Urteil des LG Frankfurt am Main vom 28.01.2008

LG Frankfurt Main: squeeze out, aktienregister, ablauf der frist, freiwillige gerichtsbarkeit, ausgabe, anforderung, bestätigung, auszug, fristverlängerung, handelsregister

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 443/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 28 FGG, § 1 SpruchG, § 3
SpruchG, § 4 SpruchG, § 8
SpruchG
(Squeeze-out-Verfahren: Antragsberechtigung bei Ausgabe
von Namensaktien; Zeitpunkt des Nachweises der
Eintragung im Aktienregister; Geschäftswert der
Gerichtsgebühr)
Leitsatz
1. Auch im Squeeze-out-Verfahren ist bei der Ausgabe von Namensaktien nur derjenige
antragsberechtigt, der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Strukturmaßnahme im
Aktienregister der Gesellschaft eingetragen ist. (Fortführung von OLG Frankfurt am
Main, Beschluss vom 09.01.2006, 20 W 124/05)
2. Der Nachweis über die Eintragung im Aktienregister kann auch noch im
Beschwerdeverfahren nachgereicht werden, wenn das Spruchverfahren dadurch nicht
verzögert wird. (Fortführung von OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.01.2006, 20
W 124/05)
3. Der Geschäftswert für die Gerichtsgebühr kann auch bei einer Beschwerde über die
Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Spruchverfahrens als unzulässig nicht
unter dem Mindestwert von 200.000 € festgesetzt werden. (Fortführung von OLG
Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.10.2005, 20 W 235/05)
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der angefochtene Beschluss des
Landgerichts aufgehoben, soweit er den Antragsteller betrifft. Die Sache wird
insoweit an das Landgericht zur Fortführung des Verfahrens zurückverwiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen,
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000,-- EUR
festgesetzt; der Wert für die Berechnung der außergerichtlichen Kosten ist hiervon
unberührt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit des Antrags des Antragstellers (im
angefochtenen Beschluss Antragsteller zu 6) auf Einleitung eines
Spruchverfahrens hinsichtlich des Beschlusses der Hauptversammlung der A- AG
vom 30. Mai 2006, durch den die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die
Hauptaktionärin, die hiesige Antragsgegnerin, übertragen wurden. Der Squeeze-
out-Beschluss ist am 22.12.2006 in das Handelsregister der A- AG eingetragen
worden. Der Antragsteller hat mit einem am 01.02.2007 beim Landgericht
Frankfurt am Main eingegangenen Antrag (Az.: 3-05 O 20/05) die Heraufsetzung
der Barabfindung beantragt und ausgeführt, es sei zum Zeitpunkt der
Ausschlusses Minderheitsaktionär der A- AG gewesen. Zum Nachweis hat er die
Vorlage einer Bankbescheinigung der B-Bank angeboten (Az.: 3-05 O 20/05, Bl. 2).
Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, dass nur diejenigen ehemaligen
Minderheitsaktionäre antragsberechtigt seien, die am Tag des Wirksamwerdens
des Übertragungsbeschlusses als Aktionäre im Aktienregister der A- AG
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des Übertragungsbeschlusses als Aktionäre im Aktienregister der A- AG
eingetragen gewesen seien. Diese Darlegung müsse die Antragsbegründung
enthalten. Da die Hauptaktionärin nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt am
Main auch als Antragsgegner im Spruchverfahren nicht berechtigt sei, Einblick in
das Aktienregister zu nehmen oder Auskunft daraus zu verlangen, bestreite sie
mit Nichtwissen, dass die Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt im
Aktienregister eingetragen gewesen seien. Das Landgericht hat durch Beschluss
11.05.2007 (Bl. 5 – 14 d. A.) den Antragstellern mit wenigen namentlich genannten
Ausnahmen, zu denen der Antragsteller nicht gehörte, aufgegeben, bis zum
11.06.2007 ihre Aktionärsstellung bei der A- AG zum 22.12.2006 durch einen
entsprechenden Auszug aus dem Aktienregister nachzuweisen. Dieser am
06.06.2007 ausgefertigte Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des
Antragstellers nach dessen Angaben am 12.06.2007 zugegangen. Der
Antragsgegner hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12.06.2007 (Bl. 127 d. A.)
