Urteil des LG Frankfurt am Main vom 13.07.2005

LG Frankfurt Main: gerichtliche zuständigkeit, rumänien, vollstreckbarerklärung, schlosser, division, ordre public, schiedsspruch, schiedsgerichtsbarkeit, zivilrechtliche ansprüche

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 239/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 12 Abs 1 AVAG, § 11 Abs 2
AVAG, Art 1 Abs 2d EGV
44/2001, Art 32 EGV 44/2001,
Art 34 Nr 4 EGV 44/2001
(Vollstreckbarerklärung einer englischen
Gerichtsentscheidung, die neben der formalen Bestätigung
oder der Vollstreckbarentscheidung eines englischen
Schiedsspruches einen selbständigen Zahlungsausspruch
enthält)
Leitsatz
Zur Frage der Vollstreckbarerklärung eines englischen Urteils, dem ein englisches
Schiedsverfahren zugrunde lag, nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom
22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung
von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.242.650,00 EUR.
Gründe
I.
Mit Antragsschrift vom 31.01.2003 (Bl. 1 ff d. A.) hat die Antragstellerin unter
Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) beim Landgericht
beantragt, das Urteil vom 17.01.2003 des High Court of Justice, Queen's Bench
Division, Commercial Court, zum Aktenzeichen 2000 Folio 1250 mit der
Vollstreckungsklausel zu versehen.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 25 d. A.), auf den verwiesen wird, hat der
Vorsitzende der 3. Zivilkammer beim Landgericht Frankfurt am Main unter
Bezugnahme auf die Artikel 38 ff der oben erwähnten Verordnung und die §§ 3 ff
des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 19.02.2001
(AVAG) angeordnet, dass das Urteil des High Court of Justice Queens Bench
Division Commercial Court vom 17.01.2003 - Az.: 2000 Folio 1250 -, durch das die
Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin 4.561.990,08 USD zu
zahlen, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist, und die Sicherheitsleistung
auf 4.254.000,00 EUR festgesetzt. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am
12.03.2004 zugestellt worden, auf die Zustellungsnachweise (Bl. 92 ff d. A.) wird
verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 05.04.2004 (Bl. 87 ff d. A.) hat die Antragsgegnerin beim
Landgericht beantragt, die Beschwerdefrist um 6 Wochen zu verlängern. Durch
Beschluss vom 07.04.2004 (Bl. 86R d. A.) hat der Vorsitzende der 3. Zivilkammer
beim Landgericht Frankfurt am Main die Beschwerdefrist um 6 Wochen, somit bis
zum 24.05.2004, verlängert.
Mit am 24.05.2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen
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Mit am 24.05.2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen
Tag hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 11.02.2003 sowie die am
14.02.2003/13.03.2003 auf Grund dieses Beschlusses erteilte
Vollstreckungsklausel Beschwerde eingelegt. Durch Verfügung vom 09.06.2004
(Bl. 91R d. A.) hat der Vorsitzende der 3. Zivilkammer beim Landgericht Frankfurt
am Main die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorlegen lassen.
Zur Begründung hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24.05.2004 im
Wesentlichen ausführen lassen, dass eine Vollstreckbarerklärung der bezeichneten
Entscheidung des High Court of Justice vom 17.01.2003 gemäß Art. 34 Nr. 4
EuGVVO ausscheide. Sie hat in diesem Zusammenhang auf eine letztinstanzliche
Entscheidung vom 10.03.1998 in Rumänien verwiesen, nach der der auch der
Entscheidung des High Court of Justice vom 17.01.2003 zugrunde liegende
Schiedsspruch zwar grundsätzlich anerkennungsfähig, die Vollstreckbarerklärung
jedoch ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf
den Inhalt des Schriftsatzes vom 24.05.2004 (Bl. 101 ff d. A.) verwiesen. Auf
Hinweis des Senats hat die Antragsgegnerin eine beglaubigte deutsche
Übersetzung des Urteils des Rumänischen Obersten Gerichts vom 10.03.1998
vorgelegt. Auf die Anlage zum Schriftsatz vom 04.02.2005 (Bl. 169 ff d. A.) wird
verwiesen. Die Antragsgegnerin erhebt darüber hinaus die Einrede der Verjährung
nach englischem Recht. Mit Schriftsatz vom 10.02.2005 (Bl. 176 ff d. A.) hat die
Antragsgegnerin des weiteren hilfsweise die Unzulässigkeit der
Vollstreckbarerklärung des Urteils des High Court of Justice vom 17.01.2003
ausdrücklich gerügt, welches - so meint sie - keine anerkennungsfähige
Entscheidung darstelle.
Wegen der Einzelheiten und dem weitergehenden Vorbringen der Antragsgegnerin
im Beschwerdeverfahren wird auf die bezeichneten Schriftsätze sowie denjenigen
vom 29.09.2004 (Bl. 142 ff d. A.) verwiesen.
