Urteil des LG Berlin vom 28.08.2008

LG Berlin: zustand der mietsache, auflage, erneuerung, duldung, vermieter, heizung, quelle, eigentum, mietrecht, form

1
2
3
4
Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 99/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 157 BGB, § 554
Abs 2 S 1 BGB, § 566 Abs 1 BGB
Modernisierungsmaßnahmen: Anspruch auf Duldung des
Einbaus einer Gasetagenheizung unter Berücksichtigung einer
Vereinbarung zur Durchführung von Mietermaßnahmen
Leitsatz
Zum Ausschluss von Modernisierungsarbeiten wegen vorhergehender Vereinbarung über die
Durchführung von Mietermaßnahmen.
Tenor
Die Klägerin hat die Kosten der ersten und zweiten Instanz zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz wird auf Euro 1.055,04 festgesetzt.
Gründe
1) Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für
erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO nur noch über die Kosten
nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
zu entscheiden. Dies führte zu einer Auferlegung der Kosten auf die Klägerin. Denn bei
streitigem Fortgang des Verfahrens hätten aller Voraussicht nach die Beklagten obsiegt.
Abweichend von der Auffassung des Amtsgerichts stand der Klägerin gegen die
Beklagten kein Anspruch auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen in Form des
Einbaus einer Gasetagenheizung nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 229 § 5 Satz
2 EGBGB zu.
Es kann dahin stehen, ob der beabsichtigte Austausch der von den Beklagten im Jahr
1997 eingebauten Gasetagenheizung in eine neue Gasetagenheizung bereits keine
Maßnahme zur Verbesserung der Mietsache oder zur Einsparung von Energie im Sinne
dieser Vorschrift darstellte (vgl. LG Berlin, Urteil vom 26.09.2002, 67 S 84/02, in MM
2003, 193 f. zum geplanten Anschluss an eine Zentralheizung bei vorhandener
Gasetagenheizung). Nach anderer Auffassung handelte es sich um eine
Modernisierungsmaßnahme, da bei der Beurteilung allein auf den vermieterseits zur
Verfügung gestellten Zustand der Mietsache abzustellen ist (vgl. LG Berlin, Urteil vom
04.12.2007, 63 S 130/07, in MM 2008, 75; Urteil vom 22.02.2002, 63 S 257/01, in GE
2002, 594 f.; Urteil vom 20.04.1999, 64 S 316/98, in ZMR 1999, 554 ff.; Urteil vom
13.03.1998, 64 S 35/97, in GE 1998, 616 f.; Schmid, Mietrecht, 2006, § 554 BGB, Rn. 20;
Emmerich/Sonnenschein-Emmerich, Miete, 9. Auflage, 2007, § 554 BGB, Rn. 11).
Allerdings ist nach der zuletzt genannten Ansicht zu erwägen, ob die Mietermaßnahme
die Annahme eines Härtefalls gemäß § 554 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB rechtfertigt, da im
Satz 3 ausdrücklich „vorausgegangene Aufwendungen des Mieters“ angeführt werden
(vgl. Schmid, a.a.O., § 554 BGB, Rn. 27; Bub/Treier-Kraemer, Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete, 3. Auflage, 1999, Teil III. A., Rn. 1109; Bamberger/Roth-Ehlert,
BGB, 2. Auflage, 2007, § 554 BGB, Rn. 17; MüKo-Bieber, BGB, Band 3, 5. Auflage, 2008,
§ 554 BGB, Rn. 25).
Auf diese unterschiedlichen Auffassungen kommt es nicht an, da der geplanten
baulichen Maßnahme jedenfalls die Vereinbarung über die Durchführung von
Mietermaßnahmen vom 19.08.1997 entgegen stand. Unstreitig wurde die Vereinbarung
zwischen der damaligen Eigentümerin und Vermieterin einerseits und den Beklagten
andererseits geschlossen. In diese Vereinbarung der damaligen Mietvertragsparteien ist
die Klägerin auf der Vermieterseite nach § 566 Abs. 1 BGB eingetreten. Die
Vereinbarung führt dazu, dass eine Modernisierung hinsichtlich der Heizung seitens der
Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten ausgeschlossen ist (vgl. zu der Wirkung einer
Modernisierungsvereinbarung: Sternel, Wohnraummodernisierung nach der
5
6
7
8
9
10
Modernisierungsvereinbarung: Sternel, Wohnraummodernisierung nach der
Mietrechtsreform, in NZM 2001, 1058 ff., 1062).
