Urteil des LG Düsseldorf vom 26.10.2007

LG Düsseldorf: firma, versicherer, anfechtung, auszahlung der versicherungsleistung, vertrag zugunsten dritter, treu und glauben, versicherungsvertrag, versicherungsnehmer, subunternehmer

Landgericht Düsseldorf, 39 O 114/06
Datum:
26.10.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
39 O 114/06
Rechtskraft:
nein
Tenor:
Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an
die
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx 3.161.400,25 € nebst Zinsen in Höhe von 2
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 26.09.2006 bis 12.12.2006
und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
13.12.2006 zu zahlen.
Die Beklagte zu 3. wird verurteilt, an die xxxxxxxxxxxxx 1.354.885,82 €
nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
vom 26.09.2006 bis 19.03.2007 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2007 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gegenüber der xxxxxxxxx zur
Regulierung bis zur Höhe der vorstehend ausgeführten Beträge sowie
ggf. der weiteren in diesem Rechtsstreit ausgeurteilten Beträge im Falle
der Unmöglichkeit einer vollständigen Befriedigung aus den
Versicherungsverträgen xxxxxxxx oder xxxxxxxxxxxxx aus dem
Versicherungsvertrag xxxxxx verpflichtet sind.
Im übrigen ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten als Versicherer aus abgetretenem Recht wegen
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Verlusten infolge Unterschlagung bei Geldtransporten der von ihr als Subunternehmer
eingesetzten Firma xxxxxxxxxxxxxxxxxx in Anspruch.
Die klagende Aktiengesellschaft ist ein Verbund konkurrierender
Werttransportunternehmer, deren Aktionäre die Mitgliedsunternehmen, unter anderem
die Firma xxxxxxxx sind. Die Klägerin bietet Geldtransporte an und setzt zur
Durchführung ihre Mitgliedsunternehmen als Subunternehmen ein.
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Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin der Versicherungsverträge xxxxxxx vom
xxxxxxx und xxxxxxxxxx vom xxxxxxxxxx die Firma xxxxxxx Versicherungsnehmerin des
Vertrages xxxxxxxxx. Die Versicherer waren in den Verträgen xxxxxx und xxxx auf Seite
1 jeweils wie folgt bezeichnet:
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"Führender Versicherer: 70 % xxxxxxxxxxxx ....
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Beteiligter Versicherer: 30 % xxxxxxxxxxxxxx"
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Mit dem Vertrag xxxxxxxx erhielt die Klägerin das Zertifikat der xxxxxx Versicherer
xxxxxxxxxxxxx das auszugsweise wie folgt lautet:
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"Hiermit wird bestätigt, dass für Rechnung des Versicherungsnehmers ein
Versicherungsvertrag ... mit den am Vertrag ... beteiligten xxxxxxxx Versicherern
abgeschlossen wurde."
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Als Versicherungsnehmer war die Klägerin angegeben.
9
Im Vertrag xxxxxxx lautete die Bezeichnung der Versicherer:
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"Führender Versicherer xxxxxxxxxxxxxx 80 %
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Beteiligter Versicherer xxxxxxxxxxxxxxx 20 % as per certificate ......."
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Gegenstand der Versicherungen xxxxxxx und xxxxxxx waren gemäß Ziffer 2.1 und 2.1.1
der Verträge alle Sachen, die dem Versicherungsnehmer übergeben oder von ihm
übernommen, befördert, bearbeitet oder verwahrt werden. Der Versicherungsschutz
umfasste nach Ziffer 3.1 ff unter anderem Transporte, Bearbeitung und Verwahrung,
Schäden durch Veruntreuung, Unterschlagung oder Diebstahl durch den
Versicherungsnehmer oder die von ihm beauftragten anderen Unternehmen, Schäden
im Gewahrsam von Subunternehmern und Schäden durch Fehlbuchungen oder
strafbare Handlungen von Mitarbeitern beim Geldtransfer.
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Weiter enthielt der Vertrag auszugsweise folgende Regelung:
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"9.3.3 Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an den
Auftraggeber des Versicherungsnehmers erfolgen. .. Jede Zahlung wird ohne
Abzug des vereinbarten Selbsthalts geleistet, der von den Versicherern vom
Versicherungsnehmer eingezogen wird.
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Den Entschädigungsansprüchen der Auftraggeber können Einwendungen, gleich
welcher Art, aus dem Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer
und dem Versicherer bis zu einem Betrag in Höhe von EURO 10.000.000,00 je
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Schadenfall und für alle Auftraggeber zusammen nicht entgegengehalten werden.
Das gilt insbesondere für die Berufung auf Leistungsfreiheit, auf mangelnde
Haftung des Versicherungsnehmers und Nichtzahlung der Prämie.
15.4 Im Falle eines Prozesses wird der Versicherungsnehmer nur gegen den
führenden Versicherer bezüglich dessen Anteils Klage erheben, sofern nicht zum
Zwecke des Erreichens von Streitwertgrenzen für Rechtsmittel eine Ausdehnung
des Rechtsstreits auf die beteiligten Versicherer erforderlich ist. Die Mitversicherer
erkennen die gegen den führenden Versicherer ergehende Entscheidung als auch
für sie verbindlich an."
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Die Firma xxxxxx war mitversichertes Unternehmen des
Gruppenversicherungsvertrages xxxxxxx und Versicherungsnehmerin des Vertrages
xxxxxx.
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Der Vertrag xxxxxxx enthielt, soweit hier von Interesse, u.a. folgende Regelung:
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"Eine Entschädigungsleistung aus dem Versicherungsvertrag xxxxxxx erfolgt
nur, soweit die Versicherungsverträge ... durch den geschädigten Auftraggeber
in Anspruch genommen wurden und eine vollständige Befriedigung des
Anspruchs aus diesen beiden Verträgen unmöglich ist.
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Erfolgt eine Entschädigungsleistung aus den beiden genannten Verträgen nur
deshalb nicht, weil bedingungsgemäß keine Deckung für den Anspruch des
Geschädigten besteht, erfolgt auch aus dem Vertrag xxxxxxxx keine Leistung".
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Mindestens 2 der drei Geschäftsführer der Firma xxxxxx unterschlugen seit mehreren
Jahren einen Teil der transportierten Gelder und verschleierten dies, indem die
Fehlbeträge durch Gelder aus den nachfolgenden Abholungen bei anderen Kunden
ausgeglichen wurden, was wiederum durch die Gelder aus späteren Abholungen
ausgeglichen wurde. Ob und seit wann der dritte Geschäftsführer der Firma xxxxxx
xxxxxxx hierüber informiert war, ist streitig. xxxxxxx war zur Zeit der Verluste, die
Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, und zur Zeit des Abschlusses der
Versicherungsverträge nicht nur Geschäftsführer der Firma xxxxxx, sondern auch einer
von mehreren Vorstandsmitgliedern der Klägerin.
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Am xxxxxxx fand in den Filialen der Firma xxxxxx eine von der Beklagten zu 1)
veranlasste Prüfung statt, die zur Aufdeckung der zweckwidrigen Verwendung von zum
Transport übergebenen Geldern führte. Die Geschäftsführer der Firma xxxxxx wurden in
der Folgezeit in Untersuchungshaft genommen und sind zwischenzeitlich zu
Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Beklagten, die als Versicherer wegen der Verluste
in Anspruch genommen wurden, erklärten zwischenzeitlich die Anfechtung aller
Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, ihnen sei bei
Abschluss der Versicherungsverträge die zweckwidrige Verwendung der Gelder
verschwiegen worden. Erstmals teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit Schreiben vom
xxxxxxxx mit, dass der Versicherungsvertrag mit der Firma xxxxxxxx angefochten
worden sei. Die Streithelferin meldete der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom xxxxxxx
Ansprüche in Höhe von vorläufig 4.115.633,00 zur Regulierung an (Bl. 265 d.A.). Mit
Schreiben vom 12.09.2006 (Bl. 267 d.A.) bezifferte sie den Schaden auf 4.584.205,29 €.
