der Tagesordnung und Punkt 2. der Tagesordnung.
29
Der Kläger beantragt,
30
1. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. vom 8.
Januar 2004, durch welche ihrer Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2001
(Punkt 2, der Tagesordnung) und für das Geschäftsjahr 2002 (Punkt 4. der
Tagesordnung) Entlastung erteilt wurde sowie der Beschluss zur
Gewinnverteilung 2001 und 2002 (Punkt 6. der Tagesordnung), dass es bei der
Verteilung, die der Kommanditist ... .gemäß Gesellschaftervertrag in der
geänderten Fassung vom 26. Dezember 1992 mit seinem verstorbenen Vater
getroffen habe, verbleibe, werden für nichtig erklärt.
31
2. Es wird festgestellt, dass der Geschäftsführung der Beklagten zu 1. für die
Geschäftsjahre 2001 und 2002 eine Entlastung nicht erteilt worden ist.
32
3. Es wird festgestellt, dass die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten
zu 1. am 8. Januar 2004 gefassten Beschlüsse zur Feststellung des
Jahresabschlusses 2001 (Punkt 1. der Tagesordnung), zur Entlastung des
Geschäftsjahres 2001 (Punkt 2. der Tagesordnung), zur Feststellung des
Jahresabschlusses 2002 (Punkt 3. der Tagesordnung), zur Entlastung der
Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2002 (Punkt 4. der Tagsordnung), zur
Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2003 (Punkt 5. der
Tagesordnung) und zur Beschlussfassung zur Gewinnverteilung 2001 und 2002
(Punkt 6. der Tagesordnung) nicht ordnungsgemäß festgestellt und daher auch
nicht vorläufig wirksam sind.
33
4. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. vom 23.
Dezember 2004, durch den ihrer Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2003
(Punkt 2. der Tagesordnung) Entlastung erteilt wurde, wird für nichtig erklärt.
34
5. Es wird festgestellt, dass der Geschäftsführung der Beklagten zu 1. für das
Geschäftsjahr 2003 eine Entlastung nicht erteilt worden ist.
35
6. Es wird festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der
Beklagten zu 1. am 23. Dezember 2004 gefasste Beschluss zur Entlastung ihrer
Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2003 (Punkt 2. der Tagesordnung) nicht
ordnungsgemäß festgestellt und daher auch nicht vorläufig wirksam ist.
36
7. Es wird festgestellt, dass die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten
zu 1. am 9. März 2006 gefassten Beschlüsse zur Feststellung des
Jahresabschlusses 2004 der Beklagten zu 1. (Punkt 1. der Tagesordnung) und
zur Entlastung der Geschäftsführung der Beklagten zu 1. für das Geschäftsjahr
2004 (Punkt 2. der Tagesordnung) nicht ordnungsgemäß festgestellt und daher
auch nicht vorläufig wirksam sind.
37
8. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. vom 9.
März 2006, durch den ihrer Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2004 (Punkt
2. der Tagesordnung) Entlastung erteilt wurde, wird für nichtig erklärt.
38
9. Es wird festgestellt, dass der Geschäftsführung der Beklagten zu 1. für das
Geschäftsjahr 2004 keine Entlastung erteilt worden ist.
39
Die Beklagten beantragen,
40
die Klage abzuweisen.
41
Die Beklagten sind der Auffassung, die Stimmabgabe des Beklagten zu 3) bei der
Entlastung der Geschäftsführung habe kein Verstoß gegen das Verbot des "Richtens in
eigener Sache" dargestellt. Da dem Beklagten zu 3. nicht die Geschäftsführung der
Beklagten zu 1. zustehe werde er durch den Beschluss nicht persönlich entlastet. Dass
die Beklagte zu 2. als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. im Falle einer
Inanspruchnahme bei dem Beklagten zu 3. Rückgriff nehme sei ausgeschlossen, da
dieser alleiniger Gesellschafter der Beklagten zu 2. sei.
42
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien
gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.
43
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
unbegründet, hinsichtlich der Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 3) ist sie
überwiegend begründet und war nur in geringem Umfang abzuweisen.
44
I.
45
Im Hinblick auf die Beklagte zu 1. fehlt die Passivlegitimation. Klagen auf Feststellung
der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer
Personengesellschaft sind nach ständiger Rechtsprechung nicht gegen die Gesellschaft
selbst sondern gegen den oder die dissertierenden Gesellschafter zu richten (vgl. BGH
WM 1965, 14; BGH NJW 1995, 1218; OLG Frankfurt DB 1993, 2172). Die Gesellschaft
ist Gegenstand nicht Subjekt eines Gesellschafterbeschlusses (v gl. BGH WM 1966,
1036). Auch die ganz überwiegende Meinung in der Literatur geht davon aus, dass eine
solche Klage gegen die Gesellschafter zu richten ist (vgl. Baumbach/Hopt, 31. Aufl.,
46
HGB § 109 Rdnr. 40; Schlegelberger/Martens HGB, § 119 Rdnr. 9; MK-Ulmer, § 709
Rdnr. 95; Palandt/Sprau 66. Aufl. vor § 709 Rdnr. 16).
Von Teilen der Literatur wird jedoch die Rechtsansicht vertreten, die Klage sei gegen
die Gesellschaft zu richten (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3.Aufl., § 15 II 3;
Münchner Kommentar HGB-Enziger, 2.Aufl. 2006, § 119 Rdnr. 98 ff.). Begründet wird
dies zum einen mit dem ― lediglich für die Gestaltungsklage typischen – Befund, dass
eine gegen einen rechtswidrigen Mehrheitsbeschluss gerichtete Mitgliederklage den
Beschluss nicht allein mit relativer Wirkung sondern mit Wirkung inter omnes vernichte
(vgl. Karsten Schmidt, Festschrift für Stimpel, Seite 217, 240). Überdies führe das
Erfordernis einer gegen die Gesellschafter zu richtenden Feststellungsklage zu
erheblicher Rechtsunsicherheit, da die Berufung auf etwaige Beschlussmängel keiner
gesetzlichen Präklusionsfrist unterliege und somit für Gesellschafterbeschlüsse kein
ausreichender Bestandsschutz gegeben sei. Empfohlen wird daher insbesondere von
Karsten Schmidt und Enziger eine analoge Anwendung der Vorschriften über die
Nichtigkeits- und Anfechtungsklage bei den Kapitalgesellschaften (vgl. Münchner
Kommentar – HGB – Enziger, § 119 Rdnr. 98).
47
Die Kammer folgt nicht der Rechtsansicht von Karsten Schmidt und Enziger. Den von
beiden Autoren genannten Risiken kann bereits auf der Grundlage des geltenden
Personengesellschaftsrechts wirksam begegnet werden, so dass insoweit kein
Bedürfnis für eine Analogie besteht. Zwar besteht zwischen den übrigen
Gesellschaftern, die die Wirksamkeit des beanstandeten Beschlusses behaupten, keine
notwendige Streitgenossenschaft, doch kann der klagende Gesellschafter die
rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen Beschlusses auch
gegen sämtliche Gesellschafter ohne weiteres herbeiführen, indem er diese als
Prozesspartei in seine Klage einbezieht. Es wäre des weiteren eine Vereinbarung im
Gesellschaftsvertrag zulässig, nach der eine entsprechende Klage gegen die
Gesellschaft selbst zu richten ist (BGH WM 1966, 1036). Nach Sinn und Zweck einer
solchen Regelung wären dann sämtliche Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet,
sich dem Urteil zu unterwerfen. Der Einwand schließlich, dass die Geltendmachung von
Beschlussmängel bei Zulassung der Feststellungsklage keiner gesetzlichen
Präklusionsfrist unterliege, vermag deshalb nicht zu überzeugen, weil sich auch im
Personengesellschaftsrecht – abgesehen von der Möglichkeit einer Regelung im
Gesellschaftsvertrag – bereits aus der Treuepflicht bzw. dem Gesichtspunkt der
Verwirkung ergibt, dass Beschlussmängel nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht
werden können (vgl. BGHZ 112, 339, 344). Überdies ist zu bedenken, dass ein
Bestandsschutz innerhalb von Personengesellschaften, wie von Teilen der Literatur
gefordert, dazu führen würde, dass unter Umständen persönlich haftende Gesellschafter
zumindest vorläufig an rechtswidrige Beschlüsse gebunden wären, die weitreichende
Folgen für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter haben können (vgl.
Schlegelberger/Martens HGB, § 119 Rdnr. 10).