Fristverlängerung um einen Monat beantragt. Das Schreiben enthält die
Anmerkung, dass man davon ausgehe, dass auch eine beglaubigte
Bankbestätigung als Nachweis der Aktionärsstellung des Antragstellers
ausreichend sei. Mit Verfügung vom 13.06.2007 hat das Landgericht die gesetzte
Frist generell bis zum 27.07.2007 verlängert (Bl. 128 d. A.). Auf die genannte
Anmerkung des Antragstellers ist es dabei nicht eingegangen. Der Antragsteller
hat mit Schriftsatz vom 22.07.2007 eine Bankbestätigung der B-Bank vom
18.07.2007 (Bl. 414/ 413 d. A.) eingereicht, in der bestätigt wird, dass der
Antragsteller zum 22.12.2006 Aktionär der A- AG war. Durch Beschluss vom
01.10.2007 (Bl. 519 – 528 d. A.) hat das Landgericht die Anträge mehrerer
Antragsteller, u. a. auch den Antrag des jetzigen Beschwerdeführers, als
unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Antragsteller hätten ihre
Aktionärsstellung trotz Bestreitens der Antragsgegnerin nicht innerhalb der
gesetzten Frist nachgewiesen. Die Vorlage einer Depotbescheinigung genüge bei
Namensaktien nicht, da die Bestimmung des § 67 Abs. 2 AktG auch im
Spruchverfahren anzuwenden sei. Für die Antragsbefugnis im Spruchverfahren sei
es unerheblich, aus welchen Gründen es nicht oder zu einer verzögerten
Eintragung in das Aktienregister gekommen sei. Ein längeres Zuwarten auf die
Vorlage der entsprechenden Bescheinigung sei nicht geboten gewesen, da die
gesetzte Frist schon lange verstrichen sei.
Gegen diesen dem Antragsteller am 22.10.2007 (Bl. 551 d. A.) zugestellten
Beschluss hat der Antragsteller mit einem am 31.10.2007 eingegangenen
Schriftsatz (Bl. 546 d. A.) sofortige Beschwerde eingelegt. Er begehrt, seinen
Antrag für zulässig zu erklären. Er ist der Ansicht, er habe davon ausgehen dürfen,
dass eine Bankbestätigung zum Nachweis der Aktionärseigenschaft zum Stichtag
ausreichend sei. Außerdem überreicht er eine Eintragungsbestätigung der C-
GmbH vom 19.07.2007. Darin wird dem Antragsteller bestätigt, dass er unter einer
näher bezeichneten Aktionärsnummer im Aktienregister der A- AG am 22.12.2006
mit einem Aktienbestand von 5 Stück eingetragen gewesen sei (Bl. 550 d. A.). Die
Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II. Die Beschwerde ist zulässig, sie wurde als sofortige Beschwerde eingelegt und
insoweit insbesondere form- und fristgerecht erhoben, §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 2
SpruchG, 27, 29, 22 Abs.1 FGG. Auf den Streit, ob das zulässige Rechtsmittel
gegen eine Zwischenentscheidung im Spruchverfahren eine einfache oder eine
sofortige Beschwerde ist, braucht deswegen nicht näher eingegangen zu werden
(vgl. KG, ZIP 2007, 2352 ff; KK-SpruchG/ Stephan Wilske, § 12 Rn 3 - 5).
Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung,
da der Antragsteller nunmehr in der Beschwerdeinstanz den bereits vom
Landgericht angeforderten Nachweis seiner Eintragung im Aktienregister zum
22.12.2006 vorgelegt hat und das Spruchverfahren im vorliegenden Fall keine
Zurückweisung des verspäteten Vorbringens zulässt. Im Einzelnen gilt hierzu
Folgendes:
Der Antragsteller ist bei einem Squeeze-out nur antragsberechtigt, wenn er im
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Strukturmaßnahme Aktionär der betroffenen
AG war (§§ 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m., 1 Nr. 3 SpruchG). Im Falle des Squeeze-out ist
der maßgebliche Stichtag die Eintragung des Übertragungsbeschlusses im
Handelsregister (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SpruchG, Klöckner/ Frowein,
Spruchverfahrensgesetz (2004), § 3 Rn 13), vorliegend ist das der 22.12.2006. Die
Darlegung der Aktionärseigenschaft hat innerhalb der ab dem 22.12.2006
laufenden dreimonatigen Antragsbegründungsfrist zu erfolgen und zwar
unabhängig davon, ob die Aktionärseigenschaft bestritten wird oder nicht (§ 4 Abs.
