Urteil des LG Dortmund vom 22.07.2009

LG Dortmund: ausschluss der haftung, mieter, vertragsschluss, beurkundung, korrespondenz, beschädigung, bauarbeiten, verfügung, kaufpreis, anbau

Landgericht Dortmund, 6 O 240/08
Datum:
22.07.2009
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 O 240/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i. H. v.
110 % des beizutreibenden Betrages.
Tatbestand:
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Die Kläger erwarben aufgrund des von dem Zeugen E als Notar beurkundeten
Kaufvertrags vom 21.12.2006 von den Beklagten ein Hausgrundgrundstück zum Preis
von 187.000 EUR unter Ausschluss der Haftung der Beklagten für offene und
verborgene Sachmängel. Den Klägern war bei Vertragsschluss bekannt, dass der
Außenputz im Bereich des Kellerabgangs an der Wand des gartenseitigen
Wohnzimmeranbaus vom Beklagten abgeschlagen worden war.
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Die Beklagten hatten das Haus vom 1.5.2005 bis 30.7.2006 vermietet. Mit Schreiben
vom 1.3.2006 ließen die Mieter durch den Mieterbund beanstanden, dass im
Wohnzimmer in den Eckbereichen und an der gesamten Außenwand
Feuchtigkeitsschäden aufträten und sich Schimmel bilde. Die Beklagte ließen daraufhin
den Innen –und Außenputz entfernen. Mit Schreiben vom 1.6.2006 ließen die Mieter den
Fortgang der Arbeiten fordern und kündigten eine Miet-Minderung an. Die Beklagten
beriefen sich unter dem 8.6.2006 darauf, die Feuchtigkeit beruhe auf fehlerhaftem Lüften
und Heizen der Mieter. Ein im Auftrag der Mieter eingeholtes Gutachten der Architekten
H und S vom 5.7.2006 bestätigte das Auftreten von Feuchtigkeitsschäden mit
Schimmelbildung im Sockelbereich der Nord- und Südwand und in der unteren
Raumecke der Nord- und Ostwand.
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Diese Feststellungen bestätigte der Sachverständige B unter dem 30.1.2008 nach
eigenen Messungen und Untersuchungen in dem von den Klägern veranlassten
selbständigen Beweisverfahren 6 OH 24/07 LG Dortmund. Der Sachverständige führte
aus: Weitere Feuchtigkeitserscheinungen seien nicht vorhanden. Bauseitige
Abdichtungsmängel seien nicht vorhanden. Das Gebäude weise allerdings Mängel der
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Wärmedämmung auf. Bei Errichtung des Gebäudes im Jahr 1953 habe die
Außenwandkonstruktion der Anforderung der seinerzeit geltenden DIN entsprochen.
Der Aufwand zur Verbesserung der Wärmedämmung belaufe sich auf schätzungsweise
brutto 14.500 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten seiner Feststellungen wird auf das
schriftliche Gutachten des Sachverständigen – 6 OH 24/07 LG Dortmund - Bezug
genommen
Mit ihrer Klage beanspruchen die Kläger von den Beklagten die Zahlung des
Nettobetrages der vom Sachverständigen geschätzten Sanierungskosten. Mit Schreiben
vom 11.3.2008 ließen sie Kläger die Beklagten vergeblich auffordern, den Betrag von
12.185 EUR bis spätestens 25.3.2008 zu zahlen.
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Die Kläger behaupten:
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Die Beklagten hätten das Auftreten von Feuchtigkeit arglistig verschwiegen.
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Der Zeuge E habe im Beurkundungstermin Gelegenheit zu abschließenden Fragen
eingeräumt. Daraufhin hätten sie danach gefragt, ob den Beklagten
Feuchtigkeitsprobleme im Zusammenhang mit der Immobilie bekannt seien. Dies sei
vonseiten der Beklagten verneint worden. Der Beklagte habe im Hinblick auf den
entfernten Putz erklärt, dass bei Arbeiten an dem Anbau der Putz an mehreren Stellen
weggebröckelt sei. Damit keine Feuchtigkeit unter die Putzschicht eindringe, habe er
den gesamten Wandputz abgeschlagen und mit einer Plane abgehängt. Weitere
Aufklärung über bekannte Feuchtigkeitsprobleme sei nicht erfolgt.
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Um die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen, seien netto 12.185 EUR aufzuwenden.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 12.185 EUR nebst Zinsen von
5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 26.3.2008 zu zahlen
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen
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Sie behaupten:
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Bei einer Hausbesichtigung vom 6.12.2006 habe der Beklagte auf Fragen der Kläger
nach den Bauarbeiten am Haus erklärt: Der Putz sei entfernt worden, um Eindringen von
Feuchtigkeit nach Beschädigung des Putzes bei der Balkongestaltung zu vermeiden.
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Bei der Beurkundung vom 21.12. 2008 seien keine Fragen zu Feuchtigkeitsproblemen
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gestellt und Erklärungen hierzu abgegeben worden.
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Sie seien bei Vertragsschluss davon überzeugt gewesen, dass Feuchtigkeitsprobleme
aus dem Sommer 2008 behoben worden seien. Die Räume seien bei der Besichtigung
und der Übergabe staubtrocken gewesen. Das Gutachten der Architekten H und Partner
sei ihnen vom Mieterbund nicht zur Verfügung gestellt worden. Dass bei älteren
Häusern Feuchtigkeit, u.a. in Zimmerecken infolge von Wärmebrücken ein Problem sein
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kann, sei allgemein bekannt.
Die Beklagten rechnen hilfsweise mit einem Anspruch auf Verzugszinsen auf den
Kaufpreis 315,59 € auf.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den näheren Inhalt der
gewechselten Schriftsätze, der zu Protokoll genommenen mündlichen Erklärungen der
Parteien und – soweit entscheidungserheblich – auf die nachfolgenden
Entscheidungsgründe Bezug genommen.
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Die Kammer hat Beweis erhoben nach dem Beweisbeschluß vom 15.1.2009. Wegen
der Beweisfragen und Beweismittel wird auf den näheren Inhalt des Beweisbeschlusses
- Blatt 71 der Akten, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 3.6.2009 - Blatt 145ff der Akten - Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Beklagten sind nicht zum Schadensersatz wegen der angeblich in dem verkauften
Wohnhaus auftretenden Feuchtigkeitsschäden verpflichtet. Die Beklagten haben ihre
entsprechende Haftung nämlich wirksam im Kaufvertrag ausgeschlossen (§ 444 BGB).
Dass sie Feuchtigkeitsschäden arglistig bei Vertragsschluss verschwiegen haben, ist
nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen.
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Die Beklagten handelten allenfalls dann arglistig, wenn sie zumindest damit rechneten,
dass die Kläger nicht wussten, dass Feuchtigkeitsschäden bereits aufgetreten waren
oder aufzutreten drohten. Soweit an der Außenmauer im Bereich zum Kellerabgang
Feuchtigkeitsschäden aufgetreten waren, ist jedoch erwiesen, dass die Kläger insoweit
keiner Aufklärung bedurften. Nach den Bekundungen des Zeugen E, des seinerzeit
beurkundenden Notars, war den Klägern diese Gefahrenstelle bekannt, da sich die
Klägerin danach erkundigt hatte, was es mit der Feuchtigkeit an dieser Seite auf sich
habe. Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen sprechen,
sind nicht ersichtlich.
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Das die Beklagten Feuchtigkeitserscheinungen in weiteren Bereichen des Anbaus
arglistig verschwiegen haben, ist nicht festzustellen. Dass sie davon wussten, lässt sich
nicht beweisen. Die Beklagten bestreiten, dass diese Feuchtigkeitserscheinungen bei
Vertragsschluss vorhanden waren. Damit bestreiten sie gleichzeitig schlüssig Ihre
Kenntnis von derartigen Erscheinungen. Dass der Sachverständige B nach
Vertragsschluss Feuchtigkeitserscheinungen in weiteren Bereichen des Anbaus
festgestellt hat, lässt nicht zwingend auf die Kenntnis der Kläger schließen. Entgegen
der Auffassung der Kläger lässt sich dies ebensowenig zwingend aus der
Korrespondenz der Mieter mit den Beklagten schließen. Solche Schlüsse würde die
Kammer auch nicht ziehen.
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Dem Schreiben der Beklagten vom 8.6.2006 ist vielmehr ihre Überzeugung zu
entnehmen, dass die Feuchtigkeitsprobleme nicht auf konstruktiven Mängeln des
Gebäudes, sondern auf unsachgemäßem Verhalten der jeweiligen Nutzer beruhen.
Selbst wenn dies nicht zutraf, mussten die Beklagten allenfalls wie die Mieter und die
Klägerin davon ausgehen, dass die Feuchtigkeitserscheinungen von Mängeln der nicht
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verputzten Außenwand im Kellerbereich verursacht werden könnten.
Dass die Beklagten die Monate zurückliegende Beanstandung der Mieter bei der
Beurkundung nicht offenbart haben, lässt ebenfalls nicht auf die Kenntnis der Beklagten
von Feuchtigkeitserscheinungen in anderen Bereichen schließen. Denn den
Äußerungen der Kläger musste ein verständiger Verhandlungspartner ein Interesse an
der Aufklärung über vermeintlich unberechtigte Mängelrügen Dritter nicht entnehmen.
Nach den Bekundungen des Zeugen E hatte die Klägerin lediglich danach gefragt, ob
sie sich sonst "Sorgen machen" müssten "um Feuchtigkeit". Dies ist nach Überzeugung
der Kammer nicht zwangsläufig als Aufforderung zu verstehen, sämtliche, vor allem für
unbegründet gehaltenen Beanstandungen Dritter zu offenbaren.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Ziff. 11, 209 ZPO.
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