48
Das Erfordernis der Klage gegen die Gesellschafter ist auch entgegen der Ansicht des
Klägers nicht auf Beschlüsse beschränkt, die die Grundlage der Personengesellschaft
betreffen. Unabhängig davon welche Art und Schwere die Auswirkungen des
Gesellschafterbeschlusses sind, wird der Beschluss nicht von der Gesellschaft sondern
von ihren Gesellschaftern gefasst, so dass deren Rechte und Pflichten von der
Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Beschlusses berührt werden (vgl. BGH WM 1966,
1036). Durchgreifende Gründe für eine Abweichung von der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs sind aus diesen Gründen selbst nach Anerkennung der
49
Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft (vgl. BGHZ 156, 341) nicht ersichtlich.
Auch aus dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) ergibt sich die
Passivlegitimation nicht. Zwar kann im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden, dass
Klagen aufgrund von Beschlussmängeln gegen die Gesellschaft selbst zu richten sind.
§ 9 Ziffer 12 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1) enthält aber keine derartige
Regelung. Hiernach hat lediglich ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der
Protokollführung innerhalb von 1 Monat nach Zugang zu erfolgen. Wer Adressat dieses
Widerspruchs sein soll ist der Regelung nicht zu entnehmen. Selbst wenn man aber
zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass ein Widerspruch aus Gründen der
Praktikabilität gegenüber der Gesellschaft selbst zu erfolgen hätte, so begründete dies
notwendigerweise auch eine Passivlegitimation der Beklagten zu 1), denn es ist
durchaus vorstellbar, dass die Gesellschaft selbst den Widerspruch lediglich
stellvertretend für die Gesellschaft hätte entgegennehmen sollen. Im Übrigen ist
Gegenstand der Regelung in § 9 Ziffer 12 des Gesellschaftsvertrages nicht eine Klage
der Gesellschafter, sondern ein Widerspruch.
50
II.
51
Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) sind überwiegend zulässig und begründet.
52
Im Einzelnen:
53
1.
54
Die Anträge des Klägers sind dahingehend auszulegen, dass er mit seiner Klage die
Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der unter des Tagesordnungspunkten
1. bis 6. der Gesellschafterversammlung vom 8. Januar 2004 gefassten Beschlüsse
begehrt. Im Hinblick auf den Beschluss vom 23.12.2004 begehrt er die Feststellung der
Nichtigkeit der Entlastung der Geschäftsführung und Im Hinblick auf die Beschlüsse
vom 9. März 2006 begehrt er die Feststellung der Nichtigkeit der Tagesordnungspunkte
1. und 2. der Gesellschafterversammlung vom 9. März 2006. Die weitergehende
Fassung (Klageanträge Ziffer 2./5. und 9.) enthalten kein darüber hinausgehendes
Begehren, denn die mangelnde Erteilung der Entlastung folgt unmittelbar aus der
Nichtigkeit der Beschlüsse.
55
Die Anträge Ziff. 3. /6. und 7. des Klägers basieren auf der Annahme, dass die
genannten Beschlüsse lediglich anfechtbar seien. Sind Beschlüsse aber in einer
Personengesellschaft rechtswidrig zustande gekommen, dann sind sie nicht lediglich
anfechtbar, sondern nichtig oder zumindest unwirksam (vgl. Baumbach/Hopt, § 119
Rdnr. 31), so dass sie auch keine vorläufigen Wirkungen entfalten können. Insofern ist
die beantragte Feststellung, dass die Beschlüsse "auch nicht vorläufig wirksam" seien,
nicht erforderlich. Jedoch wird aus den Anträgen der Wille des Klägers deutlich, dass er
jedenfalls auch die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Beschlüsse
hinsichtlich der im Tenor dieses Urteils erwähnten Beschlüsse erreichen will.
56
2.
57
Die Parteierweiterung auf die Gesellschafter ... und die ..Beteiligungsgesellschaft mbH
ist als sachdienliche, nachträgliche subjektive Klagehäufung zulässig. Das
Feststellungsbegehren des Klägers beruht gegenüber allen Beklagten auf dem gleichen
58
Feststellungsbegehren des Klägers beruht gegenüber allen Beklagten auf dem gleichen
tatsächlichen Grunde (§ 60 ZPO), nämlich der Beschlussfassung in der
Gesellschafterversammlung vom 8. Januar 2004. Die Parteierweiterung ist auch
sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO, da der bisherige Streitstoff aufgrund des
identischen zugrundeliegenden Sachverhalts auch für die Beklagten zu 2) und 3) eine
verwertbare Entscheidungsgrundlage bietet und durch die Erweiterung eine endgültige
Beilegung des Streits gefördert und ein neuer Prozess vermieden wird.