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unabhängig davon, ob die Aktionärseigenschaft bestritten wird oder nicht (§ 4 Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 SpruchG).
Ob auch der Nachweis der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist zu
erbringen ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Das
Oberlandesgericht Stuttgart (BB 2004, 2151 ff) hat entschieden, dass der
Nachweis der Antragsberechtigung nicht schon innerhalb der Antragsfrist
vorgelegt werden muss, verlangt sei lediglich die Darlegung der
Antragsberechtigung. Dem ist der Senat (Beschlüsse vom 10.10.2005, 20 W
244/05 = OLGR Frankfurt 2006, 503 ff und 20 W 226/05 = DB 2005, 2626 ff und
vom 09.01.2006, 20 W 124/05 = AG 2006, 290 ff sowie 20 W 166/05 = ZIP 2006,
1137 ff) gefolgt. Auch das OLG Düsseldorf (ZIP 2005, 1369 ff) und das
Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (AG 2005, 835 ff) haben sich dieser
Meinung angeschlossen. Dagegen vertritt das Kammergericht (Beschluss vom
31.10.2007, 2 W 14/06 = ZIP 2007, 2352 ff) in einer Divergenzvorlage an den
Bundesgerichtshof nunmehr die Auffassung, dass die Aktionärseigenschaft
innerhalb der Frist des § 4 Abs.1 SpruchG durch Urkunden nachzuweisen sei
(ebenso krit. Anm. zu OLG Hamburg, BB 2004, 1295 ff von Dißars,
Antragsbefugnis von Namensaktionären, BB 2004, 1293 ff).
Der Senat sieht derzeit keine Veranlassung von seiner Auffassung, die sich im
Grundsatz mit derjenigen der Oberlandesgerichte Stuttgart, Düsseldorf und
Hamburg deckt, abzuweichen. Er ist vielmehr der Auffassung, dass der Beweis der
Antragsbefugnis auch noch nach Ablauf der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG
nachgereicht werden kann.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 11.05.2007 allen Antragstellern mit
Ausnahme einiger namentlich Bezeichneten, zu denen der Antragsteller nicht
gehörte, aufgegeben, ihre Aktionärsstellung am 22.12.2006 bis zum 11.06.2007
durch einen entsprechenden Auszug aus dem Aktienregister nachzuweisen. Diese
Frist ist bis zum 27.07.2007 verlängert worden. Der Antragsteller hat jedoch weder
bis zum 27.07.2007 noch bis zur Entscheidung am 01.10.2007 den angeforderten
Auszug vorgelegt, sondern lediglich eine Bestätigung der vom 18.07.2007, in der
ihm bestätigt worden ist, dass er am 22.12.2006 Aktionär der betroffenen AG
gewesen sei. Diese Bescheinigung hat das Landgericht zu Recht im Hinblick auf
das Bestreiten der Antragsgegnerin als nicht ausreichend angesehen.
Bei der Ausgabe von Namensaktien begründet § 67 Abs. 2 AktG die
unwiderlegliche Vermutung dafür, dass nur derjenige Aktionär ist, der in das
Aktienregister eingetragen ist. Dies gilt auch dann, wenn Eintragung und materielle
Rechtslage auseinanderfallen (OLG Hamburg, BB 2004, 1295 ff, zustimmend
Lieder, Der Namensaktionär im gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahren, NZG
2005, 159 ff). Das OLG Hamburg hat dabei ausgeführt, § 67 Abs. 2 AktG beziehe
sich auf die Ausübung aller mitgliedschaftlichen Rechte, die sich aus dem Anteil an
der Gesellschaft ergeben, wozu auch die Antragsbefugnis nach § 327 f AktG
gehöre. Dem hat sich der Senat angeschlossen (Beschluss vom 09.01.2006, ZIP
2006, 1137 ff). Der Senat sieht keinen Anlass hiervon abzuweichen.