Sie beantragt unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 11.02.2003 sowie die am
14.02.2003/13.03.2003 erteilte Vollstreckungsklausel,
den Antrag der Antragstellerin, das Urteil vom 17.01.2003 des High Court
of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial Court, zum Aktenzeichen 2000
Folio 1250 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, unter Aufhebung der
vorzitierten Entscheidungen zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tritt der Beschwerde der Antragsgegnerin entgegen. Sie ist der Auffassung,
dass ein Fall des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO nicht vorliege, weil sich die Rechtsfolgen
des rumänischen Urteils vom 10.03.1998 und der englischen, die
Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 15.06.1983 betreffenden Urteile,
nicht wechselseitig ausschlössen. Überdies komme - so meint sie - dem
rumänischen Urteil auch nicht die erforderliche zeitliche Priorität im Sinne des Art.
34 Nr. 4 EuGVVO zu. Letztendlich vertritt sie die Auffassung, die
Vollstreckbarerklärung des Urteils des High Court of Justice vom 17.01.2003
verstoße nicht gegen das Verbot der Doppelexequatur. Die Einrede der Verjährung
greife im vorliegenden Verfahren nicht durch.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragstellerin im
Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 12.07.2004 (Bl. 109
ff d. A.), 19.07.2004 (Bl. 117 ff d. A.), 14.10.2004 (Bl. 151 ff d. A.) und 11.03.2005
(Bl. 186 ff d. A.) verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 11.02.2003 ist
gemäß den Art. 43 EuGVVO, §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 b, 10 Abs. 2, 11 ff AVAG statthaft
und auch ansonsten zulässig, so insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Dies
gilt unabhängig davon, ob die angefochtene Entscheidung - worauf noch
einzugehen sein wird - in der richtigen Verfahrensart getroffen worden und der
Vorsitzende der Zivilkammer des Landgerichts überhaupt funktionell zuständig war
und die Entscheidung im einseitigen Verfahren nach den §§ 6 ff AVAG treffen
durfte; ansonsten wäre die Beschwerde jedenfalls nach dem Grundsatz der
Meistbegünstigung statthaft. Hätte nämlich das Gericht eine Entscheidung
abweichend von der im Gesetz vorgesehenen Form erlassen, dann dürfte der
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abweichend von der im Gesetz vorgesehenen Form erlassen, dann dürfte der
Fehler des Gerichts nicht zu Lasten der Parteien gehen; deshalb wäre sowohl das
Rechtsmittel gegeben, das der erkennbar gewordenen Entscheidungsart
entspricht, wie dasjenige, das der Entscheidung entspricht, für die die
Voraussetzungen gegeben wären (vgl. im Einzelnen Zöller/Gummer/Heßler, ZPO,
25. Aufl., Vor § 511 Rz. 30). Es ist auch weiter gemäß § 11 Abs. 2 AVAG
unschädlich, dass der Antragsgegner seine Eingabe an das Landgericht gerichtet
hat (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 11 AVAG Rz. 4).
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die
verfahrensgegenständliche Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s
Bench Division, Commercial Court, eine Entscheidung im Sinne der Art. 38, 32
EuGVVO darstellt. Es handelt sich um eine von einem Gericht eines Mitgliedsstaats
erlassene Entscheidung, durch die über zivilrechtliche Ansprüche entschieden
worden ist, Art. 38 Abs. 1, 32, 1 Abs. 1 EuGVVO (vgl. dazu Geimer/Schütze,
Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 32 EuGVVO Rz. 44 ff; Kropholler,
Europäisches Zivilprozeßrecht, 7. Aufl., Art. 32 Rz. 8 ff). Über letzteres streiten die
Parteien vorliegend auch nicht.
Entgegen der von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 10.02.2005 erstmals
„hilfsweise“ dargelegten Rechtsauffassung ändert sich daran zur Überzeugung des
Senats nichts dadurch, dass dieser Entscheidung zumindest auch ein englischer
Schiedsspruch zugrunde liegt. Sie enthält jedenfalls, wie sich aus ihrem Tenor
ergibt und was von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird, den
Ausspruch, dass die Antragsgegnerin an die Antragstellerin 4.561.990,08 USD zu
zahlen hat. Sie beinhaltet damit keinesfalls lediglich eine formale Bestätigung oder
Vollstreckbarentscheidung des englischen Schiedsspruchs vom 15.06.1983 (A)
oder aber des nachfolgenden gerichtlichen Beschlusses vom 25.01.1993 (B),
sondern eine selbstständige Verurteilung zur Zahlung (vgl. dazu auch OLG
Hamburg NJW-RR 1992, 568; vgl. weiter LG Hamburg RabelsZ 53, 165).
Allerdings dürften Entscheidungen von Gerichten anderer Mitgliedsstaaten, durch
die festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung einer
drittstaatlichen Entscheidung gegeben sind, grundsätzlich nicht Gegenstand einer
Vollstreckung gemäß Kapitel III. der EuGVVO sein können. Dabei dürfte es auch
keinen Unterschied machen, ob die Entscheidung formell ein Exequatur enthält
oder eine gleichlautende Sachentscheidung (vgl. Kropholler, a.a.O., Art. 32 Rz. 15;
Bülow/Böckstiegel/Tschauner, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und
Handelssachen, EL 28, Art. 32 EuGVVO Rz. 20; Rauscher/Leible, Europäisches
Zivilprozeßrecht, Art. 32 Brüssel I-VO Rz. 14; Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rz. 66 m.
w. N.; vgl. auch Münchener Kommentar/Gottwald, ZPO, 2. Aufl., § 328 Rz. 43 m. w.
