Urteil des LG Bielefeld vom 10.01.2008

LG Bielefeld: aufsichtsrat, gesellschaft, due diligence prüfung, tagesordnung, beendigung, aktionär, zustellung, anfechtungsklage, entlastung, geschäftsjahr

Landgericht Bielefeld, 10 O 72/07
Datum:
10.01.2008
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
I. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 O 72/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €uro
vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Mit der vorliegenden Anfechtungsklage macht die Klägerin als behauptete Aktionärin
der Beklagten die Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit des in der ordentlichen
Hauptversammlung der Beklagten am 14.09.2007 zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten
Beschlusses zur Wahl der vier Mitglieder F., G., C. und X. in den Aufsichtsrat geltend.
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Der Vorstand der Beklagten berief auf den 14.09.2007 eine Hauptversammlung der
Gesellschaft ein. Die Einberufung sowie die Tagesordnung der Hauptversammlung
wurden frist- und formgerecht am 07.08.2007 im elektronischen Bundesanzeiger
bekannt gemacht.
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Ziffer 10 der Tagesordnung lautete:
4
"Beschlussfassung über die Wahl zum Aufsichtsrat
5
Der Aufsichtsrat der Gesellschaft besteht gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung der
Gesellschaft aus 6 Mitgliedern. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bestimmt
sich nach §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 AktG und §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 4 Abs. 1
DrittelbG. Der Aufsichtsrat setzt sich zu einem Drittel aus von den Arbeitnehmern
zu wählenden Mitgliedern und zu zwei Drittel aus von der Hauptversammlung zu
wählenden Mitgliedern zusammen. Die Hauptversammlung ist an Wahlvorschläge
nicht gebunden.
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Die Arbeitnehmer haben bereits Frau Y., Bankkauffrau, H., und Herrn D.,
Bankkaufmann, X., zu Mitgliedern des Aufsichtsrats gewählt. Als Ersatzmitglied für
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Frau Hildegard Y. wurde Frau E., Bankangestellte, M., gewählt. Als Ersatzmitglied
für Herrn Volker D. wurde Herr U., Bankkaufmann, T., gewählt.
Der Aufsichtsrat schlägt vor,
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1. Herrn F., Diplom-Betriebswirt, E.,
2. Herrn G., Kaufmann, G.,
3. Herrn C., Bankkaufmann, I., und
4. Herrn X., Rechtsanwalt und Unternehmensberater, Bankdirekt a.D., U.
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10
als von der Hauptversammlung zu wählende Mitglieder in den Aufsichtsrat zu
wählen. Die vorgenannten Personen werden mit Wirkung ab Beendigung dieser
Hauptversammlung für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt,
die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011 beschließt. Herr C. ist Mitglied
der folgenden weiteren Aufsichtsräte bzw. der folgenden vergleichbaren in- oder
ausländischen Unternehmensorgane: Mitglied des Aufsichtsrates der N.
Vermögensverwaltung AG, I., Mitglied des Aufsichtsrates der I.er Getreide-
Lagerhaus AG, I., Mitglied des Sanktionsausschusses der Hanseatischen
Wertpapierbörse, I., Mitglied des Börsenrates der Hanseatischen Wertpapierbörse,
I.. Herr X. ist Mitglied der folgenden weiteren Aufsichtsräte bzw. der folgenden
vergleichbaren in- oder ausländischen Unternehmensorgane: Mitglied des
Aufsichtsrates (Vorsitzender) der Q. AG, T.. Die übrigen zu wählenden Mitglieder
des Aufsichtsrates gehören keinem weiteren Aufsichtsrat bzw. vergleichbaren in-
oder ausländischen Unternehmensorganen an."
11
Die Hauptversammlung der Gesellschaft fand sodann am 14.09.2007 in B. statt.
Ausweislich der durch Notar Dr. S. gefertigte Niederschrift über die Hauptversammlung
der Beklagten vom 14.09.2007 in B. (Nr. 449 der Urkundenrolle für das Jahr 2007)
wurde nach Tagesordnungspunkt 1 in eine Aussprache zu allen
Tagesordnungspunkten eingetreten.
12
Es folge eine Diskussion über sämtliche Punkte der Tagesordnung.