Die Beklagte zu 1. beauftragte die xxxxxxxx GmbH mit Schreiben vom xxxxxxx mit der
Erstellung eines Schadensgutachtens der Höhe nach und wies darauf hin, dass die
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Feststellung dem Grunde nach nicht Gegenstand des Auftrages war und der
Einschaltung eine präjudizielle Wirkung nicht beizumessen war (Bl. 263 d.A.). Die Firma
xxxxxxx forderte von der Streithelferin mit Schreiben vom xxxxxx (Bl. 264 d.A.) unter
Hinweis darauf, dass ihrer Einschaltung eine präjudizielle Wirkung nicht beizumessen
war, Belege an. Die Streithelferin übersandte mit Schreiben vom xxxxxx (Bl. 269 d.A.)
Unterlagen.
Die Beklagten zu 2. und 3. werden wegen Verlusten bei Transporten durch die Firma
xxxxxxxxxx von der xxxxxxxxxxxxxxxx und der xxxxxxxxxxxxxxxxx vor dem Landgericht
xxxxxx auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die
zu den Akten gereichten Kopien der Klagen (Anlagen B 37, B 38) Bezug genommen.
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Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht der Streithelferin, der die Kunden, die der
Firma xxxxxxx als Subunternehmerin der Klägerin Gelder übergeben haben, ihre
Ansprüche abgetreten haben, Ersatz nicht abgelieferter Kundengelder aus dem
sogenannten xxxxxxx-Verfahren. Dazu behaupten sie und die Streithelferin, diesem
Verfahren lägen Verträge zwischen der Klägerin, der Streithelferin und den
gemeinsamen Kunden zugrunde, wonach die Klägerin bzw. der von ihr eingesetzte
Subunternehmer das Bargeld bei den Kunden abhole, zähle, die Gelder mit Zugang des
Zählprotokolls in das Eigentum der Streithelferin übergingen und vom Subunternehmer
der Klägerin im Auftrag der Streithelferin zur Bundesbank transportiert und auf das
Konto der Streithelferin eingezahlt würden, die die Gelder an die Kunden überweise.
Wegen der einzelnen Kunden wird auf S. 5/6 des Klägerschriftsatzes vom xxxxx (Bl. 407
ff. d.A.) und wegen der Einzelheiten zu den Rechtsbeziehungen auf den Vertrag
zwischen der Klägerin und der Streithelferin vom xxxxxx (K 3) verwiesen. Dieses
Verfahren sei der Beklagten bekannt gewesen und nicht von ihr beanstandet worden.
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Zum geltend gemachten Schaden trägt die Klägerin vor: Bei einem Bargeldtransport am
xxxxxx habe die Firma xxxxxxxx von den vorerwähnten Kunden Bargeld in einem Wert
von 7.408.860,00 € in Empfang genommen, auf das Bundesbankkonto der Streithelferin
jedoch nur einen Betrag in Höhe von 4.799.835,00 € eingezahlt, woraus sich ein
Fehlbetrag in Höhe von 2.609.025,00 € ergebe. Bei einem Geldtransport am 30.08.2006
habe die Firma xxxxxx Bargeld in Höhe von 4.490.945,00 € in Empfang genommen und
auf das Bundesbankkonto der Streithelferin lediglich 2.563.870,00 € eingezahlt, so dass
eine Differenz in Höhe von 1.927.075,00 € verblieben sei. Zwischen dem 28.08. und
31.08.2006 sei ein Fehlbetrag in Höhe von 48.105,29 € entstanden, weil die Fa. xxxxxxx
der Kunden xxxxxxxx und xxxxxx im Juni 2006 unvollständig erfasst habe, dies im
August aufgefallen sei und die Gelder nicht eingezahlt worden seien. Wegen der von
den einzelnen Kunden übergebenen Beträgen wird auf S. 5 ff. des Schriftsatzes vom
27.07.2007 (Bl. 407 ff. d.A.) sowie die Anlagen K 35 bis K 147 verwiesen.
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Die Streithelferin habe die in den Zählprotokollen ausgewiesenen Beträge ihren
Kunden gutgebracht, wozu sie nach den Verträgen mit ihren Kunden verpflichtet
gewesen sei.
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Die Anfechtung der mit der Klägerin bestehenden Verträge xxxxxx und xxxxxx greife
nicht durch. xxxxx habe erst nach Vertragsschluss Kenntnis von der zweckwidrigen
Verwendung der Gelder erlangt. Außerdem sei eine etwaige Kenntnis von ihm zur Zeit
des Vertragesschlusses der Klägerin nicht zuzurechnen, weil er trotz seiner Stellung als
Vorstandsmitglied der Klägerin lediglich Interessenvertreter der Mitgliedsunternehmen
gewesen und nie für die Klägerin tätig geworden sei. Schließlich habe der
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Geschäftsführer der Beklagten zu 1. seit Oktober 2005 Kenntnis der zweckwidrigen
Verwendung von Geldern bei der Firma xxxxxxx gehabt. Wegen der Einzelheiten wird
auf die S. 20 ff. des Klägerschriftsatzes vom xxxxxx (Bl. 221 ff. d.A.) verwiesen. Den für
die Klägerin handelnden Vorstandsmitgliedern sei nicht bekannt gewesen, dass die
Firma xxxxxx Gelder geschoben habe; soweit es zu Verzögerungen bei der Einzahlung
und zu Zinsforderungen der Kunden gekommen sei, habe sich herausgestellt, dass die
Reklamationen unberechtigt oder mit Abläufen des Tagesgeschäfts wie Eintreffen nach
Bankschluss usw. zu erklären gewesen seien.
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus den Versicherungsverträgen und aus unerlaubter
Handlung in Anspruch. Die Beklagte zu 1. sei neben dem Beklagten zu 2. Versicherer
gewesen; sie habe nie zum Ausdruck gebracht, dass sie als Vertreter der Beklagten zu
2. aufgetreten sei. Hinsichtlich der Beklagten zu 3. sei sie – die Klägerin – an Ziff. 15.4
der Versicherungsverträge nicht gebunden, weil die Beklagten die Verträge angefochten
hätten. Der Vertrag xxxxxxxx sei als Auffangvertrag konzipiert und greife ein, wenn die
vollständige Befriedigung aus den beiden anderen Verträgen nicht möglich sei. Da der
Beklagten zu 1. bekannt gewesen sei, dass Gelder zweckwidrig verwendet worden
seien, hätte sie die Klägerin hierüber informieren müssen. Die vor dem Landgericht
xxxxxx anhängigen Klagen beträfen nicht die streitgegenständlichen Verluste.
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Die Klägerin hat zur Geltendmachung der Ansprüche gegen die xxxxxx Versicherer
zunächst Klage erhoben gegen "xxxxxxxxxx, Niederlassung für xxxxxxx, vertreten durch
den Hauptbevollmächtigten, xxxxxxxxx ...", die mit dieser Adressierung zugestellt wurde.