N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 328 Rz. 9;
Staudinger/Spellenberg, BGB, Stand Juni 1997, § 328 ZPO Rz. 214).
Um eine derartige Entscheidung geht es vorliegend allerdings nicht, sondern wie
erwähnt um eine englische Gerichtsentscheidung, die abgesehen von dem oben
dargestellten Zahlungsausspruch einen englischen - mithin insoweit inländischen -
Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt hat. Die Frage, inwieweit ein ausländisches
Urteil, das einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, wiederum in Deutschland
für vollstreckbar erklärt werden kann, ist umstritten. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1984, 2763; NJW 1984, 2765; vgl. auch die
Darstellungen in Münchener Kommentar/Münch, a.a.O., § 1061 Rz. 13;
Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 722 Rz. 3; Raeschke-Kessler NJW 1988, 3041,
3049; Raeschke-Kessler/Berger, Recht und Praxis des Schiedsverfahrens, 3. Aufl.,
Rz. 1027 ff; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 3. Aufl., Rz. 256;
Dielmann RIW 1984, 558; OLG Hamburg NJW-RR 1992, 568) kann jedenfalls in dem
Fall, in dem der Schiedsspruch völlig in dem gerichtlichen Bestätigungsurteil
aufgeht („doctrine of merger“ im angloamerikanischen Rechtskreis), die
Vollstreckbarerklärung des Urteils erfolgen. Derjenige Gläubiger, der das
Exequatur im Heimatstaat des Schiedsspruchs erwirkt hat, kann nach dieser
Rechtsprechung aber selbst dann, wenn der Schiedsspruch in der
Exequaturentscheidung aufgeht, wählen, ob er den Schiedsspruch oder die
staatliche Exequaturentscheidung im Inland für vollstreckbar erklären lassen will.
Daraus wird zur Überzeugung des Senats zu Recht der Schluss gezogen (so
Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl.,
Rz. 908; Schlosser IPRax 1985, 141, 142; Borges ZZP 111, 487, 513 m. w. N.;
Anderegg RabelsZ 53, 171, 173, 183; vgl. auch Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22.
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Anderegg RabelsZ 53, 171, 173, 183; vgl. auch Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22.
Aufl., § 1061 Rz. 4; vgl. weiter auch Münchener Kommentar/Gottwald, a.a.O., § 328
Rz. 43; zum Teil prinzipiell ablehnend: Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 5.
Aufl., Rz. 3899; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., § 11 Rz.
146; § 16 Rz. 144; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Rz. 937;
Zöller/Geimer, a.a.O., § 1061 Rz. 8; Münchener Kommentar/Gottwald, a.a.O., § 722
Rz. 19; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 30 Rz. 15; Kap. 42 Rz.
7; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rz. 617;
Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl., Rz. 637;
Dolinar, Festschrift für Schütze, 1999, Seite 187, 203; wohl auch Schütze, RIW
1984, 734), dass dann der Sache nach die Vollstreckbarerklärung des
ausländischen Exequaturs nicht auf Schiedssprüche beschränkt ist, die aus
Ländern kommen, in denen sie in einer eventuellen Exequaturentscheidung
aufgehen. Dies ergibt sich daraus, dass dem aus dem Schiedsspruch
Begünstigten die Option gelassen wird, anstatt der ausländischen
Exequaturentscheidung den Schiedsspruch selbst für vollstreckbar zu erklären,
obwohl dieser durch den „merger“ eigentlich seine selbstständige Existenz
verloren hat, der „doctrine of merger“ in diesem Zusammenhang also keine
entscheidende Bedeutung beigemessen wird (so Schlosser, Das Recht der
internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rz. 908; Schlosser IPRax
1985, 141, 142). Die dagegen vorgebrachten Einwände, etwa die Gefahr einer
„Titelschwemme“ - die im Anwendungsbereich des EuGVVO ohnehin nicht generell
ausgeschlossen ist (vgl. Rauscher/Mankowski, a.a.O., Art. 38 Brüssel I-VO Rz. 5) -
bzw. der Umgehung der für den Schiedsspruch geltenden
Anerkennungsvoraussetzungen, überzeugen insbesondere vor dem Hintergrund
der erforderlichen Prüfung des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses im
Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens und des deutschen ordre public
demgegenüber nicht (vgl. dazu im Einzelnen: Anderegg RabelsZ 53, 171, 177 ff;
Stein/Jonas/Schlosser, a.a.O., § 1061 Rz. 4).
Wie oben ausgeführt beschränkt sich die hier verfahrensgegenständliche
Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial
Court, vom 17.01.2003 nicht auf eine Vollstreckbarerklärung des englischen
Schiedsspruchs vom 15.06.1983 oder aber des nachfolgenden Beschlusses des
Richters X vom 25.01.1993, der bereits die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs
ausgesprochen hatte, sondern enthält eine gesonderte Verurteilung der
Antragsgegnerin. Ob hier also der Schiedsspruch darüber hinaus seine
eigenständige Bedeutung verliert und in der verfahrensgegenständlichen
Entscheidung aufgeht, mithin die „doctrine of merger“ einschlägig wäre, was die
Antragsgegnerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 10.02.2005 in Zweifel zieht
(vgl. dazu jedoch Mezger RIW 1984, 647; vgl. zur Vollstreckbarerklärung eines
englischen Schiedsspruchs durch Urteil weiter: Benkö, Schiedsverfahren und
Vollstreckung von Schiedssprüchen in England, in: Studien zum Recht der
internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, Ziffer 12.1, Seite 135; Bunge, Das
englische Zwangsvollstreckungsrecht, § 11 Ziffer 6.; Bunge, Zivilprozess und
Zwangsvollstreckung in England und Schottland, 2. Aufl., § 109 Ziffer VI.; vgl. auch
Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl.,
Rz. 915; Anderegg RabelsZ 53, 171, 174/175; OLG Hamburg NJW-RR 1992, 568; LG
Hamburg RabelsZ 53, 165), kann mithin hier dahinstehen.
