Urteil des LG Frankfurt am Main vom 29.04.2008

LG Frankfurt Main: ordre public, arrestgrund, ex tunc, vorläufiger rechtsschutz, ausländisches urteil, deklaratorische wirkung, arrestbefehl, zwangsvollstreckung, erlass, exequatur

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Gericht:
OLG Frankfurt 8.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 149/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 6 BGBEG, § 917 ZPO, § 927
ZPO, § 929 ZPO
(Arrestverfahren: Sicherungsbedürfnis bei Vorliegen eines
vorläufig vollstreckbaren Titels; Wirkung des aufhebenden
Widerspruchsurteils)
Tenor
Auf die Berufung der Arrestklägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom
25.5.2007 (Az.: 2 – 21 O 197/04) abgeändert.
Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Arrestbeklagte hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren beträgt 68.598,33 €. Der
Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 137.196,66.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen
Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
verwiesen. Sie werden nur zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils
wiederholt und ergänzt:
Die Arrestklägerin begehrt einen dinglichen Arrest zur Sicherung von
Zahlungsforderungen aus Inhaber - Teilschuldverschreibungen im Nennwert von
153.387,56 € (300.000,-- DM) und von verbrieften Zinsforderungen in Höhe von
31.444,45 € (61.500,-- DM) sowie von nach Fälligkeit aufgelaufenen Zinsen aus
dem Nennbetrag in Höhe von 20.292,97 € (41.000,-- DM).
Die Arrestklägerin hat ihre Zahlungsansprüche in einem Urkundenverfahren vor
dem Landgericht Frankfurt am Main geltend gemacht. Durch
Urkundenvorbehaltsurteil vom 18. 05. 2007 ist die Arrestbeklagte zur Zahlung der
Nennbeträge und der verbrieften Zinsforderungen, Zug um Zug gegen
Aushändigung der Schuldurkunden verurteilt worden (Az.: 2 – 21 O 369/04). Die
dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat durch einstimmigen
Beschluss vom 10.12.2007 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (Az.: 8 U
142/07).
Das Landgericht hat am 15.06.2004 den begehrten Arrestbefehl erlassen (Bl. 51 d.
A.). Auf den Widerspruch der Arrestbeklagten hat das Landgericht in der
angefochtenen Entscheidung den Arrestbefehl aufgehoben und den Antrag auf
Erlass eines Arrestes zurückgewiesen. Es fehle an einem Arrestgrund. Dazu reiche
es nicht aus, dass die Arrestklägerin ihre titulierten Ansprüche voraussichtlich im
außereuropäischen Ausland vollstrecken müsse. Ein Arrestgrund sei nur gegeben,
wenn mit dem betreffenden ausländischen Staat – L1 - die Gegenseitigkeit nicht
verbürgt sei (§ 917 Abs. 2 ZPO). Das habe die Arrestklägerin nicht glaubhaft
gemacht. Man könne auch nicht mehr ohne weiteres davon ausgehen, dass die
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gemacht. Man könne auch nicht mehr ohne weiteres davon ausgehen, dass die
Vollstreckung des deutschen Titels ohne die Verhängung eines Arrestes konkret
vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert werden würde. Darüber hinaus sei
zu berücksichtigen, dass der Arrestklägerin durch das Urteil des Landgerichts vom
18.05.2007 eine vorläufig vollstreckbare Entscheidung zur Verfügung stehe, die
unmittelbare Zwangsmaßnahmen gegenüber der Arrestbeklagten ermögliche.
Die Arrestklägerin hat gegen das Urteil in zulässiger Weise Berufung eingelegt. Sie
verweist auf die Vollstreckungsbemühungen eines anderen Gläubigers vor einem
argentinischen Gericht. Dieser habe auf Grundlage eines vollstreckbaren
Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Frankfurt am Main das
Exequatur - Verfahren in L1 betrieben, sei jedoch vor dem Verwaltungsgericht Nr.
5 in O1 gescheitert (Bl. 738 ff. d. A.).
Die Arrestklägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Arrestbefehl des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 15.06.2004 aufrecht zu erhalten,
hilfsweise,
das Arrestverfahren für erledigt zu erklären.