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Der Vorsitzende und der Vorstand beantworteten die von den Aktionären und
Aktionärsvertretern gestellten Fragen und gaben die gewünschten Auskünfte.
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Die Redebeiträge, Fragen und Antworten wurden in Blöcke unterteilt. Nach dem
ersten Block wurde die Hauptversammlung zur Vorbereitung der Antworten der
Verwaltung für eine ca. 1-stündige Mittagspause unterbrochen. Nach den weiteren
Blöcken wurde die Hauptversammlung zur Vorbereitung der Antworten jeweils
durch eine Pause unterbrochen.
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Eine Frage nach einem Einzelkredit wurde unter Hinweis auf das Bankgeheimnis
nicht beantwortet. Eine Nachfrage oder Beanstandung dazu gab es nicht. Die
Mitglieder des Aufsichtsrates stellten sich auf Wunsch von Aktionären vor. Der
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Aktionär F. gab folgende Fragen an die Verwaltung zu Protokoll:
1. Ist es richtig, dass der Versammlungsleiter und Herr. X. in einer
Hauptversammlung der Bank L. zu Aufsichtsräten gewählt wurden, ihnen die
Ergebnisse einer Due Diligence-Prüfung bekannt waren und die Gesellschaft
unmittelbar nachdem Sie (beide) Aufsichtsrat wurden, die Gesellschaft in die
Insolvenz schlitterte ?
2. Haben Sie und Herr X. schon in anderen börsennotierten Banken als Aufsichtsrat
und/oder Vorstand gemeinsam zum Wohle der Gesellschaft gearbeitet ? Existieren
diese Gesellschaften heute noch und haben Sie noch den Bankenstatus ?
3. Warum haben Sie uns bei der Vorstellung Ihrer Person nicht über Ihre
gemeinsame Vergangenheit bei börsennotierten Banken informiert ?
4. Nach einer am 11.07.2007 veröffentlichten ad hoc-Mitteilung der N. AG haben Sie
eine Abfindung von 1,5 Mio. €uro als ehemaliges Vorstandsmitglied erhalten ? Ist
das die Gesellschaft, bei der Sie vorher Aufsichtsrat waren und nachher Vorstand
? Hat die Gesellschaft unter Ihrer Vorstandstätigkeit den Bankenstatus verloren ?
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Die Fragen wurden verlesen. Der Vorstand (Herr N.) erklärte, die Fragen nicht
beantworten zu können.
19
Der Versammlungsleiter (Herr F.) gab folgende Erklärung ab:
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"Richtig ist, dass ich. X. seit langem kenne und mit ihm erfolgreich
zusammenarbeite. Im Übrigen gehören die von Herrn F. angesprochenen und im
Detail teilweise unrichtigen bzw. verzerrt dargestellten Sachverhalte in den
Zusammenhang einer Gesamtsanierung einer Unternehmensgruppe. Diese
Sanierung führte dazu, dass sich das Ergebnis der Gruppe deutlich verbesserte.
Die Sanierung war damit insgesamt erfolgreich. Im Übrigen bin ich aufgrund
vertraglicher Vereinbarungen zur Verschwiegenheit verpflichtet und werde keine
weiteren Auskünfte erteilen."
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Abschließend stellte der Vorsitzende der Versammlung die Frage, ob im Rahmen
der Gesamtaussprache alle von den Aktionären gewünschten Auskünfte erteilt
seien oder ob noch weitere Antworten für erforderlich gehalten werden. Herr F. hält
eine weitere Beantwortung seiner Fragen für erforderlich. Er bat ausdrücklich um
Protokollierung.
22
Zu Tagesordnungspunkt 10: Beschlussfassung über die Wahl zum Aufsichtsrat enthält
das Protokoll folgende Feststellungen:
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Der Aufsichtsrat der Gesellschaft besteht gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung der
Gesellschaft aus sechs Mitgliedern. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates
bestimmt sich nach §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 AktG und §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 4
Abs. 1 DrittelbG. Der Aufsichtsrat setzt sich zu einem Drittel aus von den
Arbeitnehmern zu wählenden Mitgliedern und zu zwei Dritteln aus von der
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Hauptversammlung zu wählenden Mitgliedern zusammen. Die Hauptversammlung
ist an Wahlvorschläge nicht gebunden. Die Arbeitnehmer haben bereits Frau Y.,
Bankkauffrau, H., und Herrn D., Bankkaufmann, X., zu Mitgliedern des Aufsichtsrats
gewählt. Als Ersatzmitglied für Frau Y. wurde Frau E., Bankangestellte, M.,
gewählt. Als Ersatzmitglied für Herrn D. wurde Herr U., Bankkaufmann, T., gewählt.
Der Aufsichtsrat schlägt vor,
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1. Herrn F., Diplom-Betriebswirt, E.,
26
27
2. Herrn G., Kaufmann, G.,
28
3. Herrn C., Bankkaufmann, I., und
4. Herrn X., Rechtsanwalt und Unternehmensberater, Bankdirekt a.D., U.
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30
als von der Hauptversammlung zu wählende Mitglieder in den Aufsichtsrat zu
wählen. Die vorgenannten Personen werden mit Wirkung ab Beendigung dieser
Hauptversammlung für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt,
die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011 beschließt. Der
Versammlungsleiter wies auf die sonstigen Aufsichtsratsmandate oder
vergleichbare Mandate der Herrn C. und Dr. X. hin.
31
Der Versammlungsleiter, Herr F., verwies darauf, dass Details seines Lebenslaufes
und seiner Karriere auf der Internetseite www.t..com verzeichnet seien. Der von
dem Aktionär F., der die Versammlung bereits verlassen hatte, angesprochene
Komplex sei dort ebenfalls angesprochen.
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Auf die ausdrückliche Frage des Versammlungsleiters, ob Einwendungen gegen
eine Blockabstimmung erhoben werden, wurden keine Einwendungen erhoben.
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Der Vorsitzende stellte den zu diesem Tagesordnungspunkt bekannt gegebenen
Beschlussvorschlag des Aufsichtsrates unter Verwendung der Stimmkarte 17
unverändert zur Abstimmung und rief zur Abstimmung wie unter
Tagesordnungspunkt 2 auf. Die Abstimmung erfolgte wie unter
Tagesordnungspunkt 2.
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Ausweislich des Protokolls gab der Vorsitzende das Abstimmungsergebnis zu
Tagesordnungspunkt 10 wie folgt bekannt:
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Zu Beginn der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 10 hat die Präsenz
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betragen: 564.762 Stücke mit ebenso vielen Stimmen.
Die Hauptversammlung hat bei 2.856 Enthaltungen gegen 4.816 Nein-Stimmen mit
557.090 Ja-Stimmen, das sind 99,14 % des bei der Beschlussfassung vertretenen
Grundkapitals die Wahl der Herren F., G., C. und X. in den Aufsichtsrat mit Wirkung
ab Beendigung dieser Hauptversammlung für die Zeit bis zur Beendigung der
Hauptversammlung, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011 beschließt,
beschlossen. Der Vorsitzende stellte dieses Ergebnis der Beschlussfassung fest
und verkündete diese Feststellung.
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Die Gewählten nahmen die Wahl jeder für sich an. X. hatte den
Versammlungsleiter vor seinem Verlassen beauftragt, für ihn die Annahme der
Wahl zu erklären.
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Ausweislich der Anlage 2 zur notariellen Urkunde des Notars Dr. S. vom 14.09.2007 –
Nr. 449 der Urkundenrolle für das Jahr 2007 – hat Herr F., Eintrittskarte Nummer 209
2007 für den Aktionär F. N.V. in NL – B. um 16:00 Uhr Widerspruch gegen
Tagesordnungspunkt 10 eingelegt.
39
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Vorstand (Herr N.) auf der
Hauptversammlung erklärt hat, die von Herrn F. gestellten Fragen nicht beantworten zu
können.
40
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.01.2008 eine
Bescheinigung des Bankhauses Q. & Co. KG in B. vom 28.12.2007 vorgelegt, wonach
bestätigt wird, dass die Klägerin seit dem 06.08.2007 Aktionärin der Beklagten bis zum
heutigen Tage sei.