Vor diesem Hintergrund ist für das vorliegende Verfahren der
Vollstreckbarerklärung der Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench
Division, Commercial Court, vom 17.01.2003, auch die Verordnung (EG) Nr.
44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
(EuGVVO) einschlägig.
Dem steht nach Auffassung des Senats Art. 1 Abs. 2d EuGVVO nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift ist die bezeichnete Verordnung auf „die
Schiedsgerichtsbarkeit“ nicht anwendbar. Nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 25.07.1991, Rs-C-190/89, vgl. NJW 1993,
189) zur gleichlautenden Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 des Übereinkommens
vom 27.09.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) wollten die
Parteien jenes Übereinkommens, als sie die Schiedsgerichtsbarkeit vom
Anwendungsbereich dieses Übereinkommens mit der Begründung ausschlossen,
dass die Schiedsgerichtsbarkeit bereits in internationalen Abkommen geregelt ist,
die Schiedsgerichtsbarkeit als Gesamtbereich, einschließlich der bei den
staatlichen Gerichten eingeleiteten Verfahren ausschließen. Daraus wird allgemein
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staatlichen Gerichten eingeleiteten Verfahren ausschließen. Daraus wird allgemein
der Schluss gezogen, dass damit nicht nur alle Verfahren vor einem
Schiedsgericht, sondern grundsätzlich auch alle Neben- und Anschlussverfahren
vor einem staatlichen Gericht umfasst werden; für diese soll die EuGVVO nicht
einschlägig sein. Die Frage, ob ausländische Urteile, die einen Schiedsspruch für
vollstreckbar erklären, nach der EuGVVO für vollstreckbar erklärt werden können,
wird deshalb unterschiedlich beantwortet (bejahend: Schlosser, EU-
Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 1 EuGVVO Rz. 24; Stein/Jonas/Schlosser, a.a.O., §
1061 Rz. 4 m. w. N.; zum EuGVÜ: Schlosser, Das Recht der internationalen
privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rz. 115; OLG Hamburg NJW-RR 1992, 568
- allerdings ohne Begründung -; wohl noch anders Schlosser, IPrax 1985, 141, 142;
verneinend: Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 1 EuGVVO Rz. 159; Kropholler, a.a.O., Art.
1 Rz. 45; Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 1 EuGVVO Rz. 45;
Bülow/Böckstiegel/Pörnbacher, a.a.O., EL 28, Art. 1 EuGVVO Rz. 21, 22; Geimer,
a.a.O., Rz. 3932; Münchener Kommentar/Gottwald, a.a.O., Art. 1 EuGVVO Rz. 1,
Art. 1 EuGVÜ Rz. 25; Münchener Kommentar/Münch, a.a.O., § 1061 Rz. 13;
Jayme/Kohler, IPrax 1992, 346; wohl auch Rauscher/Mankowski, a.a.O., Art. 1
Brüssel I-VO Rz. 28; OLG Hamburg NJW 1990, 1425; offen:
Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O., Art. 1 EuGVVO Rz. 10; Nagel/Gottwald,
a.a.O., § 16 Rz. 144). Folgt man aber der oben genannten Meinung zur generellen
Möglichkeit der Vollstreckbarerklärung der hier verfahrensgegenständlichen
Entscheidung, so muss im hier vorliegenden Fall der eigenständigen Verurteilung
auch die EuGVVO trotz ihres Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 anwendbar sein (vgl. im Ergebnis -
allerdings unter Ablehnung der erstgenannten Prämisse: Münchener
Kommentar/Münch, a.a.O., § 1061 Rz. 13 zum EuGVÜ; vgl. auch Nagel/Gottwald,
a.a.O., § 16 Rz. 144 m. w. N. zum EuGVÜ).
Wäre man zur Anwendbarkeit der EuGVVO für die Vollstreckbarerklärung der
verfahrensgegenständlichen Entscheidung anderer Auffassung, so würde dies
ohnehin nicht ohne weiteres zur Zurückweisung des Antrags der Antragstellerin
führen. Folge der Nichtanwendbarkeit der EuGVVO wäre vorliegend vielmehr die
Geltung des Deutsch-Britischen Abkommens vom 14.07.1960 (vgl. dazu BGH NJW
1993, 2688, 2689; OLG Hamburg NJW-RR 1996, 510; vgl. auch OLG München OLGR
1999, 159 zur alten ZPO-Rechtslage; Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O.,
Anhang V B 5; Bunge, Zivilprozess und Zwangsvollstreckung in England und
Schottland, 2. Aufl., § 8 I., Seite 43; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art.
38 EuGVVO Rz. 12; Geimer/Schütze, a.a.O., 2. Teil, E. 19 III. Rz. 12), da die
Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial
Court, dem Anwendungsbereich dieses Abkommens (vgl. Art. 1 Abs. 2, Art 2 Abs.
1 des Deutsch-Britischen Abkommens) unterfallen würde, jedenfalls wenn man -
wie oben vertreten - die Möglichkeit der Vollstreckbarkeitserklärung überhaupt
bejaht. Das Verfahren der Vollstreckbarkeit wäre dann ebenfalls ein
Beschlussverfahren; in erster Instanz wäre lediglich die Zuständigkeit des
Landgerichts (mithin nicht des Kammervorsitzenden) begründet und die zu
prüfenden Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung würden teilweise von
denjenigen der EuGVVO abweichen (vgl. Art. 7 Abs. 2b und Art. 5, Abs. 2, Art. 3
Abs. 1 des Deutsch-Britischen Abkommens vom 14.07.1960 und das
Ausführungsgesetz zum Deutsch-Britischen Abkommen vom 28.03.1961, zuletzt
geändert am 27.07.2001, veröffentlicht bei Bülow/Böckstiegel, a.a.O., EL 24, Nr.
703, Bd. III). Dass die anderweitige Rechtsmittelgestaltung nach diesem
Abkommen, wie sie sich aus dem bezeichneten Ausführungsgesetz ergibt,
jedenfalls an der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde nichts ändern würde,
hat der Senat bereits oben ausgeführt.
Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung nach der - wie dargelegt hier
einschlägigen - EuGVVO liegen vor; weder fehlt es an den formellen
Voraussetzungen, noch ist ein Vollstreckbarerklärungsversagungsgrund gegeben
(vgl. Rauscher/Leible, a.a.O., Art. 34 Brüssel I-VO Rz. 22 ff, Rauscher/Mankowski,
a.a.O., Art. 45 Brüssel I-VO Rz. 2 ff).
Es handelt sich - wie bereits erwähnt - nach Maßgabe der obigen Ausführungen bei
der verfahrensgegenständlichen Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s
Bench Division, Commercial Court, vom 17.01.2003 um eine von einem Gericht
eines Mitgliedsstaates erlassene Entscheidung, Art. 32, 38 EuGVVO.
Die Förmlichkeiten der Art. 53, 54 EuGVVO sind gewahrt. Insbesondere hat die
Antragstellerin die Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO vorgelegt. Der
Antragsgegnerin erhebt im Hinblick auf das Vorliegen der formalen
Voraussetzungen auch keine konkreten Einwendungen.
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Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe im Sinne der Art. 45 Abs. 1, 34, 35
EuGVVO sind nicht ersichtlich und werden von der Antragsgegnerin - mit
Ausnahme des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO - auch nicht gerügt. Insbesondere wäre -
unabhängig von der von der Antragstellerin vorgelegten nachfolgenden
Entscheidung des Court of Appeal vom 24.11.2003 (Bl. 120 ff d. A.) - das Fehlen
einer schriftlichen Begründung des ausländischen Richterspruchs für sich allein
kein Grund, die Vollstreckbarerklärung unter Berufung auf den ordre public zu
verweigern (vgl. Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 65 m. w. N.). Die
Antragsgegnerin erhebt insoweit auch keinerlei Einwendungen.
Die Voraussetzungen der oben genannten Vorschrift des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO,
auf die die Antragsgegnerin ihre Beschwerde hauptsächlich stützt, liegen allerdings
nicht vor.
Bei der von der Antragsgegnerin in Übersetzung vorgelegten Entscheidung des
Obersten Gerichtshofs von Rumänien vom 10.03.1998 dürfte es sich zwar im
Verhältnis zur hier verfahrensgegenständlichen Entscheidung des High Court of
Justice, Queen´s Bench Division, Commercial Court, vom 17.01.2003 um eine
frühere Entscheidung aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO
handeln. Für den im Rahmen des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO geltenden
Prioritätsgrundsatz kommt es nämlich darauf an, wann die Wirkungen der
Entscheidung im Erststaat eintreten; der maßgebliche Gesichtspunkt der zeitlichen
Priorität wird nicht bezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit
(vgl. Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 180; vgl. auch
Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., Art. 34 EuGVVO Rz. 21). Ausgehend davon
kann entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin im Schriftsatz vom
12.07.2004 der hier verfahrensgegenständlichen - für vollstreckbar zu erklärenden
- Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial
Court, trotz des vorangegangenen gerichtlichen Beschlusses vom 25.01.1993
keine zeitliche Priorität vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von
Rumänien vom 10.03.1998 zukommen. Rumänien ist auch nicht Mitgliedsstaat der
EuGVVO, mithin „Drittstaat“ im Sinne des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO.