Die Arrestbeklagte beantragt,
die Berufung der Arrestklägerin zurückzuweisen.
Sie hält den Sachvortrag der Arrestklägerin für unerheblich. Ihr fehle das
Rechtsschutzinteresse, weil sie in der Zwischenzeit durch das o. g. Urteil des
Landgerichts eine vorläufig vollstreckbare Entscheidung in der Sache erwirkt habe,
so dass kein Sicherungsbedürfnis mehr bestehe. Die Arrestklägerin könne sich
auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund des Arrestbefehls schon eine
Sicherungshypothek erlangt habe. Der Arrestbefehl habe durch das aufhebende
erstinstanzliche Urteil seine Wirkung verloren, die Sicherungshypothek habe sich in
eine Eigentümergrundschuld umgewandelt.
II. Die Klägerin hat nur mit dem Hilfsantrag in der Berufung Erfolg. Nachdem das
Landgericht den Arrestbefehl aufgehoben hat, müsste er im Berufungsverfahren
vom Senat neu erlassen werden (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn 12 zu §
925 ZPO). Das ist nicht mehr möglich, weil kein Arrestgrund besteht. Das
Eilverfahren hat sich durch das im Hauptsacheverfahren ergangene
Urkundenvorbehaltsurteil erledigt. Dazu im Einzelnen:
1. Der Hauptantrag auf Erlass eines dinglichen Arrestes ist unbegründet. Der
Arrestklägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (Sicherungsbedürfnis) für ihren
Arrestantrag. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 917
Abs. 2 ZPO vorliegen, namentlich, ob die Gegenseitigkeit der Vollstreckung in L1
verbürgt ist. Der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO regelt lediglich einen
privilegierten Ausnahmefall, bei dem der Gesetzgeber eine Gefährdung der
Vollstreckung titulierter Ansprüche für wahrscheinlicher hält (Zöller-Vollkommer a.
a. O. Rn 16 zu § 917 ZPO). Unabhängig davon muss ein Gläubiger aber glaubhaft
machen, dass ihm überhaupt ein Sicherungsbedürfnis zusteht. Der Arrest dient
nicht dazu, die Lage des Gläubigers gegenüber dem Vermögen des Schuldners zu
verbessern, sondern nur ihre Verschlechterung zu verhindern (BGHZ 131, 95,
105). Das wird in dem allgemeinen Arrestgrund des § 917 Abs. 1 ZPO klargestellt,
wonach der dingliche Arrest nur dann stattfindet, wenn die Besorgnis besteht, dass
ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich
erschwert werden würde (§ 917 Abs. 1 ZPO).
Wenn dem Gläubiger deshalb eine anderweitige Vollstreckungsmöglichkeit zur
Verfügung steht, aufgrund derer die Realisierung seiner berechtigten Ansprüche
nicht mehr gefährdet ist, dann fehlt der Arrestgrund bzw. das Sicherungsbedürfnis
(vgl. Schuschke/ Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz Band II, 3.
Aufl., Rn 8 zu § 917 ZPO). Der Gläubiger braucht vor einer Beeinträchtigung seiner
berechtigten Ansprüche nicht mehr geschützt zu werden, wenn er auf Grund eines
vorläufig vollstreckbaren Titels bereits eine anderweitige Vollstreckungsmöglichkeit
erlangt hat (allg. Ansicht vgl. Zöller- Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn. 12 zu § 917
ZPO; Stein/Jonas-Grunsky, ZPO, 22. Aufl., Rn 25 zu § 917; Schuschke/Walker a. a.
O. Rn 8 zu § 917; Münchner Kommentar zur ZPO – Heinze, ZPO, 2. Aufl., Rn 16 zu
§ 917 ZPO, jeweils m. w. N.).
So liegt der Fall hier. Die Forderung der Klägerin ist durch das vorläufig
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So liegt der Fall hier. Die Forderung der Klägerin ist durch das vorläufig
vollstreckbare Urkundenvorbehaltsurteil des Landgerichts Frankfurt vom 18. 5.
