Urteil des LG Frankfurt am Main vom 27.04.2009

LG Frankfurt Main: befangenheit, anfang, form, mietvertrag, quelle, pauschal, zivilprozessrecht, zugehörigkeit, amtsführung, dokumentation

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 W 29/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 42 ZPO
Befangenheitsantrag: Ablehnung eines gesamten
Spruchkörpers
Orientierungssatz
Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nur einzelne
Mitglieder eines Gerichtes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden
können, dass aber eine pauschale Ablehnung eines Spruchkörpers unzulässig ist.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am
Main vom 20.03.2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 13.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Mit ihrer vor dem Landgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage macht die
Klägerin Regressansprüche gegen ihre früheren Prozessbevollmächtigten geltend,
die sie in einem Rechtsstreit vertreten haben, in dem Ansprüche aus einem
Mietvertrag über Gewerberäume geltend gemacht wurden. Die Richterin am
Landgericht A hat Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin
anberaumt auf Donnerstag, den 15.01.2009. Zu diesem Termin erschienen die
Klägerin und ihre Prozessbevollmächtigte. Nach dem Inhalt des Protokolls erhielt
die Klägerin Gelegenheit, ihren Standpunkt selbst darzulegen. Mit Erklärung vom
23.01.2009 hat die Klägerin die Richterin am Landgericht A wegen der Besorgnis
der Befangenheit abgelehnt.
Über dieses Ablehnungsgesuch hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt
am Main mit Beschluss vom 26.02.2009 entschieden und den Antrag der Klägerin,
die Richterin am Landgericht A wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen,
zurückgewiesen.
Nachdem der Klägerin dieser Beschluss am 06.03.2009 zugestellt wurde, hat sie
mit Schriftsatz vom 17.03.2009 beantragt, die gesamte 5. Kammer als befangen
abzulehnen, da diese Kammer von Anfang an nicht zuständig sei und der Prozess
von Anfang an parteiisch geführt worden sei. Über diesen Antrag der Klägerin hat
die 5. Zivilkammer mit Beschluss vom 20.03.2009 entschieden und das
Ablehnungsgesuch der Klägerin zurückgewiesen, da dieses unzulässig sei, weil ein
Spruchkörper als Ganzes abgelehnt worden sei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin nunmehr mit ihrer sofortigen
Beschwerde vom 08.04.2009, mit der sie weiterhin geltend macht, die 5.
Zivilkammer sei nicht zuständig, ihr Antrag richte sich gegen die besagten
einzelnen Richter. Die Befangenheit der Richter folge daraus, dass sie in dem
Beschluss, mit dem über den Befangenheitsantrag gegen die Richterin am
Landgericht A entschieden worden sei, ausgeführt hätten, diese Richterin habe die
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Landgericht A entschieden worden sei, ausgeführt hätten, diese Richterin habe die
Verhandlung so stark kürzen können, wie sie wolle. Es werde beantragt, die
Beschwerde einer übergeordneten Stelle zuzuleiten, damit nicht immer dieselbe
Kammer entscheide.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, weil die
pauschale Ablehnung einer Zivilkammer nicht zulässig sei und zudem das Gesuch
auch unbegründet sei, soweit es sich auf die geschäftsplanmäßigen Mitglieder der
5. Zivilkammer beziehen sollte.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 46 Abs. 2 ZPO) und auch im Übrigen
zulässig (§§ 569 Abs. 1, 568 ZPO). Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt, hat
in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig
zurückgewiesen, weil diese mit ihrem Schriftsatz vom 17.03.2009 insgesamt die 5.
Kammer als befangen abgelehnt hat, weil diese nicht zuständig gewesen sei. Es
entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nur einzelne
Mitglieder eines Gerichtes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden
können, dass aber eine pauschale Ablehnung eines Spruchkörpers unzulässig ist
(BGH NJW-RR 2002, 789; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 42, Rdnr. 3). Ob hier
ein Gericht abstrakt abgelehnt wurde oder ob noch von einer hinreichenden
Bezeichnung der abgelehnten Richter ausgegangen werden kann, kann
dahinstehen. Das Gesuch ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil generell die
Nichtzuständigkeit der Kammer gerügt wurde und lediglich pauschal darauf
verwiesen, dass der Prozess von Anfang an parteiisch geführt worden sei. Die
Mitglieder der 5. Kammer waren aber bis auf die abgelehnte Richterin am
Landgericht A mit der Angelegenheit überhaupt noch nicht befasst, so dass eine
parteiische Vorgehensweise in keiner Weise feststellbar war.