Es kann dann aber dahinstehen, ob die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
von Rumänien vom 10.03.1998 überhaupt „zwischen denselben Parteien“ im
Sinne des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO ergangen ist. Zweifel hieran könnten sich in
diesem Zusammenhang daraus ergeben, dass Klägerin jenes Verfahrens
ausweislich des vorgelegten Urteils die „A“ SA, O1 (vgl. Seite 1 des Urteils, Bl. 169
d. A.), war. Auf den Seiten 2, 3 des Urteils (Bl. 170, 171 d. A.) wird als Klägerin im
vorangegangenen rumänischen Verfahren die „A“ SA, mit Sitz in O2, Land1 ,
bezeichnet. Antragstellerin im dem dem Urteil des High Court of Justice, Queen´s
Bench Division, Commercial Court, vom 17.01.2003 zugrunde liegenden Verfahren
- und dem hiesigen Verfahren der Vollstreckbarerklärung - war und ist dagegen die
B S.A. mit Sitz in O3.
Diese Frage kann deshalb offen bleiben, weil die beiden Entscheidungen bereits
nicht unvereinbar im Sinne des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO sind. Wie bereits mehrfach
ausgeführt enthält das Urteil des High Court of Justice, Queen´s Bench Division,
Commercial Court, vom 17.01.2003 eine eigene Sachentscheidung, in dem es
anordnet, dass die Antragsgegnerin an die Antragstellerin 4.561.990,08 USD zu
zahlen hat. In diesem Umfang ist im vorliegenden Verfahren auch erstinstanzlich
die Erteilung der Vollstreckungsklausel angeordnet worden. Dass gerade die
Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial
Court, vom 17.01.2003 in England vollstreckbar ist, ergibt sich auch aus der in
erster Instanz vorgelegten Urkunde gemäß den Art. 54, 58 EuGVVO vom
23.01.2003 (Anlage Ast 4) und wird von der Antragsgegnerin auch nicht in Zweifel
gezogen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Rumänien vom
10.03.1998 setzt sich demgegenüber lediglich mit der Vollstreckbarkeit des
englischen Schiedsspruchs vom 15.06.1983 für Rumänien auseinander und
verneint diese im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Vorschriften des
rumänischen Rechts. Es weist weiter ausdrücklich darauf hin, dass der
Schiedsspruch vom 15.06.1983 durch rechtskräftige Entscheidung des
Berufungsgerichts Bukarest vom 01.04.1994 in Rumänien anerkannt worden ist
(vgl. die Seiten 2, 4/5 des Urteils des Obersten Gerichtshofs von Rumänien vom
10.03.1998, Bl. 170, 172/173 d. A.). Der Begriff der „Unvereinbarkeit“ im Sinne des
Art. 34 Nr. 4 EuGVVO ist zwar weit auszulegen (Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34
EuGVVO Rz. 167, 182; Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 42; anders wohl
Kropholler, a.a.O., Art. 34 Rz. 49, 57; Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., EL 28,
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Kropholler, a.a.O., Art. 34 Rz. 49, 57; Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., EL 28,
Art. 34 EuGVVO Rz. 60; vgl. auch Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., Art. 34 EuGVVO
Rz. 20). Die Entscheidungen sind jedenfalls unvereinbar, wenn ihre Ergebnisse
einander widersprechen, wenn sie Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig
ausschließen. Es braucht sich aber nicht um denselben Streitgegenstand zu
handeln (vgl. Kropholler, a.a.O., Art. 34 Rz. 49, 57 unter Hinweis auf die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34
EuGVVO Rz. 167, 182; Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 42; insoweit
enger Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., EL 28, Art. 34 EuGVVO Rz. 60). Wenn
sich auch das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Rumänien vom 10.03.1998 am
Rande (vgl. Seite 6 des Urteils, Bl. 174 d. A.) mit der Frage auseinander setzt, ob
bei Beantragung der Zwangsvollstreckung (in Rumänien) die Verjährungsfrist nach
englischem Recht überschritten worden sei und dies bejaht, hat dies nach diesem
Urteil lediglich zur Folge, dass die englische Entscheidung - der Schiedsspruch -
nach rumänischen Recht nicht für vollstreckbar erklärt werden kann. Wie bereits
die sich aus dem rumänischen Urteil ergebenden unterschiedlichen
Entscheidungen zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs in
Rumänien zeigen, war Streitgegenstand dieses Verfahrens nicht der dem
ausländischen Titel zugrunde liegende materiell-rechtliche Anspruch, sondern der
Anspruch der Gläubiger auf Verleihung der Vollstreckbarkeit in Rumänien (vgl. zum
Verfahren der Vollstreckbarerklärung in Rumänien auch:
Bülow/Böckstiegel/Leonhardt, a.a.O., EL 25, Ziffer 1116/Rumänien, IV 2, V). Wenn
also auch Widersprüche zwischen den Entscheidungsgründen der rumänischen
Entscheidung und dem hier für vollstreckbar zu erklärenden Urteil vorliegen
mögen, haben die Entscheidungen wegen der eingeschränkten Wirkung des
rumänischen Urteils doch keine Rechtsfolgen, die sich gegenseitig ausschließen
(siehe auch Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 168, 182; Zöller/Geimer,
a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 42; Kropholler, a.a.O., Art. 34 Rz. 57, 49; zur Möglichkeit
unterschiedlicher Exequaturentscheidungen wegen unterschiedlicher
Streitgegenstände im Bereich der EuGVVO: Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 38
EuGVVO Rz. 17, 77).
Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 04.02.2005 deshalb darauf
verweist, dass im Rahmen des Exequaturverfahrens auch geprüft werde bzw. hier
auch geprüft worden sei, ob der Vollstreckungstitel selbst zwischenzeitlich
materiell-rechtlichen Einwendungen nach dem Recht des Ursprungsstaates
ausgesetzt sei, vermag dies allein die Anwendbarkeit des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO im
Hinblick auf eine „Unvereinbarkeit“ noch nicht zu begründen, zumal die
Berücksichtigungsfähigkeit dieser materiell-rechtlichen Einwendungen im
Exequaturverfahren in den einzelnen Ländern unterschiedlichen Anforderungen
unterliegen können (vgl. etwa für Deutschland die §§ 723 Abs. 2, 1061 Abs. 1 ZPO,
12 AVAG; vgl. demgegenüber zum Verfahren und den Voraussetzungen in
Rumänien: Bülow/Böckstiegel/Leonhardt, a.a.O., EL 25, Ziffer 1116/Rumänien, IV 2,
V; Geimer/Schütze, a.a.O., 2. Teil, E.1 Rz. 223, und für das Vereinigte Königreich:
Geimer/Schütze, a.a.O., 2. Teil, E.19 III. Rz. 13 ff; Bülow/Böckstiegel, a.a.O., Ziffer
704). Das rumänische Gericht hat insoweit jedenfalls für die
Berücksichtigungsfähigkeit dieser materiell-rechtlichen Einwendungen im
Exequaturverfahren auf die oben erwähnten rumänischen Vorschriften Bezug
genommen (vgl. dazu auch Bülow/Böckstiegel/Leonhardt, a.a.O., EL 25, Ziffer
1116/Rumänien, IV 2b, V; Geimer/Schütze, a.a.O., 2. Teil, E.1 Rz. 223, S. 1313).
Aus entsprechenden Erwägungen heraus würde die Entscheidung des Obersten
Gerichtshofs von Rumänien vom 10.03.1998 hier - also für die Bundesrepublik
Deutschland - aber auch nicht die notwendigen Voraussetzungen für die
Anerkennung im Sinne des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO erfüllen, wie der Senat bereits in
der Verfügung vom 13.12.2004 angedeutet hatte. Wie oben bereits in anderem
Zusammenhang ausgeführt und belegt wurde, sind Entscheidungen, die sich mit
der Vollstreckung einer drittstaatlichen Entscheidung befassen, grundsätzlich nicht
anerkennungsfähig. Dementsprechend sind auch Urteile, die anders als die
verfahrensgegenständliche Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s
Bench Division, Commercial Court, aus ihrer Sicht ausländische Schiedssprüche
für vollstreckbar erklären, nicht anerkennungsfähig (Münchener
Kommentar/Münch, a.a.O., § 1061 Rz. 13 m. w. N.; Münchener
Kommentar/Gottwald, a.a.O., § 328 Rz. 43; Schlosser IPrax 1985, 141;
Stein/Jonas/Schlosser, a.a.O., § 1061 Rz. 4). Sie sagen lediglich aus, dass sie im
jeweiligen Inland - hier: Rumänien - vollstreckungsfähig sein sollen
(Stein/Jonas/Schlosser, a.a.O., § 1061 Rz. 4; für Entscheidungen generell:
Rauscher/Leible, a.a.O., Art. 32 Brüssel I-VO Rz. 14); dies muss auch für den Fall
gelten, dass - wie hier - die Vollstreckbarkeit abgelehnt wird. Dies zeigt sich im
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gelten, dass - wie hier - die Vollstreckbarkeit abgelehnt wird. Dies zeigt sich im
vorliegenden Fall auch darin, dass ausweislich des Urteils des Obersten
Gerichtshofs von Rumänien vom 10.03.1998 die Vollstreckbarkeit des
Schiedsspruchs für Rumänien in Anwendung rumänischen Rechts abgelehnt
worden ist, im übrigen auch, soweit auf die Verjährung nach englischem Recht
abgestellt wurde (vgl. die Darlegungen auf Seite 5 des Urteils, Bl. 173 d. A.). Aus
der von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Kommentierung bei
Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 34-36 EuGVVO Rz. 22 ff, 29, ergibt
sich zur Überzeugung des Senats nichts anderes. Soweit dort darauf hingewiesen
wird (vgl. auch Kropholler, a.a.O., Art. 34 Rz. 59), dass Art. 34 Nr. 4 EuGVVO analog
auf frühere erlassene Schiedssprüche anzuwenden sei, ist dies vorliegend
unerheblich, weil eine Kollision der hier für vollstreckbar zu erklärenden
Entscheidung mit einem früheren Schiedsspruch nicht vorliegt.
Soweit die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren der Vollstreckbarerklärung
die Einrede der Verjährung nach englischem Recht erhebt, vermag auch diese der
Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Unabhängig davon, ob hinreichend substantiiertes Vorbringen dazu vorliegt,
aufgrund welchen Sachverhalts und welcher darauf gründenden Rechtsnorm ein
Anspruch verjährt sein könnte - aus der vorgelegten Entscheidung des Obersten
Gerichtshofs von Rumänien vom 10.03.1998 ergibt sich dazu Konkretes nicht -,
kann gemäß § 12 Abs. 1 AVAG der Verpflichtete (hier die Antragsgegnerin) mit der
Beschwerde, die sich so wie vorliegend gegen die Zulassung der
Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, wegen Art. 45 Abs. 2
EuGVVO materiell-rechtliche Einwendungen gegen den der ausländischen
Entscheidung zugrunde liegenden Anspruch jedenfalls nur sehr eingeschränkt
geltend machen, nämlich insoweit, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst
nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind.