2007 tituliert. Die Arrestklägerin kann ohne vorherige Sicherheitsleistung aus dem
erstinstanzlichen Urteil unmittelbar gegen die Arrestbeklagte vollstrecken. Ein
Arrest zur Sicherung ihrer Forderung ist nicht mehr erforderlich.
Es spielt keine Rolle, dass der Arrestbeklagten in dem Urkundenvorbehaltsurteil
vorbehalten worden ist, ihre Rechte im Nachverfahren auszuführen. Das
Sicherungsbedürfnis des Gläubigers entfällt aus den genannten Gründen nämlich
nicht erst mit Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung, sondern schon dann,
wenn der Gläubiger aus dem Hauptsacheurteil die sofortige Zwangsvollstreckung
betreiben kann.
Es ist auch nicht erheblich, dass das Landgericht die Arrestbeklagte im
Hauptsacheverfahren lediglich Zug – um – Zug gegen Aushändigung der
Mantelbögen und der Zinsscheine verurteilt und dass es die begehrte Feststellung
des Annahmeverzugs nicht ausgesprochen hat. Das Landgericht hat der
Arrestklägerin nämlich den Weg gewiesen, wie sie unmittelbar gegen die
Arrestbeklagte vorgehen kann. Wenn die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu
erbringenden Leistung des Gläubigers abhängt, dann darf der Gerichtsvollzieher
die Zwangsvollstreckung beginnen, wenn er dem Schuldner die ihm gebührende
Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat (§ 756
Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat klargestellt, dass es der Arrestklägerin offen
steht, die Schuldurkunden bei den in den Anleihebedingungen benannten
Hauptzahlstellen vorlegen zu lassen, so dass sie ohne weitere gerichtliche
Zwischenschritte unmittelbar die Zwangsvollstreckung gegen die Arrestbeklagte
betreiben kann. Mit den von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmefällen,
bei denen trotz vorläufig vollstreckbarem Urteil ein Arrestgrund anerkannt worden
ist (z. B. Forderungen, die noch nicht fällig sind, unklare Titel) ist die hiesige
Konstellation nicht vergleichbar.
Die Arrestklägerin kann ein Sicherungsbedürfnis auch nicht daraus herleiten, dass
sie bei Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils ihre Arresthypothek bzw.
deren Rang einbüßen würde. Nach der ganz überwiegenden Auffassung in
Rechtsprechung und Literatur wird der Arrestbefehl bereits mit Verkündung des
aufhebenden Widerspruchsurteils ex tunc unwirksam. Die geleisteten Sicherheiten
werden frei, eine Sicherungshypothek wandelt sich in eine Eigentümergrundschuld
um (OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 511, 512; Schuschke/Walker a. a. O., Rn 11 zu §
925 ZPO, Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn 10 zu § 925 ZPO, jeweils m. w. N.).
Dabei wird auch in Kauf genommen, dass die Sicherungsrechte dem Gläubiger
endgültig verloren gehen, und auch bei einem Obsiegen in der Berufungsinstanz
nicht mehr wiederbeschafft werden können (OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 512).
Die von der Arrestklägerin zitierte Entscheidung des Kammergerichts (KG Rpfleger
1981, 119) steht dem nicht entgegen. Das Kammergericht hat dort lediglich
klargestellt, dass nach Erlass eines Arresturteils im Berufungsverfahren eine
erneute Vollziehungsfrist in Lauf gesetzt wird, sich im Übrigen aber ausdrücklich
der herrschenden Rechtsmeinung angeschlossen, wonach die erstinstanzliche
Aufhebung des Arrestes die vorher eingetragenen Sicherungshypotheken kraft
Gesetzes in Eigentümergrundschulden umgewandelt hat (ebenso KG MDR 1994,
727).
Der Senat schließt sich der herrschenden Ansicht an, wonach das Arresturteil des
Landgerichts sofort wirksam geworden ist und die vorgenannten Rechtswirkungen
ausgelöst hat. Damit wird eine klare und nachvollziehbare Regelung geschaffen,
die dem Zweck des Widerspruchsverfahrens entspricht. Es soll beiden Parteien
ermöglichen, dem Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ihren
Tatsachenvortrag umfassend zu unterbreiten und glaubhaft zu machen, um eine
die Instanz abschließende Entscheidung zu rechtfertigen. Unter diesen Vorgaben
ist es dann auch gerechtfertigt, der nach Widerspruch ergangenen Entscheidung
unmittelbare Wirkung zuzuerkennen (vgl. KG MDR 1994, 727, 728; Teplitzky WRP
1987, 149 f.; Schuschke/Walker a. a. O., m. w. N.).
