Urteil des LG Frankfurt am Main vom 10.08.2007

LG Frankfurt Main: treu und glauben, fristlose kündigung, fortsetzung des pachtverhältnisses, ablauf der frist, fortsetzung des mietverhältnisses, pachtvertrag, zugang, pachtzins, vermieter, räumung

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 U 229/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 543 Abs 2 S 1 Nr
3 BGB, § 543 Abs 2 S 2 BGB, §
581 Abs 2 BGB
(Pachtvertrag für Gewerberäume und Freiflächen zum
Betrieb eines "Event-Clubs": Fristlose Kündigung wegen
Zahlungsverzugs bei versehentlicher, teilweiser
Nichtzahlung des Mietzinses)
Leitsatz
Die schuldhafte, versehentliche - teilweise - Nichtzahlung des geschuldeten Mietzinses
berechtigt den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen
Zahlungsverzugs. Das Unterlassen einer vorherigen Abmahnung verstößt nicht gegen
die Grundsätze von Treu und Glauben.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 21.09.2006 verkündete Urteil der 7.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2/7 O 394/05 – wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden,
wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch für das
Berufungsverfahren auf jeweils 58.464,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe von
gewerblich genutzten Räumlichkeiten.
Mit Pachtvertrag vom 14.06.2004 (Bl. 12 – 23 d. A.) verpachtete die Klägerin an
den Beklagten Räume sowie Freiflächen zum Betrieb eines „Eventclubs“ im Hause
… in O1. Seit Beginn des Pachtverhältnisses nutzt der Beklagte die ihm
überlassenen Räumlichkeiten und Flächen zu gastronomischen Zwecken in
Verbindung mit regelmäßig stattfindenden Musikveranstaltungen.
Hauptmieterin der Liegenschaft ist die X AG … in O1, die das Gebäude und die
dazugehörigen Flächen vor allem als Ausstellungs- und Verkaufsfläche für die
Produkte der Klägerin sowie für Veranstaltungen nutzt. Weitere Teilbereiche des
Gebäudes werden als Ladenlokale und Büros genutzt. Nachdem die Klägerin den
Beklagten zuvor wiederholt wegen verschiedener – zwischen den Parteien im
einzelnen streitiger – Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Nutzung des
Pachtobjektes abgemahnt und zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten
aufgefordert hatte, kündigte sie das Pachtverhältnis mit Schreiben vom
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aufgefordert hatte, kündigte sie das Pachtverhältnis mit Schreiben vom
18.07.2005 unter Bezugnahme auf die bisherigen Abmahnungen fristlos (Bl. 43
d.A.).
Am 27.10.2005 erhob die Klägerin Räumungsklage vor dem Landgericht Frankfurt
am Main.
Mit Schreiben vom 05.05.2006 (Bl. 92, 93 d. A.) teilten die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Prozessbevollmächtigten des
Beklagten mit, dass eine Überprüfung des „Mietkontos“ des Beklagten ergeben
habe, dass zum 30.04.2006 ein Pachtzinsrückstand in Höhe von 13.735,80 EUR
bestehe. Aufgrund einer rechnerischen Unrichtigkeit des Mehrwertsteuerbetrages
in Ziffer 4.2 des Mietvertrages (Bl. 16 d. A.) sei es zu einer vorübergehenden
Überzahlung, im Weiteren jedoch zu erheblichen Rückständen gekommen, da der
Beklagte die in Ziffer 3.1 des Pachtvertrages vorgesehenen Pachtzinserhöhungen
nicht beachtet habe.
Zur Zahlung des rückständigen Pachtzinses setzte die Klägerin der Beklagten in
dem vorgenannten Schreiben eine Frist bis zum 22.05.2006.Mit Schreiben vom
24.05.2006 (Bl. 94 d. A.) kündigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin
namens und in Vollmacht der Klägerin das Pachtverhältnis wegen
Zahlungsverzuges fristlos und forderten die Beklagte auf, die gepachteten Flächen
bis zum 14.06.2006 zu räumen und an die Klägerin zu übergeben.
