Urteil des LG Köln vom 10.05.2010

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Landgericht Köln, 26 O 81/09
Datum:
10.05.2010
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
26. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
26 O 81/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D:
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Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Wege der offenen Teilklage einen
Zinsschaden aufgrund von nach ihrem Vorbringen verspäteter Auszahlung von
Versicherungsleistungen geltend. Die Klägerin ist ein führendes Unternehmen im
Zweitmarkt für Lebensversicherungen in Deutschland und Österreich. Dabei kauft die
Klägerin über die von ihr bevollmächtigte Verwaltungsgesellschaft, die W
Versicherungsvermittlung GmbH, Lebensversicherungspolicen für private und
institutionelle Investoren an. Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen. Die
Klägerin kaufte nach ihrem Vortrag mit Vertrag vom 17.11.2006 (Bl. 92 d.A.) von der
Erbengemeinschaft nach einem Herrn B, dem Versicherungsnehmer der Beklagten,
eine bei dieser unter der Versicherungsschein-Nummer ##### geführte
Kapitallebensversicherung, die am 1.4.1996 begonnen hatte. Dieser Kauf wurde der
Beklagten mit Schreiben vom 5.12.2006 nebst beigefügtem Antrag auf
Versicherungsnehmerwechsel und Abtretungsanzeige vom 17.11.2006 angezeigt (Bl.
12-15 d.A.), worauf wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Diese der
Beklagten übermittelte Übernahme- und Abtretungsanzeige wurde von der Käuferin und
seitens des Verkäufers unterzeichnet. Die Beklagte bestätigte die Vollabtretung der
Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Klägerin mit Schreiben vom
7.5.2007 (Bl. 16 d.A.), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nach
dem Vortrag der Klägerin ist der darin angesprochene Sicherungsfall nicht eingetreten.
Die Klägerin kündigte die erworbene Lebensversicherung mit Schreiben vom 24.4.2008
(Bl. 93 d.A.) zum 1.6.2008. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 21.5.2008 (Bl. 17
d.A.) an das Finanzamt M von dem Finanzamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung
und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 21.5.2008 (Bl. 18 ff. d.A.) mit. Die
Klägerin wies daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 25.5.2008 (Bl. 20 d.A.) darauf
hin, dass es vorliegend keiner Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung im
Hinblick auf § 20 Abs. 6 ErbStG bedürfe, da kein erbschaftsteuerpflichtiger Vorgang
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vorliege. In der Folgezeit erfolgte ein Schriftwechsel zwischen den Parteien. Die
Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.7.2008 (Bl. 94 d.A.) zur Zahlung bis
zum 17.7.2008 auf. Trotz Vorlage einer Stellungnahme der OFD N, mit der darauf
hingewiesen wurde, dass mangels Bereicherung keine Schenkung im Sinne des ErbstG
vorliege, beharrte die Beklagte auf der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Das Finanzamt B2 erklärte gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 7.10.2008 (Bl.
27d.A.), dass die Weiterveräußerung der Versicherungspolice an die W GmbH keinen
steuerbaren Vorgang im Sinne des § 20 Abs. 6 ErbStG darstelle, so dass eine
Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erstellt werden könne. Ebenso teilte das
Finanzamt C-Süd mit Schreiben vom 13.10.2008 (Bl. 28 d.A.) der Beklagten mit, dass
eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erstellt werden könne. Am 21.10.2008
wurde der Klägerin die Versicherungsleistung – nach Abzug von 25 %
Kapitalertragsteuer zzgl. 5,5 % und Solidaritätszuschlag - in Höhe von 1.793.449,16 €
ausgezahlt. Die Klägerin zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 3.11.2008 (Bl. 29 d.A.)
die aufgrund der nach ihrem Vorbringen unberechtigten Auszahlungsverweigerung der
Beklagten aufgelaufenen Verzugszinsen auf und forderte zur Zahlung bis zum
14.11.2008 auf. Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte, verlangte die Klägerin durch
Schreiben ihrer jetzigen Prozeßbevollmächtigten vom 22.12.2008 (Bl. 30 ff. d.A.)
nochmals die Zahlung der angefallenen Verzugszinsen in Höhe von insgesamt
61.450,78 € sowie Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin bis zum
9.1.2009.
Die Klägerin trägt vor, aus den von ihr im einzelnen dargelegten Gründen stehe der
Klägerin gegen die Beklagte der geltend gemachte Verzugsschaden in Form der
Verzugszinsen und der außergerichtlichen Anwaltskosten zu.