Nachdem sie im Schriftsatz vom 01.06.2007 "klargestellt" hat, dass sich die Klage
gegen den Beklagten zu 2. richtet, hat das Gericht die Klage "vorsorglich" an den
Beklagten zu 2. zugestellt.
30
Die Klägerin und die Streithelferin beantragen nach Erweiterung und Umformulierung
der Anträge zuletzt,
31
1.
32
die Beklagten zu 1. und zu 2. zu verurteilen, an die xxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx,
als Gesamtschuldner 3.208.943,70 € nebst Zinsen in Höhe von 2
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.09.2006 und in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (13.12.2006) zu
zahlen;
33
2.
34
die Beklagte zu 3. zu verurteilen, an die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx,
1.375.261,59 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem 26.09.2006 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (20.03.2007) zu zahlen;
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2. a )
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hilfsweise:
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festzustellen, dass der Versicherungsvertrag xxxxxxx nicht wirksam angefochten
wurde und die Beklagte zu 3. daraus Versicherungsschutz zu gewähren hat;
38
3.
39
festzustellen, dass die Beklagten im Falle der Unmöglichkeit einer vollständigen
Befriedigung aus den Versicherungsverträgen xxxxxx oder xxxx xxxxxx
gegenüber der Streithelferin aus dem Versicherungsvertrag xxxxxxxxxxx zur
Regulierung verpflichtet sind.
40
Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
42
Die Beklagten bestreiten die Abtretungen, auf die die Klägerin ihre Aktivlegitimation
stützt und berufen sich auf die Anfechtung aller Versicherungsverträge. Dazu behaupten
sie, das Vorstandsmitglied der Klägerin xxxxxxxxxxxxx habe seit 2003 von der
zweckwidrigen Verwendung der Kundengelder gewusst. Außerdem sei auch den
anderen Vorstandsmitgliedern der Klägerin die zweckwidrige Verwendung bekannt
gewesen, denn sie hätten Kenntnis von der verspäteten Einzahlung von
Kundengeldern, die auf die fortgesetzte Zweckentfremdung hindeuteten, gehabt.
Dagegen sei den Beklagten, insbesondere der Beklagten zu 1. die Veruntreuung bis zur
Untersuchung am xxxxx nicht bekannt gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 20
ff. des Beklagtenschriftsatzes vom 04.07.2007 (Bl. 346 ff. d.A.) verwiesen. Außerdem
machen die Beklagten geltend, die Berufung auf die Anfechtung sei nicht gemäß Ziff.
9.3.3 des Vertrages ausgeschlossen.
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Weiterhin machen die Beklagten geltend: Die Beklagte zu 1. sei nicht Versicherer,
sondern lediglich Zeichnungsstelle der xxxxxxxxxxxxxxxx Ltd. und habe die
Versicherungsverträge im Namen der xxxxxxxxxxxxx Versicherer xxxxx xxxxx
abgeschlossen. Der Beklagte zu 2. sei nicht ordnungsgemäß verklagt worden, weil die
Klage zunächst nicht an ihn, sondern an die xxxxxxxxxxxxx, gerichtet und zugestellt
worden sei. Hinsichtlich der Beklagten zu 3. bestehe gemäß Ziff. 15.4 der
Versicherungsverträge ein Pactum de non petendo. Dasselbe gelte für die Beklagten zu
1. und 2. hinsichtlich der Ansprüche aus dem Vertrag xxxxxxx.
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Die Beklagten bestreiten den Abschluss von Verträgen für das xxxxxxx sowie, dass die
Verluste nach einem etwaigen Eigentumsübergang auf die Streithelferin eingetreten
seien. Die Streithelferin habe keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, weil sie
nicht Auftraggeber der Klägerin sei. Leistungsberechtigt seien nur diejenigen
Auftraggeber der Klägerin, die die Gelder an die Klägerin bzw. ihren Subunternehmer
übergeben hätten. Diese Auftraggeber, insbesondere die xxxxxxxx. und die xxxxxxxxxxx
hätten inzwischen Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) erhoben. Das xxxxxxxx
Verfahren sei nicht vom Versicherungsschutz gedeckt. Die Beklagten hätten von diesem
Verfahren keine Kenntnis gehabt und hätten sich damit nicht einverstanden erklärt, weil
durch das Verfahren die Gefahr begründet worden sei, dass sie von der Streithelferin
und von ihren Auftraggebern in Anspruch genommen würden.
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Zum geltend gemachten Schaden bestreiten die Beklagten, dass die Gelder an das
Transportunternehmen übergeben worden seien und machen geltend, die Schäden
seien nicht belegt. Die Fa. xxxxxxx habe im fraglichen Zeitraum auf den
Auszählungsbetrag von ca. 19,7 Mio. € 38,9 Mio. € überwiesen, so dass keine
Fehlbeträge, sondern eine Überzahlung vorliege. Darüber hinaus sei die
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Schadensaufstellung der Klägerin fehlerhaft. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 7 ff.
des Beklagtenschriftsatzes vom 17.09.2007 (Bl. 445 ff. d.A.) verwiesen. Jedenfalls habe
die Streithelferin die Schäden vermeiden können, wenn sie die Beträge erst nach
Einzahlung und Gutschrift auf ihrem Konto überwiesen hätte.
Die Deckungssumme sei überschritten, weil den Beklagten Ansprüche in Höhe von 38,2
Mio. € gemeldet worden seien; nach neusten Erkenntnissen belaufe sich der Schaden
auf 23,5 Mio. €. Jedenfalls sei ihre Haftung auf 10 Mio. € beschränkt. Schließlich sei der
Versicherungsfall bereits vor Versicherungsbeginn entstanden, weil er Folge der
unberechtigten Entnahme von Geldern seit 2001 sei. Die handelnden Vertreter der
Firma xxxxxx hätten mit Gesamtvorsatz gehandelt.
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Außerdem falle der Klägerin und der Streithelferin ein Mitverschulden zur Last. Dem
Vorstand der Klägerin und der Streithelferin sei die verzögerte Einzahlung von Geldern
bekannt gewesen. Sie hätten die Beklagten hierüber informieren müssen und selbst von
ihrem Prüfungsrecht Gebrauch machen müssen. Es sei unverständlich, weshalb die
Klägerin und die Streithelferin am 30. und 31. August 2006 noch Geld in den
Verfügungsbereich der Firma xxxxxx habe gelangen lassen, nachdem bereits gegen
Mittag des 30. August in der Presse über die Vorgänge berichtet worden sei. Die
Streithelferin sei ihren Kontrollpflichten nach § 25 a KWG nicht nachgekommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die vorstehend erwähnten
Verträge und sonstigen Unterlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und dem Grunde vollständig sowie der Höhe nach überwiegend
entscheidungsreif. Die Kammer hat von der Möglichkeit, ein Grund- und Teilurteil zu
erlassen (§§ 301, 304), Gebrauch gemacht.
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A. Die Klage ist zulässig.
52
I. Die Klage ist gegen den im Rubrum bezeichneten Beklagten zu 2. ordnungsgemäß
erhoben und zugestellt worden. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin im
klageerweiternden Schriftsatz vom 02.03.2007 (Bl. 107 d.A.) als Beklagte zu 2) die
"xxxxxxxxxxxxxxx" als Beklagte bezeichnet hat, obwohl die Ansprüche gemäß § 110 b
Abs. 2 VAG nur gegen den Hauptbevollmächtigten, also den Beklagten zu 2. geltend
gemacht werden können. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist spätestens durch die
Zustellung des Schriftsatzes vom 01.06.2007 (Bl. 202 d.A.) erhoben worden. In diesem
Schriftsatz hat die Klägerin nämlich ausdrücklich klargestellt, dass der Beklagte zu 2.
verklagt werden soll und das Rubrum entsprechend neu gefasst.