Dabei kann hier offen bleiben, ob der in der Literatur vertretenen Auffassung zu
folgen wäre, dass § 12 AVAG mit der Vorschrift des Art. 45 Abs. 1 EuGVVO
unvereinbar ist und mithin eine Reduktion auf liquide Einwendungen erforderlich ist
(vgl. dazu Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 45 EuGVVO Rz. 11 ff; Zöller/Geimer, a.a.O.,
§ 12 AVAG Rz. 4; Geimer, a.a.O., Rz. 3152a; Rauscher/Mankowski, a.a.O., Art. 45
Brüssel I-VO Rz. 6; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., Art. 45 EuGVVO Rz. 3;
Münchener Kommentar/Gottwald, a.a.O., Art. 43 EuGVVO Rz. 7; Schlosser, EU-
Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 43 EuGVVO Rz. 14; Bülow/Böckstiegel/Zerr, a.a.O.,
EL 28, Art. 43 EuGVVO Rz. 26; Hub NJW 2001, 3145, 3146/3147, je m. w. N.; vgl.
auch die Nachweise bei OLG Köln OLGR 2004, 359; OLG Köln, Beschluss vom
17.11.2004, 16 W 31/04, OLGR 2005, 83, zit. nach juris).
Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 AVAG nicht vor. Nach dem
eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin handelt es sich bei der erhobenen
Verjährungseinrede gerade nicht um eine derartige Einwendung/Einrede, die vor
Erlass - genauer: vor dem Zeitpunkt, in dem sie zuletzt im ersten staatlichen
Verfahren hätte geltend gemacht werden können (vgl. dazu Geimer, a.a.O., Rz.
3145; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 45 EuGVVO Rz. 8, 9; Bülow/Böckstiegel/Zerr,
a.a.O., EL 28, Art. 43 EuGVVO Rz. 25; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 723 Rz.
15; Zöller/Geimer, a.a.O., § 722 Rz. 80; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 723
Rz. 6) - entstanden ist. Die Geltendmachung einer Verjährung wäre hier ohne
weiteres im erststaatlichen Verfahren möglich gewesen, nachdem der Oberste
Gerichtshof von Rumänien bereits im März 1998 von einer Verjährung nach
englischem Recht ausgegangen war und die hier verfahrensgegenständliche
Entscheidung des High Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial
Court, vom 17.01.2003 stammt, mithin annähernd 5 Jahre später erging. So hat
denn auch die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen, dass sich der High
Court of Justice, Queen´s Bench Division, Commercial Court, mit der
Verjährungsfrage auseinandergesetzt und die Verjährung verneint habe. Aus
dieser Überlegung heraus sieht denn selbst die Antragsgegnerin - wie oben in
anderem Zusammenhang erwähnt - einen Widerspruch zwischen diesen beiden
Entscheidungen und begründet damit die Anwendbarkeit des Art. 34 Nr. 4
EuGVVO. Kann diese Frage aber nicht im Rahmen des § 12 Abs. 1 AVAG im
vorliegenden Verfahren Berücksichtigung finden, ist dem Senat im Hinblick auf Art.
45 Abs. 2 EuGVVO eine sachliche Überprüfung der englischen Entscheidung auch
im Hinblick auf die Verjährungsfrage entzogen. Dabei ist nochmals festzuhalten,
dass - eventuell entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, wie sie
diese im Schriftsatz vom 04.02.2005, Seiten 4 ff (Bl. 167 ff d. A.), geäußert hat -
nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs, sondern (wie oben
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nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs, sondern (wie oben
beschrieben) des Erlasses der im vorliegenden Verfahren für vollstreckbar zu
erklärenden Entscheidung, mithin das Urteils vom 17.01.2003, abzustellen ist.
Soweit die Antragsgegnerin ausweislich ihrer Beschwerdeschrift auch die
Vollstreckungsklausel vom 14.02.2003/13.03.2003 in ihre Beschwerde mit
einbezogen hat, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerde gemäß § 11
AVAG gegen die Anordnung der Klauselerteilung (§ 10 AVAG) richten muss Dies ist
hier auch ausdrücklich erfolgt. Die Klauselerteilung als solche ist dann nicht
selbstständig beschwerdefähig (Zöller/Geimer, a.a.O., § 9 AVAG Rz. 1).
Einwendungen gegen die aufgrund des Beschlusses vom 11.02.2003 konkret
erteilte Vollstreckungsklausel werden denn auch von der Antragsgegnerin gar nicht
erhoben.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu
tragen, §§ 1 Abs. 1 Nr. 2b, 13 AVAG, 97 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom
07.06.2004, 20 W 55/04; OLG Düsseldorf RIW 2004, 391; OLG Köln, Beschluss vom
17.11.2004, 16 W 31/04, OLGR 2005, 83, zit. nach juris).
Den Beschwerdewert hat der Senat der unbeanstandeten Wertfestsetzung durch
das Landgericht entlehnt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.