2. Der Hilfsantrag ist zulässig. Der Senat schließt sich der in Rechtsprechung und
Literatur vertretenen Auffassung an, wonach einem Arrestkläger bei
Zweifelhaftigkeit des Erledigungseintritts die Möglichkeit offen stehen muss, dem
zwischen Aufrechterhaltung der ursprünglichen Klageforderung und unbedingter
Erledigung verbleibenden Entscheidungsrisiko Rechnung tragen zu können (Zöller-
Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn 35 zu § 91a ZPO m. w. N.). Es ist ferner in der
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Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn 35 zu § 91a ZPO m. w. N.). Es ist ferner in der
Rechtsprechung anerkannt, dass mit der Berufung auch das Ziel verfolgt werden
kann, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären (vgl. Zöller-
Vollkommer a. a. O., Rn 38 zu § 91a ZPO m. w. N.).
Der Hilfsantrag ist begründet, weil sich das Arrestverfahren erst durch das
Urkundenvorbehaltsurteil vom 18. 5. 2007 und damit nach Schluss der mündlichen
Verhandlung der ersten Instanz erledigt hat. Bis dahin war der Arrestantrag auch
begründet. Der Arrestklägerin stand (und steht) ein entsprechender Anspruch zu,
dessen Umfang sich aus dem Urkundenvorbehaltsurteil ergibt. Der Arrestklägerin
stand darüber hinaus ursprünglich ein Arrestgrund zur Seite (§ 917 ZPO):
a) Die Arrestklägerin hat glaubhaft gemacht, dass bei der Zwangsvollstreckung
gegen die Arrestbeklagte in L1 die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist (§ 917 Abs. 2
ZPO). Sie hat eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts O1 Nr. 5 vom 31. 5.
2007 vorgelegt, in der die Vollstreckung eines deutschen Gläubigers gegen die
Arrestbeklagte aus einem vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschluss des
Amtsgerichts Frankfurt am Main zurückgewiesen worden ist. Die
Gerichtsentscheidung und deren Inhalt sind unstreitig.
Das Verwaltungsgericht O1 orientiert sich an den einschlägigen argentinischen
zivilprozessualen Regelungen (Art. 517 ff CPCC) und prüft zunächst die auch im
deutschen Recht geltenden formellen Voraussetzungen der Anerkennung
ausländischer Titel. Dann untersucht es, ob die Vollstreckung den Grundsätzen
des argentinischen „ordre public“ entspricht. Das wird abgelehnt, weil sich das
argentinische Gericht auf den Standpunkt stellt, dass die Vollstreckung schon
deshalb scheitern müsse, weil sie mit der innerstaatlichen Rechtsordnung
kollidiere. Zum einen hätten Urteile gegen den Staat nach Artikel 7 des Gesetzes
Nr. 3952 über Klagen gegen den Gesamtstaat nur deklaratorischen Charakter und
könnten deshalb nicht vollstreckt werden. Zum anderen widerspreche eine
Vollstreckung der Notstandsgesetzgebung und gefährde die Haushaltslage L1.
Die Begründung dieser Exequatur – Entscheidung des Verwaltungsgerichts O1
lässt sich mit dem hiesigen Rechtsverständnis des sog. „ordre public“ (Art. 6
EGBGB) nicht in Einklang bringen. Nach Artikel 6 EGBGB dürfen Rechtsnormen
eines anderen Staates nur dann nicht angewandt werden, wenn ihre Anwendung
zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts
unvereinbar ist. Der vom Verwaltungsgericht O1 herangezogene Gesichtspunkt,
wonach ein ausländisches Urteil gegen des Staat nur deklaratorische Wirkung
haben kann und außerdem, ohne dass dies vom Gericht inhaltlich überprüft wird,
wegen der Notstandgesetzgebung in der Vollstreckung „suspendiert“ ist, führt zu
einer Privilegierung des Fiskus, die den wesentlichen Grundsätzen des deutschen
Zwangsvollstreckungsrechts widerspricht. Die Exequatur – Entscheidung des
Verwaltungsgerichts O1 baut für die Zwangsvollstreckung gegen die
Arrestbeklagte neue „Hürden“ auf, die weit über die im deutschen Recht
anerkannten Vollstreckungsvoraussetzungen hinausgehen und faktisch eine
Vollstreckung ausländischer Titel in das Belieben der argentinischen
Gesetzgebungsorgane legen.
Mangels gegenteiliger Erkenntnisse und mit Rücksicht auf die Begründung der
angefochtenen Entscheidung muss angenommen werden, dass sie kein
„Ausreißer“ ist, sondern dass sie die dortige Vollstreckungspraxis bei
einschlägigen Verfahren widerspiegelt. Die Arrestbeklagte hat dies durch ihre
Stellungnahme vom 8. April 2008 nicht entkräften können.
b) Selbst wenn man das anders sehen würde, läge der allgemeine Arrestgrund der
Vollstreckungsgefährdung vor (§ 917 Abs. 1 ZPO). Der Rückgriff auf diese
Vorschrift bleibt dem Gläubiger auch nach der Novellierung des § 917 Abs. 2 ZPO
durch das EG-Beweisaufnahmedurchführungs-Gesetz vom 04.11.2003 erhalten. §
917 Abs. 1 ZPO soll den Gläubiger zwar in erster Linie vor Gefährdungshandlungen
des Schuldners, u. a. durch dessen unlautere Beeinträchtigungen und
Machenschaften schützen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn. 9 zu § 917
ZPO). Ein Arrestgrund ist nach dieser Vorschrift aber auch dann gegeben, wenn
rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten bei einer Auslandsvollstreckung
auftreten können, die über das hinzunehmende Maß einer jeden
Auslandsvollstreckung hinausgehen (BT-Drucksache 13/10871, S. 18; BT-
Drucksache 15/1062, S. 8; OLG Köln OLGR 2002, 469; OLG Dresden NJW-RR 2007,
659; Baur/Stürner/Bruns, a.a.O. Rz. 51.3; Musielak-Huber, a.a.O. Rn. 2 zu § 917).
Dies ist hier glaubhaft gemacht. Die Arrestbeklagte verfügt nach eigenem Vortrag
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Dies ist hier glaubhaft gemacht. Die Arrestbeklagte verfügt nach eigenem Vortrag
im Inland nicht über nennenswertes Vermögen. Eine Ausnahme bildet lediglich das
u. a. von der Arrestklägerin mit einer Sicherungshypothek belegte Grundstück, das
nach dem Vortrag der Arrestbeklagten schon deshalb nicht verwertet werden darf,
weil es ihren Behauptungen zufolge zu diplomatischen Zwecken genutzt wird.
Deshalb kann die Arrestklägerin nur im Wege einer Auslandsvollstreckung die
Befriedigung ihrer Forderungen erwarten. Die im Exequatur – Verfahren ergangene
Entscheidung des Verwaltungsgerichts O1 lässt befürchten, dass die Arrestklägerin
ebenfalls erhebliche rechtliche wie auch tatsächliche Schwierigkeiten
gegenwärtigen müsste, wenn sie versuchen würde, ihren Hauptsachetitel in L1
gegen die Arrestbeklagte zu vollstrecken. Zusammengefasst lag somit bis zum
Erlass des Urkundenvorbehaltsurteils des Landgerichts Frankfurt ein
Sicherungsbedürfnis der Arrestklägerin vor, womit sich ihr hilfsweise gestellter
Feststellungsantrag rechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO bzw. auf §§ 97, 92 Abs. 1
ZPO.Das Urteil ist rechtskräftig, weil der Instanzenzug im Eilverfahren beim
Oberlandesgericht endet (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Streitwert ist mit 1/3 der
Hauptsacheforderung angesetzt worden (Zöller-Herget, a. a. O., Rn 16 zu § 3
ZPO). Im Berufungsverfahren hat er sich gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG erhöht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.