41
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.01.2008 hat die Klägerin zudem
ferner die Vollmacht an Herrn F. in H. zu ihrer Vertretung in der Hauptversammlung der
Beklagten am 14.09.2007 überreicht, die sich auch auf der Rückseite der Eintrittskarte
des Herrn F. befinden soll.
42
Die Klägerin meint, der auf der Hauptversammlung vom 14.09.2007 gefasste Beschluss
zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder F., G., C. und Dr. X. sei nichtig, hilfsweise
unwirksam, da ein Verstoß gegen § 251 Abs. 1 S. 3 AktG i.V.m. §§ 243 Abs. 4 und 131
AktG vorliege. Sie trägt vor, abweichend von der Niederschrift über die
Hauptversammlung durch Notar Dr. S. habe Herr F. namens und in ihrer Vollmacht die
folgenden sechs Fragen gestellt, die sich auf Eignung und Qualifikation der zur Wahl
gestellten Personen F. und X. bezogen haben und deren Beantwortung von Relevanz
für die Willensbildung der Aktionäre bei der Stimmabgabe gewesen seien:
43
Frage 1:
44
"Hatten Herr X. und/oder Herr F. möglicherweise als Organmitglieder Kenntnis von
einer Due Dillegence, bei der an der Frankfurter Börse im amtlich überwachten
Markt gehandelten Wertpapierhandelsbank unter dem Namen L. ?"
45
Frage 2:
46
"Ist es richtig, dass sich die Herren X. und/oder F. in den Aufsichtsrat haben wählen
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lassen und diese Bank schon wenige Tage nach denen diese Personen
Aufsichtsräte waren, Insolvenz angemeldet ?"
Frage 3:
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"Stimmt es, dass Herr F. als Organmitglied einer Bank daran mitgewirkt hat, die
Anteile einer nicht börsennotierten Wertpapierhandelsbank unter dem Namen M.
Wertpapierhandelsbank AG zu den billigsten je bekannt gewordenen Preis zu
verkaufen – und ist ihnen bekannt, dass der niedrigste je notierte Börsenkurs dieser
von ihnen verkauften Bank 2000 % über dem lag zu dem die Anteile veräußert
worden sind ?"
49
Frage 4:
50
"Ist es richtig, dass Herr X. Vorstand einer Bank war, deren Vorsitzender des
Aufsichtsrates Herr F. war ?"
51
Frage 5:
52
"Hat diese Bank Anteile an der E. Bank AG in 2004 rund 40,00 € je Aktie zu einem
Kurs verkauft, der seit dem Verkauf durch Herrn Dr. X./F. der günstigste Börsenkurs
dieses Investments war ?"
53
Frage 6:
54
"Ist es richtig, dass Herr F. Aufsichtsrat einer Bank mit BaFin – Lizenz wurde, um
kurz darauf Vorsitzender des Aufsichtsrates zu werden, Herr Dr. X. während seiner
Aufsichtsratstätigkeit sämtliche Banktätigkeiten veräußerte, so dass diese Bank
keine Bank mehr war, keine Banklizenz mehr brauchte und Herr F. dann Vorstand
werden konnte, um diese Gesellschaft mit einer Abfindung von 1,5 Mio. € zu
verlassen ?"
55
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.10.2007,
eingegangen am 10.10.2007 per Fax, Anfechtungsklage erhoben. Die Klage ist den
Vorstandsmitgliedern L. und N. unter dem 18.10.2007, Herrn D. als stellvertretenden
Vorsitzenden des Aufsichtsrates am 18.10.2007, sowie Herrn G., Herrn C. und Herrn X.
als weiteren Mitgliedern des Aufsichtsrates jeweils am 17.10.2007 sowie Frau Y. als
weiterem Mitglied des Aufsichtsrates am 18.10.2007 zugestellt worden. Eine Zustellung
bei dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates F. unter der zutreffenden Anschrift M. in B.
scheiterte zunächst, konnte jedoch am 05.11.2007 erfolgen, nachdem die Bezeichnung
"t. com" der Anschrift hinzugefügt wurde.
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Die Erhebung der Klage wurde durch die Beklagte gemäß § 246 Abs. 4 AktG im
elektronischen Bundesanzeiger am 13. November 2007 bekannt gemacht.
57
Die Klägerin beantragt,
58
1.)