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Dieser Schriftsatz enthält auf Seiten der xxxxxxxxxxx keinen unzulässigen
Parteiwechsel, denn bereits die Klageerweiterung vom 02.03.2007 hat sich ungeachtet
der abweichenden Formulierung gegen den jetzigen Beklagten zu 2. gerichtet. Bei
unrichtiger Parteibezeichnung ist nämlich die Person als Partei anzusehen, die
erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO,
25. Aufl., Rdnr. 7 vor § 50). Die Klage war ersichtlich an die Person gerichtet, der Klagen
gegen die Versicherung xxxxxxxxxxxx zuzustellen ist, denn nur auf diese Weise konnte
die Klägerin ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen. Bei der
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Angabe der genauen Bezeichnung war den Bevollmächtigten der Klägerin ersichtlich
die im deutschen Recht eher ungewöhnliche Regelung des § 110 d Abs. 2 VAG
unbekannt. Der Beklagte zu 2. konnte nicht ernsthaft im Zweifel darüber sein, dass sich
die Klage gegen ihn als nach § 110 b Abs. 2 zu verklagende Person richtete. Da die
Klage ihm als Vertreter zugestellt worden war, war er auch von Anfang an informiert.
II. Die Klage gegen die Beklagte zu 3. bei den Anträgen zu 1. und 2. und gegen die
Beklagten zu 1. und 2. beim Antrag 3. ist nicht wegen Verstoßes gegen Ziff. 15.4 der
Versicherungsverträge unzulässig. Danach ist die Klage zwar nur gegen den führenden
Versicherer zu richten, d. h. gegen den Beklagten zu 2. und gegebenenfalls die
Beklagte zu 1. bezüglich der Anträge 1. und 2. und gegen die Beklagte zu 3. hinsichtlich
des Antrages 3.
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Auf diese Klausel können sich die Beklagten jedoch nach dem im Prozessrecht
geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht mehr berufen, nachdem sie die
maßgeblichen Versicherungsverträge angefochten haben, unabhängig davon, ob die
Anfechtung durchgreift. Sie verhalten sich widersprüchlich, wenn sie einerseits die
Vernichtung der Verträge gelten machen, soweit sie für sie nachteilig sind und
andererseits Vorteile aus der vertraglichen Regelung ableiten wollen. Der Klägerin ist
nicht zumutbar, dass Risiko einzugehen, dass die jeweils durch Ziff. 15.4 begünstigten
Versicherer im Falle einer Titulierung des Anspruchs gegen den jeweiligen
Führungsversicherer einwenden, sie seien an die Entscheidung nicht gebunden, weil
der Vertrag wirksam angefochten worden sei.
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B. Die Klage ist dem Grunde nach vollständig und der Höhe nach überwiegend
entscheidungsreif. Wegen einiger Schadenspositionen bedarf es noch einer weiteren
Aufklärung.
57
I. Anträge 1. und 2.
58
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht der Streithelferin und der gemeinsamen
Kunden des xxxxxxxxxx gemäß den Anlagen zum Schriftsatz vom 27.07.2007 gegen die
Beklagten zu 1. bis 3. einen Anspruch auf Ersatz der Verluste bei den Geldtransporten
von Ende xxxxxxx aus den Versicherungsverträgen xxxxxxx und xxxxxxx.
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1. Die Parteien sind aktiv- und passivlegitimiert.
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a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert und Inhaberin der Ansprüche der Streithelferin und der
gemeinsamen Kunden aus den genannten Versicherungsverträgen. Die Streithelferin
hat ihre Ansprüche gegen die Beklagten gemäß der Abtretungserklärung vom
26.02.2007 (Bl. 121 d.A.) in Höhe der ursprünglichen Klageforderung und mit Schriftsatz
vom 01.06.2007 (Bl. 240 d.A.) in Höhe des Restbetrages an die Klägerin abgetreten.
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Die gemeinsamen Kunden, die die transportierten Gelder an die Firma xxxxxxx zur
Bearbeitung im xxxxxxxxxVerfahren übergeben haben, haben ihre Ansprüche gemäß
den als Anlagen zum Schriftsatz vom 27.07.2007 vorgelegten Abtretungserklärungen an
die Streithelferin abgetreten. Die Abtretungserklärungen der Kunden sind hinreichend
bestimmt, weil die jeweils abgetretenen Beträge und die Buchungstage angegeben
wurden. Aus den Abtretungserklärungen ergibt sich auch, dass die betreffenden Beträge
Gegenstand des sogenannten xxxxxxxx Verfahrens waren, mithin der Klägerin bzw.
ihrem Subunternehmer zum Transport und zur Weiterbearbeitung durch die
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Streithelferin übergeben wurden.
b) Die Beklagten sind aus den erwähnten Versicherungsverträgen verpflichtet.
Hinsichtlich der Beklagten zu 2. und 3. ist unstreitig, dass der Beklagte zu 2. bzw. die
xxxxxxxxxxx Führungsversicherer mit 70 % und die Beklagte zu 3. weiterer beteiligter
Versicherer mit 30 % war. Die Beklagte zu 1. ist zusammen mit dem Beklagten zu 2.
Führungsversicherer zu 70 %. Es mag zwar sein, dass sie im Namen des Beklagten zu
2. bzw. der xxxxxxxxxxxxxx handeln wollte. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil sie
diesen Willen nicht für die Vertragspartner, hier also die Klägerin und die Firma
xxxxxxxx erkennbar geäußert hat (§ 164 Abs. 2 BGB).
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Die Beklagte ist in den Verträgen als führender Versicherer bezeichnet, wobei sie bei
ihrer Unterschrift lediglich "as per certificate ..." hinzugesetzt hat. Damit hat sie nicht
klargestellt, dass sie im Namen der xxxxxxxxxx aufgetreten ist. Bei der Ermittlung des
Erklärungswertes ist zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten gewählte
Vorgehensweise, als Zeichnungsstelle aufzutreten, ohne Versicherer zu sein und den
Versicherer im Versicherungsvertrag nicht zu nennen hier ungewöhnlich ist und sie
deshalb nicht damit rechnen konnte, dass jeder Vertragspartner ihr Verhalten richtig
deutet. Der Zusatz "as per certificate" kann aus Sicht eines mit den Besonderheiten
nicht vertrauten Vertragspartners auch dahin gedeutet werden, dass die Beklagte zu 1.
zur Abdeckung ihrer Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag, mithin zur xxxxxxxx
als "Rückversicherung" abgeschlossen hat oder dass sie ihre Haftung auf den Umfang
der "Rückversicherung" beschränken wollte. Dass die Vorgehensweise der Beklagten
in Deutschland nicht ohne weiteres richtig eingeordnet wurde zeigt sich auch am
Schreiben des Versicherungsmaklers xxxxxx vom 05.09.2006 (Anlage TW 5 zur Anlage
B 37), in dem der Versicherungsmakler auf die Anfrage eines Geschädigten die
Beklagte zu 1. als Versicherer benannte.
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Im Übrigen ergibt sich aus dem gesamten Schriftwechsel, dass die Beklagte zu 1. ihre
Stellung als Vertreter der xxxxxxxx zu keinem Zeitpunkt offengelegt hat. In der Mail vom
30.12.2004 (K 18) bestätigte sie, dass sie Führungsversicherer zu 70 % werden wollte.
Sie ließ zu, dass sie in den an die Kunden versandten Versicherungsbestätigungen
(Anlagen K 23 – K 28) als Führungsversicherer ohne Hinweis auf die xxxxxxxxxx
bezeichnet wurde. Der Inhalt dieser Versicherungsbestätigungen war ihr auch bekannt,
weil zumindest die drei Bestätigungen gegenüber der xxxxxxx (K 26 – K 28 zu den
Verträgen 100-03, 100-05 und 100-14) vom Geschäftsführer der Beklagten zu 1. mit dem
Stempel der Beklagten zu 1. ohne Hinweis auf die xxxxxx unterschrieben worden
waren. Das Muster der Versicherungsbestätigung (Anlage K 23) wurde ebenfalls von
der Beklagten zu 1. unterzeichnet. In der unter dem Kopf der Beklagten zu 1.
formulierten Vereinbarung zur Prämienstundung vom 06.09.2005 sind auf Seiten der
Versicherer lediglich die Beklagten zu 1. und 3. genannt (K 29). Die Schreiben vom
29.08.2006 und 31.08.2006, in denen die Beklagte zu 1. die Kunden der Firma xxxxx
über die Anfechtung informierte (K 13, K 14), ließen nach der Formulierung nur den
Schluss zu, dass die Beklagte zu 1. einer der beteiligten Versicherer war und
schlechterdings nicht erkennen, dass sie im Namen eines der Versicherer handelte. Im
Schreiben vom 05.10.2006 (Bl. 259 d.A.) teilte die Beklagte zu 1. den Kunden der
Klägerin, u.a. der Streithelferin mit, der Vertrag xxxxx bestehe "unter Führung der xxxxx
und Beteiligung der xxxxxxxxxx ". Bis zur Klageerwiderung hatte damit die Beklagte zu
1. nicht einmal ansatzweise zu erkennen gegeben, dass sie nicht Partei des
Versicherungsvertrages, sondern lediglich Vertreter des Führungsversicherers war.
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2. Die Beklagten zu 1. und 2. haften den Auftraggebern der Klägerin für den Schaden
aus der Unterschlagung des transportierten Geldes von Ende August 2006 zu 70 % als
Gesamtschuldner, die Beklagte zu 3. zu 30 %. Die Auftraggeber der Klägerin, deren
Rechte die Klägerin nach den Abtretungen einklagt, haben nach Ziff. 9.3.3 der
Versicherungsverträge einen Anspruch gegen die Beklagten auf Auszahlung der
Versicherungsleistung an sich, weil die eingetretenen Verluste vom
Versicherungsschutz umfasst sind.
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a) Die Verluste fallen in zeitlicher Hinsicht unter den Deckungsschutz. Die
Versicherungen xxxxxx und xxxxxx bestand gemäß den Versicherungsverträgen vom
xxxx bis zum xxxxx. Die Verluste sind Ende August 2006 und mithin innerhalb der
versicherten Zeit eingetreten. Es ist unerheblich, dass die Unterschlagungen vom
August 2006 letztlich zur Abdeckung der seit 2001 begonnenen Unterschlagungen
dienten. Dies führt nicht dazu, dass der Versicherungsfall nach den Grundsätzen eines
sogenannten gedehnten Schadens bereits im Jahr 2001 eingetreten ist.
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Gegenstand der Versicherung waren nämlich die konkreten Sachen, d. h. die in den
Safebags enthaltenen Münzen und Geldscheine, die dem Subunternehmer der Klägerin
zum Transport übergeben worden sind. Denn nach Ziff. 2. 1 und 2.1.1 war Gegenstand
der Versicherung alle Sachen, die der Klägerin oder ihrer Subunternehmerin übergeben
oder von ihr übernommen, befördert, bearbeitet oder verwahrt wurden. Der Umstand,
dass die Gelder zur Verschleierung früherer Unterschlagungen genutzt wurden, mag ein
Motiv für die Zweckentfremdung gewesen sein, ist aber ohne Einfluss auf den
Versicherungsschutz. Soweit der BGH entschieden hat, dass ein einheitlicher
Schadensfall vorliegt, wenn ein Mitarbeiter aufgrund eines einheitlichen
Willensentschlusses zahlreiche Einzelverfügungen zu Lasten der Sparkasse trifft, um
das Geld für Spekulationsgeschäfte zu verwenden (BGH VersR 1991, 417 ff.), betrifft die
Entscheidung die Auslegung des Begriffs "Schadensfall" in einer
Versicherungsbedingung, wonach die Versicherungsnehmerin bei jedem Schadensfall
einen Selbstbehalt zu tragen hatte und die Tat in 56 Einzelakten über 8 Kundenkonten
bestand. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Die Übertragung
der Erwägungen scheitert schon daran, dass Gegenstand der vorliegenden
Versicherung konkrete Sachen sind und kein allgemeiner Vermögensschaden vorliegt.
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b) Der Verlust der in den Safebags übergebenen Gelder stellt einen Versicherungsfall
dar. Die in den Safebags übergebenen Zahlungsmittel sind Sachen, die der Klägerin
bzw. ihrer Subunternehmerin xxxxx zum Transport übergeben worden waren. Ob die
Gelder zur Zeit des Verlustes schon im Eigentum der Streithelferin oder noch im
Eigentum der gemeinsamen Kunden der Klägerin und der Streithelferin waren, kann
dahingestellt bleiben, weil die Kunden ihre Ansprüche an die Streithelferin abgetreten
haben. Die Gelder standen gemäß § 2 Abs. 4 der 3-seitigen Verträge zwischen der
Klägerin, der Streithelferin und den Kunden bis zum Zugang der Zählungsprotokolle bei
der Streithelferin im Eigentum der Kunden und danach im Eigentum der Streithelferin.
Da die Subunternehmerin der Klägerin die Gelder von den Kunden abholte und nach
der Zählung zur Bundesbank transportierte, transportierte und bearbeitete sie die Gelder
bis zum Eingang der Zählprotokolle im Auftrag der Kunden und nach Eingang der
Zählprotokolle im Auftrag der Streithelferin.
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Dass die Gelder, um die es hier geht, Gegenstand des xxxxxx Verfahrens waren, hat die
Klägerin durch die als Anlage zum Schriftsatz vom 27.07.2007 vorgelegten Verträge
belegt. Das xxxxxx Verfahren war vom Versicherungsschutz umfasst, weil sein
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Gegenstand Sachen und Gelder waren, die wie in Ziff. 2.1 und 2.1.1 der Verträge
vorgesehen war, von der Klägerin bzw. ihrem Subunternehmer transportiert und
bearbeitet wurden.
Die Beklagten sind nicht nach §§ 16, 17, 23 VVG wegen Verletzung von
Anzeigepflichten von der Pflicht zur Leistung frei geworden. Nach § 16 hat der
Versicherungsnehmer bei Vertragschluss alle ihm bekannte Umstände, die für die
Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Nach § 23 sind
entsprechende Umstände, die nach Vertragsschluss eintreten, anzuzeigen. Das xxxxxx
-Verfahren führt nicht zu einer Gefahrerhöhung im Sinne dieser Vorschriften. Die Gefahr
des Verlustes der transportierten Gelder, die versichert war, wurde durch das Verfahren
nicht tangiert; es bestand allenfalls die Möglichkeit, dass die Beklagten von der
Streithelferin und ihren Auftraggebern doppelt in Anspruch genommen wurden. Damit
wurde jedoch nicht das versicherte Risiko des Geldverlustes, sondern allenfalls der
Prüfungsaufwand der Beklagten erhöht. Da die Gelder durch die Zählprotokolle ohne
weiteres zugeordnet und eine doppelte Inanspruchnahme dadurch aufgedeckt werden
konnte, kann nicht unterstellt werden, dass die Kunden, die ihre Gelder von der
Streithelferin erhalten hatte, dennoch die Beklagten in Anspruch nahmen. Ob das
xxxxxx dem von den Beklagten beauftragten Sachverständigen im Zusammenhang mit
der im Gutachten vom 02.12.2005 (K 33) niedergelegten Prüfung bekannt geworden ist,
indem ihm der Vertrag hinsichtlich des xxxxxVerfahrens vorgelegt wurde, wie die
Klägerin behauptet oder ob ihm lediglich ein "normaler" Transportvertrag vorgelegt
wurde, kann daher dahin stehen.
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c) Die Übergabe der Gelder an die Firma xxxx ist durch die Zählmaschinendateien, die
die Klägerin als Anlagen zum Schriftsatz vom 27.07.2007 vorgelegt hat, belegt. In den
Dateien sind die jeweiligen Safebagnummern angegeben, so dass die einzelnen
Safebags zu den Kunden zurückverfolgt werden können. Es besteht kein Grund
anzunehmen, dass die Zählprotokolle höhere als die tatsächlich eingegangenen
Summen auswiesen.
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d) Die streitgegenständlichen Beträge sind nicht Gegenstand der Klagen der xxxxxxxxxx
und der xxxxxx vor dem Landgericht xxxxxx. Wie sich aus den vorgelegten
Klageschriften (Anlagen B 37, B 38) ergibt, ist Gegenstand der anderen Klagen nicht -
wie hier – die Bargeldentsorgung, d. h. der Transport von Bargeld und die Einzahlung
auf das Konto der Streithelferin zur Weiterleitung an die Kunden, sondern die
Bargeldversorgung durch Abhebung von Beträgen von den Konten der Klägerinnen der
anderen Verfahren und Auslieferung der Gelder.
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3. Die Ansprüche der Auftraggeber der Klägerin sind nicht durch die
Anfechtungserklärungen der Beklagten gemäß §§ 123, 142 BGB entfallen. Dabei kann
dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger
Täuschung in tatsächlicher Hinsicht gegenüber der Klägerin erfüllt sind. Selbst wenn
das nämlich der Fall sein sollte, ist der Beklagten im vorliegenden Fall die Berufung
darauf versagt, weil die Klägerin sie aus den abgetretenen Ansprüchen ihrer
Auftraggeber, d. h. der Streithelferin und der gemeinsamen Kunden in Anspruch nimmt.
Gemäß Ziff. 9.3.3 Abs. 2 der Verträge können den Entschädigungsansprüchen der
Auftraggeber Einwendungen, gleich welcher Art, aus dem Deckungsverhältnis nicht
entgegengehalten werden. Soweit im 2. Satz des Absatzes 2 die hier nicht
einschlägigen Einwendungen der Berufung auf Leistungsfreiheit, auf mangelnde
Haftung des Versicherungsnehmers und auf Nichtzahlung der Prämie aufgezählt sind,
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steht das der Anwendung der Regelung auf die Anfechtung nicht entgegen, weil die
Aufzählung wie sich aus "Insbesondere" ergibt, nicht abschließend ist.
Der Einwand der Anfechtung stellt eine Einwendung aus dem Deckungsverhältnis im
Sinne dieser Bestimmung dar. Gemäß § 334 BGB stehen bei einem Vertrag zugunsten
Dritter Einwendungen aus dem Vertrag dem Versprechenden auch gegenüber dem
Dritten, hier also gegenüber den Auftraggebern der Klägerin zu. Der Begriff der
Einwendung in diesem Sinne ist weit zu verstehen; hierzu zählt auch der Einwand der
Anfechtbarkeit (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, § 334 Rdnr. 3). Nicht anders ist der Begriff
der Einwendung aus dem Deckungsverhältnis in Ziff. 9.3.3, in dem § 334 BGB
abbedungen wurde, zu verstehen. Maßgeblich für die Auslegung ist u.a. das
Verständnis eines redlichen Versicherungsnehmers sowie der Sinn und Zweck der
Klausel. Mit der Bestimmung wurde die gesetzliche Regelung des § 334 BGB
abgeändert, was dafür spricht, den Begriff Einwendung einheitlich auszulegen. Auch der
Sinn und Zweck der Klausel gebietet, die Klausel zugunsten der Versicherten weit
auszulegen. Die Auftraggeber der Klägerin sollten nämlich umfassend gegen Verluste
abgesichert werden, weshalb z.B. auch Unterschlagungen durch die
Versicherungsnehmerin trotz vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 61
VVG) versichert waren. Aus der von den Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten
Entscheidung BGH VersR 2007, 1084 ff. = NJW 2007, 1058 ff. ergibt sich nichts
anderes. Das Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft eine Regelung zum Ausschluss der
Anfechtung im Verhältnis zwischen Getäuschtem und Täuschenden. Im vorliegenden
Fall geht es nicht um den Ausschluss der Anfechtung in diesem Verhältnis, sondern um
den Ausschluss der Berufung hierauf gegenüber den durch die Klausel geschützten
Personen, die nicht für die Täuschung verantwortlich sind.
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Damit werden die Entschädigungsansprüche der Auftragnehmer nur durch den
Höchstbetrag von 10 Mio. € je Schadensfall begrenzt. Da der eingeklagte Schaden rund
4,6 Mio. € beträgt, ist die Höchstgrenze nicht überschritten, denn es ist nicht ersichtlich,
dass die weiteren der Beklagten gemeldeten Schäden den gleichen Schadensfall i.S.
der Ziff. 9.3.3 der Verträge betreffen.
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Für die von der Beklagten verlangte ergänzende Vertragsauslegung, wonach bei dem
Schneeballsystem die Entschädigung unabhängig von der Zahl der Schadensfälle auf
10 Mio. € begrenzt sein soll, besteht angesichts des eindeutigen Vertragswortlauts kein
Raum. Auch waren solche Schadensmechanismen bei Vertragsschluss bekannt, wie
sich aus dem von der Beklagten als Anlage B 12 vorgelegten Artikel ergibt. Danach ist
es bereits im Jahr 2001 bei einem Geldtransportunternehmen zu einem solchen
Schaden gekommen. Wenn die beklagten Versicherer sich insoweit absichern wollten,
hätten sie eine entsprechende Regelung im Versicherungsvertrag aushandeln müssen.
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4. Die Ansprüche der Streithelferin und ihrer Kunden entfallen weder infolge einer
Obliegenheitsverletzung noch wegen Mitverschuldens.
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a) Auf ein Mitverschulden der Klägerin bzw. die Verletzung von Obliegenheiten der
Klägerin können sich die Beklagten gemäß Ziff. 9.3.3 der Verträge nicht berufen.
