Urteil des LG Düsseldorf vom 04.04.2001

LG Düsseldorf: juristische person, internet, firma, namensrecht, unverzüglich, registrierung, sicherheitsleistung, ausschlussrecht, verfügung, vergleich

Landgericht Düsseldorf, 2 a O 437/00
Datum:
04.04.2001
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 a O 437/00
Tenor:
Die .Beklagte wird verurteilt, durch schriftliche Erklärung die
Internetdomain X gegenüber der zuständigen Vergabestelle,
Frankfurt/Main, freizugeben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits .
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.300,-- DM
vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer als Großbank anerkannten deutschen Bank oder Sparkasse
erbracht werden.
Tatbestand:
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Die Beklagte führt ein Juweliergeschäft in München. Mit Schreiben vom 25.06.1996 (Bl.
42 d.A.) bat die Firma X um Reservierung der Domains X und X. Die Domain X wurde
für X registriert (vgl. Bl. 25 d.A.).
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Der Kläger, Jurastudent, beabsichtigt, unter seinem Namen im Internet ein
Informationsangebot zu juristischen Themen aufzubauen und verlangt von der
Beklagten, gegenüber der X auf die Domain X zu verzichten. Als Beklagten hat er in der
Klageschrift Herrn X angegeben. Mit Schriftsatz vom 15.12.2000 hat sich der
Prozessbevollmächtigte der Beklagten für die X GmbH & Co.KG bestellt und klargestellt,
dass es sich bei der Beklagten um eine juristische Person handele. Daraufhin
beantragte der Kläger, das Rubrum dahin zu ändern, dass die X GmbH & Co. KG
Beklagte sei.
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Die Parteien führten Vergleichsverhandlungen. Die dem Schreiben der Beklagten vom
08.01.2001 (vgl. Bl. 28 d.A.) beigefügte schriftliche Vereinbarung hat der Kläger nicht
unterschrieben. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung sollte der Kläger die Klage
zurücknehmen, und die Beklagte die streitige Domain freigeben. Darüber hinaus sollte
die Beklagte Gerichtskosten und Anwaltskosten in Höhe von 1.132,93 DM dem Kläger
erstatten. Der Kläger beantwortete das Schreiben der Beklagten vom 08.01.2001 dahin,
dass er dem Vorschlag einer außergerichtlichen vergleichsweisen Regelung
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grundsätzlich zustimme. Die ihm von der Beklagten zu 2/3 zu erstattenden
Rechtsanwaltskosten beliefen sich jedoch nicht auf 1.132,93 DM sondern auf 3.061,46
DM.
Der Kläger trägt vor, die Registrierung der Domain X durch die Beklagte, die diesen
Namen nicht führe, beinhalte eine Namensleugnung gemäß § 12 BGB.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der zuständigen Vergabestelle, der X
e.G., Frankfurt/Main, durch schriftliche Erklärung auf die Internet-Domain X
unverzüglich zu verzichten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, sie sei nicht passivlegitimiert. Die Klage sei auch unbegründet. In der
Verwendung der Domain X liege weder eine Namensleugnung noch eine
Namensanmaßung im Sinne des § 12 BGB. Sie habe sich auch die Domain X
registrieren lassen, weil die Schreibweise X ungewöhnlich und sprachlich von dem
Namen X nicht zu unterscheiden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Die Beklagte ist verpflichtet, die Domain X gegenüber der X freizugeben, § 12 BGB.
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Die Klage ist zulässig.
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Beklagt ist die X GmbH & Co. KG. Unschädlich ist, dass in der Klageschrift Herr X als
Beklagter angegeben worden ist. Zwar ist grundsätzlich dafür, wer Partei des
Rechtsstreits sein soll, die Bezeichnung in der Klageschrift maßgebend. Doch ist auch
diese auslegungsfähig. Dazu ist der Inhalt der Klageschrift selbst und auch das spätere
Vorbringen in dem Rechtsstreit heranzuziehen (vgl. Zöller, ZPO, 20. Aufl., vor § 50 Rdnr.
6). Entscheidend ist vor allem, wie der Prozessgegner die Bezeichnung des Klägers in
der Klage und sein Vorbringen hierzu zu verstehen hat. Danach ist nicht zweifelhaft,
dass die X GmbH & Co. KG Partei sein sollte. So hat nämlich die Beklagte selbst die
Bezeichnung X in der Klageschrift verstanden. Für die X GmbH & Co. KG haben sich
ihre Prozessbevollmächtigten bestellt und in dem Schriftsatz vom 15.12.2000
klargestellt, "dass es sich bei der Beklagten entgegen den Angaben in der Klageschrift
nicht um eine natürliche Person, sondern um eine juristische Person handelt". Die
daraufhin durch den Kläger beantragte "Änderung" des Passivrubrums ist als
berichtigende Parteibezeichnung zulässig (vgl. dazu Thomas-Putzo, ZPO, 18. Aufl.,
Vorbem. § 50 Rdnr. 4).
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Die Klage ist nicht mangels eines nicht ausreichend bestimmten Antrags unzulässig.
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Der gestellte Antrag ist ausreichend bestimmt.