Unerheblich ist, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 12.06.2007 mitgeteilt
hat, er gehe davon aus, dass ein Banknachweis ausreichend sei. Dass das
Landgericht hierauf nicht eingegangen ist, durfte der Antragsteller angesichts der
Möglichkeit des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung und Eintragung
im Aktienregister und angesichts der ausdrücklichen gerichtlichen Anforderung
eines Auszugs aus dem Aktienregister nicht als Zustimmung zu seiner Ansicht
auslegen. Die landgerichtliche Vorgabe war eindeutig. Es bestand kein Anlass für
die Annahme, dass das Landgericht entgegen seiner klaren Vorgabe und nach den
Einwendungen der Antragsgegnerin auf die mit einem Satz geäußerte Meinung
des Antragstellers hinsichtlich der Vorlage einer Bankbescheinigung als andere
Nachweisalternative stillschweigend seine in der Anforderung zum Ausdruck
gekommene Rechtsauffassung ändern würde. Zahlreiche Antragsteller haben die
Anforderung des Landgerichts erfüllt und eine Bestätigung über ihre Eintragung im
Aktienregister zum 22.12.2006 vorgelegt.
Das Landgericht durfte auch die vorbereitende Maßnahme erlassen und den
Beteiligten Fristen zu deren Erfüllung Fristen setzen (§ 7 Abs. 5 SpruchG). Dies ist
vorliegend durch den landgerichtlichen Beschluss vom 11.05.2007, dessen
Zustellung verfügt worden und der dem Verfahrensbevollmächtigten des
Antragstellers nach dessen Bekunden am 12.06.2007 zugegangen ist, geschehen.
Die Fristsetzung hatte sich zwar zunächst durch Zeitablauf überholt, da die
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Die Fristsetzung hatte sich zwar zunächst durch Zeitablauf überholt, da die
Versendung durch die Geschäftsstelle des Landgerichts so spät vorgenommen
wurde, dass die Frist bei Eingang des Beschlusses bereits abgelaufen war. Die
überholte Fristsetzung ist jedoch durch die gewährte Fristverlängerung
nachgebessert worden. Der fehlende Nachweis der Antragsbefugnis rechtfertigt
die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers als unzulässig (vgl. Wasmann,
Anforderungen an die Zulässigkeit eines Antrags nach dem
Spruchverfahrensgesetz und Auswirkungen der (Un-) Zulässigkeit, WM 2004, 819
ff, 821 m.w.N.). Ein Verfahrensfehler ist dem Landgericht nicht unterlaufen,
insbesondere hat er das rechtliche Gehör des Antragstellers nicht verletzt. Das
Landgericht durfte entgegen der Ansicht des Antragstellers durch eine
Zwischenentscheidung analog § 280 ZPO über die Zulässigkeit des Antrags des
Antragstellers befinden (KK-SpruchG/ Karl Peter Putzkajer, § 11 Rn 10 m.w.N.). Da
es nur um die Antragszurückweisung wegen fehlenden Nachweises der
Antragsbefugnis ging, war vor der Entscheidung auch keine mündliche
Verhandlung erforderlich (KK-SpruchG/ Karl Peter Putzkajer, § 8 Rn 4).
Die Aufhebung der Entscheidung ist aber gleichwohl erforderlich, weil der
Antragsteller mit seiner am 31.10.2007 eingegangenen sofortigen Beschwerde
eine Bestätigung der C- GmbH vom 19.07.2007 vorgelegt hat, wonach er am
22.12.2007 mit einem Aktienbestand von fünf Aktien Aktionär der betroffenen AG
war. Der Senat teilt die Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg
(AG 2005, 835 ff) dass die Vorlage der Unterlagen auch noch im
Beschwerdeverfahren geschehen kann.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das Spruchverfahren durch die
Verfahrensförderungspflichten zwar nachhaltig beschleunigt werden (BT-
Drucksache 15/371, S. 11). Dementsprechend statuieren auch die §§ 9 und 10
SpruchG in Anlehnung an die §§ 282, 296 ZPO allgemeine
Verfahrensförderungspflichten, sowie Verspätungsvorschriften, welche die
Ahndung eines Verstoßes gegen die Verfahrensförderungspflicht mit der
Präklusion des verspäteten Vorbringens ermöglichen (Bungert/ Mennike, Das
Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BB 2003, 2021 ff, 2027). Insoweit ist das
Spruchverfahrensgesetz strenger als die gem. § 17 Abs 1 SpruchG ergänzend
anwendbaren FGG-Regelungen, die keinerlei Präklusionsvorschriften kennen. Das
Verhalten des Antragstellers entsprach nicht einer sorgfältigen und auf Förderung
des Verfahrens bedachten Prozessführung, wie es § 9 Abs. 1 SpruchG voraussetzt.