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b) Der Streithelferin und ihren Kunden fallen keine nach §§ 79 Abs. 1, 61 ff. VVG bzw.
gemäß § 254 BGB relevanten Pflichtverletzungen zur Last.
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aa) Dass die Streithelferin die in den Zählmaschinendateien ausgewiesenen Gelder vor
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der Gutschrift auf ihrem Konto an die Kunden weitergeleitet hat, ist keine Pflicht- oder
Obliegenheitsverletzung. Hierdurch wurde lediglich der Geschädigte geändert; hätte die
Streithelferin die Gelder ihren Kunden nicht überwiesen, wäre der Schaden anstatt bei
der Streithelferin bei ihren Kunden eingetreten.
bb) Der Umstand, dass die Kunden der Streithelferin der Firma Xxxxxxxx am 30. und
31.08.2006 noch Gelder zum Transport übergaben, obwohl am 30.08.2006 über die
Vorfälle in der Presse berichtet wurde, begründet keine Mitverursachung der ab diesem
Tage eingetretenen Schäden. Der von den Beklagten hierzu angeführte Artikel (Anlage
B 11) erschien am 30.08.2006 um 14.52 Uhr im Internet. Die Streithelferin und ihre
Kunden konnten und mussten diesen Artikel nicht sofort zur Kenntnis nehmen. Dass die
Informationen auch in anderen Medien so veröffentlicht worden sind, dass die
Beteiligten sofort davon Kenntnis erhielten, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen hat auch die
Beklagte zu 1., die immerhin nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt von den
Unterschlagungen Kenntnis hatte, den Transport am 31.08.2006 nicht unterbunden.
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cc) Ein Verstoß der Streithelferin gegen die ihr nach dem KWG obliegenden
Überwachungspflichten und deren Kausalität für den Eintritt der Schäden ist nicht
erkennbar. Die Überprüfung der Klägerin und der Firma Xxxxxxxx durch die
Streithelferin hätte zu keinem anderen Ergebnis führen können als die von den
Beklagten und anderen Kunden veranlassten Überprüfungen, die nach dem Vortrag der
Beklagten keine Hinweise auf Mängel der Leistung der Klägerin oder gar
Unterschlagungen ergeben haben. Insbesondere soll nach dem Vortrag der Beklagten
die Prüfung der Firma Xxxxxxxx durch den von der Beklagten zu 1. beauftragten
Sachverständigen Xxxxxxxx im März 2006 keinerlei Hinweise auf Fehlbestände oder
Unterschlagungen ergeben haben. Wie die Beklagten selbst vortragen, wurde dieser
Sachverständige Ende März/Anfang April von dem Kunden Xxxxxxxx beauftragt, eine
Prüfung durchzuführen, bei der er keine Verschiebungen oder Veruntreuungen
feststellen konnte. Die Firma Xxxxxxxx soll noch im August 2006 bei einer Prüfung im
Auftrag der Kundin Xxxxxxxx keine Verschiebungen oder Veruntreuungen festgestellt
haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine von der Streithelferin oder ihren
Kunden veranlasste Prüfung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
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Ebenso wenig bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die von der Firma Xxxxxxxx
beim Xxxxxxxx transportierten Gelder in einem Umfang verspätet gutgeschrieben
worden sind, der nicht mehr mit den üblichen Verzögerungen des Geschäftsbetriebs zu
erklären ist.
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5. Aufgrund der ungeklärten Einwendungen der Beklagten im Schriftsatz vom
17.09.2007 ist der Rechtsstreit der Höhe nach nur teilweise entscheidungsreif. Der
Streithelferin bzw. ihren Kunden ist durch die Unterschlagung der Firma Xxxxxxxx
mindestens ein Schaden in der zuerkannten Höhe entstanden. Durch die als Anlage
zum Schriftsatz vom 27.07.2007 vorgelegten Unterlagen hat die Klägerin
nachgewiesen, dass mindestens 4.516.286,07 € in Verlust geraten sind. Etwaige
Unklarheiten in der Aufstellung der Klägerin auf S. 5 / 6 des Schriftsatzes vom
27.07.2007 sind unerheblich, da der Schaden aus der Gegenüberstellung der
Zählmaschinendateien, der Überweisungen der gezählten Beträge durch die Fa.
Xxxxxxxx an die Streithelferin und deren Überweisung an die Kunden zu errechnen ist,
denn allein hieraus ergeben sich die an die Fa Xxxxxxxx übergebenen und die von ihr
nicht weiter geleiteten Beträge.
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a) Am 28.08.2007 bestand ein Fehlbetrag in Höhe von 2.609.925,00 €:
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Bei der Zählung am 28.08.2006 waren der Fa. Xxxxxxxx ausweislich der
Zählmaschinendateien K 152/153 und deren Aufbereitung K 154 insgesamt
7.408.860,00 €, nämlich 7.389.433,11 €, 19.425,00 € für die Fa. Xxxxxxxx sowie eine
Rundungsspitze vom 1,89 € übergeben und maschinell gezählt worden. Der in der
Anlage K 152 nicht aufgeführte Betrag von 19.425,00 € für die Fa. Xxxxxxxx ist durch die
Umsatzmeldung vom 28.08.2006 (Bl. 425 d.A.) sowie die von den Beklagten vorgelegte
Umsatzmeldung (B 39, Bl. 459 d.A.) belegt. Der von der Beklagten hinsichtlich dieses
Kunden monierte Schadensbetrag in Höhe von 8.283,39 € / 3.283,39 € ist – soweit
ersichtlich – weder in die Abrechnung dieses Tages eingeflossen noch ist dieser Betrag
ausweislich der Anlage K 159 an den Kunden überwiesen worden.
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Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen reichen zum Nachweis des Fehlbetrages
aus. Die Anlagen K 152 bis 154 belegen, dass im Rahmen des XxxxxxxxVerfahrens die
Firma Xxxxxxxx am 28.08.2006 7.408.860,00 € gezählt hat, ihr also diese Beträge zum
Transport übergeben wurden. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der
Zählmaschinendateien zu zweifeln. Da die Gelder aufgrund der Zählmaschinendateien
den Kunden zuzuordnen sind, hält die Kammer die Vorlage der Übergabequittungen
nicht für erforderlich. Die Übergabedaten sowie die Safebag-Nummern ergeben sich
eindeutig aus den Zählmaschinendateien.
88
Nach dem Überweisungsbeleg Anlage K 150 sowie dem Kontoauszug K 149 hat die
Fa. Xxxxxxxx nur 4.799.835,00 € auf das Konto der Streithelferin eingezahlt. Die
Streithelferin hat die der Firma Xxxxxxxx übergebenen Beträge ihrer Kunden, wie sich
aus den Bestätigungen im Zusammenhang mit den Abtretungserklärungen ergibt,
vollständig an die Kunden überwiesen. Soweit für die Kundin xxxxxx in der
Abtretungserklärung (K 85) ein weiterer Betrag von 8.283,39 €, ist dieser – soweit
ersichtlich – weder in die Zählmaschinendatei vom 28.08 noch vom 30.08. und die
daraus resultierenden Überweisungen eingeflossen, so dass dahingestellt bleiben
kann, welche Beträge der Kundin insoweit zustehen.
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Die Berechtigung der Fa. Xxxxxxxx hinsichtlich der transportierten Gelder für die Fa.
Xxxxxx etc. ergibt sich aus den Anlage 2 zum Vertrag vom 12.01./26.01.06 (K 37).