Wenn auch die Beklagte vorliegend dazu verurteilt worden ist, die Domain X gegenüber
der X freizugeben – statt auf diese unverzüglich zu verzichten -, so handelt es sich dabei
nicht um das Zusprechen eines vom Kläger nicht beantragten alinds. Das Gericht ist an
den Wortlaut des gestellten Antrags nicht gebunden. Auch dieser ist gegebenenfalls
auszulegen. Erforderlich ist, dass die Urteilsformel dem Inhalt nach mit dem
Klageantrag, der ggfs. entsprechend dem Sachvortrag auszulegen ist, übereinstimmt
(Zöller, a.a.O., § 308 ZPO, Rdnr. 2). Nichts anderes beinhaltet die Verurteilung dazu, die
Domain freizugeben und den Zusatz "unverzüglich" als überflüssig nicht in den Tenor
aufzunehmen.
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Die Klage ist auch begründet.
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Die Verpflichtung der Beklagten zur Freigabe der Domain X folgt aus § 12 BGB.
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Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie ist Inhaberin dieser Domain.
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In dem Antrag bzw. der Anmeldung zur Reservierung der Domain X vom 25.06.1996 ist
eine Firma X als Antragstellerin bezeichnet worden. Wenn auch die Beklagte ihre
vollständige und korrekte Bezeichnung nicht angegeben hat, so war damit aber zu
erkennen, dass nicht eine natürliche Person, sondern die Firma X Domain-Inhaberin
sein sollte. Eine andere Firma als die der Beklagten gibt es unter der angegebenen
Adresse offensichtlich nicht. Somit war zu erkennen, dass die Beklagte die Domain für
sich registrieren lassen wollte. Sie selbst hat das auch so verstanden. Sie hat nämlich in
der Klageerwiderung vom 12.01.2000 vorgetragen: "Da die Schreibweise des Namens
X äußerstungewöhnlich und kaum gebräuchlich ist, hat die Beklagte entschieden, sich
für das Internet einen weiteren Wahlnamen zuzulegen und neben der Domain X auch
die Domain X anzumelden."
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Erst in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2001 hat sie sich darauf berufen, dass
sie nicht passivlegitimiert sei. Dies steht mit ihrem eigenen Vorbringen und vor allem mit
dem Inhalt der Anmeldung vom 25.06.1996 in Widerspruch. Es ist daher davon
auszugehen, dass die Beklagte Inhaberin der Domain X und somit passivlegitimiert ist.
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Nach § 12 BGB kann derjenige, dessen Recht zum Gebrauch seines Namens bestritten
wird, von demjenigen, der dieses Recht bestreitet, Beseitigung dieser Beeinträchtigung
verlangen.
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Indem die Beklagte die Domain X für sich registrieren ließ, nahm sie ein eigenes Recht
an dem Namen für sich in Anspruch. Eine Domain hat grundsätzlich Namensfunktion,
weil in der Wahl einer bestimmten Domain die Kennzeichnung der eigenen Person oder
eines bestimmten Unternehmens liegt (OLG Düsseldorf NJW-RR 99, 662 ff. - Ufa.de).
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Damit bestritt die Beklagte zugleich das Recht des Klägers an dem Namen X (vgl. dazu
Ingerl-Rohnke, MarkenR, Rdnr. 12 nach § 15). Denn sein Namensrecht beinhaltet auch,
sich unter dieser Bezeichnung im Internet zu präsentieren und Informationen
anzubieten. Dieses Recht des Klägers ist mit der Registrierung der Domain X für die
Beklagte blockiert. Die Beklagte hat sich damit ein Ausschlussrecht gegenüber dem
Kläger verschafft. In diesem liegt das Bestreiten, dass der Kläger - jedenfalls in einer
bestimmten Beziehung, und zwar den nationalen Teil des Internets betreffend - von
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seinem Namensrecht Gebrauch machen kann (vgl. dazu OLG Düsseldorf a.a.O.).
Der Beklagten selbst steht ein Namensrecht an der Bezeichnung X nicht zu. Denn ihr
Name schreibt sich anders. Die Tatsache, dass beide Namen klanglich identisch sind,
rechtfertigt den Ausschluss des Klägers von dem Gebrauch seines Namens mit der
Domain ,X nicht. Die Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Domain-Namen
erfordert, nur demjenigen das Recht, sich im Internet unter eine bestimmten
Bezeichnung zu präsentieren, zuzubilligen, der Träger dieses Namens ist.
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Dem Klagebegehren steht nicht ein etwa geschlossener Vergleich der Parteien
entgegen. Dieser ist nicht zustande gekommen. Zum einen hat die Beklagte mit der Bitte
um Unterschrift der ihrem Schreiben vom 08.01.2001 beigefügten Vereinbarung deutlich
gemacht, dass eine Einigung schriftlich erfolgen sollte. Der Kläger hat die Vereinbarung
jedoch nicht unterschrieben. Zum anderen ist eine Einigung der Parteien über die
Tragung von Rechtsanwaltsgebühren, über die eine Einigung nach dem Willen der
Parteien auch getroffen werden sollte, nicht zustande gekommen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
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Streitwert: 50.000,— DM, § 3 ZPO. Dieser Wert entspricht dem Interesse des Klägers an
der Bewertung der Domain.
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