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Die Klägerin macht aus dem vorgebrachten Gesamtverzugszinsschaden im
vorliegenden Rechtsstreit einen Teilbetrag in Höhe von 6.080,90 € geltend, wobei es
sich dabei um die Verzugszinsen für den Zeitraum vom 7.10.2008 bis einschließlich
20.10.2008 (14 Tage à Tageszins 434,35 € = 6.080,90 €) handelt.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
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1.)6.080,90 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 15.11.2008 zu zahlen,
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2.) 1.479,90 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 10.1.2009 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin im einzelnen entgegen.
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Ergänzend wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst
vorgelegter Unterlagen Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin kann nicht gemäß § 286 BGB von der Beklagten die Zahlung von
Verzugszinsen für den mit der vorliegenden Teilklage geltend gemachten Zeitraum vom
7.10.2008 bis einschließlich 20.10.2008 verlangen.
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Dabei kann für die Entscheidung letztlich dahin stehen, ob die Klägerin nunmehr die
Verzugsvoraussetzungen als solche schlüssig vorgetragen hat oder nicht.
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Jedenfalls steht dem von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch
gegen die Beklagte entgegen, dass es an einem Vertretenmüssen der Beklagten
hinsichtlich einer etwaigen verspäteten Auszahlung der Versicherungsleistung an die
Klägerin fehlt.
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Gemäß § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung
infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
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Die Beklagte durfte nach Auffassung des Gerichts zunächst mit einem Verlangen nach
Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung prüfen, ob sie zur Auszahlung der
Versicherungsleistung an die Klägerin verpflichtet war, um insoweit sicher zu gehen.
Nach § 20 Abs. 6 ErbStG in der im damaligen Zeitraum geltenden Fassung haften
nämlich Versicherungsunternehmen, die vor Entrichtung oder Sicherstellung der Steuer
die von ihnen zu zahlende Versicherungssumme in ein Gebiet außerhalb des
Geltungsbereichs dieses Gesetzes zahlen oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses
Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellen, in Höhe des ausgezahlten
Betrages für die Steuer. An dieser Beurteilung ändert es nichts, dass dies die mögliche
Haftung der Beklagten gegenüber den Finanzbehörden betrifft, und dass tatsächlich
nachfolgend von den Finanzbehörden die Vorlage einer
Unbedenklichkeitsbescheinigung abgelehnt worden ist mit der Begründung, dass ein
steuerbarer Vorgang im Hinblick auf § 20 Abs. 6 ErbStG nicht vorliege. Dieses Ergebnis
der Prüfung durch die Finanzbehörden mußte jedenfalls nach den Umständen des
vorliegenden Falles nicht von vornherein für die Beklagte feststehen. Dann kann es der
Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass mit Rücksicht auf den Auslandsbezug der
Klägerin und auf den Inhalt des fraglichen Geschäftes zwischen der Klägerin und der
Erbengemeinschaft nach dem Versicherungsnehmer B hinsichtlich des
Versicherungsvertrages bei der Beklagten – wenn auch letztlich zu Unrecht - Bedenken
hinsichtlich eines erbrechtlichen Bezuges aufgekommen sind. Das Gericht teilt insoweit
die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 3.7.2009, S. 4 (Bl. 73 d.A.) und
nimmt deshalb darauf Bezug.
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Nachdem die Finanzbehörden gegenüber der Beklagten die Ausstellung einer
Unbedenklichkeitsbescheinigung endgültig abgelehnt hatten, und zwar zuletzt durch
das Finanzamt C-Süd mit Schreiben vom 13.10.2008, wurde der Klägerin die
Versicherungsleistung abzüglich der Steuern am 21.10.2008 unbestritten ausgezahlt.
Unter Berücksichtigung des Zeitlaufs bis zum Zugang des angeführten Schreibens bei
dem Sachbearbeiter der Beklagten und der dann erforderlichen Bearbeitungsdauer bis
zur Auszahlung der Versicherungsleistung an die Klägerin ist insoweit keine schuldhaft
verspätete Auszahlung der Versicherungsleistung an die Klägerin konkret dargetan oder
sonst ersichtlich.
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Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist die Klage auch hinsichtlich der
geltend gemachten Nebenforderungen einschließlich des Antrages auf Ersatz
vorgerichtlicher Anwaltskosten unbegründet.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Streitwert: 6.080,90 €
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