3.
59
Das rechtliche Interesse eines Gesellschafters an der Feststellung der Unwirksamkeit
eines Gesellschafterbeschlusses ergibt sich regelmäßig aus seiner Stellung als
Gesellschafter (BGH NJW-RR 1992, 227).
60
4.
61
Die Klage, mit der die Beschlussanfechtung geltend gemacht wird, ist nicht durch Ablauf
einer im Gesellschaftsvertrag festgelegten Frist ausgeschlossen. Zwar enthält § 9
Ziffer 12 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten zu 1) die Regelung, dass ein
Widerspruch gegen die Richtigkeit der Protokollführung innerhalb eines Monats nach
Zugang des Protokolls zu erfolgen hat. Zur Fristwahrung war aber nach dem
eindeutigen Wortlaut von § 9 Ziffer 12 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1)
allein ein Widerspruch nicht hingegen eine Klageerhebung erforderlich. Unstreitig ist ein
solcher Widerspruch fristgerecht erfolgt.
62
5.
Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft – wie hier – keine Klagefrist, so ist die
Geltendmachung an keine Frist gebunden (BGH NJW-RR 1990, 474). Eine
entsprechende Anwendung der Anfechtungsfrist und des Kapitalgesellschaftsrechts
findet nicht statt (BGH NJW 1999, 3113). Die Geltendmachung eines Mangels nach
allgemeinen Grundsätzen kann nur dann als verwirkt angesehen werden, wenn die
Gesellschafter nicht binnen angemessener Frist gegen die fehlerhaften Beschlüsse
vorgehen. Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Die Klage gegen die Beklagten zu 2)
und 3) ist mit der Zustellung des Erweiterungsantrags am 21. September 2004
rechtshängig geworden und konnte erst dann ihre Wirkung entfalten. Durch das
Verstreichen lassen von ca. 8 Monaten bis zur Klageerhebung gegen die Beklagten
zu 2) und 3) hat der Kläger sein Recht gegen die Beschlüsse vorzugehen nicht verwirkt.
Unabhängig davon, ob in einem Zeitraum von 8 Monaten bereits ein "längerer
Zeitablauf" zu sehen ist, der eine Verwirkung rechtfertigen könnte, fehlt vorliegend ein
vertrauenbildendes Vorverhalten des Klägers. Dieser hat bereits durch seinen
Widerspruch sowie durch die unverzügliche Klageerhebung gegen die Beklagte zu 1)
im Februar 2004 – zugestellt am 6.3.2004 - deutlich gemacht, dass er die im Januar
2004 gefassten Beschlüsse nicht gelten lassen will. Er hat auch unverzüglich nach
Hinweis der Kammer, dass die Beklagte zu 1) nicht passivlegitimiert sei, seine Klage
gegen die Beklagten zu 2) und 3) erweitert.
63
6.
64
Die Beschlüsse zur Entlastung der Geschäftsführung sind nichtig, da sie unter Verstoß
gegen das Gesellschaftsrecht und ihr tragendes Prinzip, das niemand "Richter in
eigener Sache" sein darf, zustande gekommen sind. Dieses für die GmbH in § 47 Abs. 4
65
S. 1 GmbHG und für den Verein in § 34 BGB normierte Prinzip gilt als allgemeiner an §§
134, 138 BGB orientierter Rechtsgrundsatz für Personengesellschaften entsprechend
(vgl. BGH BB 1989,1496; Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rdnr. 8) und somit auch für die
GmbH & Co. KG (vgl. Scholz/K.Schmidt, Anh. § 45 Rdnr. 46). Die Beklagte zu 2), die
unstreitig Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) ist, durfte bei ihrer eigenen Entlastung
nicht mitstimmen. Gemäß § 9 Ziffer 10. des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1)
unterliegt die Beschlussfassung über die Entlastung der Geschäftsführung in der KG der
einfachen Stimmenmehrheit. Berücksichtigt man nicht die Stimmen der Beklagten zu 2)
so verbleiben 50 % der Stimmen (die des Klägers und von ...) gegen die Entlastung,
50 % der Stimmen - die des Beklagten zu 3) - für die Entlastung. Das stellt aber keine
einfache Mehrheit dar.
