Urteil des LG Bochum vom 14.11.2008

LG Bochum: verzug, behandlungsvertrag, nebenpflicht, bestandteil, geschäft, zugang, nichterfüllung, dokumentation, fehlbehandlung, schmerzensgeld

Landgericht Bochum, I - 5 S 149/08
Datum:
14.11.2008
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I - 5 S 149/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Recklinghausen, 11 C 30/08
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17.06.2008 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
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Auf die Darstellung des vollständigen Tatbestandes wird gem. §§ 540 I, 313 a I S.1 ZPO
iVm § 26 Nr.8 EGZPO verzichtet.
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I.
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Die Klägerin macht gegen das T Hospital Bochum Schadensersatz und
Schmerzensgeld wegen einer angeblichen Fehlbehandlung nach einer Entbindung
geltend. Im Zusammenhang damit forderte der Klägervertreter von dem Beklagten, der
die Klägerin nach besagter Entbindung wegen einer Sehnenscheidenentzündung an
der Hand behandelt hatte, Behandlungsunterlagen an. Innerhalb der gesetzten Frist
wurden die Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt. Der Klägervertreter setzte erneut
eine Frist unter Androhung der Klageerhebung und verlangte zudem seine Gebühren
als Verzugsschaden. Im Anschluss holte die Klägerin die Behandlungsunterlagen in der
Praxis des Beklagten ab.
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II.
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Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren stattgegeben.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
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III.
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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Die Klägervertreterin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280, 286 BGB
gegen den Beklagten.
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Zwar besteht ein Anspruch auf Einsicht in die Patientenunterlagen. Der Arzt schuldet
dem Patienten aus dem Behandlungsvertrag eine ordnungsgemäße Dokumentation als
Bestandteil einer sorgfältigen Behandlung. Weiter beinhaltet der Behandlungsvertrag
eine ungeschriebene vertragliche Nebenpflicht dahin, dem Patienten Einsicht in die
Behandlungsunterlagen zu gewähren, wenn dieser ein ersichtliches Interesse daran hat
und keine billigenswerten Gründe dem entgegenstehen (vgl. BGH, NJW 1983, S. 328 f.).
Die Darlegung eines konkreten Interesses ist dabei nicht erforderlich, vielmehr
rechtfertigt sich dieses aus dem Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
(vgl. BGH, NJW 1983, S. 2628).
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Der Beklagte ist auch mit der Erfüllung seiner Verpflichtung in Verzug geraten, denn er
hat der Klägerin nicht innerhalb der seitens des Klägervertreters gesetzten
angemessenen Frist Zugang zu den Unterlagen gewährt.
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Der Klägerin ist jedoch kein Schaden aus Verzug entstanden.
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Bereits mit dem ersten Anwaltsschreiben vom 18.10.2007 sind die
Rechtsanwaltsgebühren entstanden, denn der Klägervertreter betrieb das Geschäft für
die Klägerin, indem er die Behandlungsunterlagen herausverlangte. Dafür kommt es
nicht darauf an, ob dieses Verlangen als Bitte formuliert wird. Entscheidend ist, dass der
Klägervertreter in Erfüllung des Klägerauftrages tätig wurde, sich um Erlangung der
Behandlungsunterlagen bemühte und dem Anspruchsgegner Folgen für den Fall der
Nichterfüllung aufzeigte.
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Der Beklagte befand sich aber erst in Verzug mit Ablauf der in diesem Schreiben
gesetzten Frist, so dass die Anwaltsgebühren nicht wegen des Verzuges entstanden
und damit auch nicht als Verzugsschaden von dem Beklagten zu ersetzen sind.
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IV.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.
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V.
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Die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO ist nicht veranlasst.
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