Auch soweit die Klägerin auf ihre Schriftsätze vom 17.12.2008 und 07.02.2009
verweist, enthalten diese Schriftsätze keinerlei Gründe, die für eine Befangenheit
der gesamten Richter der 5. Zivilkammer sprechen könnten, da insoweit sich die
Klägerin ausschließlich allgemein mit der Verfahrensweise auseinandersetzt und
angebliche Fehler der Richterin am Landgericht A rügt. Eine konkrete Bezeichnung
der übrigen Mitglieder der 5. Zivilkammer ist in diesen Schriftsätzen ebenso wenig
enthalten wie in dem Antrag vom 17.03.2009. Die Klägerin verfolgt mit ihrem
Ablehnungsgesuch, in dem sie die gesamte 5. Zivilkammer als befangen ablehnt,
verfahrensfremde Zwecke, weil die Richter lediglich wegen ihrer Zugehörigkeit zu
einem Spruchkörper abgelehnt werden. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der
Beschwerdebegründung, indem ausdrücklich ausgeführt wird, dass die Beschwerde
einer übergeordneten Stelle zugeleitet werden solle, damit nicht immer dieselbe
Kammer entscheide. Aus dieser Zielrichtung heraus kann das Ablehnungsgesuch
der Klägerin nicht als solches konkret gegen die einzelnen Mitglieder der
zuständigen 5. Zivilkammer angesehen werden.
Dass die 5. Zivilkammer zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig
ist folgt daraus, dass sich das Ablehnungsgesuch gegen eine Richterin richtet, die
der 5. Zivilkammer angehört und die als Einzelrichterin fungiert hat. Nach der
Regelung des § 45 Abs. 1 ZPO musste deshalb über den Befangenheitsantrag der
Klägerin die 5. Zivilkammer entscheiden, die infolge der Ablehnung eines
Mitgliedes durch den geschäftsplanmäßigen Vertreter zu ergänzen war. Die
Ablehnung führt nicht dazu, dass generell eine andere Kammer des Landgerichtes
zur Entscheidung zuständig wird, vielmehr richtet sich die Zusammensetzung des
Spruchkörpers, der die Entscheidung zu treffen hat, aus nicht abgelehnten
verbleibenden und neu eintretenden Richtern (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 45,
Rdnr. 2). Da die Geschäftsverteilung des Landgerichts keine abweichende
Regelung enthält, konnte über das Ablehnungsgesuch der Klägerin nur durch die 5.
Zivilkammer entschieden werden, wie dies die Kammer auch in ihrer
Nichtabhilfeentscheidung nochmals deutlich dargelegt hat.
Auch soweit nunmehr in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, die Befangenheit
ergebe sich daraus, dass der Richterin A in dem Beschluss bescheinigt worden sei,
sie dürfe so stark kürzen wie sie wolle, vermag dies einen Ablehnungsgrund nicht
zu begründen, da zum einen eine solche Formulierung in dem Beschluss der
Kammer nicht enthalten ist, diese vielmehr lediglich darauf hingewiesen hat, dass
es dem Ermessen der jeweils erkennenden Richterin überlassen bleibt, wie weit der
zeitliche Umfang einer mündlichen Verhandlung reicht. Diese Feststellung der
Kammer ist aber entsprechend den Regeln der ZPO getroffen worden und war zur
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Kammer ist aber entsprechend den Regeln der ZPO getroffen worden und war zur
Begründung des Beschlusses vom 26.02.2009 auch notwendig, so dass eine
parteiische Amtsführung durch die Richter der 5. Zivilkammer in keiner Weise
dargetan und ersichtlich ist, vielmehr die Klägerin ausschließlich die Entscheidung
einer anderen Kammer des Landgerichts erreichen will, was aber einen
Befangenheitsantrag nicht zu rechtfertigen vermag.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die
Voraussetzungen des § 547 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht
erfüllt sind.
Den Beschwerdewert hat der Senat entsprechend dem geschätzten Interesse der
Klägerin auf den gesetzlichen Richter mit 10% der Klagesumme festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.