59
den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom
14.09.2007 zu TOP 10 mit nachfolgendem Inhalt:
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"Der Aufsichtsrat schlägt vor,
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1. Herrn F., Diplom-Betriebswirt, E.,
2. Herrn G., Kaufmann, G.,
3. Herrn C., Bankkaufmann, I., und
4. Herrn X., Rechtsanwalt und Unternehmensberater, Bankdirekt a.D., U.,
62
63
als von der Hauptversammlung zu wählende Mitglieder in den Aufsichtsrat zu
wählen. Die vorgenannten Personen werden mit Wirkung ab Beendigung dieser
Hauptversammlung für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung
bestellt, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011 beschließt. Herr C.
ist Mitglied der folgenden weiteren Aufsichtsräte bzw. der folgenden
vergleichbaren in- oder ausländischen Unternehmensorgane: Mitglied des
Aufsichtsrates der L. AG, I., Mitglied des Aufsichtsrates der N.
Vermögensverwaltung AG, I., Mitglied des Aufsichtsrates der I.er Getreide-
Lagerhaus AG, I., Mitglied des Sanktionsausschusses der Hanseatischen
Wertpapierbörse, I., Mitglied des Börsenrates der Hanseatischen
Wertpapierbörse, I.. Herr X. ist Mitglied der folgenden weiteren Aufsichtsräte
bzw. der folgenden vergleichbaren in- oder ausländischen
Unternehmensorgane: Mitglied des Aufsichtsrates (Vorsitzender) der Q. AG, T..
Die übrigen zu wählenden Mitglieder des Aufsichtsrates gehören keinem
weiteren Aufsichtsrat bzw. vergleichbaren in- oder ausländischen
Unternehmensorganen an."
64
65
für
n i c h t i g
66
2.)
67
hilfsweise
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dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am
69
14.09.2007 gefasste, im Hauptantrag zu 1. wiedergegebene, Beschluss
nichtig ist.
70
3.)
71
äußerst hilfsweise
72
dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am
14.09.2007 gefasste, im Hauptantrag zu 1. wiedergegebene Beschluss,
unwirksam ist.
73
Die Beklagte beantragt,
74
die Klage abzuweisen.
75
Sie meint, die Anfechtungsklage sei nicht innerhalb der Monatsfrist des
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§ 246 Abs. 1 AktG erhoben und damit unzulässig.
77
Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und die wirksame Bevollmächtigung des
Herrn F. durch die Klägerin zur Wahrnehmung ihrer Aktionärsrechte auf der
Hauptversammlung vom 14.09.2007 in Bielefeld. Sie meint, ein Anfechtungsgrund sei
nicht ersichtlich. § 131 AktG sei nicht verletzt, da den Vorsitzenden des Aufsichtsrates
gesetzlich keine Verpflichtung träfe, Auskünfte gegenüber dem Aktionär in der
Hauptversammlung zu erteilen. Die von Herrn F. gestellten, die sich aus der notariellen
Niederschrift ergeben, habe der Vorstand zutreffend dahingehend beantwortet, dass er
die Frage nicht beantworten könne. Dies sei auch nicht möglich gewesen, da es sich um
Fragen zu Sachverhalten gehandelt habe, die dem Vorstand nicht bekannt waren und
auch nicht hätten bekannt sein müssen. Interna des Aufsichtsrates und seiner Mitglieder
gehörten auch nicht zu den Angelegenheiten der Gesellschaft. Im übrigen sei die
Erhebung der Anfechtungsklage rechtsmißbräuchlich, da die Klägerin mit der Führung
der Klage keine allgemeinen Interessen der Aktionäre, sondern lediglich persönliche
Interessen des Herrn F. in Bezug auf die Herren F. und X. verfolge.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet.
81
I.
82
Die Klage ist gemäß § 246 Abs. 1 AktG binnen eines Monates nach der
Beschlussfassung am 14.09.2007 fristgerecht erhoben. Die Monatsfrist endete gemäß §
222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Montag, den 15.
Oktober 2007, da das Fristende auf einen Sonntag, den 14.10.2007 fiel.
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Gemäß § 167 ZPO tritt die Wirkung einer Zustellung bereits mit dem Tage des Eingangs
des Antrages ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Diese Vorschrift ist im
Rahmen der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG anwendbar, vgl. Hüffer,
Aktiengesetz, 7. Aufl., § 246 Rn 23. Die Klage ist am 10.10.2007 fristgerecht
eingegangen. Die Zustellung erfolgte auch demnächst im Sinne von § 167 ZPO. Die
Verzögerung der Zustellung an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates F. geht insoweit
nicht zu Lasten der Klägerin, da diese die Anschrift des Vorsitzenden des Aufsichtsrates
zutreffend mitgeteilt hat und die Bezeichnung "t..com" nicht Teil einer zulässigen
Firmierung ist, vielmehr lediglich auf eine berufliche Position oder gar eine Internetseite
der natürlichen Person hinweist. Zudem ist bei der Passivvertretung nach
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§ 170 Abs. 3 ZPO bei mehreren gesetzlichen Vertretern die Zustellung an einen von
ihnen ausreichend. Die Zustellung an den stellvertretenden Vorsitzenden des
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Aufsichtsrates Volker D. war daher zur Fristwahrung ausreichend. Sie erfolgte ebenso
wie die Zustellung an die Vorstandsmitglieder L. und N. unter dem 18.10.2007 und
damit demnächst im Sinne von § 167 ZPO.
II. Gemäß § 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist zur Anfechtung jeder in der Hauptversammlung
erschienene Aktionär, wenn er die Aktien schon vor Bekanntmachung der
Tagesordnung erworben hatte und gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift
erklärt hat.
86
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 04.01.2008 ihre
Aktionärseigenschaft seit dem 06.08.2007 sowie mit weiterem Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten vom 09.01.2008 eine wirksame Bevollmächtigung des Herrn
F. zur Wahrnehmung ihrer Rechte in der Hauptversammlung am 14.09.2007 belegt. Ob
in Übereinstimmung mit den von der Klägerin in Kopie vorgelegten Unterlagen eine
Anfechtungsbefugnis der Klägerin gegeben ist, kann aufgrund des noch nicht möglichen
rechtlichen Gehör der Beklagten hierzu dahinstehen.
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Die Anfechtungsklage ist im Hinblick darauf, dass ein Verstoß gegen § 131 AktG nicht
festgestellt werden kann, unbegründet.
88
Nichtigkeitsgründe im Sinne von § 250 Abs. 1 AktG hat die Klägerin nicht vorgetragen
und sind nicht ersichtlich.
89
Die Anfechtung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder kann daher nur nach § 251 Abs. 1,
§ 243 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 131 Abs. 1 und 2 AktG erfolgen. Dabei kann nach § 243
Abs. 4 AktG wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von
Informationen nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die
Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte
Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Nach §
131 Abs. 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom
Vorstand Auskunft über Angelegenheit der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur
sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich sind.
Dabei richtet sich der Auskunftsanspruch gegen die Gesellschaft, für die der Vorstand
organschaftlich tätig ist. Der Aufsichtsrat selbst ist nach § 131 Abs. 1 AktG nicht
auskunftsverpflichtet, vgl. BVerfG, NJW 2000, 349, 352. Nicht entscheidend ist daher, ob
die in der Hauptversammlung anwesenden Mitglieder des Aufsichtsrates in der Lage
gewesen wären, die von Herrn F. im Namen der Klägerin als Aktionärin gestellten
Fragen zu beantworten und ob die weiteren Erklärungen des Versammlungsleiters F.
zutreffend waren.
90
Besteht hiernach ein Auskunftsanspruch über Angelegenheiten der Gesellschaft
gegenüber dem Vorstand, so darf der Vorstand die Auskunft nur in den – hier nicht
vorliegenden – in § 131 Abs. 3 AktG abschließend aufgezählten Fällen verweigern.