Den rückständigen Pachtzins hat der Beklagte am 06.06.2006 an die Klägerin
bezahlt.
Nach Ziffer 3.1 des Pachtvertrages hatte der Beklagte im Zeitraum vom 01.04. bis
31.12.2005 monatlich 3.480,-- EUR – einschließlich Mehrwertsteuer – und seit dem
01.01.2006 monatlich 3.944,-- EUR brutto an die Klägerin zu zahlen.
Die Berechnung und die Höhe des von der Klägerin ermittelten
Pachtzinsrückstandes in Höhe von 13.735,80 EUR ist zwischen den Parteien
unstreitig. Die Klägerin hat ihr Räumungs- und Herausgabeverlangen mit
Schriftsatz vom 31.07.2006 hilfsweise auf die fristlose Kündigung vom 24.05.2006
gestützt. Sie hat hierzu die Auffassung vertreten, dass das Räumungs- und
Herausgabeverlangen unabhängig von der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung
vom 18.07.2005 jedenfalls aufgrund der zuletzt ausgesprochenen fristlosen
Kündigung vom 24.05.2006 wegen Zahlungsverzuges gerechtfertigt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, das von ihm von der Klägerin gemäß
Pachtvertrag vom 14.06.2004 gepachtete Objekt in dem X Haus, Grundstück … O1
zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die von der Klägerin in der außerordentlichen fristlosen
Kündigung vom 18.07.2005 aufgeführten Pflichtverletzungen bestritten und
hinsichtlich der Kündigung vom 24.05.2006 die Auffassung vertreten, dass durch
die Bezahlung des Rückstandes am 06.06.2006 für eine Kündigung aufgrund
Zahlungsrückstandes kein Raum mehr sei.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 313
Abs. 2 ZPO).
Mit am 21.09.2006 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Räumungs- und
Herausgabeklage stattgegeben.
Die Klage sei jedenfalls wegen des Zahlungsverzuges des Beklagten begründet.
Die Kündigung wegen Zahlungsverzuges sei auch nicht durch die Zahlung des
Beklagten am 06.06.2006 ausgeschlossen, da die Kündigung bereits am
24.05.2006 erfolgt sei. Hinsichtlich der aufgelaufenen Pachtzinsrückstände könne
sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Parteien zunächst
übereinstimmend, die im „Mietvertrag“ vorgesehene Pachterhöhung nicht
beachtet hätten, da die Klägerin den Beklagten zunächst unter Fristsetzung
gemahnt und erst nach Ablauf der Frist gekündigt habe.
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gemahnt und erst nach Ablauf der Frist gekündigt habe.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die im angefochtenen
Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen, soweit sich aus
den Feststellungen im Berufungsurteil nichts Gegenteiliges ergibt (§ 540 Abs. 1
Ziffer 1 ZPO).
Gegen das ihm am 26.09.2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt am
Main (Bl. 127 d. A.) wendet sich der Beklagte mit seiner am 24.10.2006
eingelegten Berufung (Bl. 130 d. A.), die er am Montag, den 27.11.2006 (Bl. 142 d.
A.) begründet hat.Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass weder die Kündigung
vom 18.07.2005 noch diejenige vom 24.05.2006 den geltend gemachten
Räumungsanspruch zu rechtfertigen vermögen. Hinsichtlich der erstgenannten
Kündigung ergebe sich dies bereits daraus, dass aufgrund des nicht rechtzeitigen
Widerspruchs der Klägerin gegen die Fortsetzung des Pachtverhältnisses unter
Zugrundelegung des § 545 BGB, der nicht wirksam abbedungen worden sei, ein
unbefristetes Pachtverhältnis über die Räumlichkeiten zustande gekommen sei.
Hinsichtlich der Kündigung wegen Zahlungsverzuges sei es der Klägerin nach den
Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Kündigung zu berufen.
Die Klägerin habe offensichtlich bewusst die Pachtzinsrückstände auflaufen lassen,
um sich zu einem geeigneten Zeitpunkt hierauf berufen zu können. Sie habe den
Beklagten unter einer äußerst knappen Fristsetzung erst zur Zahlung aufgefordert,
nachdem ein fünfstelliger Betrag aufgelaufen gewesen sei und damit den
Zahlungsverzug des Beklagten bewusst herbeigeführt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.09.2006, Az.: 2/7 O
394/05 abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.09.2006, Az.: 2/7
O 394/05 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das
Landgericht zurück zu verweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung. Sie vertritt die Auffassung, das
Landgericht habe den Beklagten rechtsfehlerfrei zur Räumung und Herausgabe
des Pachtobjektes verurteilt, da die Kündigung vom 24.05.2006 wegen
Zahlungsverzuges wirksam gewesen und hierdurch das Pachtverhältnis beendet
worden sei. Zudem habe die Klägerin weder treuwidrig die Pachtzinsforderungen
auflaufen lassen, noch sei die im Schreiben vom 05.05.2006 gesetzte Frist
unangemessen kurz gewesen. Immerhin habe der Beklagte nach Erhalt des
Mahnschreibens vom 05.05. noch 14 Tage Zeit gehabt, den Pachtzinsrückstand
auszugleichen. Schließlich sei die Kündigung auch nicht sofort nach Ablauf der
gesetzten Zahlungsfrist ausgesprochen worden, sondern ein weiterer Tag
zugewartet worden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf
die Berufungsbegründung vom 27.11.2006 (Bl. 147 – 150 d. A.) und die
Berufungserwiderung vom 29.05.2007 (Bl. 162 – 167 d. A.) Bezug genommen.
II. Die Berufung ist nach den §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig,
insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden.
Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Völlig zu Recht hat das Landgericht mit ebenso knapper wie im Kern zutreffender
Begründung der Klage stattgegeben.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten gemäß §§ 581 Abs. 1, 2, 543 Abs. 2 Ziffer
3, 546 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der verpachteten
Räumlichkeiten zu, da der Pachtvertrag durch die außerordentliche fristlose
Kündigung der Klägerin vom 24.05.2006 wegen Zahlungsverzuges mit Zugang der
Kündigung beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten (§ 130 BGB) am
25.05.2006 seine Beendigung gefunden hat.
Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand unstreitig ein
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Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand unstreitig ein
Pachtzinsrückstand des Beklagten in Höhe von 13.735,80 EUR. Unter
Zugrundelegung des im maßgeblichen Zeitraum monatlich geschuldeten
Bruttopachtzinses in Höhe von 3.944,-- EUR, führte dies dazu, dass der Beklagte in
einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Zahlungstermine erstreckte, mit der
Entrichtung des Pachtzinses in Höhe eines Betrages in Verzug war, der die Pacht
für zwei Monate erreicht (§§ 543 Abs. 2 Ziffer 3 b, 581 Abs. 2 BGB).Der vom
Beklagten zu maßgeblichen Zeitpunkt geschuldete Pachtzins betrug sogar mehr
als das Dreifache der monatlich geschuldeten Zahlung.
Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
Zutreffend hat das Landgericht insoweit erkannt, dass eine Heilung der
Rechtsfolgen bei Erreichung eines zur Kündigung berechtigenden
Pachtzinsrückstandes nur dann in Betracht kommt, wenn der Vermieter bzw.
Verpächter zuvor, d. h. vor dem Zugang der Kündigung befriedigt wird. Hierbei
kommt es zwar entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht auf das
Datum der Kündigung, den 24.05.2006, sondern auf deren Zugang an. Dies ändert
jedoch nichts an der jedenfalls im Ergebnis zutreffenden Ablehnung der Heilung
der Kündigung, da der Beklagte unstreitig die Zahlung erst am 06.06.2006, d. h.
ca. zwei Wochen nach Zugang der Kündigung erbracht hat (vgl.
Palandt/Weidenkaff, § 543 Rz. 27).
Ebenso wenig lässt sich zugunsten des Beklagten eine Heilung der Verzugsfolgen
aus § 569 Abs. 3 Ziffer 2 BGB herleiten. Offenbleiben kann hierbei, ob die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm hier vorliegen, die nur dann
zugunsten des Mieters eingreift und die Kündigung unwirksam macht, wenn der
Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der
Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches befriedigt wird. Ob dies auch dann gilt,
wenn im Zuge des bereits rechtshängigen Räumungsrechtsstreites eine weitere
Kündigung ausgesprochen wird oder ob in diesem Fall die Zweimonatsfrist erst ab
dem Zugang der Kündigung zu berechnen ist, kann mangels
Entscheidungserheblichkeit ebenso dahinstehen.§ 569 Abs. 3 BGB gilt nämlich
ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 578 Abs. 2 BGB, der gerade nicht auf §
569 Abs. 3 BGB verweist, für gewerbliche Miet-/Pachtverhältnisse nicht (vgl. Blank
in Schmitt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., Rn. 35 zu § 569 BGB).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 581 Abs. 2 BGB, der die Vorschriften
über den Mietvertrag auf den Pachtvertrag für entsprechend anwendbar erklärt.§
581 BGB perpetuiert nämlich keine über die in § 578 Abs. 1 BGB für Grundstücks-
und Raumpachtverträge genannte, hinausgehende Anwendbarkeit der
mietrechtlichen Vorschriften. Ebenso wie bei den gewerblichen Mietverhältnissen
ist das Wohnraummietrecht auch auf Pachtverhältnisse unanwendbar (vgl.
Palandt, § 581, Rz. 15). Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 24.05.2006
wegen Zahlungsverzuges führt – mangels Entscheidungserheblichkeit – auch zur
Entbehrlichkeit ergänzender Ausführungen des Senats zur Frage der Wirksamkeit
der zuerst ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 18.07.2005 und der in
diesem Zusammenhang zwischen den Parteien bestehenden Streitfrage zur
Anwendbarkeit des § 545 BGB.
Hinsichtlich der allein noch entscheidungserheblich maßgeblichen zuletzt
ausgesprochenen Kündigung kommt § 545 BGB, falls dieser nicht ohnehin
zwischen den Parteien abbedungen worden sein sollte, jedenfalls tatbestandlich
nicht zum Tragen, da die Klägerin im Zusammenhang mit der zuletzt
ausgesprochenen Kündigung, ihren einer Fortsetzung des Mietverhältnisses
entgegenstehenden Willen hinreichend und rechtzeitig zum Ausdruck gebracht
hat. Dies ergibt sich zweifelsfrei sowohl aus dem im Kündigungsschreiben
enthaltenen Räumungsverlangen als auch aus der Fortführung des bereits
rechtshängigen Räumungsverfahrens (vgl. BGH in NZM 06, 699 dort Rz. 25).
Schließlich ist es der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und
Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, ihr Räumungsbegehren auf die Kündigung
wegen Zahlungsverzuges zu stützen. Zwar kann die Kündigung gemäß § 543 Abs.
2 Satz 1 Nr. 3 BGB eine unzulässige Rechtsausübung darstellen und als verwirkt
angesehen werden, wenn sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist ausgeübt
wird (vgl. BGH NJW 05, 2775). Es ist nämlich allgemein anerkannt, dass der
Vermieter vor einer fristlosen Kündigung ausnahmsweise gehalten sein kann, den
Mieter unter konkreter Darstellung des Zahlungsrückstandes abzumahnen, wenn
sich ihm der Schluss aufdrängen muss, dass die Nichtzahlung der Miete nicht auf
Zahlungsunfähigkeit oder Unwilligkeit, sondern auf einem bloßen Versehen und auf
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Zahlungsunfähigkeit oder Unwilligkeit, sondern auf einem bloßen Versehen und auf
sonstigen von ihm nicht zu vertretenen Umständen beruht.
Dies gilt nach der herrschenden Rechtsprechung unabhängig von der Regelung in
§ 543 Abs. 3 Nr. 3 BGB.
Wenn es bei einer derartigen Sachlage an einer Abmahnung fehlt, verstößt die
Kündigung des Vermieters/Verpächters gegen Treu und Glauben (vgl. ZB OLG
Hamm in ZMR 1998, 493; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2004, Az. 10 O
109/03).
Ein derartiger Fall ist jedoch vorliegend nicht gegeben.
Entgegen dem der vom Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf
zugrundeliegenden Sachverhaltes, bei dem es zu einer Unterverpachtung
gekommen war, der Unterpächter den Pachtzins nicht mehr entrichtete und der
Verpächter es unterließ, den Hauptpächter hierauf hinzuweisen, obwohl er im
Gegensatz zum Hauptpächter Kenntnis über den Umfang der Rückstände hatte,
hat vorliegend die Klägerin über keinen Wissensvorsprung gegenüber dem
Beklagten verfügt. Der Beklagte hat das Entstehen des erheblichen
Pachtzinsrückstandes zu vertreten. Seine Pachtzinszahlungsverpflichtungen
ergeben sich nach Zeiträumen gestaffelt eindeutig aus der Regelung in Ziffer 3.1
des Pachtvertrages (Bl. 15 d.A.). Danach gehört es zu den Pflichten des Beklagten
aus dem Pachtvertrag, die nach den jeweiligen Zeiträumen gestaffelten
Pachtzinsen fristgerecht und vollständig an die Klägerin zu zahlen, ohne dass es
hierzu einer besonderen Aufforderung oder eines Hinweises durch die Klägerin
bedurft hätte.
Für den Senat stellt sich die Situation so dar, dass offensichtlich beide Parteien
zunächst die Überzahlung durch den Beklagten und sodann das Auflaufen der
erheblichen Rückstände für den Zeitraum von über einem Jahr übersehen haben.
Den Einwand der Berufung, die Klägerin habe bewusst den Zahlungsverzug des
Beklagten herbeigeführt um den Pachtvertrag dann zu kündigen, vermag der
Senat nicht nachzuvollziehen. Das diesbezügliche Berufungsvorbringen ist als
bloße Vermutung „ins Blaue hinein“ anzusehen, da der Beklagte hierfür keine
konkreten Anknüpfungstatsachen vorbringen kann.
Zudem erschiene ein Vorgehen der Klägerin entsprechend der Vermutung des
Beklagten auch unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten als völlig unsinnig. Das
Interesse der Klägerin bestand naturgemäß darin, vom Beklagten den
vollständigen geschuldeten Pachtzins zu erhalten. Gegen die Annahme des
Beklagten spricht im Übrigen auch, dass kein Grund ersichtlich ist, warum die
Klägerin ein Interesse daran gehabt haben sollte, einen derartig hohen
Pachtzinsrückstand treuwidrig „auflaufen“ zu lassen, da ein die fristlose Kündigung
rechtfertigender Zahlungsverzug nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 b BGB bereits zum
31.12.2005 bestanden hat und es insoweit dann durchaus naheliegend gewesen
wäre, bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt im Rahmen des
erstinstanzlichen Verfahrens die weitere Kündigung nachzuschieben.
Im Übrigen hat die Klägerin, ohne dass es aus den genannten Gründen
entscheidungserheblich hierauf noch ankäme, den Beklagten zusätzlich vor
Ausspruch der Kündigung noch abgemahnt und ihm eine als durchaus
angemessen anzusehende zweiwöchige Frist zur Erfüllung der Verbindlichkeiten
gesetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 7,
711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2
ZPO waren nicht gegeben, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 58.464,-- EUR (12 x 4.872,-€ ; §
47 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 Satz 1). Zur Berechnung des Streitwertes ist bei
Staffelmietverträgen der während der vereinbarten Pachtdauer höchste Pachtzins,
d. h. vorliegend ein Betrag in Höhe von 4.872,- € -x 12 als Gebührenstreitwert zu
Grunde zu legen (vgl. BGH in NZM 05, 945).Der durch das Landgericht für die
erste Instanz festgesetzte Streitwert war entsprechend zu berichtigen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.