Nach § 10 Abs. 2 SpruchG kann verspätetes Vorbringen aber nur zurückgewiesen
werden, wenn dessen Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die
Erledigung des Verfahrens verzögern würde (kritisch hinsichtlich des gesetzlichen
Maßstabs: Tomson/ Hammerschmidt, Aus alt mach neu, Betrachtungen zum
Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, NJW 2003, 2572 ff, 2575). Das ist vorliegend
nicht der Fall. Es handelt sich vielmehr um ein Verfahren mit über 70
Antragstellern, von denen die meisten der gerichtlichen Aufforderung nach Vorlage
eines Nachweise über ihren Eintrag ins Aktionärsregister am 22.12.2006
nachgekommen sind oder Nachweise über ihre Aktionärsstellung bereits mit der
Antragstellung vorgelegt haben. Insgesamt befindet sich das Verfahren noch ganz
unzweifelhaft in seiner Anfangsphase. Da der Antragsteller letztlich auch nur
Standardrügen erhoben hat, ist nicht ersichtlich, dass sich das Verfahren durch die
Nachlässigkeit des Antragstellers weiter verzögern könnte. Das Landgericht wird
vielmehr nach Rückkehr der Akten aus der Beschwerdeinstanz sich mit der Sache
und den vorgebrachten Rügen näher zu befassen haben. Soweit durch die
Zwischenentscheidung des Landgerichts und das dagegen eingelegte Rechtsmittel
eine Verzögerung in der erstinstanzlichen Sachbearbeitung eingetreten ist, kann
diese dem Antragsteller nicht angelastet werden.
Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 12 Abs. 2 S. 2 SpruchG i.V.m. § 28
Abs. 2 S. 1 FGG im Hinblick auf die oben angeführte Vorlageentscheidung des
Kammergerichts hat nicht zu erfolgen, da ein Vorlagebeschluss keine auf eine
weitere Beschwerde ergangene Entscheidung i.S.d. § 28 Abs. 2 FGG ist (Keidel/
Kuntze/ Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 28 Rn 21 am Ende). Von
einer Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zu einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofs über die Vorlage hat der Senat abgesehen, um das Verfahren
im Hinblick auf die Vielzahl der weiteren Antragsteller nicht noch weiter zu
verzögern.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen,
denn er hat nur wegen der Vorlage der bereits erstinstanzlich zutreffend
angeforderten Unterlage obsiegt. Es entspricht der Billigkeit, dass ihm insoweit die
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angeforderten Unterlage obsiegt. Es entspricht der Billigkeit, dass ihm insoweit die
durch seine Säumnis entstandenen Gerichtskosten zur Last fallen und ihm seine
außergerichtlichen Kosten nicht erstattet werden (§ 15 Abs. 2 und Abs. 4
SpruchG). Eine Überbürdung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin
auf den Antragsteller war mit Blick auf die gesetzliche Grundentscheidung im
Spruchverfahren, die in der eben genannten Vorschrift die Kostenlast mehr der
Antragsgegnerseite zuordnet, nicht veranlasst (vgl. § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. §
13a Abs. 1 FGG). Einer Entscheidung, ob und inwieweit § 13a Abs. 1 S. 1 FGG
neben § 15 Abs. 4 SpruchG anwendbar ist, bedurfte es insoweit nicht (vgl. KK-
SpruchG/ Gabriele Rosskopf, § 15 Rn 52 ff; Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn 100 -
103).
Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 15
Abs. 1 S. 1 SpruchG. Es handelt sich um den gesetzlich vorgeschriebenen
Mindestwert. Das SpruchG sieht für das Gericht keine Möglichkeit vor, hiervon nach
unten abzuweichen (KK-SpruchG/ Gabriele Rosskopf, § 15 Rn 16; ebenso Senat, AG
2005, 890 ff; OLG Düsseldorf, AG 2005, 298 ff; OLG Stuttgart, ZIP 2004, 850 ff).
Etwas anderes gilt lediglich für die Anwaltsgebühren, für die § 31 RVG eine anteilige
Wertfestsetzung, mindestens aber 5.000 € vorsieht. Um die Anwaltsgebühren geht
es bei der hier zu treffenden Wertfestsetzung aber nicht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.