Sinn und Zweck des in gemäß § 131 Abs. 1 AktG eingeräumten Rechts ist es, den
Aktionär in die Lage zu versetzen, die Gegenstände der Tagesordnung zu beurteilen,
ihm also diejenigen konkreten Informationen zu verschaffen, die er zur sachgerechten
Ausübung seines Rechts auf Teilnahme an der Hauptversammlung benötigt. Denn er
kann von seinem Mitgliedschaftsrecht nur dann einen sinnvollen Gebrauch machen,
wenn er die Umstände kennt, die für die Ausübung der Rechte wesentlich sind. Die
Auskunftspflicht ist ihrem Zweck entsprechend daher auf solche Auskünfte beschränkt,
die zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich
91
sind. Ob das der Fall ist, ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen. Abzustellen ist
auf einen objektiv denkenden Durchschnittsaktionär, der die Gesellschaftsverhältnisse
nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und deshalb die Auskunft zur
Beurteilung der Tagesordnung benötigt. Ob und in welchem Umfang ein Auskunftsrecht
besteht, kann danach immer nur im Zusammenhang mit dem konkreten
Tagesordnungspunkt der Hauptversammlung beurteilt und beantwortet werden, vgl.
BayOblG, NJW-RR 1996, 679, 681.
Welchen genauen Wortlaut die von Herr F. gestellten Fragen hatten, kann dahinstehen.
Sowohl die in der notariellen Niederschrift des Notars Dr. S. enthaltenen Fragen als
auch die in der Klageschrift enthaltenen Fragen bezogen sich ersichtlich auf frühere,
teils gemeinsame Tätigkeiten der Herren F. und Dr. X. in anderen Gesellschaften, um
Zweifel an der Eignung dieser Personen zur Wahl in den Aufsichtsrat der Beklagten zu
wecken. Der Klägerin ist zuzugeben, dass sachgerechte Informationen über frühere
oder weitere Tätigkeiten zu wählender Aufsichtsratsmitglieder durchaus Relevanz für
die Willensbildung der Aktionäre bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern im Sinne
von § 243 Abs. 4 AktG haben kann. Die Frage, ob frühere oder weitere Tätigkeiten der
zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder in Organen anderer Gesellschaften damit bereits
zugleich eine Angelegenheit der Gesellschaft im Sinne von § 131 AktG darstellt, braucht
nicht abschließend entschieden zu werden. Das Auskunftsrecht des Aktionärs ist
zeitlich und sachlich darauf begrenzt, dass die verlangten Auskünfte in der
Hauptversammlung gegeben werden können. Es ist ausgeschlossen, wenn der
Vorstand trotz angemessener Vorbereitung zur Erteilung der erforderten Auskünfte
während der Hauptversammlung nicht in der Lage ist, vgl. BayOblG, NJW-RR 1996, 679
ff., 684.
92
Vorliegend war der Wahlvorschlag des Aufsichtsrates den Aktionären mit der
Tagesordnung am 07.08.2007 frist- und formgerecht bekannt gemacht. Waren für die
Klägerin als Aktionärin bestimmte frühere Tätigkeiten der zu wählenden Mitglieder F.
und Dr. X. von Relevanz für die Willensbildung der Aktionäre, hätte es nahegelegen,
diese dann erst in der Hauptversammlung gestellten Fragen dem Vorstand der
Beklagten zur sachgerechten Vorbereitung zukommen zu lassen. Die Klägerin konnte
und durfte keineswegs davon ausgehen, dass die erfragten Sachverhalte, die keinen
Bezug zur Gesellschaft der Beklagten aufwiesen, ohne entsprechende Vorbereitung von
dem Vorstand der Beklagten beantwortet werden konnten. Soweit nach der notariellen
Niederschrift des Notars Dr. S. der Versammlungsleiter Herr F. auf ein Verzeichnis auf
einer Internetseite über Details seines Lebenslaufes und seiner Karriere hingewiesen
hat, reichte dieser Hinweis zur sachgerechten Beantwortung der gestellten Fragen
ohnehin nicht aus. Eine Überprüfung dieser Angaben und Beschaffung der noch
fehlenden Informationen zu den im Namen der Klägerin gestellten Fragen des Herrn F.,
die die Eignung der Mitglieder F. und Dr. X. betrafen, war dem Vorstand der Beklagten
in der laufenden Hauptversammlung nicht zuzumuten. Ein Auskunftsanspruch der
Klägerin war aus diesem Grund nicht gegeben und auch nachträglich nicht
durchsetzbar.
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Demgemäss war die Anfechtungsklage zu den Klageanträgen 1, 2 und 3 insgesamt
unbegründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.
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