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Am 28.08.2007 bestand damit ein Fehlbetrag in Höhe von 2.609.925,00 €
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b) Bei der Zählung am 30.08.2006 hatte die Fa. Xxxxxxxx höchstens 4.490.945,00 € in
Empfang genommen und 2.563.870,00 € sowie ggf. weitere 8.888,93 € eingezahlt.
92
Ausweislich der Zählmaschinendatei vom 30.08.06 (K 164 f.) und deren Aufbereitung (K
166) hatte die Fa. Xxxxxxxx 4.490.940,08 €, ggf. abzüglich noch aufzuklärender 2.800 €
des Kunden xxxxx abgeholt, zuzüglich einer Rundungsspitze ergab sich daraus der
Betrag vom 4.490.945,00 €. Abzusetzen ist der Betrag von 2.800 € für den Safebag Nr.
21645718 des Kunden Xxxxxxxx, der nach der Behauptung der Beklagten doppelt
berechnet worden sein soll, was die Klägerin im Schriftsatz vom 10.10.2007 eingeräumt
hat. Der von den Beklagten hinsichtlich des Kunden xxxxxxx monierte Betrag von
8.283,39 € ist - soweit ersichtlich – weder in die Zählmaschinendatei noch in die
Auszahlungsdateien K 168 ff. eingeflossen und rechtfertigt daher keine Kürzung.
93
Von diesem Zählergebnis hat die Fa. Xxxxxxxx ausweislich des Kontoauszugs K 162
94
an die Streithelferin mindestens 2.563.870 € eingezahlt. Ob in diesem Betrag die
Überweisung in Höhe von 8.888,93 € für vom Kunden XXXXXXXX übergebene Beträge
(B 38, Bl. 457 f.) enthalten ist, ist mangels Aufschlüsselung des überwiesenen Betrages
nicht erkennbar. Insoweit ist eine weitere Aufklärung erforderlich, weshalb dieser Betrag
bis zur Klärung von der Ersatzsumme abzuziehen ist.
Damit ist derzeit für die Zählung vom 30.08.2006 ein Schaden in Höhe von 1.915.386,07
€ entscheidungsreif.
95
c) Mit dem Fehlbestand vom 31.08.2006 in Höhe von 48.105,29 € macht die Klägerin
hauptsächlich Differenzen aus Safebag-Auszählungen für die Kunden Xxxxxxxx und
Xxxxxxxx, die nicht in den Zählmaschinendateien erfasst sein sollen, geltend. Die
Beklagte bestreitet das mit dem Hinweis, dass die Safebags z.T. doppelt erfasst seien.
Dies bedarf der weiteren Aufklärung. Da diese Schadensposition die Summe aus
mehreren Über- und Unterzahlungen darstellen soll, ist sie insgesamt noch nicht
entscheidungsreif; das von der Klägerin in dieser Position angesetzte Guthaben der Fa.
Xxxxxxxx von 9.025,00 € ist bis zur Aufklärung zugunsten der Beklagten
schadensmindernd zu berücksichtigen.
96
d) Damit ist derzeit der Rechtsstreit hinsichtlich eines Fehlbetrages von 4.516.286,07 €
(2.609.925,00 € + 1.915.386,07 € - 9.025,00 €) entscheidungsreif.
97
Die weiteren von den Beklagten zur Höhe vorgebrachten Einwendungen greifen nicht
durch. Die Behauptung der Beklagten, die Fa. Xxxxxxxx habe auf einen ausgezählten
Betrag von 19.761.973,52 € oder 19.758.046,83 € insgesamt 38.934.797,70 €
überwiesen, so dass kein Fehlbetrag, sondern eine Überzahlung von ca. 19,2 Mio. €
vorliege, ist mangels Angabe der einzelnen Zahlungen völlig unsubstantiiert und damit
einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Abgeholte Beträge und Überweisungen an
den Kunden xxxxxx sind – soweit ersichtlich – nicht Gegenstand der vorgelegten
Zählmaschinendateien und Überweisungsdateien, so dass den von den Beklagten
gerügten Unklarheiten zur Höhe nicht nachgegangen zu werden braucht.
98
Entsprechend der Beteiligungsquote der Beklagten zu 1. und 2. von 70 % und der
Beklagten zu 3. von 30 % errechnen sich die im Tenor aufgeführten Beträge.
99
II. Antrag 3.
100
Der Antrag 3. ist zulässig und begründet. Die Klägerin und ihre Auftraggeber, deren
Ansprüche sie geltend macht, haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung der
Ersatzpflicht, weil sich die Beklagten u.a. auf die Überschreitung der Deckungssumme
berufen und ihre Haftung bestreiten.
101
Der Antrag ist begründet. Die geltend gemachten Ansprüche sind im Deckungsumfang
der Versicherung xxxxxx enthalten. Nach dem Versicherungsschein (Anlagen K 16, K
17) besteht nämlich Versicherungsschutz für Schäden aller Art, die bei den Geld- und
Werttransportunternehmen im Rahmen der Durchführung der Aufträge bei den
Auftraggebern entstehen. Diese Voraussetzungen sind aus denselben Gründen wie bei
den Anträgen 1. und 2. erfüllt.
102
Die Entschädigungsleistung setzt weiter voraus, dass eine vollständige Befriedigung
aus den Verträgen xxxx und xxxxx unmöglich ist. Hierauf berufen sich die Beklagten.
103
Nach dem Vertrag ist eine Entschädigungsleistung dann ausgeschlossen, wenn die
Entschädigung aus den beiden anderen Verträgen nur deshalb nicht erfolgt, weil
bedingungsgemäß keine Deckung für den Anspruch des Geschädigten besteht. Die
Voraussetzungen dieses Ausschlusses der Leistungspflicht liegen nicht vor, weil – wie
ausgeführt – die Beklagten aus den anderen Verträgen haften.
104
Die Haftung der Beklagten ist schließlich auch nicht durch die Anfechtung des
Versicherungsvertrages entfallen. Da Vertragsgrundlage des Vertrages xxxxx der
Vertrag xxxxx sein sollte, ist auch auf diesen Vertrag Ziff. 9.3.3 des Vertrages xxxxx
anzuwenden, wonach sich die Beklagten gegenüber den Auftraggebern der Klägerin
nicht auf Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis, zu denen auch die Anfechtung
gehört, berufen können.
105
III. Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus Ziff. 9.3 der Versicherungsverträge xxxx
xxxx und xxxx sowie §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Nach Ziff. 9.3 der Versicherungsverträge
werden Schäden spätestens 14 Tage nach umfassender Vorlage aller für den Nachweis
des Schadens erforderlichen Belege reguliert. Da die Streithelferin der Beklagten zu 1.
die Unterlagen spätestens mit Schreiben vom 12.09.2006 übersandt hat, sind die
Ersatzbeträge seit dem 26.09.2006 zu verzinsen. Wenn die Beklagte die Unterlagen
nicht prüfte und etwaige Unvollständigkeiten nicht monierte, weil sie meinte wegen der
Anfechtung überhaupt nicht haften zu müssen, steht das der Pflicht zur Verzinsung nicht
entgegen.
106
C.
107
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 709 ZPO. Eine
Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst.
108
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 10.10.2007 ist bei der
Entscheidung nicht berücksichtigt und kein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung (§ 296a ZPO).
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Streitwert: 4.584.205,00 € (der Antrag 3. führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts,
weil der Gegenstand wirtschaftlich in den Anträgen 1. und 2. enthalten ist).
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