7.
66
Bei den übrigen im Tenor dieses Urteils erwähnten Beschlüssen musste ebenfalls die
Nichtigkeit festgestellt werden. Der Beklagte zu 3) wäre verpflichtet gewesen, die
Beteiligungsparität nach § 4 des GmbH-Vertrages herzustellen. Die von dem Beklagten
zu 3) kurz nach dem Tod des Vaters und einen Tag vor Eröffnung des Erbvertrages
vorgenommene Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 26. Dezember 1992 ist
unwirksam. Dies wurde sowohl vom Landgericht Mönchengladbach durch Urteil vom
18. November 2005 (AZ: 1 O 46/04) als auch durch das Oberlandesgericht Düsseldorf
mit Urteil vom 3. November 2006 (AZ : I. – 17 U 251/05) festgestellt. Auf diese Urteile
wird insoweit Bezug genommen. Sie sind zwar nicht rechtskräftig die Kammer hält sie
jedoch in jeder Hinsicht für überzeugend und teilt die dort zum Ausdruck gebrachte
Rechtsansicht.
67
In Konsequenz hieraus ergibt sich aus § 4 Ziffer 5. des GmbH-Gesellschaftsvertrages
ein
Ruhen des Stimmrechtes
Kammer in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Innerhalb der Schriftsatzfrist
haben die Beklagten diesen rechtlichen Ausgangspunkt nicht in Frage gestellt. Die
Regelung in § 4 Ziffer 5. des GmbH-Vertrages über das Ruhen des Stimmrechtes steht
unter der Überschrift "Beteiligungsgleichheit". Diese Beteiligungsgleichheit ist bisher
nicht geschaffen worden, der Beklagte zu 3) wollte diese vielmehr durch notarielle
Urkunde vom 12.12.2000 – 1 Tag vor Eröffnung des Erbvertrages seines am 23.11.2000
verstorbenen Vaters – aushebeln. Dies war jedoch unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf
a.a.O.). Durch jahrelange Prozessverschleppung wäre der Beklagte zu 3) in der Lage,
jeden Gesellschafterbeschluss zu seinen Gunsten zu gestalte, wenn nicht mit dem
Ruhen des Stimmrechtes konsequent die Beteiligungsgleichheit erreicht werden könnte.
Angesichts des ruhenden Stimmrechtes der Beklagten zu 2) bedarf es keines weiteren
Eingehens darauf, ob der Beklagte zu 3) möglicherweise unzulässige Sondervorteile für
sich und sein Mehrheitsstimmrecht einseitig anstrebt dadurch, dass die
Beteiligungsgleichheit über Jahre hinweg juristisch nicht verwirklicht werden konnte.
68
V.
69
Abzuweisen ist die Klage insoweit als der Kläger seine Behauptungen zusätzlich darauf
stützt, die Beschlüsse seien "nicht ordnungsgemäß festgestellt" worden. Eine solche
Feststellung war nicht Wirksamkeitserfordernis der Beschlüsse. Das Gesetz enthält
keine spezielle Formvorschriften in Bezug auf Beschlüsse innerhalb der GmbH & Co.
KG. Dementsprechend herrscht diesbezüglich weitgehend Gestaltungsfreiheit (vgl.
Scholz/K. Schmidt Anh. § 45 Rdnr. 29, 37). Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co.
70
Scholz/K. Schmidt Anh. § 45 Rdnr. 29, 37). Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co.
KG - der Beklagten zu 1 - enthält in § 9 Regeln zur Beschlussfassung jedoch keine
Regelungen hinsichtlich einer Verkündung der Beschlüsse.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
71
Soweit die Klage auch im Hinblick auf die Beklagten zu 2) und 3) teilweise abgewiesen
wurde, war die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig und hat keine
höheren Kosten veranlasst (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das weitergehende Begehren des
Klägers bezog sich insoweit lediglich auf eine Formalie der Beschlussverkündung.
72
Streitwert: € 75.000,00
73