Die in der Vereinbarung auf der letzten Seite oben in den Absätzen (1) und (2)
festgelegten „Rechte und Pflichten aus den Mietermaßnahmen“ sind gemäß §§ 133, 157
BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont dahin auszulegen, dass ausschließlich die
während der Dauer des Mietverhältnisses
zuständig sein sollten und eine Mieterhöhung insoweit ausscheiden sollte. So wurde den
Beklagten unter Absatz (1) Satz 3 nicht nur die Pflicht übertragen, für die Dauer des
Mietverhältnisses für die Instandhaltung der Anlage zu sorgen, sondern gegebenenfalls
für die Erneuerung
Vermieterin ihrerseits, aus den durchgeführten Maßnahmen keine Mieterhöhung
abzuleiten, obwohl das Eigentum an der Gasetagenheizung nach Absatz (1) Satz 1 auf
sie übergehen sollte. Danach gingen die Vertragsparteien ersichtlich davon aus, dass die
Vermieterseite auf ein ihr eigentlich zustehendes Mieterhöhungsrecht verzichtet,
während den Beklagten als Mietern im Gegenzug die Instandhaltung nebst Erneuerung
übertragen wird. Dabei wurde den Regelungen ausdrücklich für die Dauer des
Aus der Verpflichtung zur Instandhaltung
bis hin zur Erneuerung der Gasetagenheizung folgt gleichzeitig das Recht
hierzu.
Gesetz grundsätzlich zulässige Vermietermaßnahme bezüglich der Heizung. Angesichts
dessen mussten die Beklagten nicht mit einem vermieterseitigen Austausch der
Gasetagenheizung während der Dauer des Mietverhältnisses rechnen, erst recht nicht,
wenn diese noch funktionsfähig ist.
Soweit Absatz (2) der Vereinbarung leer laufen könnte, weil ein Vermieter nicht
berechtigt sein könnte, aufgrund mieterseitiger Maßnahmen eine Mieterhöhung zu
verlangen, selbst wenn vereinbart wurde, dass das Eigentum auf den Vermieter
übergeht (vgl. LG Berlin, Urteil vom 22.02.2002, 63 S 257/01, in GE 2002, 594 f.;
Schmidt-Futterer-Börstinghaus, Mietrecht, 9. Auflage, 2007, § 558 BGB, Rn. 74), ändert
dies nichts an dem nach dem Wortlaut verfolgten Zweck der Vereinbarung. Die danach
begründete Zuständigkeit der Beklagten für die Gasetagenheizung wird durch die
Vereinbarung unter Absatz (4) noch unterstrichen, mit der eine Regelung über „weitere“
Modernisierungsmaßnahmen getroffen wurde, und zwar für die Dauer der nächsten zehn
Jahre - in Abgrenzung zu den Regelungen über die Gasetagenheizung, welche für die
Dauer des Mietverhältnisses Gültigkeit haben sollten.
Das vorgenannte Auslegungsergebnis wird auch dann erzielt, wenn die Vereinbarung
über die Durchführung von Mietermaßnahmen in Form von Allgemeinen
Geschäftsbestimmungen der damaligen Vermieterin nach §§ 2 ff. AGBG (bzw. §§ 305 ff.
BGB n.F.) getroffen worden sein sollte. Denn bei der Auslegung vorformulierter
Vertragsbedingungen ist ebenfalls auf die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB
zurückzugreifen, wenngleich in erster Linie vom Wortlaut auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil
vom 14.12.2005, XII ZR 241/03, in GE 2006, 182 f.; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage,
2008, § 133 BGB, Rn. 3). Vorliegend bestimmt der Wortlaut der Regelungen maßgebend
die Auslegung.
Nicht geklärt werden muss, ob im Falle von Allgemeinen Geschäftsbestimmungen die
Übertragung der Instandhaltungspflicht einschließlich einer gegebenenfalls notwendigen
Erneuerung auf die Beklagten wirksam ist oder vielmehr eine unangemessene
Benachteiligung nach § 9 AGBG (bzw. § 307 BGB n.F.) bedeutet. Denn die damalige
Vermieterin hätte sich als Verwenderin auf die Unwirksamkeit nicht berufen dürfen (vgl.
BGH, Urteil vom 05.04.2006, VIII ZR 109/05, in GE 2006, 841 f.; Urteil vom 13.10.2004, I
ZR 249/01, in NJW-RR 2005, 34 ff.). Entsprechend ist der gemäß § 566 Abs. 1 BGB in alle
Rechte und Pflichten eingetretenen Klägerin verwehrt, eine etwaige Unwirksamkeit
geltend zu machen.
2) Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs.
1 bis 3 ZPO nicht erfüllt sind.
3) Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz entspricht dem der ersten Instanz.
Insoweit nimmt der Senat auf die Begründung des Amtsgerichts im Streitwertbeschluss
vom 14.05.2008 Bezug.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum